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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (4) — 1922 (Januar bis April)

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Nr. 21 - Nr. 30 (25. Januar - 4. Februar)
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Tageszeitung für die Werktätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Eppingen, Eberbach, Mosbach, Buchen,
Adelsheim, Boxberg, Tauberbischofsheim und Westheim.

Bezugspreis: Monatlich einichl. Trägerlohn 10.— Mk. Anzeigenpreise:
Die einspaltige Petitzeile (36 mm breit) 2.— Mk-, Reklame-Anzeigen
lW mm breit) 8.— Mt. Bei Wiederholungen Nachlaß nach Tarif.
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§rsck äftsstunden: 8—'/,6 Uhr. Sprechstunden der Redaktion: 11—12 Uhr.
Postscheckkonto Karlsruhe Nr 225/7. Tcl.-Adr.: Volkszeitung Heidelberg.

Heidelberg, Montag, 30. Januar 1922
Nr. 23 * 4. Jahrgang

Verantwort!.: Für innere u.äußere Politik, Volkswirtschaft u. Feuilleton:
Dr.E. Kraus; für Kommunales, soziale Rundschau und Lokales:
O.treibel; für die Anzeigen: H. Horch!er, sämtliche in Heidelberg.
Druck u. Verlag der Unterbadischen Berlagsa statt G. m. b.H., Heidelberg.
Geschäftsstelle: Schröderstraße 39.
Fernsprecher: Auzeigsn-Annahme 2673, Redaktion 2648.

Die deutsche Antwort an die Entente.

Iss MW MW- m MMMS-
WMM W1822.
Kr. Heidelberg, den 3V. Januar.
Ob der Reichsregierung mit dem soeben der Reparationskom-
Mission übermittelten Finanz- und Reparattonsplan die von ihr
erhoffte Balanzierung des Etats und Deckung der Reparation ge-
lingt, mag bezweifelt werden und hängt zudem von Faktoren ab,
auf die Deutschland allein keinerlei Einfluß besitzt. Wir selbst sind
der Meinung und haben ihr ja öfters schon an dieser Stelle Aus-
druck verliehen, daß mit rein kapitalistischen, insbesondere finanz-
kapitalistischen Methoden ein dauerhafter Wiederaufbau Deutsch-
lands und Europas nicht möglich ist. Wohl werden alle, die neuen
Steuern und Steuererhöhungen, die gewaltig erhöhten Zölle, Per-
sonen- und Gütertarife Hand in Hand mit dem fast völligen Abbau
der Lebensmittelzuschüsse, der Erwerbslosenunterstützungen und
der Reichsbetriebsdesizite zunächst rein rechnerisch den Etat für 1922
ru balanzieren imstande sein und den Ueberschuß von 16^4 Milliar-
den erbringen. Die Folge aber wird eine gewaltige Steigerung
des inländischen Preisniveaus, die Angleichung der Preise an das
Wettmarktniveau und demzusolge eine gewaltige Verschärfung der
sozialen Krise, der Lohn- und Gehaltsbewegungen sein. Entweder
gelingt es dabei den Lohn- und Gehaltsempfängern, ihren Mini-
w.allohn entsprechend zu erhöhen, dann wird die Folge eine starke
Ekportkrise, Absatzmangel und Arbeitslosigkeit sein, oder aber es
gelingt den Lohn- und Gehaltsempfängern dieser soziale Anglei-
chungsprozek nicht, dann ist ein weiterer starker Rückgang der Kauf-
kraft und damit wettere soziale Verelendung und Proletarisierung
die Folge. ES kann der Tag kommen, an dem wir ausrufen
Müssen: O weh! Wir haben den Etat balanziertk Der Tag, an
dem wir etnsehen, daß die im privatkapitalistischen Sinne so unren-
tablen vermehrten Sozialausgaben und Defizits der öffentlichen
Verwaltungen die einzige Rettung vor dem völligen soziale» Zu-
lammenbruch waren.
So wichtig auch sachlich diese sozialistische Kritik an dem deut-
schen Finanz- und Reparattonsplan ist, so sehr sie auch das Funda-
ment unserer parteipolitischen Arbeit an allen diesen ftnanz- und
kvirtschaflspolilischen Aufgaben des Jahres 1922 abgeben mutz, für
den Moment kann sie nicht das Wichtigste und Entscheidende sein.
Wir haben bereits am Samstag an dieser Stelle betont, datz das
Wesentliche vom ganzen Steuerkompromitz nicht seine volkswirt-
schaftliche, sondern seine politische Seite ist. Und genau so mutz
deute die deutsche Antwort an die Neparationskommtssion beurteilt
werden Es mutz als außenpolitisch bedeutsam gewertet werden,
datz innerhalb der in Cannes gestellten Frist ein« Beantwortung
der von der Entente aufgeworfenen Fragen möglich war und datz
dabei alle die Anregungen berücksichtigt worden sind, die die Ver-
handlungen in London, Paris und Cannes gegeben haben. Die
Antwort wird in ihrer ernsten phrasenlosen Sachlichkeit ihren Ein-
druck tm Ausland nicht verfehlen. Alle, die noch nicht jeden Rest
don gesundem Menschenverstand verloren haben, müssen aus ihr
ersehen, datz die deutsche Regierung alles daran setzt, um ihren
Verpflichtungen nachzukommen, ja datz sie selbst vor tiefen Ein-
griffen in die deutsche Vermögcnssubstanz nicht zurückscheut. Und
kvenn keine weitergehende Erfassung der goldwerttgen Sachwerte
Möglich war, so deshalb, weil die deutschen Kapitalisten mit zäher
Energie für die Erhaltung ihres Prtvatwirtschaftlichen Wirtschasts-
drinzips kämpfen, wobei sie von ihren Gesinnungsgenossen im
Ausland redlich unterstützt werden.
Aber auch darüber lätzt die deutsche Antwort die Reparattons-
winmtsston durchaus nicht im unklaren, datz in letzter Linie alles
do« einer grundsätzlichen Revision des Zahlungsplans
wr lange Sicht abhängt. Kein ehrlicher Ausländer wird nach all
Hern, was die englische Industrie- und Finanzwelt darüber gesagt
hat, diese Feststellung heute noch als schlechter Wille Deutschlands
auslegen können. Der Satz der deutschen Antwort: „Deutschland
mtrd zur Leistung der Reparation nur dann imstande sein, wenn
Kredit des Inlandes und des Auslandes für
Finanzoperationen grotzen Stils in Anspruch genommen wird", ist
allmählich derart internationales Gemeingut geworden, datz sich
darüber jede weitere Diskussion erübrigt.
In demselben Augenblick, in dem der Entente der deutsche
Finanz- und Reparationsplan für 1922 überreicht wird, lenkt die
Dresdener Tagung der deutschen Landwirtschaft das Augenmerk
auf das eigentliche Kernproblem unserer heutigen Wirtschaftspolitik:
die Steigerung des Ertrags unserer eigenen landwirtschaftlichen
-Produktion. „Voraussetzung für unsere Wiedergesundung ist die
Erhöhung der Exportztsser und damit in Verbindung die Erhöhung
der Produktion der deutschen Landwirtschaft." Man wird diese
Worte von Dr. Sorge, dem Vorsitzenden des Reichsverbandes
der deutschen Industrie, die er dem landwirtschaftlichen Hilfswerk
'ait aus den Weg gab, voll und ganz unterschreiben können. Es
m ein Skandal, datz in einer Zeit derart schlechter Handels- und
Zahlungsbilanz für 2 Milliarden Goldmark Nahrungsmittel aus
dem Ausland eingesührt und finanziert werden müssen, wo doch
w Akkumulation von Geldlapttal zur Intensivierung der Produk-
ten noch nie so günstig war wie heute. Durch ein gewaltiges Netz
O'l öffentlich-rechtlichen Kreditgenossenschaften, die den gesamten
landwirtschaftlichen Besitz umfassen, soll jetzt das so notwendige
^ntensivierungswerk in Angriff genommen werden, alle Errungen-
ichaften der agrarischen Wissenschaft und Technik sollen dabei weit-
» hende Anwendung finden. So ungeheuer wertvoll die Durch-
inhrung dieses Programms für die deutsche Wirtschaft ist, man

wird seiner Durchführung nicht mit allzu rosigem Optimismus
entgegenschen dürfen nach all den Ersahrungen, die wir gerade in
den letzten Jahren mit dem Problem der Kulturvervesserung ge-
macht haben, wo wir immer wieder in den agrarischen Kreisen auf
Unverständnis und Rückständigkeit gestoßen sind.

Der Wortlaut der deutschen Note.
Berlin, 29. Januar.
Die Antwort der Retchsregierung an die Reparatwnskommis-
sion hat folgenden Wortlaut:
Herr Präsident! Die Reparationskommission hat durch
die Entscheidung vom 13. Januar 1922 der deutschen Regierung für
die beiden Fälligkeiten vom 15. Januar und 15. Februar 1922 einen
vorläufigen Zahlungsaufschub unter der Bedingung
gewährt, datz die Regierung binnen 15 Tagen
a) ein Reformprogramm für den Haushalt und den
Notenumlauf mit geeigneten Garantien,
d) ein vollständiges Programm für Barzahlungen und
Sachleistungen für das Kalenderjahr 1922 vorlegt.
Die deutsche Regierung entspricht hiermit diesem Verlangen.
I. Reform des Haushalts und des
Notenumlaufs.
Der deutschen Regierung und der deutsche« Volksvertretung
ist es gelungen, den Abschluß der im Jahre 1919 begonnenen voll-
ständigen Reform der Reichsfinanzen unter Ueberwindung der
größten Schwierigkeiten nunmehr zu sicher«. Das Ziel dieser
Reform, welche dem deutschen Volk schwerste Opfer auserlegt, ist,
das Gleichgewicht des RetchKhausbattD yerzustellen. Zu diesem
Zweck werden die Eitntrchmeu aufs Aeutzerste gesteigert und die
Ausgaben auf das Stärkste eingeschränkt. Außerordentliche Be-
dürfnisse sollen nicht mehr ausschließlich durch Ausgabe kurzfristiger
Schatzwechsel, sondern, soweit als möglich, durch Anleihen
gedeckt werden.
1. Vermehrung der Einnahmen.
Das Aufkommen aus den Quellen derBesttzbesteurrung
wird durch Ausbau des Steuersystems in den dem Reichstag zur
Zett vorliegenden Gesetzentwürfen (Vermögenssteuer, Vermögens-
zuwachssteuer, Kapitals-, Verkehrssteuer und Körperschastssteuer)
wesentlich erhöht. Ties geschieht, obwohl die Sachverständigen der
alliierten Regierungen bereits auf der Brüsseler Konferenz vom
Dezember 1920 anerkannt haben, daß die direkte Besteuerung in
Deutschland keiner weiteren Steigerung mehr fähig ist.
Die Besteuerung des Besitzes nötigt in nicht geringem Umfange
die Steuerpflichtigen, in die Substanz ihres Vennsgens einzu-
greisen. Dieser Eingriff wirkt auf das Einkommen des Einzelnen
in einer Weise zurück, die notwendig jede Besteuerung des Ver-
brauches verschärft. ' Durch dte Umsatzsteuer, die von 144 auf
2 Prozent, und die Kohlensteuer, die nach der Vorlage der
Reichsregierung von 20 auf 40 Prozent erhöht werden soll, ist
Produktion und Verbrauch in stärkstem Matze vorbelastet.
In den zur Zeit dem Reichstag vorliegenden Entwürfen
sind wichtige Zölle und Verbrauchssteuern bedeutend erhöht. Die
'Zölle sollen auf der wirklichen Goldbasts erhoben werden.
Unter diesen Umständen erfährt der deutsche Verbrauch in An-
betracht der geschwächten Kaufkraft der Bevölkerung eine Gesamt-
belastung, dte dem Druck der indirekten Besteuerung in jedem ande-
ren Lande mindestens gleich ist.
Dte Durchführung der Stcuergesetze ist jetzt gesichert. Die not-
wendige Umstellung der einzelstaatltchen Verwaltungen auf die
einheitliche Reichsverwaltung ist trotz aller Schwierigkeiten im
wesentlichen vollzogen. In weitem Umfange werden dte Steuern
an der Quelle erhoben. Durch strenge Verwaltungsaufsicht werden
Veranlagung und Erhebung der Steuern immer mehr an den
Zeitpunkt der Steuererklärungen herangerückt.
Gegen Kapital- und Steuerflucht sind energische Maßnahmen
getroffen. Insbesondere ist das Bankgeheimnis durch Gesetz auf-
gehoben. Der Wertpapierbesitz wird bei den Banken durch die
Steuerbehörden überwacht. Dte durch Kapitalflucht bereits ins
Ausland abgewanderten Vermögen sucht die deutsche Regierung
durch internationale Rechtshtlfsabkommen zu erfassen.
Die Tarife der Verwaltungen von Post und Eisenbahn sind
nach Durchführung der bevorstehenden Erhöhungen gegenüber den
Tarifen der Vorkriegszeit im Durchschnitt wie folgt gesteigert: tm
Eisenbahnpersonenverkehr auf das 15- bis 19fache, im Eisenbahn-
güterverkehr aus das 32sache und tm Post- und Telegraphenverkehr
auf das 21sache.
2. Beschränkung der Ausgaben.
Infolge Verminderung der Beamtenstellen, Abbau der Lebens-
mittelzufchüsse von 22,5 auf 1 Milliarde, Verminderung der außer-
ordentlichen Ausgaben auf ein Drittel des Vorjahres stehen im
Etat 1922 103,2 Milliarden Einnahmen 88,7 Milliarden Ausgaben
gegenüber, so daß zur Deckung des Friedensvertrags und der Re-
paration aus dem Etat 16 Milliarden Ueberschüsse zur Verfügung
stehen.
S. Einschränkung der schwebende« Schuld imd des Notenumlaufs.
... Dte Reichsregierung wird tm Jahre 1922 die Auflegung einer
inneren Anleihe versuchen. Dte Ende 1919 aufgelegte Sparprä-
mienanleihehat dem Reich trotz Ausstattung mit den mannig-
fachsten Vorteilen nur 1,8 Milliarden Bargeld zugesührt, sie mutz
also alsMißerfolg bezeichnet werden. Dte Möglichkeit zu einer
wirklich umfassenden inneren Anleihe wird erst dann vorhanden
sein, wenn das Vertrauen in die wirtschaftliche und finanzielle

Wiederaufrichtung Deutschlands wtederhergestellt ist und wenn fest-
steht, datz die Bestimmungen des Vertrags von Versailles den Dienst
einer fundierten Reichsanleihe nicht beeinträchtigen können. Un-
abhängig von der Frage, ob für eine freiwillige Anleihe ein Markt
geschaffen werden kann, wird die deutsche Regierung zur Auflage
einer Zwangsanleihe schreiten, deren Ertrag bestimmt ist, der Ver-
mehrung der schwebenden Schuld Einhalt zu tun. Zu dieser äußer-
sten Maßnahme, dte nicht wiederholt werden kann, hat sich
die deutsche Regierung entschlossen, um wenigstens für das Jahr
1922 die Reparationsleistungen unter möglichst geringer Inan-
spruchnahme der Notenpresse sinanzieren zu können.
Dem Bedenken, das die alliierten Regierungen aus der recht-
lichen Abhängigkeit der Retchsbank vom Reichskanzler entneh-
men, wird die deutsche Regierung Rechnung tragen, sie wird dem
Reichstag ein Gesetz vorlegen, durch das die zur Zett rechtlich be-
stehende Befugnis des Reichskanzlers zu Eingriffen in
die Geschäfte der Retchsbank beseitigt und somit ihre Auto-
nomie gesichert wird.
ll. Programm für die Leistungen des
Kalenderjahres 1922.
Die vorstehend dargclcgte Reform des RetchStzaushaltes ge-
währleistet die Deckung der inneren Zahlungsverpflichtungen, sie
kann jedoch eine gesunde Finanzierung der Reparationsleistungen
nicht herbeisüyren.
Dte Einnahmen des Reiches bringen in der Hauptsache nur
Papiergeld, mit welchem bei der nahezu völligen Entwertung
der Mark Reparationszahlungen in Goldmark nicht geleistet
werden können.
Die deutsche Regiernn« hat bereits mehrfach, zuletzt in Cannes,
ausführlich die Gründe daigelegt, die zum Sturz der Mark geführt
haben und die es Deutschland trotz grösster Kraftanstrengung zur
Zeit unmöglich machen, die gesamten Reparationsleistungen auf-
zubringen. In der Hauptsache sind dafür folgende Faktoren be-
stimmend:
Nohstofse besitzt Deutschland außer Kohle nur wenig. Die
Produktivität insbesondere der Landwirtschaft, ist erheblich
zurüügegangen. Der unentbehrliche Einsuhrbedarf an Rohftosscn
und Lebensmitteln beträgt jährlich 2sj Milliarden Goldmark, der
Wert der Ausfuhr ist von rund 10 Milliarden Goldmark im Jahre
1913 auf rund 4 Milliarden Goldmark gefallen. Das bedeutet
unter Berücksichtigung der allgemeinen Steigerung der Weltmarkt-
preise eine Verminderung für Ausfuhr auf etwas mehr
als den vierten Teil der Ausfuhr vor dem Kriege.
Die Zahlungsbilanz ist jetzt mit rund 2 Milliarden Goldmari
passiv. Bei passiver Zahlungsbilanz ist eine anhaltende Festigung
der Mark nicht möglich.
Unter diesen Umständen bringt jede erhebliche Zahlung in De-
visen eine neue Erschütterung des MarNursss, gleichzeitig
entwertet sie alle inneren Einnahmen, steigert alle Ausgaben, ver-
mehrt die Inflation und schwächt damit Deutschlands Fähigkeit zu
Reparationsleistungen immer mehr. Wenn man das Reparations-
problem unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet, so mntz
man zu dem Ergebnis kommen, datz es unbedingt erforderlich ist,
Deutschland für längere Zeit, mindestens aber für das ganze Jahr
1922, von allen Reparationsleistungen in bar zu befreien.
Die deutsche Regierung verschließt sich jedoch nicht der Erkennt-
nis, datz sie unter den gegebenen Verhältnissen selbst die schwersten
Bedenken für die deutsche Wirtschaft und die Finanzen des Reiches
hinter dte politischen Notwendigkeiten zurückstellen mntz.
Die deutsche Regierung ist bekannt, daß von alliierter Seite
in Cannes für Reparationsleistungen Deutschlands für das Jahr
1922 folgende Zissern in Erwägung gezogen worden sind: 720 Mil-
lionen Goldmark in Barzahlungen, bis zu 1450 Millionen Gold-
mark an Sachleistungen.
Die deutsche Regierung darf nicht unterlassen, darauf hinzu-
weisen, datz die Mittel zur Deckung so bedeutender Leistungen auch
nach Durchführung der inneren FiMnzresorm zum groben Teil
nur durch Erhöhung der schwebenden Schuld beschafft werden
können, und datz sie mit Rücksicht hieraus bitten mutz, die deutschen
Barzahlungen nötigenfalls unter Erhöhung der Sachleistungen auf
geringere Beträge festzusetzen.
Gleichviel, wie dte Festsetzung der Reparationsleistungen für
das Jahr 1922 erfolgen kann, schlägt dte deutsche Regierung arft
Grund der Vorbesprechungen
folgendes Programm für die Art mnd Weise der Erfüllung
vor:
h) Aus die festzusetzenden Beträge werden dte Barzahlun-
gen und Sachleistungen angerechnet, die auf die
Fälligkeiten vom 15. Januar und 15. Februar 1922 bereits
bewirkt sind und noch bewirkt werden. Die im Jahre 1923
danach noch zu leistenden Barzahlungen werden auf die
Monate des Kalenderjahr e.s 1922 gleichmäßig
verteilt.
b) Die in fremder Währung zu erstattenden Befatzungs-
kosten werden auf die Gesamtleistungen des
Jahres 1922 verrechnet: die inPapiernmrk zu leistenden
Beiträge zu den Besatzungskosten werden bedeutend er-
mäßigt.
c) Die übrige» t» fremder Währung zu tilgenden Ber-
pslichtunge« aus dem Fricdensvertrag, insbesondere die
 
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