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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (4) — 1922 (Januar bis April)

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Nr. 91 - Nr. 100 (19. April - 29. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.48721#0540
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die Koifferenz allerspätestens am Dienstag, den 2. -Mn, nüi elnetu
sehr feierlichen Schlußakt zu beendige». D.a man bis dahin bas
noch vorliegende Material socheit wird bearbeiten können, daß die
Sachverständigen-KoMMisstonen die restlichen Arbeiten auch außer-
halb Genuas werden erledigen können.
Englands Stellung zum Rapallovertrag.
London, 24. April. Einer Reuter-Meldung aus Genua zu-
folge ist die britische Ansicht in bezug auf die Meinung, daß der
russisch-deutsche Vertrag einen Bruch Les Versailler Vertrags be-
deute, die, Satz der Vertrag von Rapallo mit dem Versailler Ver-
trag nichts zu nm habe. Es werde dargelegt, daß die russische
äe kscto-Regierung ein Abkommen mit Deutschland schließen könne,
das in dem Teile Rußlands Gültigkeit habe, der sich unter dellt
Sowjetrcgime befinde, daß aber der Vertrag in den Ländern kei-
nerlei Anwendung finden könne, die sich unter der früheren kaiser-
lichen Regierung befanden, wie z. B. Polen, die jetzt jedoch eine
Zugehörigkeit sie kscto oder cis jure zu Rußland nicht mehr aner-
kennen.
Abbruch der Verhandlungen mit Rußland.
Genua, 25. April. In den späten Abendstunden war gestern
das Gerücht von eine«! Abbruch der Verhandlungen mit Rußland
im Umlauf.


WÄMMW WM WÄklg.
Mittuwch den 2«. April 1922, abends -/,8 Uhr
im „Artushof" .
Generalversammlung.
Tagesordnung:
1. Geschäftsbericht,
2. Kassenbericht,
3. Bericht der Pressekommisfion.
4. Bericht über die Jugendbewegung,
6. Neuwahlen.
Unbedingtes Erscheinen aller Parteigenossen und -Ge»
nossinen erforderlich.
Der Vorstand.


MinisterrKtsfitzrmg unter dem Vorsitz des
Reichspräsidenten.
Berlin, 25. April. Gestern nachmittag Hat An Reichs-kanzler-
hause eine MimsterratSsitzumg unter dem Vorsitz des Reichspräsi-
denten stattg-esunden, am der alle in Berlin anwesonden Minister
teilnahmen. Der zu diesem Zweck von Genua nach Berlin berufene
Staatssekretär von Stmson erftMew.MsfWvttch.-BtzOcht.Wer
die bisherigen Arbeiten der deutschen- 'GMua-Delesatton, an -den
sich Mte lebhafte Aussprache anschloß. Herr Von Stms-on wird
heute früh Berlin wieder verlassen und nach Genua zurücktchren.
Eine sozialistische Mehrheit in Schaumburg-
Lippe.
Bückeburg, 24. April. Bei Leu gestrigen Wahlen zum SchM-m-
Mrg-Lippischen Landtage wurden im ganzen 24 301 Stimmen ab-
gegeben. Davon erhielten die SoziiÄdemvkMteii 12 349 und die
.Bürgerlichen 11952 StimMM. Die Mmz-Äergeb niste stellen sich
wie folgt -dar: MehrheitssoziaWen 10783, Unabhängige 1566,
Deutschs Vslkspartei 3645, LEMschuativ-nale 2506, Wirtschaftsver»
einrgung 396, Parteilose 545, LandvunD 1857, HandwevkerSuM
1771, De-molrai-en 1992, NafioMlfozMffttsHe Vereinigung 140.
Das Stär-keveryällnis im Landtag blsibt, wie es geiveHen ist. Die
Sozialdemokraten behalten die Mehrheit.
Die BraunschMLiger Rede Herats als
französisches NgitaiisnsMitiAl.
Paris, 24. ApvK. Die Rede des de-ntsch-tMtioualen Führers
Herghts gegen das deutsch-russische Abkommen wird -von den
sranzöstschsu ZeittMAe« vegreislicherw-eise sehr hemusgestrichen.
Disse KrMk an dem Vertrag.von Rußland könne irr der gsgenwür-
tigen Lage nur als sehr willkommen Ar die allgemeine Stimmung
eingogkisdert werden.
Dis SaMstag-SitzuKg des internationalsn
Gervsekschaftskongrssses.
Rom, 24. April. Die GaMstMsttzuWen des internaMisaL-etl
GewerkschastLkongresses waren der Frage der WirtschLstMWs und
dem WMMursvair-' Europas gewidmet. Der Berichterstatter,
8ouh KUx (Frankreich), erklärte: Die Konferenz von Genua sei
eilt großer Erfolg in der Erreichung der Bestrebungeu der Arbsi-
rer-Jnternattonale. Der -WMWaftSfvtede« sei «ine VorbcdiNMUg
des Wsltfriödens. Die wirtfchWtiche Msichverechttgung aller Völ-
ker Mißte Hergestellt werdens-der WisdemuBaiu verlange die völlige
Abrüstung zu Wasser und zu Laude. Die politischen und wirt-
schaMchen Verträge müßten in aller OeffenMchkeit behandelt und
von dem Proletariat kontrolliert werden. Ruch eingehender Dis-
kussion wurde einstimtuüg eine Resolution angenommen, die u. a.
die Abschaffung der RMtoff-Kontrolle, dis Annullierung der ge-
genseitigen Schulden und die Aufgabe der bisherigen naüvualisti-
schen WirtschastsPMW verfolgt. Ferner wurde verlangt: Roh-
staWerteiluW nach den Grundsätzen der Gl-eiclHeit Mer Völker,
Revchsion der Repamti-onsSestAumungen, Verzicht auf die militäri-
sche Besetzung Deutschlands und solidarischen Aktion aller Natio-
nen zur Behebung des Valuta-Elends. Der Kongreß wandte sich
schließlich gegen die Abänderung der Konvention über den 8-Stuu«
Leutag. (Wir werden morgen ausführlich darüber berichten. Die
Red.)
^Volkszeitung"
Telkfonkmruf:
Anzeigen-Anrrahmv: Nr. 2673
Redaktion: RZ. 2648

Badische Politik.
Zur AmLZbezeichRung der höheren
Verwaltungsbeamten.
Wie mau uns mittMt, haben die höheren badischen Verwal-
ttrngsbeamLeu sich in einer von fast sämtlichen aktiven Beamte,: und
der Mehrzahl der Pensionäre persönlich unterzeichneten Eingabe
an Regierung und Landtag mit dem Anträge gewendet, die bis-
herigen Amtsbezeichnungen "Amtmann" und „Oberamtmwnn" M
„Rogierungsrat" uisd „Landrat" umzuwaiweln. Begründet wird
der Antrag wie folgt:
Dis ReichsbesolduMSordNung hat die Amtsüezeichuungen
„Amtmann" und „Oberamtmaim" ohne Rücksicht aus die süddeut-
schen Verhältnisse für die mittleren Beamten vorgesehen; auch die
Städte Mannheim und Karlsruhe Haven jene Titel an mittlere
Beamte ohne akademische Vorbildung verliehen. Es besteht also
zur Zeit der Zustand, daß der oberste Bezirksbevwaitungsbeamte
z. B. in Mamrheim die gleiche AmtsbezeichMUg „Obemtuttnazm"
wie ein mittlerer Beamter bei einer Abteilung der Stadtverwal-
tung führt. Das natürliche Bedürfnis des Publikums nach
Amtsbezeichnungen, die ihre Träger deutlich unterscheiden und In-
halt irnd Art des Amtes klar charakterisieren, erfordert dringend,
daß hier Wandel geschaffen werde und -die bisherigen Mmtsbe-
SSichKmvgeu „Amtmann" und „Oberamttnann" für die obersten
BezirksverwalttMgsb-eamtön durch andere ersetzt werden. Die Ver-
wendung -von „Regiernngsrat" fiir „Amimaun" v-egegn-et Au all-
SemeAmr keinen BBdenEen. Schwieriger ist es, einen Ersatz für den
„Ob-erMitmaun" zu finden. Leider ist hier die WiederöinsiWrung
des schönen, früher Ar den Ms heutige Baden bildenden Territorien
^Egem-e-Ar üblichen Titels „Landvogt" nicht möglich; er ist »AM
eiunMl durch Schiller und seinen Teil zum Symbol grausamster
WiMürh-errschast -gsworden. Much alle anderen Möglichkeiten, wie
„Bezirrsha,uptn«nn", „Bezirksamttnann", „Bezirksdirekior" usw.
ko-m-meu teils wegen ihres inAitärtschen Beigeschmacks, teils wegen
der Unvereinbarkeit mit der R eichsb es old ungso rdu-u ng oder ihrer
spr-ackMchcu NNtzbiMma nicht Ar Betracht. So verfiel -mau. auf
den „Landrat". Was gegen ihn spricht, ist seine preußische Her-
kunft. Aber abgesehen davon ist das Wort rein fachlich und sprach-
lich .genommen eine das betreffende Amt vorzüglich charakterisie--
reubs deutsche Amtsbezeichnung. Und schK-eßlich ist doch nicht der
Name des Amts, sondern die Wesensart der Träger entscheidend.
So wenig seinerzeit der badische „Rescrersdär" sich mit dem Titel
„RegieruMsassessor" in einen solchen An preußischen Sinne ber-
Wrwdslt hat, ebensowenig wird der badische „Oberamtmaun" mit
dem WechsÄ seiner Amtsbezeichnung feine badische Weserrsart ver-
lieren rmd auch bei der Bevölkerung wird gegenüber diesen realen
Latsacheu die gefühlsmäßige Abneigung gegen den neuen Titel
bald verschwinden. Im übrigen knüpft die Amtsbezeichnung
„Landrat" insofern bei uns an traditionelle Verhältnisse an, als
fricher auch in Baden eine große Anzahl von Aemteru „Laudamt"
hießen. — Auch in Württemberg Mw Bayern find ähnliche Be-
strübungen Air Gange; nur ist .die Lage dort deshalb weniger
dringlich, weil in Bayern und Württemberg die Uebernahme der
Titel „Anttwanu" und „Oberamttnann" fiir «die nrittleren Beam-
ten von Seiten der Städte bisher nicht erfolgt ist und Bayern
außerdem eine besondere gesetzliche Bestimmung zum Schuh jener
Amtsbezeichnungen für die Staatsbeamten eiugefiihrt hat. — Es
sind Mo nur rein sachliche, vor allem das Bedürfnis der BebSl-
kerung nach klaren Amtsbezeichnungen berücksichtigende Gründe,
die die badischen höher« Verivaltungsbe-amten zu ihrem Vorgehen
LestAnmten. Hat es Erfolg, so werden damit auch für die mitt-
leren badischen Staatsbeamten die jetzt schon von ihren städtischen
Kollegen geführten Amtsbezeichnungen „Amtmann" und „Ober-
amtmann" fiel.

„König Kohle".
Von Upton Sinclair.
(28. Fortsetzung)
Nachdem die Frage des Komitees geregelt war, erzählte Hal
den Anwesenden, daß ihn» Alec Stone aufgetragen hatte, die Leute
auszuspwnAren. Es deuchte ihm richtig, daß sie dies wußten, weil
die MrMher es gegen ihn ausntttzen konnten. Olsou hatte ibn ja
bereits gewarnt: „Man wird Euch vielleicht sagen, daß ich ein
Verräter bin" — erklärte er. „Ahr aber müßt dennoch zu mir Ver-
trauen haben."
„Wir vertrauen Ihnen!" rief der alte Mike, und die andere»
nickten zusttmmeud.
„Gut" — entgegnete HM „Eines -dürft Ihr glauben, gelingt
es mir, in den Kippraum zu gelangen, so werdet Ihr Euer richtiges
Gewicht erhalten!"
„Hört! Hört!" — schrie nach englischer Art der große Jack,
und ein Murmeln.durchlief den Raum. Niemand wagte es, Lärm
zu machen, doch -war Mar, daß alle einverstanden seien.
Hai setzte sich und nahm seinen Versand ab. „So, der hat
seine R - e ausgespielt" — sagte er und erklärte, was es mit feiner
verstauchten Hand für eine VerwaNdtnis habe.
„Wie?" — rief der alte Mike. „So haben Sie mich zum Nar-
ren .gehalten?" Er Packte das Handgelenk, und als er sah, -daß es
keineswegs .geschwollen war, schüttelte er es so heftig, daß er es
nun tatsächlich fast verstauchte, und lachte, daß ihm die Tränen die
Wangen herävliefen. „Sie alter Gauner!"rief er -aas. Inzwi-
schen' erklärte Klowos-ki Zamie-vo-wski die Geschichte, und Jerry
Minette versuchte sie Wresmak Ar einem barbarischen Englisch ver-
ständlich zu machen. Seit Hal ins Nord-Tal gekommen, hatte er
noch kein so herzliches Lachen gehört.
Doch haben Verschwörer zum Lachen mir wenig Zeit; sie
kamen wieder aufs Geschäftliche zurück. Es ward beschlossen, daß
das Komitee am nächsten Feierabend bei dem Aufseher vorfprechen
solle. Darm sprach John Edstrom und schlug vor, sie sollten einen
gemeinsamen Akttvnspwn ausarveiten für Heu Fall, daß man ge-
gen sie Gewalt anwende.
„Glauben Sie, -daß es dazu kommen könnte?" — fragte einer.
„Natürlich" — rief Mi-ke Sttoria. „In Zeder-Berg gingen
Wir einmal zum Aufseher, -ihm zu sagen, daß die Ventilation ver-
stopft sei. Und was war seine Antwort? Einem von uns schlug

er auf die Nase, daun eSMte-n wir Ms drei Fußtritte und wurden
lfinauSgeworsen."
„Run" — meinte Hal, — „wir müssen auch aus dergleichen
vorOeroitet sein."
„Was werden Sie tun?" fragte Jerry.
Nun war fiir Hal der Moment gekommen, fein Recht ans di«
Führerschaft zu beweisen. „Wenn er mich auf die Nase schlägt,
schlage ich zurück," erklärte er. — ,.Das ist doch ganz einfach."
Einige applaudierten, so war's recht, so mußte man reden!
Hal genoß die Freude, sich als Führer zu -fühlen; doch erhielt fein
SeMstbertrau« einen plötzlichen Stotz, sein Stolz einen „Schlag
ans die Rase". Eine Frauenstimme klang aus der Ecke, leise und
AtgrAmnig: „Ja! Und dann können Sie sich töten lass«!"
Er blickte zu Mary Burke hinüber und sah, daß ihr lebhaftes
Gesicht glühte und sie die Stirn runzelte. „Was weinen SW
denn?" — fragte er. — „Sollen wir etwa davonlatffeu?"
„Es Wäre mir lieber, als Wenn Sie umgebracht würden. Was
tun Sie, wenn er das Gelvehr auf Sie anlegt?"
„Wird er ein Gswchr auf ein Komitee anlegen?"
Der alte Mite unterbrach die beiden: „Einmal in Barel«...
Habe Ich Ihnen erzählt, tote ich meine Marren verlor? .Fel) sage
den« Wagmeister, daß jemand meine Karren gestohlen hat, und er
legt das Gewehr aus mich -an und schreit: „Scheren Sie sich zum
Teufel, heraus aus dem Kippraum, Mer Ziegenbock, sonst durch-
Mhre ich Ihr Fett!" ,
An der Universität hatte Hal stets die Ansicht verfochten, man
müsse einem Räuber zurufeu: „Vorwärts, mein Freund! Bedie-
nen Sie sich selbst! Ich habe hier nichts, um deffeniwillM ich tot-
gesch-offeu werden möchte." Wie konnte man den Wert stehlba-rer
Dinge mit dem eines Menschenleben vergleichen? Jetzt, so hätte
man meinen können, sei der Augenblick fiir Hal gekommen, seine
Theorie in Praxis umzufetzen, doch fiel sie Hm aus irgendeinem'
Grund nicht einmal ein. Er war berÄt, vorzngsheü, genau, als ob
eine Tonne Kohle Per Tag das einzig wichtige im Leben sei!
„Was sollen Wir tun?" fragte er. — „Wir wollen Doch nickst
nachgebsn?"
.Und doch wußte HÄ, noch während er die Frage stellte, daß
Atari, recht Hatte. SSiu Stastdp-uM war-der des Müssiggängers;
Mary jedoch wies, trotz ihrer eigenen Heftigkeit, aus die Noiwew-
IWÄt der Selbstbeherrschung hin. Zum zweite» Mal an- diesem
Abend Hatte sie seinen Stolz verletzt, doch verwandelte sich sein
Groll -Är Bewunderung; er hatte ja stets gewußt, daß Mary einen

Aus dem ParLeileben. ' '
Neuregelung der ParteibeUrages.
Die Verwalter unserer Parteifinanzen zerbrechen sich seit
längerer Zeit die Köpfe darüber, wie unsere Parteikasse gestärkt
und so gekrästigt werden könnte, daß trotz der enormen Teuerung
alle organisatorischen und politischen Aufgaben voll erfüllt zu wer-
den vermögen.
Genosse Drinks Macht nun im Karlsruher „Volksfreund"
den Vorschlag, Stafselbetträge aus Grund der Selbsteinschätzungs-
pflicht der Mitglieder cinzuführen. Er empfiehlt fünf Peitrags-
klafsen mit einenl Wochenvettrag von 10, 5, 3, 2 und 1 Mk. Trtnts
schlägt des wetteren vor, daß von diesen Beitrügen 50 Prozent an
den Parteivorstand in Berlin, 30 Prozent an den Bezirksvorstand
abgesührt werden sollen und der Anteil der Lokalkassen aus 20
Prozent fest gelegt wird. Die Einschätzung soll bei der Urabstim-
mung über die Einführung der Stasselüeiträge in der Form er-
folgen, als die fünf Beiiragsklassen auf dem Absttmmüngszettel
aufgeführt sein sollen und dann jedes Mitglied alle Klaffen bis
auf die für ihn in Betracht kommende streicht. Bel vorübergehen-
der Notlage soll das Mitglied berechtigt sein, Marken einer nied-
rigeren Beitragsklasse zu kleben.
Ein anderer Genosse wendet sich im „Volkssreund" gegen den
Trinkschen Vorschlag, und zwar vor allem mit dem Hinweis auf
die Mehrarbeit, die die Führung von Stasfelbeiträgen mit sich
bringt. Dieser Genosse schlägt nun vor, den Pflichtbeitrag allge-
mein aus 1 Mk. festzulegen und daneben die Mitglieder zur Lei-
stung von freiwilligen Beiträgen anzuspornen. Diese freiwilligen
Beiträge sollen der Selbsteinschätzung unterliegen und durch die
übliche 1 Mk.-Marle emittiert werden.
Wir verkennen nun die Schwierigkeiten, die sich aus der Ein-
führung von Staffelbeiträgen ergeben, keineswegs. Wie aber die
Erfahrung in den Gewerkschaften lehrt, sind dieselben Wohl zu
überwinden, Mit dem letztgenannten Vorschlag würde aber kaum
das erwünschte Ziel, die Parieikasse wesentlich zu stärken, erreicht
werden. Auch technisch würden sich Schwierigkeiten ergeben, soll
z. B. ein Genösse, der freiwillig 5 Mk. pro Woche- bezahlt, jedes
Vierteljahr die Kleinigkeit von 65 Marken kleben, das wäre doch
etwas zu umständlich. Da erscheint uns der Vorschlag des Ge-
nossen Trinks doch bedeutend geeigneter zu sein. Durch ihn wür-
den der Partei wesentliche Mittel zugesührt werden und anderseits
wäre es auch jenen unserer Anhänger, die sich in den ärmlichsten
Verhältnissen befinden, möglich, Parteimitglied zit bleiben.
Nicht zustimruen kann ich allerdings dem Vorschlag Trinks be-
treffs der Verteilung des Beitrags. Bisher Hat der Parteivorstand
in Berlin 25 Prozent der Einnahmen erhalten und ich sehe keinen
Grund, warum dies geändert werden sollte. Die Hauptlasten in
finanzieller Beziehung sind bisher und werden auch in Zukunft an
die Bezirkstasse gestellt und ihr müssen deshalb auch vor allem
Mittel zugeführt werden. Ich würde deshalb für die Verteilung
der Einnahmen folgenden Schlüssel Vorschlägen: 25 Prozent Par-
teivorstaud, 50 Prozent Bezirksvorstand und 25 Prozent dem Orts-
verein. Diesck Verteilung erscheint mir am meisten den Bedürf-
nissen der einzelnen Stellen zu genügen. Auch bin ich der Auf-
fassung, daß man evtl, dis 10 Mark-Klasse Weglassen könnte, denn
der kleine Teil von Genossen, der diesen Betrag leisten wird, lau?
auch auf andere Weise der Partei seinen höheren Tribut entrichten
Aus jeden Fall wäre aber zu wünschen, daß die einzelnen
Ortsvereine in ihren nächsten Versammlungen mal den Vorschlag
der Einführung von SLasfelbeiträgen eingehend prüfen mid dem
Bezirksvorstand und Kreisvorstand ihre Auffassung darüber um-
gehend Mitteilen.
Grundbedingung wäre natürlich, wenn der Vorschlag des
Genossen Trinks seinen Zweck erfüllen soll, daß jedes Mitglied bei
der Selvsteiuschätzung Vis an die Grenze seiner Leistrmgssöhigfiir
ginge. z. I-
-.--
US 8kl U«MW«KL
Kapitalistische GeEkschaft!
Der Deutschrmttonale HanWurigsge-HUfeni-VervallÄ (D.H.V.)
will einen „ K a p it a! s ch atz fü r d eu 1 s ch e Arb ej t" gründ on-
Es soll eine Anleihe von 50 Millionen Mark ausgeschrieben wer-
den, die von den Mitgliedern des D.H.V. zu zeichnen sind, uw
wie dabei vermerkt wird, einen Mitbesitz an der deutschen Wirtschaft
und den Sachwerten zu haVen, sowie einen Einfluß auf die Wirt-
schaftsgebarun-g zu gewinnen.
Hierzu muß gesagt werden, daß fette» eine solch naive wirt-
schastlich-.' Auffassung zu Tage getreten ist, wie dies hier geschieht;
denn es nicht anzuneymen, daß die beschlußs-assende Körperschaft
Her Ansicht war, mit diesen 50 Millionen wirtlich einen Ein-
fluß auf die deutsche Wirtschaft zu gewinnen, wenn im Gegensatz
hierzu die Milliardenumschläge einzelner Großfirmen in Betmch
gezogen wird.
Sachliche Prüfung -der Aktion läßt fast keinen anderen Schluß
zu, als dätz der D.H.V. äußervrdeMiche Mittel braucht, um feinett
OvganisattonSaPparai über Wasser zu halten, denn sein berühmter
«MAEELMSkWMWAiWMNMKMMWKWSWWWWWRWWMIWWMWM
klugen Kopf habe und ihm helfen könne. Die Worte des alte»
John Edstrom steigerten noch seine Bewunderung, — es dürste
nichts geschehen, meinte der alle Bergmann, was der Sache der
„großen Gewerkschaft" schaden könne; deshalb durften sie, was im-
mer auch geschähe, keinen körperlichen Widerstand leisten.
Diese Anschauung fand aus der andere» Seite erbitterte Geg-
ner. „Kämpfen! Kämpf«!" — brüllte der alte Mite und schrie
dann auf, als ob er schau den Schlag auf der Nase verspüre: „Das
soll ich mir gefallen lassen!?"
„Wenn Sie Zurückschlagen" — erklärte Edstrom, — „werdest
Wir bestimmt den Kürzeren ziehen. Die Gesellschaft wird sag«,
wir hätten angefangen und wir seien im Unrecht. Nein, wir müs-
sen ums ans die moralische Kraft beschränken."
So wurde denn nach einer weitern Diskussion beschlossen,
jeder habe sich zu beherrschen — so weit er eben konnte. Dai«»
reichten einander alle die Hände und versprachen, standhaft zu
bleiben. Ms die VersammMmig jedoch für beendet erklärt worden
und sie einzeln in die Nacht hiumlsschlicheu, waren es doch recht
ernste, sorgenvolle Verschwörer, dis ihren Heimen zustrebt«.
ch
ZN dieser Nacht konnte Hal nur wenig schlafen. Ringsum
schnarchten die. anderen Neminitsktschen Mieter und er lag und
überdachte die Dinge, die alle der morgige Tag bringen konnte.
Einige derselben muteten ihn recht unangenehm an er malte
sich feine Person mit einer gebrochenen Nase aus, oder mit Leer
und Federn bestrichen, auch seine Theorie einem Räuber gegen-
über fiel ihm ein. War doch Ne Allgemeine Beheizungs-Gesell-
schaft ein furchterregender; gigantischer Räuber; war es da MM
Weit angemessener, auSzu-rufen: „Bedienen Sie sich selbst!" Dann
aber dachte .Hal an Edstroms Ameisen und fragte sich, welche Ge-
walt sie Wohl zusainme-nbatte.
Ms Der Morgen dämmerte, erhob er sich und wanderte irr die
Berge, die die Macht besitz«, die moralische Kraft des Menschen
zu stärken und zu erneuern. Ms die Sonne hinter dm Bergspitzen
versunken war, stieg auch er nieder nnd traf Edstrom und Sikori«
vor dem Bureau der Gesellschaft.
-Sie nickten einander zu und Edstrom erzählte ihm, daß seine
Frau während des Tages gestorben sei. Da es im Nordtal keil«»»
Leicheuvestatter gab, batte er eine Bekannte beauftragt, Die Leiche
nach Pedro zu schassen, um -selbst für die Besprechung mit Tact-
wrt-ght frei zu sein. Hal legte sanft die HanD aüs die Schulter des
alten Mannes, doch sagte er kein Trostwort; er sah, Daß sich Ed-
 
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