Volkszeitung
Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Eppinger», Eberbach, Mosbach, Buchen,
Adelsheim, Borberg, Tauberbischofsheim und Wertheim.
Bezugspreis: Monatlich einschl. Trägerlohn 13.— Mk. Anzeigenpreise:
Die einspaltige Petitzeile (86 mm breit) 2.— Mk., Reklame-Anzeigen
(83 mm brert) 6.— Mk. Bei Wiederholungen Nachlaß nach Tarif.
Geheimmittelanzeigen werden nicht ausgenommen.
Geschäftsstunden: 8—'/,6 Uhr. Sprechstunden derRedaktion: 11—12 Uhr.
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Heidelberg, Mittwoch, 15. März 1922
Nr. 63 * 4. Jahrgang
Verantwort!.: Für innere u.äußere Politik, Volkswirtschaft ».Feuilleton?
Dr. E. Kraus; für Kommunales, soziale Rundschau und Lokales«
O.Geibel; für die Anzeigen: H. Horchler, sämtliche in Heidelberg
Druck u. Verlag der Unterbadischen Verlagsanstalt G.m. b.H., Heidelberg
Geschäftsstelle: Schröderftraße 39.
Fernsprecher: Anzeigen-Annahme 2673, Redaktion 2648.
Vorbereitungen für Genua.
Die Fragen des wirtschaftlichen Wiederaufbaues. — Die Interessen der Neutralen
und der Kleinen Entente.
Nie UMIk MM W WsWMff.
Aus Basel wird uns geschrieben:
Unter den Neutralen sind in jüngster Zeit scharfe Bestrebungen
tm Gange, um zu einem gemeinsamen Vorgehen auf der Konferenz
von Genua zu gelangen. Das Ziel dieses gemeinsamen Vorgehens
wäre, trotz der zwischen Poincare und Lloyd George be-
schlossenen Rumpftagesordnung in denjenigen Fragen eine Klärung
herbetzusühren, die schuld an der jetzigen Erkrankung Europas
sind. In diesem Sinne veröffentlicht der schwedische Pro-
fe s s o r K a s s e l an der Universität S to ck h o l m in der schwedi-
schen, norwegischen, holländischen und schweizerischen Presse einen
Artikel, in dem als erste Forderung der neutralen Länder für die
Konferenz von Genna die aufgestellt wird, daß der zerfetzenden
Machtpolttik, die seit dem Waffenstillstand getrieben worden ist, und
die Europa in feine jetzige gefährliche Lage gebracht hat, ein Ende
gemacht werden müßte. Wenn die Produktiven Kräfte der Neu-
tralen, so schreibt Prof. Kassel, ihre volle Entwicklung finden sollen,
müssen vor allem die unablässigen Drohungen mit Gewalt, die von
verschiedenen Seiten immerfort Europa beunruhigen, nnd der
militärische Druck, der in großen Teilen Europas noch immer ein
absolutes Hindernis für ein ökonomisches Wiedererblühen ist, auf-
hören. Ein anderes beachtenswertes gemeinsames Unternehmen
für die ganze Welt ist die Wiedererrichtung der Frei-
heit des Handels. Auch der schlimmste Protektionist würde
kaum bestreiten, daß die Welt im ganzen genommen viel reicher
wäre, wenn die Verbindungen unter den Ländern freier wären;
die Neutralen haben - .es Interesse daran, daß die absolute
Verschärfung der Zölle pst werde, die in den letzten Jahren
so stark zngenommen har. Kerner müßten die Neutralen bestimmt
darauf bestehen, daß sie sich «sicht darin fügen können, ihr ganzes
ökonomisches Leben durch et» infolge der Entschädigungsansprüche
erzwungenes „Valutadumping" Deutschlands zerstören zu lassen.
Solange die Entschädigung fordernden Staaten sich weigern, in
realen Nützlichkeiten die Entschädigungen, die sie verlangen, anzu-
nehmen, zwingen sie der« deutschen Export auf eine ganz unnatür-
liche Weise über die neutraler« Märkte hinaus, wobei selbstverständ-
lich die benachbarten Länder Deutschlands, die Schweiz, Holland
und Skandinavien einen außerordentlichen Schaden erleiden müssen.
Die Neutralen haben nichts mit den Entschädigungsforderungen
KU schaffen. Sie müssen aber verlangen, daß diejenigen, die sich
für diese Entschädigungsansprüche berechtigt halten, sich auch selber
klar machen, aus welche Weise sie diese empfangen können und
wollen. Auch die Lösung der Balutafrage ist ein Punkt
des Genuaprogramms, bei dem die Mitwirkung der Neutralen be-
sonders große Bedeutung hat, da ein wirklicher Friede und ein
ehrlich vertrauensvolles Zusammenarbeiten unter den Böllern von
der Lösung dieser Frage abhängig ist. Der Kernpuntt dieses Pro-
bleins »nutz die Stabilisierung fein. Eine Stabilisierung des
Geldwertes durch Wiederaufnahme der Goldwährung kann aber
nur dann erreitch werden, wenn zu gleicher Zeit eine Reihe von
Ländern die Goldtvährung wieder annimmt. Praktisch bedeutet
dies, datz sie sich bereit finden, Gold zu festen Preisen zu kaufen
und zu verkaufen. Es ist natürlich für die Schweiz, Holland und
Schweden in dieser Hinsicht zusammenzugehen und Verbindung
«nit England anzustreben, um unter Mitwirkung der Vereinigten
Staaten eine auf die allgemeine Wiederaufnahme der Goldwährung
gerichtete Geldpolitik einzuleiten. Könnte für die genannte Gruppe
von Länder»« ein positives Ergebnis erreicht werden, so würde da-
mit das Valutaproblem der Welt eine ganz neue Festigkeit bekom-
men, nnd eine Reihe der übrigen Länder würde dann imstande
sein, Maßnahmen für ihren Uebergang zur Goldwährung zu treffen,
wobei vielleicht die alte Parität aufgegeben werden müßte, dafür
aber eine neue Parität auf Grund der gegebenen festen Lage
der effektiven Goldbasts festgelegt werden könnte.
Angesichts der von verschiedene»« Regierungen angestrebten Dis-
kussion unter den Neutralen über das Programm von Genua ver-
diene,« die obigen Ausführungen besondere Beachtung. Ihre Ver-
wirklichung wäre auch vom deutschen Standpunkt aus zu begrüßen.
q-
Rom, 14. März. Der Beginn der Konferenz ist jetzt end-
gülttg auf den 1 v. Aprtl festgesetzt worden. Die Tagesord-
nung der Konferenz steht die Wiedererrichtung des europäischen
Friedens auf fester Grundlage als eine der Hauptbedingungen für
die Wiedergewinnung des Vertrauens ohne Benachieiltgung der
bestehenden Verträge vor. Es werden vier Sachverständi-
genkommisstonen eingesetzt werden, die erste für die Wte -
deraufrichtung Rußlands, die zweite für Finanz-
fragen, die dritte für Wirtschasts- und Handels-
fragen und die vierte den internationalen Transport und
Verkehr.
Der Einheitsblock der Kleinen Entente.
Belgrad, 13. März. Die Konferenz der Wirtschafts-Sach-
verständigen des Vierbundes ist gestern zu Ende gegangen. Neber
die Konferenz wurde ein knappes Kommunique ausgegeben,
das lautet:
„Die Delegierten Polens, Rumäniens, der Tschechoslowakei
unv Südslawiens, die sich in Belgrad versammelten, um die ge-
samten finanziellen, wirtschaftlichen und Transportfragen zu
untersuche», die den Gegenstand der Genueser Konferenz bilde»«
werden, haben ihre Zusammenkunft mit der Feststellung der Tat-
sache geendet, daß irr allen diskutierte», Fragen vollkommene
i Uebereinstimmung zwischen ihnen herrscht. Ausgehend von
der Grundlage der Konferenz von Genua, datz die in Geltung
befindlichen Fricdensverträge keineswegs airgetastet werden können,
und beseelt von dem feste»« Willen, an der großen Arbeit des
Wiederaufbaues und der Befestigung des wirtschaftlichen Lebens
Europas mitzuarbeiten, vorausgesetzt, daß die legitimen vi-
talen Interesses« ihrer Länder gewahrt werden, sind sie hinsicht-
lich der gemeinsame»« Linie ihrer Haltung in Genua
in den oben erwähnten Fragen vollkommen Wereingekommen.
Sie haben auch die Richtigkeit eines gemetnfamen Vor-
gehens in anderen Fragen ihrer Kompetenz, die sich aus der
Genueser Konferenz ergeben könnten, festgestellt."
Vanderlip in Genna?
Parts, 14. März. Als inoffizieller Beobachter Amerikas ar«
der Konferenz vor« Genua ist laut „Chicago Tribüne" der frühere
Präsident der National City Bank, Vanderlip, nach Europa ab-
gereist.
Die Antwort der Finanzminister an Amerika.
Parts, 14. März. Wie der „TempS" mitteilt, haben der
französische, der englische, der italienische und der belgische Finanz-
minister das Boydenfche Memo rau dun» vorn 10. März,
das die Ansprüche der Bereinigter« Staate» auf Ersatz ihrer Be-
fctzungskssten geltend machte, schriftlich dahin beantwortet:
1. datz sie von dem Memorandum Kenntnis genommen
hätten,
2. daß in das interalliierte Finanzabkommen vom 11. März
eine Bestimmung ausgenommen worden fei, in der die biechte
der Bereinigten Staaten Vorbehalte,« wurden,
3. daß die Finanzminister für die Regelung der Frage n»ch«
zuständig feien, diese vielmehr zu dem Kompetenzbereich
der alliierten Regierungen gehöre. Mit diese» müsse die
Regierung von Washington darüber verhandeln.
Schwere sozialdemokratische Anklagen gegen
Sowjetreglerung.
8-p. Berlin, 14. März. (Eig. Drahtb.)
Die bolschewistische Regierung hat gegenwärtig in Moskau
47 Mitglieder der Partei der Sozialrevolutionäre, darunter das
ganze Zentralkomitee der Partei dem Gericht des Obersten Tribu-
nals übergeben. Das Gericht soll auf Grund lügnerischer Aussagen
„die wahre Rolle der Partei der Sozialtstenrevolutionäre während
des Bürgerkrieges und deren Kampfesmethoden gegen die Sowjet-
macht prüfen", um auf diese Weise „die Verbrechen der Partei der
Sozialtstenrevolutionäre gegen die proletarische Revolution fcst-
zustellen".
Anläßlich dessen nimmt das Auslandskomitee der Partei der
Sozialtstenrevolulionäre irr einer längeren Zuschrift „An die sozia-
listische»« Parteien aller Länder" — die uns zur Verfügung gestellt
wurde — Stellung gegen das Sowjet-System und kenn-
zeichnet nochmals deren Taten gegerr die Arbeiterschaft. Mit
Entschtederchett wird zunächst der bolschewistischen Partei das Recht
abgestrttten, den Oktoberumsturz „Proletarische Revolution" zu
nennen. Die bolschewistische Partei fei die erste gewesen, die den
Bürgerkrieg begann, indem ste eine in ihrer Mehrheit sozialistische
Regierung niit Gewalt stürzte, später die konstituierende National-
versammlung davonjagte und sich «nunterbroche» Gewalt-
tätigkeiten gegen die Mitglieder der Partei der Sozialisten-
revolutionäre erlaubte. So wurde insbesondere das Partei-
vermögen beschlagnahmt (l), die Parteiorganisation zer-
schlagen, die Parteipresse inhibiert, eine große Anzahl von Partei-
mitgliedern ohne Grund erschossen oder ins Gefängnis
geworfen. Angesichts dessen — und das betont der Aufrrtf
nrit besonderem Nachdruck — hat die Sozialistenrevolutionäre Partei
es damals als ihr gutes Recht betrachtet, mit der Waffe in der
Hand denen Widerstand zu leisten, die mit Hilfe bonaparttsti-
scher Meth oder« eine brutale Partei-Oligarchie auszurtchten
suchte.. Dennoch aber habe sich die Partei damals wie auch später
bereit erklärt, dem Bürgerkrieg inirerhalb der Arbeiterdemokratie
ein Ende zu machen, aber nur unter der Bedingung: allgemeine
Neuwahl in die Sowjets, geheimes Wahlrecht, Freiheit des Wortes,
der Presse und der Wahlagitation, sowie die Verpflichtung seitens
aller sozialistischen Parteien, sich der« Beschlüssen der neugewäülten
Sowjets in alle»« strittigen Fragen zu unterwerfen einschließlich
der Frage über das Schicksal der konstituiere,»den Nationalversamm-
lung. Auf dieses Angebot gingen die Bolschewisten »richt ein, er-
klärten aber aus eigener Initiative, ihr Verhalten der Sozialisten-
revolutionären Partei gegenüber zu ändern nnd ste „Probeweise"
zu legalisieren. Aber auch bet diesem Akt konnte die herrschende
Macht nicht der Versuchung widerstehen, diese angebliche Legali-
sierung in eine niederträchtige Poltzeifalle zu ver-
wandeln. Zehr» Tage, nachdem die Sozialistenrevolutionäre Partei
ihr legales, tägliches Organ herausgab, wurden plötzlich Mafferr-
verbastungen der Partei vorgenommen mit dem offensichtlichen
Zweck, die Partei durch diesen plötzlichen Ueverfall gänzlich zu li-
quidieren. Von dieser Zeit aS vis zum gegeuwürtigen Augenblick
müssen die Sozialtstenrevolutionäre ein illegales Leven führe,», ob-
wohl die formale Legalisation der Partei niemals aufgehoben
wurde. „Unter diesen Umständen" — so heißt es dann in de»
Zuschrift — „ist es in der Tat ungeheuerlich, wenn die herrschend«
Partei nun versucht, wegen der Teilnahme an dem längst beendig-
te»» Bürgerkrieg einer» politischen Prozeß zu inszenieren und den
durch die Legalisation »ntt unserer Partei längst liquidierter» Rechts-
streit mit uns zu erneuen«. Wir brarrdmarken diese»» Akt als einen
Akt der doppelten Treulosigkeit. Wir erklären, daß das geplant«
Gericht kein Gericht, sondern ein niederträchtiger Ge-
waltakt ist und daß unsere Genossen dort nicht als Angeklagte,
sondern als Kläger austreten werde». Urrsere Genosse» schmachte-
ten vtS jetzt in den Gefängnissen, ohne Verhör, ohne Gericht, einig«
von ihnen schon seit den« Jahre 1918."
Zum Schluß der Zuschrift fordert die Partei der Sozialisten-
revolutionäre die Bolschewisten zu eirrer offene»» A usein-
an Versetzung aus. Sie schlagen die Organisation eines Ge-
richtes vor, das aus den Vertreter»» der drei internationalen Ver-
einigungen der sozialistischer« und auch der kommunistischen Parteien
bestehe»» soll. Sie schlagen diesem Gerichte vor, alle Anklage»« zi
prüfen, die von der jetzt in Rußland herrschenden Partei gegen sii
vorgebracht werden. Jede»! Verfrüh der Bolschewisten, sich einen
solchen Gericht zu entziehen, beabsichtigen die SozialistcnrevolutiR
näre als ein-indirektes Eingeständnis der bewußten Lügenhastig-
kett der großen Anklage zu betrachte»«. In bezug aus die Kommu-
nisten in ganz Europa wird noch die Erwartung zurr« Rusdrue.
gebracht, daß ste aus Interesse au der Wahrheit die gerechte Fori
derung unterstütze»« und verhindern, daß inzwischen irgendwo ik
einer Folterkammer ein neues Verbrechen, ein treues Attentat
gegen die Menschlichkeit erfolgt.
Deutscher Reichstag.
Der MiliiareLat.
Klagen über dir Bcsatzungsirnppr!,.
in. Berlin, den 1t. März.
Die heutigen Beratungen beginnen mit einer Anzahl kleines
A »frage n. U. a. erinnert
Abg. B vn ning b a n s (D.BP.) an eine Rede tm engiisttle»
Unterhaus, in der die Stärke der französischen Kolon» al truppen n»
besetzten deutschen Gebiet auf 18000 Marr«« angegeben wurde
Es wurde behauptet, daß Deutsthland gegen die Verwendung far-
biger Truppen keinen Einspruch erhoben habe. In der Nnsrag»
wird gefordert, daß die Gewalttaten der Besatzungs-
trupp er« und insbesondere der Kolonialtruppe» zusammengesteü
nnd den Ententeregierungei« sowie der« neutrale»» Staate)» zm
Kenntnis gebracht werden'sollen.
Gesandter von Mutius gibt zu, datz diese Mitteilungen ul
englischen Unterhalts erfolgt sind. Die Regierung könne genau?
Feststellungen nicht machen, hat aber Anlaß zu glauben, daß di?
Zahl der farbigen Truppen größer ist. Sie beträgt uormalerweift
43 000 Mann, verringert sich aber in den Winiermonaten aus N bi )
30 800 Mann. Die deutsche Regierung hat mehrsach die Zurück-
ziehung der farbigen Truppen verlangt. Den auswärtigen Ver-
tretern ist fortlaufend das Material übermittelt worden. Eia»
förmliche Protesterhebung, insbesondere bei der britischen Regie-
rung, würde die Reichsregierung eirrer glatten Ablehnung auSsetzen
Die britische Regierung hat ja mich alle Anregung«» vs» Mitglie-
dern des Unterhauses an die französische Regierung in Vieser An
gelegenheit heranzutrrte«, kategorisch abgelchnt.
Abg. von Schoch (D.BP.) führt wieder einen UeberfM
französischer Soldaten auf einen deutschen Arbeiter irr Bad Ems
an, »vorauf regierungsseitig erwidert wurde, datz die französische
Regierung ost genug eine Auskunft über die Bestrafung eines
solcher» Täters einfach verweigert hat.
Es folgte dann der Schluß der Beratungen des Militärelais
U. a. sprach auch Genosse
Abg. Schöpfliu (Soz.).
Er bemängelt die grotze Anzahl der Hoheit Ossi?
zierstellen und erkennt tm übrigen an, datz durch das Reichs»
wehrministerium eine große organisatorische Arbeit geleistet worvell
ist. Bei der Verabschiedung von Offizieren hat »rau sozialdemokm»
tisch gesinnte Offiziere aus gemerzt, so daß das Offizi erkorsts
heute stark »nonarchistisch ist. Dies ist zwar kein Beweis
für eilte Gegenrevolution, aber man »nutz die Reichswehr nach ww
vor mit aufmerksame»» Augen betrachten.
Abg. Künstle r (U.S.P.) bekämpft den Bewillig n uas«
eifer des Reichstags für Zwecke des Heeres und der Marine,
Redner verbreitet sich alsdann über die Soldaten m i tz h a n d«
.lunger», die, wie er behauptet» wieder überhand nehmen.
Reichswehnninister Gehler erwidert auf die Angriffe des
Vorredners in scharfe«» Wendungen und verteidigt die
R ei chsweh r, die eine verfassungsmäßige Einrichtung sei. De«
Minister erwähnt noch, daß den» Reichswehrministerium jegliche«
Einflutz auf die Polizeiorgane entzogen sei.
Ausland.
Amerikas Forderung der Besatznngskosten.
Zu der von uns am letzten Samstag mitgeteilten über-
raschenden Forderung Amerikas an die Pariser Finanzminister-
korrserenz auf Erstattung vor» 966 Millionen Goldmmk Befetzungs-
kosten schreibt Theodor Wolff im „Berliner Tagebl."!
„Es »nutz ein interessanter Moment gewesen sein, als Herr
Boyd e n, der arrrerikanische Delegierte ir» Paris, so Plötzlich und
ohne Vorbereitung mit der Besatzungsrechnung der Vereinigten
Staaten zu den versammelten Finanzmtnistern kam. Was ist
dagegen das Erscheinen des steinerner» Gastes beim Mahle des
Don Juan? Endlich, nach gewitz schweren Mühen, hatte»« die
alliierten Finanzminister sich darüber geeinigt, wie die verfügbare
Reparationssnrume zu verteile»« fei. Als sie ausatmeie;«,. ihrs
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Vorbereitungen für Genua.
Die Fragen des wirtschaftlichen Wiederaufbaues. — Die Interessen der Neutralen
und der Kleinen Entente.
Nie UMIk MM W WsWMff.
Aus Basel wird uns geschrieben:
Unter den Neutralen sind in jüngster Zeit scharfe Bestrebungen
tm Gange, um zu einem gemeinsamen Vorgehen auf der Konferenz
von Genua zu gelangen. Das Ziel dieses gemeinsamen Vorgehens
wäre, trotz der zwischen Poincare und Lloyd George be-
schlossenen Rumpftagesordnung in denjenigen Fragen eine Klärung
herbetzusühren, die schuld an der jetzigen Erkrankung Europas
sind. In diesem Sinne veröffentlicht der schwedische Pro-
fe s s o r K a s s e l an der Universität S to ck h o l m in der schwedi-
schen, norwegischen, holländischen und schweizerischen Presse einen
Artikel, in dem als erste Forderung der neutralen Länder für die
Konferenz von Genna die aufgestellt wird, daß der zerfetzenden
Machtpolttik, die seit dem Waffenstillstand getrieben worden ist, und
die Europa in feine jetzige gefährliche Lage gebracht hat, ein Ende
gemacht werden müßte. Wenn die Produktiven Kräfte der Neu-
tralen, so schreibt Prof. Kassel, ihre volle Entwicklung finden sollen,
müssen vor allem die unablässigen Drohungen mit Gewalt, die von
verschiedenen Seiten immerfort Europa beunruhigen, nnd der
militärische Druck, der in großen Teilen Europas noch immer ein
absolutes Hindernis für ein ökonomisches Wiedererblühen ist, auf-
hören. Ein anderes beachtenswertes gemeinsames Unternehmen
für die ganze Welt ist die Wiedererrichtung der Frei-
heit des Handels. Auch der schlimmste Protektionist würde
kaum bestreiten, daß die Welt im ganzen genommen viel reicher
wäre, wenn die Verbindungen unter den Ländern freier wären;
die Neutralen haben - .es Interesse daran, daß die absolute
Verschärfung der Zölle pst werde, die in den letzten Jahren
so stark zngenommen har. Kerner müßten die Neutralen bestimmt
darauf bestehen, daß sie sich «sicht darin fügen können, ihr ganzes
ökonomisches Leben durch et» infolge der Entschädigungsansprüche
erzwungenes „Valutadumping" Deutschlands zerstören zu lassen.
Solange die Entschädigung fordernden Staaten sich weigern, in
realen Nützlichkeiten die Entschädigungen, die sie verlangen, anzu-
nehmen, zwingen sie der« deutschen Export auf eine ganz unnatür-
liche Weise über die neutraler« Märkte hinaus, wobei selbstverständ-
lich die benachbarten Länder Deutschlands, die Schweiz, Holland
und Skandinavien einen außerordentlichen Schaden erleiden müssen.
Die Neutralen haben nichts mit den Entschädigungsforderungen
KU schaffen. Sie müssen aber verlangen, daß diejenigen, die sich
für diese Entschädigungsansprüche berechtigt halten, sich auch selber
klar machen, aus welche Weise sie diese empfangen können und
wollen. Auch die Lösung der Balutafrage ist ein Punkt
des Genuaprogramms, bei dem die Mitwirkung der Neutralen be-
sonders große Bedeutung hat, da ein wirklicher Friede und ein
ehrlich vertrauensvolles Zusammenarbeiten unter den Böllern von
der Lösung dieser Frage abhängig ist. Der Kernpuntt dieses Pro-
bleins »nutz die Stabilisierung fein. Eine Stabilisierung des
Geldwertes durch Wiederaufnahme der Goldwährung kann aber
nur dann erreitch werden, wenn zu gleicher Zeit eine Reihe von
Ländern die Goldtvährung wieder annimmt. Praktisch bedeutet
dies, datz sie sich bereit finden, Gold zu festen Preisen zu kaufen
und zu verkaufen. Es ist natürlich für die Schweiz, Holland und
Schweden in dieser Hinsicht zusammenzugehen und Verbindung
«nit England anzustreben, um unter Mitwirkung der Vereinigten
Staaten eine auf die allgemeine Wiederaufnahme der Goldwährung
gerichtete Geldpolitik einzuleiten. Könnte für die genannte Gruppe
von Länder»« ein positives Ergebnis erreicht werden, so würde da-
mit das Valutaproblem der Welt eine ganz neue Festigkeit bekom-
men, nnd eine Reihe der übrigen Länder würde dann imstande
sein, Maßnahmen für ihren Uebergang zur Goldwährung zu treffen,
wobei vielleicht die alte Parität aufgegeben werden müßte, dafür
aber eine neue Parität auf Grund der gegebenen festen Lage
der effektiven Goldbasts festgelegt werden könnte.
Angesichts der von verschiedene»« Regierungen angestrebten Dis-
kussion unter den Neutralen über das Programm von Genua ver-
diene,« die obigen Ausführungen besondere Beachtung. Ihre Ver-
wirklichung wäre auch vom deutschen Standpunkt aus zu begrüßen.
q-
Rom, 14. März. Der Beginn der Konferenz ist jetzt end-
gülttg auf den 1 v. Aprtl festgesetzt worden. Die Tagesord-
nung der Konferenz steht die Wiedererrichtung des europäischen
Friedens auf fester Grundlage als eine der Hauptbedingungen für
die Wiedergewinnung des Vertrauens ohne Benachieiltgung der
bestehenden Verträge vor. Es werden vier Sachverständi-
genkommisstonen eingesetzt werden, die erste für die Wte -
deraufrichtung Rußlands, die zweite für Finanz-
fragen, die dritte für Wirtschasts- und Handels-
fragen und die vierte den internationalen Transport und
Verkehr.
Der Einheitsblock der Kleinen Entente.
Belgrad, 13. März. Die Konferenz der Wirtschafts-Sach-
verständigen des Vierbundes ist gestern zu Ende gegangen. Neber
die Konferenz wurde ein knappes Kommunique ausgegeben,
das lautet:
„Die Delegierten Polens, Rumäniens, der Tschechoslowakei
unv Südslawiens, die sich in Belgrad versammelten, um die ge-
samten finanziellen, wirtschaftlichen und Transportfragen zu
untersuche», die den Gegenstand der Genueser Konferenz bilde»«
werden, haben ihre Zusammenkunft mit der Feststellung der Tat-
sache geendet, daß irr allen diskutierte», Fragen vollkommene
i Uebereinstimmung zwischen ihnen herrscht. Ausgehend von
der Grundlage der Konferenz von Genua, datz die in Geltung
befindlichen Fricdensverträge keineswegs airgetastet werden können,
und beseelt von dem feste»« Willen, an der großen Arbeit des
Wiederaufbaues und der Befestigung des wirtschaftlichen Lebens
Europas mitzuarbeiten, vorausgesetzt, daß die legitimen vi-
talen Interesses« ihrer Länder gewahrt werden, sind sie hinsicht-
lich der gemeinsame»« Linie ihrer Haltung in Genua
in den oben erwähnten Fragen vollkommen Wereingekommen.
Sie haben auch die Richtigkeit eines gemetnfamen Vor-
gehens in anderen Fragen ihrer Kompetenz, die sich aus der
Genueser Konferenz ergeben könnten, festgestellt."
Vanderlip in Genna?
Parts, 14. März. Als inoffizieller Beobachter Amerikas ar«
der Konferenz vor« Genua ist laut „Chicago Tribüne" der frühere
Präsident der National City Bank, Vanderlip, nach Europa ab-
gereist.
Die Antwort der Finanzminister an Amerika.
Parts, 14. März. Wie der „TempS" mitteilt, haben der
französische, der englische, der italienische und der belgische Finanz-
minister das Boydenfche Memo rau dun» vorn 10. März,
das die Ansprüche der Bereinigter« Staate» auf Ersatz ihrer Be-
fctzungskssten geltend machte, schriftlich dahin beantwortet:
1. datz sie von dem Memorandum Kenntnis genommen
hätten,
2. daß in das interalliierte Finanzabkommen vom 11. März
eine Bestimmung ausgenommen worden fei, in der die biechte
der Bereinigten Staaten Vorbehalte,« wurden,
3. daß die Finanzminister für die Regelung der Frage n»ch«
zuständig feien, diese vielmehr zu dem Kompetenzbereich
der alliierten Regierungen gehöre. Mit diese» müsse die
Regierung von Washington darüber verhandeln.
Schwere sozialdemokratische Anklagen gegen
Sowjetreglerung.
8-p. Berlin, 14. März. (Eig. Drahtb.)
Die bolschewistische Regierung hat gegenwärtig in Moskau
47 Mitglieder der Partei der Sozialrevolutionäre, darunter das
ganze Zentralkomitee der Partei dem Gericht des Obersten Tribu-
nals übergeben. Das Gericht soll auf Grund lügnerischer Aussagen
„die wahre Rolle der Partei der Sozialtstenrevolutionäre während
des Bürgerkrieges und deren Kampfesmethoden gegen die Sowjet-
macht prüfen", um auf diese Weise „die Verbrechen der Partei der
Sozialtstenrevolutionäre gegen die proletarische Revolution fcst-
zustellen".
Anläßlich dessen nimmt das Auslandskomitee der Partei der
Sozialtstenrevolulionäre irr einer längeren Zuschrift „An die sozia-
listische»« Parteien aller Länder" — die uns zur Verfügung gestellt
wurde — Stellung gegen das Sowjet-System und kenn-
zeichnet nochmals deren Taten gegerr die Arbeiterschaft. Mit
Entschtederchett wird zunächst der bolschewistischen Partei das Recht
abgestrttten, den Oktoberumsturz „Proletarische Revolution" zu
nennen. Die bolschewistische Partei fei die erste gewesen, die den
Bürgerkrieg begann, indem ste eine in ihrer Mehrheit sozialistische
Regierung niit Gewalt stürzte, später die konstituierende National-
versammlung davonjagte und sich «nunterbroche» Gewalt-
tätigkeiten gegen die Mitglieder der Partei der Sozialisten-
revolutionäre erlaubte. So wurde insbesondere das Partei-
vermögen beschlagnahmt (l), die Parteiorganisation zer-
schlagen, die Parteipresse inhibiert, eine große Anzahl von Partei-
mitgliedern ohne Grund erschossen oder ins Gefängnis
geworfen. Angesichts dessen — und das betont der Aufrrtf
nrit besonderem Nachdruck — hat die Sozialistenrevolutionäre Partei
es damals als ihr gutes Recht betrachtet, mit der Waffe in der
Hand denen Widerstand zu leisten, die mit Hilfe bonaparttsti-
scher Meth oder« eine brutale Partei-Oligarchie auszurtchten
suchte.. Dennoch aber habe sich die Partei damals wie auch später
bereit erklärt, dem Bürgerkrieg inirerhalb der Arbeiterdemokratie
ein Ende zu machen, aber nur unter der Bedingung: allgemeine
Neuwahl in die Sowjets, geheimes Wahlrecht, Freiheit des Wortes,
der Presse und der Wahlagitation, sowie die Verpflichtung seitens
aller sozialistischen Parteien, sich der« Beschlüssen der neugewäülten
Sowjets in alle»« strittigen Fragen zu unterwerfen einschließlich
der Frage über das Schicksal der konstituiere,»den Nationalversamm-
lung. Auf dieses Angebot gingen die Bolschewisten »richt ein, er-
klärten aber aus eigener Initiative, ihr Verhalten der Sozialisten-
revolutionären Partei gegenüber zu ändern nnd ste „Probeweise"
zu legalisieren. Aber auch bet diesem Akt konnte die herrschende
Macht nicht der Versuchung widerstehen, diese angebliche Legali-
sierung in eine niederträchtige Poltzeifalle zu ver-
wandeln. Zehr» Tage, nachdem die Sozialistenrevolutionäre Partei
ihr legales, tägliches Organ herausgab, wurden plötzlich Mafferr-
verbastungen der Partei vorgenommen mit dem offensichtlichen
Zweck, die Partei durch diesen plötzlichen Ueverfall gänzlich zu li-
quidieren. Von dieser Zeit aS vis zum gegeuwürtigen Augenblick
müssen die Sozialtstenrevolutionäre ein illegales Leven führe,», ob-
wohl die formale Legalisation der Partei niemals aufgehoben
wurde. „Unter diesen Umständen" — so heißt es dann in de»
Zuschrift — „ist es in der Tat ungeheuerlich, wenn die herrschend«
Partei nun versucht, wegen der Teilnahme an dem längst beendig-
te»» Bürgerkrieg einer» politischen Prozeß zu inszenieren und den
durch die Legalisation »ntt unserer Partei längst liquidierter» Rechts-
streit mit uns zu erneuen«. Wir brarrdmarken diese»» Akt als einen
Akt der doppelten Treulosigkeit. Wir erklären, daß das geplant«
Gericht kein Gericht, sondern ein niederträchtiger Ge-
waltakt ist und daß unsere Genossen dort nicht als Angeklagte,
sondern als Kläger austreten werde». Urrsere Genosse» schmachte-
ten vtS jetzt in den Gefängnissen, ohne Verhör, ohne Gericht, einig«
von ihnen schon seit den« Jahre 1918."
Zum Schluß der Zuschrift fordert die Partei der Sozialisten-
revolutionäre die Bolschewisten zu eirrer offene»» A usein-
an Versetzung aus. Sie schlagen die Organisation eines Ge-
richtes vor, das aus den Vertreter»» der drei internationalen Ver-
einigungen der sozialistischer« und auch der kommunistischen Parteien
bestehe»» soll. Sie schlagen diesem Gerichte vor, alle Anklage»« zi
prüfen, die von der jetzt in Rußland herrschenden Partei gegen sii
vorgebracht werden. Jede»! Verfrüh der Bolschewisten, sich einen
solchen Gericht zu entziehen, beabsichtigen die SozialistcnrevolutiR
näre als ein-indirektes Eingeständnis der bewußten Lügenhastig-
kett der großen Anklage zu betrachte»«. In bezug aus die Kommu-
nisten in ganz Europa wird noch die Erwartung zurr« Rusdrue.
gebracht, daß ste aus Interesse au der Wahrheit die gerechte Fori
derung unterstütze»« und verhindern, daß inzwischen irgendwo ik
einer Folterkammer ein neues Verbrechen, ein treues Attentat
gegen die Menschlichkeit erfolgt.
Deutscher Reichstag.
Der MiliiareLat.
Klagen über dir Bcsatzungsirnppr!,.
in. Berlin, den 1t. März.
Die heutigen Beratungen beginnen mit einer Anzahl kleines
A »frage n. U. a. erinnert
Abg. B vn ning b a n s (D.BP.) an eine Rede tm engiisttle»
Unterhaus, in der die Stärke der französischen Kolon» al truppen n»
besetzten deutschen Gebiet auf 18000 Marr«« angegeben wurde
Es wurde behauptet, daß Deutsthland gegen die Verwendung far-
biger Truppen keinen Einspruch erhoben habe. In der Nnsrag»
wird gefordert, daß die Gewalttaten der Besatzungs-
trupp er« und insbesondere der Kolonialtruppe» zusammengesteü
nnd den Ententeregierungei« sowie der« neutrale»» Staate)» zm
Kenntnis gebracht werden'sollen.
Gesandter von Mutius gibt zu, datz diese Mitteilungen ul
englischen Unterhalts erfolgt sind. Die Regierung könne genau?
Feststellungen nicht machen, hat aber Anlaß zu glauben, daß di?
Zahl der farbigen Truppen größer ist. Sie beträgt uormalerweift
43 000 Mann, verringert sich aber in den Winiermonaten aus N bi )
30 800 Mann. Die deutsche Regierung hat mehrsach die Zurück-
ziehung der farbigen Truppen verlangt. Den auswärtigen Ver-
tretern ist fortlaufend das Material übermittelt worden. Eia»
förmliche Protesterhebung, insbesondere bei der britischen Regie-
rung, würde die Reichsregierung eirrer glatten Ablehnung auSsetzen
Die britische Regierung hat ja mich alle Anregung«» vs» Mitglie-
dern des Unterhauses an die französische Regierung in Vieser An
gelegenheit heranzutrrte«, kategorisch abgelchnt.
Abg. von Schoch (D.BP.) führt wieder einen UeberfM
französischer Soldaten auf einen deutschen Arbeiter irr Bad Ems
an, »vorauf regierungsseitig erwidert wurde, datz die französische
Regierung ost genug eine Auskunft über die Bestrafung eines
solcher» Täters einfach verweigert hat.
Es folgte dann der Schluß der Beratungen des Militärelais
U. a. sprach auch Genosse
Abg. Schöpfliu (Soz.).
Er bemängelt die grotze Anzahl der Hoheit Ossi?
zierstellen und erkennt tm übrigen an, datz durch das Reichs»
wehrministerium eine große organisatorische Arbeit geleistet worvell
ist. Bei der Verabschiedung von Offizieren hat »rau sozialdemokm»
tisch gesinnte Offiziere aus gemerzt, so daß das Offizi erkorsts
heute stark »nonarchistisch ist. Dies ist zwar kein Beweis
für eilte Gegenrevolution, aber man »nutz die Reichswehr nach ww
vor mit aufmerksame»» Augen betrachten.
Abg. Künstle r (U.S.P.) bekämpft den Bewillig n uas«
eifer des Reichstags für Zwecke des Heeres und der Marine,
Redner verbreitet sich alsdann über die Soldaten m i tz h a n d«
.lunger», die, wie er behauptet» wieder überhand nehmen.
Reichswehnninister Gehler erwidert auf die Angriffe des
Vorredners in scharfe«» Wendungen und verteidigt die
R ei chsweh r, die eine verfassungsmäßige Einrichtung sei. De«
Minister erwähnt noch, daß den» Reichswehrministerium jegliche«
Einflutz auf die Polizeiorgane entzogen sei.
Ausland.
Amerikas Forderung der Besatznngskosten.
Zu der von uns am letzten Samstag mitgeteilten über-
raschenden Forderung Amerikas an die Pariser Finanzminister-
korrserenz auf Erstattung vor» 966 Millionen Goldmmk Befetzungs-
kosten schreibt Theodor Wolff im „Berliner Tagebl."!
„Es »nutz ein interessanter Moment gewesen sein, als Herr
Boyd e n, der arrrerikanische Delegierte ir» Paris, so Plötzlich und
ohne Vorbereitung mit der Besatzungsrechnung der Vereinigten
Staaten zu den versammelten Finanzmtnistern kam. Was ist
dagegen das Erscheinen des steinerner» Gastes beim Mahle des
Don Juan? Endlich, nach gewitz schweren Mühen, hatte»« die
alliierten Finanzminister sich darüber geeinigt, wie die verfügbare
Reparationssnrume zu verteile»« fei. Als sie ausatmeie;«,. ihrs