Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Eppingen, Eherbach, Mosbach, Buchen,
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Heidelberg, Dienstag, 26. April 1W2
Nr. S6 * 4. Jahrgang
Verantwort!.: Für innere u. äußere Politik, Volkswirtschaft «. Feuilleton:
Dr.E. Kraus; für Kommunales, soziale Rundschau und Lokales:
O.Geibel; für die Anzeigen H. Zorchler, sämtliche in Heidelberg.
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Geschäftsstelle: Schröderstratze 39.
Fernsprecher: Anzeigen-Annahme 2673, Redaktion 2618.
Wk ßes- O MreZe MM.
Eine Rede über Krieg im Frieden.
Parts, 24. April. Bet der Eröffnung des Generalrats des
Maasdepartements hielt heute vormittag Ministerpräsident Po-
incars als Vorsitzender in Bar-le-Duc eine Rede, in der
er darauf htnwtes, daß es die Mitglieder des Generalrats gewesen
sind, die ihn seinerzeit ausgesordert haben, wieder einen Sitz im
Senat anzuuehmen. Sie hätten ihm die zerstörten Häuser, die
Verwüsteten Felder und die verminderten Vorräte gezeigt und
verlangt, daß er seine ganze Ueberzeugungskmst in den Dienst des
verwundeten Frankreichs stelle. Er sei Lochringer» mit einem
Wort ein Franzose der Grenze, und trotzdem wir, so fuhr PotncarL
fort, Franzosen der Grenze sind, waren wir bis zum
Augenblick des deutschen Angriffs dem Frieden tief ergeben, und
selbst wenn es den Verleumdern jenseits des Rheins gelingen
sollte, es anders darzustellen — wir Haven alles getan, nur den
Krieg zu vermeiden.
Uebergehend zum Friedensschluß, sagte Poincare, der Frie-
densvertrag von Versailles habe bestimmt, daß die Kriegskosten
den siegreichen Völkern verbleiben, aber wenigstens habe er fest-
gelegt, daß die von den Feinden auf den französischen Gebieten
verursachten Schäden und die Pensionen der Witwen und Ver-
wundeten zu Lasten Deutschlands gehen. Es wurde auch
bestimmt, daß Deutschland entwaffnet und zur militärischen Ohn-
macht verurteilt werde. Wenn diese Klauseln regelmäßig ange-
nommen worden wären, würde sich Frankreich befriedigt erklären,
denn es würde dadurch zum größten Teil seiner ernsten finan-
ziellen Schwierigkeiten ledig und es hätte die Freude, namentlich
seine Sicherheit garantiert zu wissen. Es sei ein ständiges Thema
in den verschiedenen Ländern,
Frankreich als Imperialisten
anzuklagen und ihm eroberungslustige Hintergedanken zuzuschrei-
ben. Es gebe keinen einzigen französischen Politiker, der jemals
von Annexion geträumt habe, keiner von uns würde sich jemals
entschlossen haben, den Krieg zu beendigen, ohne Elsaß-Lothringen
wiederzuerlangen, aber keiner hätte den Gedanken gehegt, gegen
ihren Willen fremde Bevölkerung Frankreich cinzuverleiben. Alles,
was Frankreich jetzt verlange, sei die Ausführung des Friedens-
Vertrags. Frankreich habe den Wunsch und die Absicht, soviel Wie
möglich die militärischen Lasten zu verringern. Aber wer
werde nicht selbst nach dem Abschluß des Vertrages von
Rapallo die Unklughett empfinden, die darin bestehe, znrasch
rbzurüsten?
Er bezweifle nicht, daß die Mehrheit der Kammer sine glück-
liche Eingebung gehabt habe, als sie jüngst in der Frage der natio-
nalen Verteidigung der Regierung ihr Vertrauen ausgesprochen
hat. Schon seit längerer Zeit halten sich zwischen Deutschen und
Bolschewisten dunkle Sympathien angekündigt, die feit dem Ab-
kommen von Rapallo ins Helle Sonnenlicht gerückt seien.
Wenn wir aufmerksam das verfolgen, was sich bei unseren
östlichen Nachbarn ereignet, sehen wir immer noch auf dem Gebiete
des Deutschen Reiches Polizeistreitkräfte, zusammengesetzt aus ehe-
maligen Unteroffizieren, die bereit sind, sich vom Abend zum
Morgen in militärische Kadres umzubilden. In Oberschlesien hält
die Interalliierte Kommission noch auf einige Wochen die Gewalt
in Händen, da man dort Wasfendepots, die aus den deutschen
Provinzen dort zusammengetragen worden seien, unter tragischen
Umständen entdeckt habe. Die Nachforschungen hätten Attentate
bervorgerufeu, die augenblicklich Gegenstand einer gerichtlichen
Untersuchung seien und die
strenge Sanktionen erfordern.
Alles vollziehe sich mit einem Wort, als wenn die Alldeutschen die
Gelegenheit erforschten, um früher oder später in einer der Ostsee-
provinzen Unruhen hervorzurufen und durch Gewalt die durch
den Friedensvertrag von Versailles Polen zugesprochenen deut-
schen Gebiete znrückzuerobern.
Welchen Eifer die von General Rollet geleitete Ueber-
wachuugskommission auch entwickelt habe, ihre Arbeiten seien doch
noch nicht vollendet, und es sei gewiß unerläßlich, daß die Alliier-
ten in Deutschland noch umfangreiche Kontrollmittel über die
Lnftschisfahrt, die militärischen Organisationen und die Bewaff-
nungen unterhalte. Er (PoincarS) könne nicht genug wiederholen,
daß Frankreich mit ganzem Herzen auf den Augenblick
warte, in dem es entwaffnen könne, aber Deutschland müsse
zuerst und vor allem entwaffnet sein.
Was die Reparationen anbetrifst, von denen nicht nur das
Schicksal der verwüsteten Departements, sondern die Wieder-
erhebung ganz Frankreichs abhänge, so nähere man sich einem
Verfalltage.
Wenn Deutschland widerstehe und wenn zur festgesetzten
Stunde die Reparationskommission ein absichtliches Verfehlen
Deutschlands feststellt, hätten die Alliierten das Recht und infolge-
dessen auch die Pflicht, zum Schutze ihrer Interessen Maßnahmen
zu ergreifen, von denen es unzweifelhaft wünschenswert wäre,
Wenn sie nach gemeinsamen Abkommen unter ihnen angenommen
und angewendet würden, die aber nach dem Wortlaut des Ver-
trags nötigenfalls auch von jeder der interessierten Mächte allein
unternommen werden könnten — und dazu habe sich Deutschland
durch den Vertrag von Versailles verpflichtet.
Ich wünsche sehnlichst, fuhr Poincare fort, bei dieser Gelegen-
heit die Zusammenarbeit aller Alliierten aufrecht zu erhalten, aber
wir werden in voller Unabhängigkeit die französische Sache ver-
teidigen und wir werden auch nicht eine einzige der Waffen fallen
lassen, die uns der Vertrag an die Hand gegeben hat. Wir wer-
de,: es nicht dulde», daß unser unglückliches Land unter dem
Gewicht der Reparationen zusammenvricht an der Seite eines
Deutschland, das nicht die notwendigen Anstrengungen machen
will, um sich seiner Schulden zu entledigen.
Was sich in Genua ereignet hat,
bestätigt in seltsamer Weise alles, was wir über den Geisteszustand
eines großen Teiles des deutschen Reiches gehört haben und
worüber ich mich in den letzten Tagen noch vor der Kmnmer aus-
gesprochen habe. Seit welcher Zeit hatte Deutschland einen Ver-
trag mit den Sowjets vorbereitet? Gestattet die Veröffentlichung,
die gemacht wurde, den ganzen Vertrag zu erkennen? Ist der
Vertrag — ja oder nein — von geheimen Klauseln begleitet? Gilt
er als Schutzwand für politische oder militärische Abmachungen?
Auf alle Fälle aber vollzieht er eine Annäherung, die morgen eine
direkte Bedrohung gegen Pole» und ein« indirekte Bedrohung
gegen Frankreich werden kann.
Die öffentliche Meinung Frankreichs hat begriffen, daß die
Hinnahme dieses Vertrags besonders unter den Bedingungen,
unter denen er erfolgt fei, eine Spannung der Konferenz von
Genna sofort nach sich ziehe.
Die Entente der Russen und der Deutschen, so ernst sie auch
sei, sei den französischen Delegierten nicht als ein Akt erschienen,
dessen Verantwortlichkeit man auf die gesamte Konferenz hätte
zurückfallen lassen können und sie hätte nicht geglaubt, daß die von
zwei der eingeladenen Mächte ergriffene Initiative ein völliges
und sofortiges Aufgeben des begonnenen Werkes rechtfertigt.
Wenn die französische Delegation in Genua ihren friedlichen
Geist und ihre entgegentommende Absicht nicht durchführen könne,
dann werde sie es bedauern, eine Mitarbeit an einer Konferenz
nicht fortsetzen zu können. Aber wie immer auch die Haltung
Deutschlands und Rußlands sein möge, eS sei nunmehr eine poli-
tische Situation geschaffen, die geeignet erscheine, das europäische
Gleichgewicht zu kompromittiere» und vielleicht mnzustürzcn, der
man nicht mit Hilfe von wirtschaftlichen oder finanziellen einfachen
Formeln, selbst nicht durch große internationale Verhandlungen
begegnen könne. Frankreich werde in Genua unter der Bedingung
bleiben, daß
keinerlei Konzessionen weder an Deutschland noch an
Sowjetrußland gemacht
werden. Frankreich werde sich an den Inhalt dieses Memoran-
dums sehr genau halten. Was immer auch auf der Konferenz sich
ereignet, wir werden ohne Verzug unter den Alliierten die durch
die deutsch-russische Konvention geschaffene neue Tatsache zu Prüfen
und daraus alle Konsequenzen zu ziehen haben.
Die Sllliierten befinden sich gegenwärtig einem der größte»
Probleme gegenüber, die seit dem Waffenstillstand gestellt wurden.
Hoffen wir, so schloß Poincarö, daß sie, die im Einverständnis und
mit Unterstützung der großen Gedanken, für die sie gekämpft haben,
alle für Recht, Freiheit und Zivilisation lösen können.
Was uns betrifft, sind wir auf alle Fälle entschlossen, das
sestzuhalten, was uns der Vertrag gegeben hat, den unsere Helden
mit ihrem Blute bezahlt haben.
Die Berliner Presse zur Poinenre-Reds.
Berlin, 25. April. Zur Brandrede Poincares in Bar-le-Duc
schreibt der „Lokalanz.": Man täusche sich nicht: Die Zeichen stehen
auf Sturm. Mag lein, Daß er noch einmal beschwichtigt wird, wie
aber eine derartige Irrsinnige Politik wie die Frankreichs sich mit
irgend einer andern Politik auf die Dauer wird vertragen können,
das ist wahrhaftig nicht emzusöhen. .
Die „Zeit" erklärt: Die Drohungen Poincares geben uns
klar zu verstehen, daß der kurze Traum der Gleichheit, der Genua
beherrschen sollte, ausgeträumt ist und daß -er VernichtmrgAMlle
Frankreichs wieder das Wort hat.
Die „Tägl. Rundschau" meint: Die ganze Rede läßt sich nach
berühmtem Muster überschreiben: Lügenhafte Behauptungen. Die
Rede ist als Vorbereitung auf kommende Dinge lehrreich.
Die „Kreuzzeitung" spricht von unverhüllten Drohungen Poin-
cares.
Die „Voss. Zig." bemerkt: Die Abrüstrmgspläne Lloyd Geor-
ges entspringen sicher sehr realistischen Motiven. PaincarS glaubt,
dem Druck, dem sich Frankreich auÄgssetzt steht, dadurch entgegen-
zuwirken, daß er die Aufmerksamkeit von Genua fort auf die Nhein-
grenze wendet. Aber auch die stärkste Beredtsamkeit kann die Tat-
sache nicht verwischen: der Ruin Deutschlands würde Frankreich
nicht reicher machen, im Gegenteil, Frankreich mit in den Abgrund
reißen.
Der „Vorwärts" betont: Deutschland wird fortsahren-, das
Mögliche zu mn und das Unmögliche zu unterlassen und es wird
weiter darauf vertrauen, daß die Welt den Pariser Cäsaren-Wahn-
stnn desto eher satt bekommt, je hemmungsloser er sich gebärdet.
Genua.
Ei» Tag sachlicher Arbeit.
Genua, 24. Avril. Der „Frkf. Ztg." wird von ihrem Son-
derberichterstatter gemeldet: Ein Tag ohne Zwischenfall und ohne
politische Erregung! Die Kommissionen haben gearbeitet und es
heißt, daß sie bald fertig sein werden. In der Unterkommission
für die Kreditfragen, die heute zum ersten Mal zusammengetreten
ist, hat sich eine so weitgehende Ueberetnstimmung der Ansichten
gezeigt, daß die letzten Sätze vielleicht schon morgen redigiert und
am Mittwoch der Hauptkommisston vorgelegt werden Wunen.
Daun ist die Finanzkommission ganz fertig und die deutschen Sach-
verständigen, von denen eitrige schon am Samstag abgereist sind,
werden zum größten Teil die Heimreise antveten. Auch die beiden
Sachverständigen-Kommisstonen sind schon wett. An diesem Teile
der Konferenz, der allerdings auch nur theoretische Leitsätze auf-
zustellen hat, herrscht weitgehende Einmütigkeit.
Aus den Konnnissionsverhandlunge».
Genua, 24. April. Amtlicher Konferenzbericht. Die erste
Unterkommission der Wirtschaftskommission
hielt heute vormittag ZL11 Uhr unter dem Vorsitz des französischen
Delegierten Colrat eine Sitzung ab, in der zmrächst auf Grund
des Gutachtens der in der vorigen Sitzung ernannten Sachver -
ständigen der Wortlaut angenommen wurde, der an die Stelle
der Artikel 46 und 49 des Londoner Sachverständigerwerichts
treten soll. Die Unterkommission überwies ferner Artikel 41 des
Londoner Sachverständigenberichtes, der sich auf das Protokoll der
Konferenz von Porto Rose bezieht, dem Redaktionsausschuß
und vertagte alsdann die Besprechung der Zolltariffrage auf
Dienstag vormittag Z411 Uhr.
Die endgültige Fassung, die an die Stelle der Artikel 46 und 49
des Londoner Sachverständigenberichtes treten soll, hat folgenden
Wortlaut: „1. Wie bedeutungsvoll auch die von gewissen Staaten
in Anbetracht ihrer außergewöhnlichen Verhältnisse die für die
Aufrechterhaltung oder die Einführung von Ein- und Aus-
fuhrverboten oder -b eschrSnkungen ins Feld geführten
wirtschaftlichen und finanziellen Gründe sein mögen, so wird doch
anerkannt, daß diese Maßnahmen eines der schwersten Hinder-
nisse darstellen, das dem internationalen Handel zur Zeit ent-
gegensteht. Man solle daher nichts scheuen, um dieses Hindernis
mit möglichster Beschleunigung auf das absolute Minimum
zu beschränken. 2. Ausnahmen von diesem Grundsatz müssen
besonders hinsichtlich monopolisierter Güter oder für den
Fall vorgesehen werden, daß es sich um die Befriedigung von
Lebensbedürfnissen des Volkes, den Schutz der öffent-
lichen Gesundheit, der Sittlichkeit oder die Sicherheit
oder den Schutz von Tieren und Pflanzen gegen Seuchen handelt.
Welches aber auch ihre Gründe sein mögetr, so hemmen derar-
tige Ein- und Ausfuhrbeschränkungen den internationalen Handel
in einem solchen Maße, daß man die Unzuträglichketten dieses
Systems mit möglichster Beschleunigung durch Erlaß von Bestim-
mungen beschränken sollte, an Hand deren die Geschäftswelt im
Vorhinein mühelos die Bedingungen seststellen kann, unter denen
Ausnahnren für sie erhältlich sind. 3. Es besteht somit Einig-
keit darüber, daß di« Bewilligung von Ausnahmen anerkannt
wird. Die Bedingungen, unter denen sie erhältlich sind, sind zu
veröffentlichen und klar zu formulieren. Das System der
Ausnahmen soll möglichst einfach und beständig sein. ES
muß dafür gesorgt werden, daß die an Behörden oder an sie alS
zuständig gerichteten Gesuche um Bewilligung der Ausnahmen Ulst
Beschleunigung geprüft werden."
Die russischen Bedingungen im Sachverständigenausschuß.
Genua, 25. April. Die Sachverständigen der Delegationen
versammelten sich gestern zu einer Sitzung mit den russischen Sach-
verständigen. Rakowski teilte die russischen Bedingungen mit.
U. a. verlangen die Russen ein Mähriges Moratorium für die
Bezahlung ihrer Schulden, Annullierung sämtlicher Kriegsschulden
Rußlands, sofortige bedingungslose Anerkennung der Sowjet-
regierung, internationale Anleche an Rußland. Damit sich die
Delegierten mit ihren Regierungen ins Benehmen setzen könnens,
wurde die Sitzung auf heute verschoben. Die französischen Dele-
gierten wollen nicht mehr mit den Russen verhandeln. Auch eng-
lischerseits wird erklärt, daß man die Haltung der Russen nicht
verstehen könne.
Genua und die Petrolrumlonzerne in Rußland.
Genua, 25. April. Im Lause der letzten Woche hat sich
Lloyd George verschiedentlich mit Tschitscherin über die
Frage der Petroleumkonzerne in Rußland unterhalten. Sämtliche
Petroleumkonzerne haben eigene Vertreter zur Konferenz entsandt;
Es sind mehrere Herren sowohl aus Amerika wie auch aus Eng >
land anwesend, darunter auch einzelne, die vor der Revolutioi
in Baku und in der Zwischenzeit in Persien tätig waren.
Beschlüsse der Unter-Wirtschaftskommisstom
Genua, 25. April. In der zweiten Unterkommission der
Wirtschaftskommission beschäftigte man sich gestern mit der Frage
der Behandlung der fremden Kaufleute. Ein Teil des rumäni-
schen Vorschlags betreffend die Gleichberechtigung der fremden mit
den einheimischen Kaufleuten vor dem FMus wurde angenom-
men. Ferner wurde beschlossen, daß nötigenfalls aus nationalen
Gründen der Staat diese Gleichberechtigung abschaffen kann.
Ferner wurde ein japanischer Vorschlag mrgenommen, daß
die Gleichberechtigung ohne Rücksicht auf die Nationalität ange-
wandt werden soll.
Neue Ueberraschungen in Genua in Aussicht?
Paris, 25. April. Pertinax schreibt im „Echo de Paris":'
In seinen Erklärungen zu Beginn der Konferenz der alliierten
Delegationen ließ Lloyd George durchbliÄen, daß er selbst mit
dem Bruch der Entente cor-tale rechne und daß er glaube, eß
werde früher oder später zu einem offenen Konflikt kommen. Man
kann daher in den nächsten Tagen auf neue Ueberraschungen
rechnen.
Konfereuzschlutz mn 2. Mai?
Genua, 24. April. In der Nacht von gestern auf heute hat
Lloyd George den Präsidenten der italienischen Delegation, de
Facta, wisse» lassen, daß er gezwungen sei, gegen Ende der Woche
Genua zu verlassen, da er bei dem Besuche des englischen Königs-
paares in Belgien anwesend sein müsse. Facta suchte dem eng-
lischen Ministerpräsidenten diese Absicht cmszuredcn, da die Ar-
beiten der Konferenz einen so baldigen Abschluß nicht gestalteten.
Man soll nach längerer Besprechung dahin übereingekommen seim.
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Eine Rede über Krieg im Frieden.
Parts, 24. April. Bet der Eröffnung des Generalrats des
Maasdepartements hielt heute vormittag Ministerpräsident Po-
incars als Vorsitzender in Bar-le-Duc eine Rede, in der
er darauf htnwtes, daß es die Mitglieder des Generalrats gewesen
sind, die ihn seinerzeit ausgesordert haben, wieder einen Sitz im
Senat anzuuehmen. Sie hätten ihm die zerstörten Häuser, die
Verwüsteten Felder und die verminderten Vorräte gezeigt und
verlangt, daß er seine ganze Ueberzeugungskmst in den Dienst des
verwundeten Frankreichs stelle. Er sei Lochringer» mit einem
Wort ein Franzose der Grenze, und trotzdem wir, so fuhr PotncarL
fort, Franzosen der Grenze sind, waren wir bis zum
Augenblick des deutschen Angriffs dem Frieden tief ergeben, und
selbst wenn es den Verleumdern jenseits des Rheins gelingen
sollte, es anders darzustellen — wir Haven alles getan, nur den
Krieg zu vermeiden.
Uebergehend zum Friedensschluß, sagte Poincare, der Frie-
densvertrag von Versailles habe bestimmt, daß die Kriegskosten
den siegreichen Völkern verbleiben, aber wenigstens habe er fest-
gelegt, daß die von den Feinden auf den französischen Gebieten
verursachten Schäden und die Pensionen der Witwen und Ver-
wundeten zu Lasten Deutschlands gehen. Es wurde auch
bestimmt, daß Deutschland entwaffnet und zur militärischen Ohn-
macht verurteilt werde. Wenn diese Klauseln regelmäßig ange-
nommen worden wären, würde sich Frankreich befriedigt erklären,
denn es würde dadurch zum größten Teil seiner ernsten finan-
ziellen Schwierigkeiten ledig und es hätte die Freude, namentlich
seine Sicherheit garantiert zu wissen. Es sei ein ständiges Thema
in den verschiedenen Ländern,
Frankreich als Imperialisten
anzuklagen und ihm eroberungslustige Hintergedanken zuzuschrei-
ben. Es gebe keinen einzigen französischen Politiker, der jemals
von Annexion geträumt habe, keiner von uns würde sich jemals
entschlossen haben, den Krieg zu beendigen, ohne Elsaß-Lothringen
wiederzuerlangen, aber keiner hätte den Gedanken gehegt, gegen
ihren Willen fremde Bevölkerung Frankreich cinzuverleiben. Alles,
was Frankreich jetzt verlange, sei die Ausführung des Friedens-
Vertrags. Frankreich habe den Wunsch und die Absicht, soviel Wie
möglich die militärischen Lasten zu verringern. Aber wer
werde nicht selbst nach dem Abschluß des Vertrages von
Rapallo die Unklughett empfinden, die darin bestehe, znrasch
rbzurüsten?
Er bezweifle nicht, daß die Mehrheit der Kammer sine glück-
liche Eingebung gehabt habe, als sie jüngst in der Frage der natio-
nalen Verteidigung der Regierung ihr Vertrauen ausgesprochen
hat. Schon seit längerer Zeit halten sich zwischen Deutschen und
Bolschewisten dunkle Sympathien angekündigt, die feit dem Ab-
kommen von Rapallo ins Helle Sonnenlicht gerückt seien.
Wenn wir aufmerksam das verfolgen, was sich bei unseren
östlichen Nachbarn ereignet, sehen wir immer noch auf dem Gebiete
des Deutschen Reiches Polizeistreitkräfte, zusammengesetzt aus ehe-
maligen Unteroffizieren, die bereit sind, sich vom Abend zum
Morgen in militärische Kadres umzubilden. In Oberschlesien hält
die Interalliierte Kommission noch auf einige Wochen die Gewalt
in Händen, da man dort Wasfendepots, die aus den deutschen
Provinzen dort zusammengetragen worden seien, unter tragischen
Umständen entdeckt habe. Die Nachforschungen hätten Attentate
bervorgerufeu, die augenblicklich Gegenstand einer gerichtlichen
Untersuchung seien und die
strenge Sanktionen erfordern.
Alles vollziehe sich mit einem Wort, als wenn die Alldeutschen die
Gelegenheit erforschten, um früher oder später in einer der Ostsee-
provinzen Unruhen hervorzurufen und durch Gewalt die durch
den Friedensvertrag von Versailles Polen zugesprochenen deut-
schen Gebiete znrückzuerobern.
Welchen Eifer die von General Rollet geleitete Ueber-
wachuugskommission auch entwickelt habe, ihre Arbeiten seien doch
noch nicht vollendet, und es sei gewiß unerläßlich, daß die Alliier-
ten in Deutschland noch umfangreiche Kontrollmittel über die
Lnftschisfahrt, die militärischen Organisationen und die Bewaff-
nungen unterhalte. Er (PoincarS) könne nicht genug wiederholen,
daß Frankreich mit ganzem Herzen auf den Augenblick
warte, in dem es entwaffnen könne, aber Deutschland müsse
zuerst und vor allem entwaffnet sein.
Was die Reparationen anbetrifst, von denen nicht nur das
Schicksal der verwüsteten Departements, sondern die Wieder-
erhebung ganz Frankreichs abhänge, so nähere man sich einem
Verfalltage.
Wenn Deutschland widerstehe und wenn zur festgesetzten
Stunde die Reparationskommission ein absichtliches Verfehlen
Deutschlands feststellt, hätten die Alliierten das Recht und infolge-
dessen auch die Pflicht, zum Schutze ihrer Interessen Maßnahmen
zu ergreifen, von denen es unzweifelhaft wünschenswert wäre,
Wenn sie nach gemeinsamen Abkommen unter ihnen angenommen
und angewendet würden, die aber nach dem Wortlaut des Ver-
trags nötigenfalls auch von jeder der interessierten Mächte allein
unternommen werden könnten — und dazu habe sich Deutschland
durch den Vertrag von Versailles verpflichtet.
Ich wünsche sehnlichst, fuhr Poincare fort, bei dieser Gelegen-
heit die Zusammenarbeit aller Alliierten aufrecht zu erhalten, aber
wir werden in voller Unabhängigkeit die französische Sache ver-
teidigen und wir werden auch nicht eine einzige der Waffen fallen
lassen, die uns der Vertrag an die Hand gegeben hat. Wir wer-
de,: es nicht dulde», daß unser unglückliches Land unter dem
Gewicht der Reparationen zusammenvricht an der Seite eines
Deutschland, das nicht die notwendigen Anstrengungen machen
will, um sich seiner Schulden zu entledigen.
Was sich in Genua ereignet hat,
bestätigt in seltsamer Weise alles, was wir über den Geisteszustand
eines großen Teiles des deutschen Reiches gehört haben und
worüber ich mich in den letzten Tagen noch vor der Kmnmer aus-
gesprochen habe. Seit welcher Zeit hatte Deutschland einen Ver-
trag mit den Sowjets vorbereitet? Gestattet die Veröffentlichung,
die gemacht wurde, den ganzen Vertrag zu erkennen? Ist der
Vertrag — ja oder nein — von geheimen Klauseln begleitet? Gilt
er als Schutzwand für politische oder militärische Abmachungen?
Auf alle Fälle aber vollzieht er eine Annäherung, die morgen eine
direkte Bedrohung gegen Pole» und ein« indirekte Bedrohung
gegen Frankreich werden kann.
Die öffentliche Meinung Frankreichs hat begriffen, daß die
Hinnahme dieses Vertrags besonders unter den Bedingungen,
unter denen er erfolgt fei, eine Spannung der Konferenz von
Genna sofort nach sich ziehe.
Die Entente der Russen und der Deutschen, so ernst sie auch
sei, sei den französischen Delegierten nicht als ein Akt erschienen,
dessen Verantwortlichkeit man auf die gesamte Konferenz hätte
zurückfallen lassen können und sie hätte nicht geglaubt, daß die von
zwei der eingeladenen Mächte ergriffene Initiative ein völliges
und sofortiges Aufgeben des begonnenen Werkes rechtfertigt.
Wenn die französische Delegation in Genua ihren friedlichen
Geist und ihre entgegentommende Absicht nicht durchführen könne,
dann werde sie es bedauern, eine Mitarbeit an einer Konferenz
nicht fortsetzen zu können. Aber wie immer auch die Haltung
Deutschlands und Rußlands sein möge, eS sei nunmehr eine poli-
tische Situation geschaffen, die geeignet erscheine, das europäische
Gleichgewicht zu kompromittiere» und vielleicht mnzustürzcn, der
man nicht mit Hilfe von wirtschaftlichen oder finanziellen einfachen
Formeln, selbst nicht durch große internationale Verhandlungen
begegnen könne. Frankreich werde in Genua unter der Bedingung
bleiben, daß
keinerlei Konzessionen weder an Deutschland noch an
Sowjetrußland gemacht
werden. Frankreich werde sich an den Inhalt dieses Memoran-
dums sehr genau halten. Was immer auch auf der Konferenz sich
ereignet, wir werden ohne Verzug unter den Alliierten die durch
die deutsch-russische Konvention geschaffene neue Tatsache zu Prüfen
und daraus alle Konsequenzen zu ziehen haben.
Die Sllliierten befinden sich gegenwärtig einem der größte»
Probleme gegenüber, die seit dem Waffenstillstand gestellt wurden.
Hoffen wir, so schloß Poincarö, daß sie, die im Einverständnis und
mit Unterstützung der großen Gedanken, für die sie gekämpft haben,
alle für Recht, Freiheit und Zivilisation lösen können.
Was uns betrifft, sind wir auf alle Fälle entschlossen, das
sestzuhalten, was uns der Vertrag gegeben hat, den unsere Helden
mit ihrem Blute bezahlt haben.
Die Berliner Presse zur Poinenre-Reds.
Berlin, 25. April. Zur Brandrede Poincares in Bar-le-Duc
schreibt der „Lokalanz.": Man täusche sich nicht: Die Zeichen stehen
auf Sturm. Mag lein, Daß er noch einmal beschwichtigt wird, wie
aber eine derartige Irrsinnige Politik wie die Frankreichs sich mit
irgend einer andern Politik auf die Dauer wird vertragen können,
das ist wahrhaftig nicht emzusöhen. .
Die „Zeit" erklärt: Die Drohungen Poincares geben uns
klar zu verstehen, daß der kurze Traum der Gleichheit, der Genua
beherrschen sollte, ausgeträumt ist und daß -er VernichtmrgAMlle
Frankreichs wieder das Wort hat.
Die „Tägl. Rundschau" meint: Die ganze Rede läßt sich nach
berühmtem Muster überschreiben: Lügenhafte Behauptungen. Die
Rede ist als Vorbereitung auf kommende Dinge lehrreich.
Die „Kreuzzeitung" spricht von unverhüllten Drohungen Poin-
cares.
Die „Voss. Zig." bemerkt: Die Abrüstrmgspläne Lloyd Geor-
ges entspringen sicher sehr realistischen Motiven. PaincarS glaubt,
dem Druck, dem sich Frankreich auÄgssetzt steht, dadurch entgegen-
zuwirken, daß er die Aufmerksamkeit von Genua fort auf die Nhein-
grenze wendet. Aber auch die stärkste Beredtsamkeit kann die Tat-
sache nicht verwischen: der Ruin Deutschlands würde Frankreich
nicht reicher machen, im Gegenteil, Frankreich mit in den Abgrund
reißen.
Der „Vorwärts" betont: Deutschland wird fortsahren-, das
Mögliche zu mn und das Unmögliche zu unterlassen und es wird
weiter darauf vertrauen, daß die Welt den Pariser Cäsaren-Wahn-
stnn desto eher satt bekommt, je hemmungsloser er sich gebärdet.
Genua.
Ei» Tag sachlicher Arbeit.
Genua, 24. Avril. Der „Frkf. Ztg." wird von ihrem Son-
derberichterstatter gemeldet: Ein Tag ohne Zwischenfall und ohne
politische Erregung! Die Kommissionen haben gearbeitet und es
heißt, daß sie bald fertig sein werden. In der Unterkommission
für die Kreditfragen, die heute zum ersten Mal zusammengetreten
ist, hat sich eine so weitgehende Ueberetnstimmung der Ansichten
gezeigt, daß die letzten Sätze vielleicht schon morgen redigiert und
am Mittwoch der Hauptkommisston vorgelegt werden Wunen.
Daun ist die Finanzkommission ganz fertig und die deutschen Sach-
verständigen, von denen eitrige schon am Samstag abgereist sind,
werden zum größten Teil die Heimreise antveten. Auch die beiden
Sachverständigen-Kommisstonen sind schon wett. An diesem Teile
der Konferenz, der allerdings auch nur theoretische Leitsätze auf-
zustellen hat, herrscht weitgehende Einmütigkeit.
Aus den Konnnissionsverhandlunge».
Genua, 24. April. Amtlicher Konferenzbericht. Die erste
Unterkommission der Wirtschaftskommission
hielt heute vormittag ZL11 Uhr unter dem Vorsitz des französischen
Delegierten Colrat eine Sitzung ab, in der zmrächst auf Grund
des Gutachtens der in der vorigen Sitzung ernannten Sachver -
ständigen der Wortlaut angenommen wurde, der an die Stelle
der Artikel 46 und 49 des Londoner Sachverständigerwerichts
treten soll. Die Unterkommission überwies ferner Artikel 41 des
Londoner Sachverständigenberichtes, der sich auf das Protokoll der
Konferenz von Porto Rose bezieht, dem Redaktionsausschuß
und vertagte alsdann die Besprechung der Zolltariffrage auf
Dienstag vormittag Z411 Uhr.
Die endgültige Fassung, die an die Stelle der Artikel 46 und 49
des Londoner Sachverständigenberichtes treten soll, hat folgenden
Wortlaut: „1. Wie bedeutungsvoll auch die von gewissen Staaten
in Anbetracht ihrer außergewöhnlichen Verhältnisse die für die
Aufrechterhaltung oder die Einführung von Ein- und Aus-
fuhrverboten oder -b eschrSnkungen ins Feld geführten
wirtschaftlichen und finanziellen Gründe sein mögen, so wird doch
anerkannt, daß diese Maßnahmen eines der schwersten Hinder-
nisse darstellen, das dem internationalen Handel zur Zeit ent-
gegensteht. Man solle daher nichts scheuen, um dieses Hindernis
mit möglichster Beschleunigung auf das absolute Minimum
zu beschränken. 2. Ausnahmen von diesem Grundsatz müssen
besonders hinsichtlich monopolisierter Güter oder für den
Fall vorgesehen werden, daß es sich um die Befriedigung von
Lebensbedürfnissen des Volkes, den Schutz der öffent-
lichen Gesundheit, der Sittlichkeit oder die Sicherheit
oder den Schutz von Tieren und Pflanzen gegen Seuchen handelt.
Welches aber auch ihre Gründe sein mögetr, so hemmen derar-
tige Ein- und Ausfuhrbeschränkungen den internationalen Handel
in einem solchen Maße, daß man die Unzuträglichketten dieses
Systems mit möglichster Beschleunigung durch Erlaß von Bestim-
mungen beschränken sollte, an Hand deren die Geschäftswelt im
Vorhinein mühelos die Bedingungen seststellen kann, unter denen
Ausnahnren für sie erhältlich sind. 3. Es besteht somit Einig-
keit darüber, daß di« Bewilligung von Ausnahmen anerkannt
wird. Die Bedingungen, unter denen sie erhältlich sind, sind zu
veröffentlichen und klar zu formulieren. Das System der
Ausnahmen soll möglichst einfach und beständig sein. ES
muß dafür gesorgt werden, daß die an Behörden oder an sie alS
zuständig gerichteten Gesuche um Bewilligung der Ausnahmen Ulst
Beschleunigung geprüft werden."
Die russischen Bedingungen im Sachverständigenausschuß.
Genua, 25. April. Die Sachverständigen der Delegationen
versammelten sich gestern zu einer Sitzung mit den russischen Sach-
verständigen. Rakowski teilte die russischen Bedingungen mit.
U. a. verlangen die Russen ein Mähriges Moratorium für die
Bezahlung ihrer Schulden, Annullierung sämtlicher Kriegsschulden
Rußlands, sofortige bedingungslose Anerkennung der Sowjet-
regierung, internationale Anleche an Rußland. Damit sich die
Delegierten mit ihren Regierungen ins Benehmen setzen könnens,
wurde die Sitzung auf heute verschoben. Die französischen Dele-
gierten wollen nicht mehr mit den Russen verhandeln. Auch eng-
lischerseits wird erklärt, daß man die Haltung der Russen nicht
verstehen könne.
Genua und die Petrolrumlonzerne in Rußland.
Genua, 25. April. Im Lause der letzten Woche hat sich
Lloyd George verschiedentlich mit Tschitscherin über die
Frage der Petroleumkonzerne in Rußland unterhalten. Sämtliche
Petroleumkonzerne haben eigene Vertreter zur Konferenz entsandt;
Es sind mehrere Herren sowohl aus Amerika wie auch aus Eng >
land anwesend, darunter auch einzelne, die vor der Revolutioi
in Baku und in der Zwischenzeit in Persien tätig waren.
Beschlüsse der Unter-Wirtschaftskommisstom
Genua, 25. April. In der zweiten Unterkommission der
Wirtschaftskommission beschäftigte man sich gestern mit der Frage
der Behandlung der fremden Kaufleute. Ein Teil des rumäni-
schen Vorschlags betreffend die Gleichberechtigung der fremden mit
den einheimischen Kaufleuten vor dem FMus wurde angenom-
men. Ferner wurde beschlossen, daß nötigenfalls aus nationalen
Gründen der Staat diese Gleichberechtigung abschaffen kann.
Ferner wurde ein japanischer Vorschlag mrgenommen, daß
die Gleichberechtigung ohne Rücksicht auf die Nationalität ange-
wandt werden soll.
Neue Ueberraschungen in Genua in Aussicht?
Paris, 25. April. Pertinax schreibt im „Echo de Paris":'
In seinen Erklärungen zu Beginn der Konferenz der alliierten
Delegationen ließ Lloyd George durchbliÄen, daß er selbst mit
dem Bruch der Entente cor-tale rechne und daß er glaube, eß
werde früher oder später zu einem offenen Konflikt kommen. Man
kann daher in den nächsten Tagen auf neue Ueberraschungen
rechnen.
Konfereuzschlutz mn 2. Mai?
Genua, 24. April. In der Nacht von gestern auf heute hat
Lloyd George den Präsidenten der italienischen Delegation, de
Facta, wisse» lassen, daß er gezwungen sei, gegen Ende der Woche
Genua zu verlassen, da er bei dem Besuche des englischen Königs-
paares in Belgien anwesend sein müsse. Facta suchte dem eng-
lischen Ministerpräsidenten diese Absicht cmszuredcn, da die Ar-
beiten der Konferenz einen so baldigen Abschluß nicht gestalteten.
Man soll nach längerer Besprechung dahin übereingekommen seim.