Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Eppingen, Gberbach, Mosbach, Buchen,
Adelsheim, Bömberg, Tauberbischofrheim und Wertheim.
Bezugspreis: Monatlich einichl. Trägerlohn 10.— Mk. Anzeigenpreise:
Die einspaltige Petitzeile (36 nun breit) 2.— Mk., Reklame-Anzeigen
(83 mm breit) 6.— Mk. Bet Wiederholungen Nachlaß nach Tarif.
Eeheimnnttelanzeigen werden nicht ausgenommen.
EeMästsstunden: 8—'/,6 Uhr. Sprechstunden der Redaktion: 11—12Uhr.
Postscheckkonto Karlsruhe Nr. 22577. Tel.-Adr.: Volkszeitung Heidelberg.
Heidelberg, Samstag, 4. Februar 1822
Nr. 30 » 4. Jahrgang
Verantwort!.: Für innere u.äußere Politik, Volkswirtschaft ».Feuilleton:
Dr.E. Kraus; für Kommunales, soziale Rundschau und Lokales:
O.Geibe!; für die Anzeigen: H. tzorchler, sämtliche in Heidelberg.
Druck u. Verlag der Unterbadischen Verlagsanstalt G. m. b.H., Heidelberg.
Geschäftsstelle: Schröderstraße 39.
_Fernsprecher: Anzeigen-Annahme 2673, Redaktion 2618.
Zur Lage.
" Kr. Heidelberg, den 4. Februar.
Wenn es noch eines Beweises dafür bedurft hätte, daß die
Politik der Deutschen Volkspartet wirklich nur auf innerpolitische
Parteipolitik und Demagogie eingestellt ist, so ist er in dieser Woche
erbracht worden. Diese „Fachmintster"-Partei, die in ihren Wahl-
versammlungen alles Unglück aus die Demokratisierung zu schieben
sucht, die den heutigen Ministern das Recht und die Fähigkeit zu
regieren abspricht, weil sie nicht aus der „Zunft" kommen, weil sie
„nur" Redakteure, Partei- und Gewerkschaftsbeamte usw. waren —
diese selbe nationalliberale Partei hat bis zuletzt sich mit allen
Mitteln dagegen gesträubt, daß Dr. Rathenau zum Außen-
minister ernannt werde und jetzt, nachdem Reichspräsident
und Reichskanzler sich über diese Widerstände hinweggesetzt und
Rathenau ernannt haben, sinnen sie auf Rache. Sie wollen sie
dadurch ausüben, daß sie ihre Zustimmung zum Steuerkompromtß
wieder zurückziehen und erklären, sie hätten ihre volle Aktions-
freiheit wieder erlangt und achten sich an nichts gebunden. Damit
Leigen sie, daß nicht die Sache, nicht außenpolitische Notwendig-
keiten ihre Zustimmung bewirkt haben, sondern die Hoffnung, da-
mit ein parteipolitisches Geschäft zu machen. Denn, was die qua-
litative Eignung anbelangt, so müssen sie doch den Großindu-
striellen, Wirtschaftsorganisatoren, Finanzpolitiker und Schriftsteller
Rathenau als „Fachmann" gelten lassen, auch können sie ihm ge-
wisse Erfolge iy Wiesbaden, London und Cannes nicht abstreiten.
Oder sollte die Volkspartet wirklich so gänzlich unter den Einfluß
des allgewaltigen Stinnes geraten sein, daß staatspolitische Mo-
mente völlig zuriicktreten hinter dem persönlichen Kampf Stinnes
Segen Rathenau? Und wie schaukelt die Presse dieser Par-
tei, bald so und bald sol Am Tage vor der Ernennung Rathenaus
raffte sich die „Kölnische Volkszeitung" dazu auf, de»
Veitstanz ihrer Parteifreunde gebührend zu kennzeichnen. Sie
legte gegen die „unverantwortliche Einmischung bestimmter Grup-
pen" tu die Zusammensetzung des W-pMbruna eia und
Meinte, „es sei doch nicht angängig, aus Vorurteilen lrgenbwelcher
Persönlicher Art jene Grundlinien der Politik, die man als förder-
lich für das Vaterland erkannt hat, zu verlassen, oder eine Mit-
arbeit, die man sonst gern zur Verfügung gestellt hätte, zu ver-
weigern oder zu verzögern". Und nach der Ernennung Rathenaus?
Das genaue Gegenteil I Die „Plötzliche" Ernennung Rathenaus
wird als „politische Ungehörigkeit" gegenüber der Volkspartei be-
Leichnet, man schämt sich nicht zu schreiben, Rathenau habe dem
Reichskanzler ein Ultimatum gestellt, „daß er jede weitere Tätig-
keit im Dienste des Reiches ablehne, wenn er nicht bis Mittwoch
dornüttag 10 Uhr zum Reichsminister des Aeutzern ernannt wor-
dcn sei", ja man geht so wett, die Sozialdemokratie als Draht-
zieher des Ganzen zu verdächtigen. Selbst dem „Mannheimer
Generalanzeiger" wird bet diesen Geschichten etwas gruselig
und er fühlt sich doch veranlaßt, die Bemerkung zu machen, „wir
wissen nicht, ob die Ammhme der „Kölnischen Zeitung" über die
ausschlaggebende Rolle der Sozialdemokratie ganz zutreffend ist".
Und man höre und staune: Da Rathenau ein „bestimmtes System
der Auswärtigen Politik" bedeutet, fordert die Volkspartet ent-
sprechende Genugtuung", „nachträgliche Sicherheiten" als
Vorbedingung für die kommenden Verhandlungen. Nun, wir
Slauben nicht, daß der Reichskanzler sich aus solche Unverschämt-
heiten einlassen wird. Seine Politik der Erfüllung ist klar und
eindeutig, als Vertreter dieser Politik ist Rathenau Letter des
Auswärtigen Amtes geworden und wenn der Volkspartet dieser
öturs nicht patzt, nun gut, dann bleibt sie eben Oppositionspartei,
die Mehrheit für die Regierung wird tm geeigneten Momente
auch so noch stark genug sein.
Es ist bedauerlich, daß die ersten Ansätze einer innerpoltttschen
Konsolidierung unter dem Druck autzenpoltttschen Zwanges, von
der wir am letzten Samstag sprachen, von der Volkspartet so leicht-
sinnig wieder zerstört worden sind. Und doch haben wir diese
Konsolidierung gerade tm Moment notwendiger denn je. Der
europäischen Wtrtschaftskonferenz in Genua, auf die wir so grotze
Hoffnungen setzten, drohen durch die Nichttetlnahme der Vereinig-
ten Staaten und die Sabotagepolttik Poincares schwere Gefahren,
die durch den französisch-englischen Konflikt über die Orientpro-
Wwrne nicht verringert werden. Gleichzeitig werden Staat und
Wirtschaft durch den am Donnerstag ausgebrochenen Eisenvahner-
stretk aufs heftigste erschüttert, die Gefahren sind ungeheuer groß
und die Folgen nicht abzusehen. Wir haben schon am Samstag,
den 31. Dezember, als im Industriegebiet die Lohnbewegung der
Eisenbahner sich zum Streik auszuweiten begann und bereits auf
Berlin übergegriffen hatte, betont, daß die sozialen Ungerechtig-
keiten der Besoldungsordnung insbesondere gegen die Gehet s-
»assen 1—7 an all diesen Unzufriedenheiten und Unruhen schuld
sind sowie die intransigente Haltung der Regierung, die ja nun
»»zwischen in den Lohn- und Gehaltsverhandlungen weilgehendes
Entgegenkommen gezeigt hat (Ueberteuernngszuschüsse, Wirtschafts-
oeihilsen usw.). Aber bei allem Verständnis für die soziale Not-
wae, die natürlich nur ein Teilproblem der heutigen Gesamtnotlage
Deutschlands ist, haben wir damals geschrieben: „Wir bedauern,
vaß es zum Streik gekommen ist, wir meinen, gerade im gegen-
wärtigen Augenblick hätten alle Mittel friedlicher Verhandlungen
erschöpft werden müssen und wir verurteilen jene Verantwortungs-
ei Elemente, die zu diesen wilden Tetlstretks gehetzt haben."
«ieses Urteil müssen wir heute, trotz allem sozialen Verständnis,
w noch verschärfter Form gegenüber dem jetzt entbrannten Streik
wiederholen. Denn dieser Streik, der bis jetzt nnr in Norddeutsch-
wnd zur Durchführung gekommen ist und der von vornherein die
gesamte öffentliche Meinung auch des größten Teils der Arbetter-
-chast gegen sich hatte, der im Vorstand der Retchsgewerkfchaft mit
15 Stimmen ohne jede Urabstimmung und ohne
wbe Bezugnahme mit den anderen Eisenbahnerverbänden, Beam-
enbund und A.D.G.B. proklamiert wurde, widerspricht allen
Grundsätzen und Gepflogenheiten gewerkschaftlicher Kampfes-
diszipltn.
Wir gestehen der Regierung durchaus das Recht zu, sich gegen
einen solchen ganz ungewerkfchastlich inszenierten und durchgeführ-
ten wilden Streik zu wehren, die Arbeitswilligen zu schützen und
Notbetrtebe aufrechtzuerhalten. Aber wir teilen nicht die Auf-
fassung der Retchsregierung und des Reichspräsidenten, die in der
Verordnung vom 1. Februar, die man als sehr unglücklichen und
dummen Streich bezeichnen mutz, den Beamten das Streikrecht als
solches absprtcht. Gerade diebadischeSozialdemokratte
hat tm Verfassungsausschutz des Landtags unter schwersten Wider-
ständen seitens der bürgerlichen Parteien die Verankerung auch
des BemntenstreikrechtS in der badischen Verfassung durchgesetzt,
denn als ultima ratio (letzten Ausweg) seines sozialen Existenz-
kampfes mutz man auch den Beamten das Recht der vorübergehen-
den Arbeitseinstellung zugesteherr. Aber — und das ist so selbst-
verständlich für jeden vernünftigen Menschen, datz darüber eine
Diskussion überhaupt nicht mehr nötig sein sollte — angesichts der
Besonderheit des Dienstverhältnisses von Staat und Beamtenschaft,
als da sind: lebenslängliche Anstellung, Penstonsrechte usw. müssen
die Beamten mehr als andere Organisationen alle leichtsinnige
Streikspielerel von sich weife«, alle Verhandlungsmögltchkeiten
mit ihrem Brotherrn, dem demokratischen Staat, bis auss letzte
erschöpfen und, was hier durchaus wesentlich ist, nur dann einen
gewerkschaftlich gut vorbereiteten und organisierten Streik beginnen,
wenn sie sicher sein dürfen, das Gros der öffentlichen Meinung
hinter sich zu Haven. Aber alles das trifft auf den jetzigen Streik
nicht zu und daher war er von vornherein ein totgeborenes
Kind und man kann nur wünschen, datz die Verhandlungen,
die der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund ausgenommen hat
und die von dm süddeutschen Regierungen nachdrücklichst unter-
stützt werden, recht bald, möglichst heute noch zur Beilegung
des Streikes und zur Wiederaufnahme der Arbeit führen. Andern-
falls ist mit einer weiteren Ausdehnung und einem ev. Ueb ergreifen
auch nach dem Süden zu rechnen, weil das Disziplinarvorgehen
der Regierung gegm die streikenden Lokomotivführer, die Ver-
haftung von maßgebenden Mitgliedern der Streikleitung und die
Beschlagnahme der Streikgelder zu einer ungeheuren Erregung
unterderArbetterschaft geführt hat, die natürlich sowohl
Yon den Kommunisten als auch den Unabhängigen für ihre Zwecke
ausgenützt wird. Je rascher die Beilegung erfolgt, umso besser
für Politik und Wirtschaft.
MMU « MW« SkS UkÄWWA?
VeehLmdlrmgen des A. D. G. B. mit der Regierung und der ReichsgemerZschLft.
Süddeutsche Vermittlungsversuche.
Die SLreiklage.
Zunächst bat der gestrige Tag eine gewisse Verschärfung in der
Streiklage dadurch gebracht, datz eine Reihe von Ortsgruppen, wie
z. B. Berlin, Hamburg, Frankfurt des Deutschen Eisen-
bahnerverbaudes den Anschluß an den Streik beschlossen haben,
teilweise aus > »rnmunistisch« Treibereien hin über die Köpfe der
Bezirksleitungen hinweg und gegen dm Willen der örtlichen
Gcwerkschastskartelle. In der Lebensmit t e l - und Kohlen-
zu fuhr haben sich bereits die ersten üblen Folgen bemerkbar
gemacht. So wird aus Karlsruhe von zuständiger Stelle mitge-
tettt, daß in der Kohlenzufuhr auf dem Landwege nach Baden
bereits eine empfindliche Stockung eingetreten sei, die noch ver-
schärft dadurch, datz die französischen Besatzungsbehörde« Kohlen-
kähne aus dem Rhein beschlagnahmt haben. Zur Streckung der
Kohlenvorräte ist die Eisenbahrwerwaltung daher genötigt, im
Personenz ugsverkehr, insbesorrdere tm Schnellzugsver-
kehr, Einschränkungen eintreten zu lasiert, wobei selbstverständlich
auf den Berufsverkehr weitestgehende Rücksicht genommen wird.
Ob tm Personenzugsverkehr an Sonntagen noch weitergehende
Einschränkungen vorgenommen werden müssen, wird zur Zeit
geprüft. Außerdem liegen Meldungen vor, wonach die Berliner
Post- und Telegraphenarvetter heute ebenfalls in den Streik zu
treten beabsichtigen, wodurch natürlich in kurzer Zeit der gesamte
Post- und Telegraphsnverkehr stillgelegt würde.
Gleichzeitig hat der gestrige Tag die ersten entspannende«
Momente gebracht, die eine baldige Beilegung des Streiks erhoffe«
lassen. In Württemberg wie in Baden sind die Regie-
rungen ersucht worden, vermittelnd bet der Reichsregierung eiu-
zugreisen. Aus Baden liegt darüber folgende Meldung vor:
Karlsruhe, 3. Febr. Die Landesftelle Baven der Reichs-
gewerkschaft Deutscher Eisenbahnbeamten und Anwärter über-
mittelt den Zeitungen folgende Notiz: „Die Landesftelle Baden
der Reichsgewerkfchaft Deutscher Etsenbahnbeamten und Anwärter
verfolgt mit großer Aufmerksamkeit die Weiterentwicklung der Ver-
handlungen und versucht mit allen Mitteln, die durch das unver-
antwortliche Vorgehen der Regierung hervorgerufen« Erregung in
der Etsenbahnbeamtenschaft zu dämpfen und die Reichsregierung
zu Verhandlungen zu bewegen. Zu diesem Zweck war h<nt«
morgen der Vorsitzende der Rctchsgewerkschast Baden und der
Vorsitzende des Landeskartells Baden des Deutschen Beamten-
bundes beim Badischen Staatsmtntstertum vorstellig und
haben es erwirkt, datz die badische Regierung telephonisch bei der
Reichsregierung die Anbahnung von Verhandlungen mit der
Reichsgewerkfchaft al» dringend wünschenswert bezeichnet hat.
Es darf erhofft werden, daß der Reichskanzler, der von der
Mitteilung der badischen Regierung „gern Kenntnis genommen
haft', dafür Sorge trägt, daß eine für beide Teile annehmbare
Möglichkeit Der Verständigung zustande kommt."
Auch in Berlin scheinen die Vorbereitungen für Verhandlun-
gen schon ziemlich wett gediehen zu sein, zumal die Leitung der
Reichsgewerkschast ihre gewerkschaftliche und moralische Position
immer schwächer werden sieht. Zu dem Schritt Letparts,
des Vorsitzenden des A.D.G.B., wird uns mitgeteilt:
Leip art hat sich tm Namen seiner Gewerkschaft an de»
Reichspräsidenten gewandt, den Reichskanzler zu veranlassen, die
Gewerkschaften über die Gtreiklage zu höre«. Der RetchSkanz -
ler hat die Vermittlung des Reichspräsidenten angenommen.
Im Laufe des heutigen Tages werden die Vertreter der Gewerk-
schaften von ihm empfangen werden. Es ha,Welt sich dabet nicht
um Verhandlungen mit de« Streikenden, sondern mit Vertretern
der gesamten Gewerkschaften. Wie uns au» Gewerkschaftskreise»
nahestehender Seite versichert wird, wollen die Gewerkschaften die
Aufhebung der Verordnung des Reichspräsidenten vom
1. Feruar verlangen. Sie bestehen aus dem Streikrecht.
Gerüchtweise verlautet, datz für den Fall, datz die Regierung in
dieser Beziehung nicht nachgeben wtlh mit dem General st reik
gedroht wird.
Gestern abend 6 Uhr empfing der Reichskanzler, nachdem eine
Kabtnettssitzung vorangegangen war, die Gewerkschaften zum
zweiten Male. Das Ergebnis liegt aber bis jetzt noch nicht vor.
Gleichzeitig wird über Verhandlungen unter de« Gewerkschaften
selbst berichtet:
Der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund, der Gewerk-
schastsring und die übrigen Eifenbahnerorgantsationen sind heute
abend unter dem Vorsitz des Führers der Freien Gewerk
schäfte« Leipart, im Reichswirtschaftsrat zusammengerreten, um
, Kinigungsverhandlungen mit der Reichsgewerkschaft Deutscher
Eisenbahner zu versuche«.
Die Reichsgewerkschaft forderte zunächst für ihre
Vertreter freies Geleit, verzichtete dann aber auf diese Bedingung
und entsandte mehrere Mitglieder des Hauptvorstmrdes. Der
Allgemeine Deutsche GewerkschaftSbund fordert, wie eine Nach-
richtenstelle wissen will, datz die Reichsgewerkschast sofort ihre
Mitglieder anwetst, de« Dienst wieder auszunehmen, um daun
mit der Regierung tn offizielle Besprechungen einzutreten. Für
den Fall der Arbeitsaufnahme habe die Regierung zuge-
sagt, mit den Beamtenverbänden über Die Regelung der unte-
ren Gehälter und die Reform des Arbettszeitgesetzes zu ver-
handel«.
Spaltung der ReichsgeWerkschaft?
Berlin, de« 4. Febr. (Eig. Drahtber.) Die Haltung des
gegenwärtigen Vorstandes der Reichsgewerkschast hat, wie di«
„Tägliche Rundschau", erfährt, die Folge gehabt, datz süddeut-
sche Landesvertreter der Reichsgewerkschast der Berliner Zentral-
stelle mitgetejlt Haven, datz die einzelnen Landesgruppen endgültig
aus der Reichsgewerkschast austreten und de« Weisungen des
Hauptvorstandes oder des Aktionsausschusses nicht mehr folgen.
Streikbeschluß der Frankfurter Eisenbahner.
Frankfurt a. M„ 4. Febr. Gestern erfolgte unter de«
hiesigen Eisenbahnern die Urabstimmung über de» ev. Eintritt in
den Streik. Bis zum späten Abend lagen die Ergebnisse von 17
Dienststellen vor, in denen sich die überwiegende Mehrheit für
den Streik aussprach. Das Gesamtergebnis dürste erst heute
vormittag bekanntgegeben werden. Auf Grund des Abstimmungs-
ergebnisses wird eine für Heutevormittag etnberufene Ber -
trauenSmitnnerversammlung die entsprechenden Maß-
nahmen treffen.
Aus dem Reichrrat.
Die Schlichtungsordnung angenommen. — Eine neue Last
für die Presse.
Berlin, 3. Febr. Im Reichs««, der am Donnerstag abend
unter dem Vorsitz des Ministers Des Innern Dr. Köster tagte, ist
der Gesetzentwurf, der die Bezüge aus der Unsallfür sorge
für die Gefangenen um das Zehnfache erhöht, ferner eine Ver-
ordnung über Die Unterstützung österreichischer Rentenempfänger
der Invaliden- und Angestelltonversicherung angenommen. Uebek
den
Entwurf einer GMichtungsordmmg
berichtete Ministerialdirektor Dr. Frick, daß die Regelung der
Schlichtungsangelegerchett aus dem Uebergangsstadtum für Die
Zeit der Demobilmachung nunmehr zu einer endgültigen gesetzlichen
Regelung geführt werden müsse. Dem neuen Verfahren sollen nur
unterworfen werden Gesamtstreitigkeiten, die zwischen einer Ge-
samtheit der Arbeitnehmer und einem oder mehrerer! Arbeitgebern
entstehen. Das Ziel ist überall, auf eine gütliche Einigung binzu-
wirken und zwar mit möglichster Beschleunigung. Vorgesehen sind
Schltchtungsstellen, Landes scWchtungsämter und Reichsfchlich-
tungsäMter. In gewissen Fällen ist die Anrufung und Beteiligung
der Schlichtungsbehörden nicht dem freien Ermessen überlassen.
Als Rechtsmittel wird lediglich der Einspruch Vorgeiehen wegen
Mängel beim Verfahren oder gegen Gesetzesverletzung. Eine
Zwangsvollstreckung der Schiedssprüche findet nicht statt. Die Aus-
jchüsse des Reichsrats haben zwei Lesungen vorgenommen und sich
mit Der Regierungsvorlage nach einigen Aenderungcn einverstan-
den erklärt. Auf Ersuchen eines Vertreters der Retchsregierung