Tageszeitung für die Werktätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Eppingen, Eberbach, Mosbach, Buchen,
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Die einspaltige Petitzeile (36 mm breit) 2.— Mk., Reklame-Anzeigen
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.. ...
Heidelberg, Freitag, 17. März 1922
Nr. 63 * 4. Jahrgang
Berantwortl.: Für innere u. äußere Politik, Volkswirtschaft u. Feuilleton r
Dr. E. Kraus; für Kommunales, soziale Rundschau und Lokales:
O.Geibel; für die Anzeigen: H.H archler, sämtliche in Heidelberg.
Druck u. Verlag der Unterbadischen Berlagsanstalt G.m.b.H., Heidelberg.
Geschäftsstelle: Schröderstratze 39.
Fernsprecher: Anzeigen-Annahme 2673, Redaktion 2648.
ZkM Skl AkMSkMW W RWW.
Sitzungsbericht.
187. Sitzung. Donnerstag, 16. März.
Am Regierungsttsch Hermes.
Prästdent Löbe eröffnet die Sitzung um 1.20 Uhr.
Ein Gesetzentwurf betreffend die Kündigungsbeschränkung zu-
gunsten Schwerbeschädigter vis zum 1.' Oktober 1922 wird ange-
nommen.
Die 2. Lesung des Branntweinmonopolgesetzentwurfes Mrd
fortgesetzt. In der vorigen Sitzung war das Haus bei der Ab-
stimmung über tz 149 beschlußunfähig. Da auch heute das Haus
nur schwach besucht ist, Wird die Abstimmung über den Paragraphen
ausgesetzt. Es folgt dann eine eingehende Debatte, in der der
Kommunist Höllein wieder das große Wort führt. Ihm wird
von verschiedenen Rednern völlige Sachunkenntnts vorgeworsen.
Darüber ist Herr Höllein erbost und er bezweifelt wiederum die
Beschlußunsiihigkett des Hauses.
Der Prästdent stellt fest, daß das Haus beschlußunfähig ist und
beraumt die nächste Sitzung auf 2 Uhr an mit der Tagesordnung:
Mantelgesetz zu den Steuervorlagen, Branntweinmonopol.
188. Sitzung. Donnerstag, 16. März, 2 Uhr nach,«.
Es Wird die 2. Lesung des Branntweinmonopols fortgesetzt.
Abg. Höllein (Komm.) führt aus, daß es sich um eine»
neuen Versuch handelt, lebenswichtige Industrien zugunsten der
Schnapsbrenner zu erdrosseln und die breiten Volksmassen aus-
znbeuten.
Abg. Dusche (D.VP.) erwidert, daß es sich nur um einen
billigen Ausgleich zwischen den Interessen der Gärungs-Esflg-
Jndustrte und der chemisch-technischen Industrie handelt.
Abg. Brey (Soz.) weist die Angriffe des kommunistischen
Redners auf die Sozialdemokratie zurück.
Nach einer weiteren Aussprache wird der Gesetzentwurf in
seinen weiteren Paragraphen ohne Debatte entsprechend den Aus-
schußbeschüssen angenommen.
Eine kommunistische Entschließung, die Reichsregieruirg zu er-
incheit, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Herstellung von
Branntwein zu anderen als zu technischen und medizinischen
Zwecken verbietet, wird gegen die Stimme» der äußersten Linken
abgelehnt.
Damit ist die 2. Lesung des Gesetzentwurfes zu Ende.
Die erste Beratung des Manlelgefetzes in Verbindung mit der
zweiten Lesung der 14 Steuervorlage,» wird nun ausgenommen.
Es ergreift zunächst
Reichsfinanzminister Dr. Hermes
das Wort, der von der äußersten Linken mit stürmischen Zurufen
empfangen wird. Er vermag sich mehrere Minuten lang überhaupt
nicht Gehör zu verschaffen, so daß Prästdent Löbe wiederholt um
Ruhe bitten muß und schließlich erklärt: Meine Herren, Sie wissen
doch, daß die Angelegnhett, die Sie zu diesen Zwischenrufen ver-
anlaßt, von eitlem Ausschuß des Reichstags untersucht wird.
Minister Dr. Hermes führt dann aus: Die Steuerbelastuug
hat in keinem Lande einen solchen Grad erreicht, wie in Deutsch-
land. In Cannes haben wir den Beweis gesührt, daß Deutsch-
land seine Wirtschaft stärker belastet, als jedes andere Land. Offen-
Sa/wird auch in manchen Ententestaaten wissenschaftlich die Rich-
tigkeit unserer Beweisführung erkannt. Anderseits muß ich mit
lebhaftem Bedauern feststellen, daß insbesondere in Frankreich
auch in der Kammer die Behauptung ausgestellt wird, daß die
Steuerbelastung in Deutschland derjenigen Frankreichs nachstehe.
Dort werden Vergleichsmethoden benutzt, die von vornherein die
Tendenz in sich tragen, das Ergebnis zuungunsten Deutschlands
ausfallen zu lassen. Die Verhältnisse können nur entwirrt wer-
den, wenn sie vorurteilslos untersucht werden. Nach den vorliegen-
den Anhaltspunkten habe ich keinen Zweifel, daß die kommunale
Steuerbelastung tn Frankreich das Bild nicht wesentlich verändert.
Auch für uns ist ja die Kommunalsteuerlast sehr stark. Würdigt
man unsere Steuergesetze und Steuertarise, so mutz man zu der
Ueberzeugung kommen, daß ein Mehr nach dem heutigen Stand
unserer Wirtschaft nicht erträglich ist. Man wird aber unseren Be-
ratungen das Zeugnis ausstellen können, daß man bemüht ist, die
steuerliche Belastung im Rahmen des Erträglichen auszubauen.
Auch das zweite Ziel, die Gesundung unserer Reichsfinanzen nicht
zu gefährden in wirtschaftlicher Beziehung, ist erreicht worden.
(Lachen links.) Der Entwurf eines Gesetzes über die Besteuerung
des Rachkriegsgewinnes ist allerdings durch das Steuerkompronntz
beseitigt worden. Die großen Vermögenssteuern werden erst 1923
veranlagt werden. Es ist zu hoffen, daß das Jahr 1922 die Mög-
lichkeit bringt, die Finanzverwaltung so auszugestatten, datz sie
die alten Steuern aufarbeiten, die laufenden bewältigen kann.
Dann ist der regelmäßige Turnus erreicht und die Finanzämter
werden frei, um die Reste aufzuarbeiten und andere Steuern zu
veranlagen. Durch das Kompromiß ist es geglückt, für die schwie-
rige Frage nach dem Verhältnis von Besitz- und Verbrauchssteuer-
belastung die politisch vertretbare Lösung zu finden. Es steht fest,
daß die Zwangsanleihe ein neues schweres Opfer des Besitzes
bedeutet. Neber den wichtigen Punkt der Bewertung der Ver-
wögensbestände haben die Verhandlungen im Ausschuß den Be-
weis erbracht, datz die Gegensätze nicht allzu stark sind. Auch die
Einkommensteuer hat schließlich eine Form bekommen, die den
Grundsätzen steuerlicher Gerechtigkeit entspricht. Mit den Besitz-
muern muß inan die Zwangsanleihe im Zusammenhang betrachten.
Das Mantelgesetz gibt da nur einige allgemeine Hinweise. Bet der
Umsatzsteuer mutz ich mit Bedauern seststellen, daß das Kompromiß
vrn ermäßigten Satz von 2 Prozent gegenüber dem 2!4Prszenlig.en
Regierungsvorlage festgesetzt hat. Die Luxussteuer hat eine Neu-
gestaltung tm Sinne der Vereinfachung erfahren. Die Gaststätten-
steuer gibt Gelegenheit zu der Untersuchung, wie weit Getränke
aller Art mehr als bisher zur Steuer herangezogen werden können.
Mit dem Ergebnis der Verstcherungs- und Kapitalsertragssteuer
kann man sich Wohl tm allgemeinen einverstanden erklären. Bei
Zöllen und Verbrauchssteuern war unser Ziel, möglichst hohe Be-
träge mit möglichst geringem Kräfteauswand za erreichen. Im
Vordergrund des Interesses stand die Novelle zum Kohlensteuer-
gesetz, dessen Bemessung auf 40 Prozent einer der Hauptpunkre des
Kompromisses geworden ist. Da diese Steuer von einschneidender
Wirkung ist, so ist sie im Ausschuß eingehend besprochen worden.
Die Besteuerung der Germtzmittel mutz einer Revision unterzogen
werden. Auch auf die Erhöhung der Zuckerabgabe können wir nicht
verzichten. Der Zeitpunkt »nutz bald komme», tn dem die abneh-
mende Kaufkraft die jetzige Scheinblüte der Industrie zum Ver-
welken bringt. Der Staatsbedars wird auf das strikteste Matz des
noch Vertretbaren zurückgeführt werden. Die abgetretenen land-
wirtschaftlichen Gebiete lieferten mehr als ein Sechstel des Ernte-
ertrages. Wir sind daher gezwungen, heute für etwa 2)4 Milliar-
den landwirtschaftliche Erzeugnisse aus dem Auslände zu kaufen.
Die Zahlungen von 31 Millionen Goldmark in Zwischenräumen
von 10 Tagen können nicht mehr lange weitergehen. (Sehr richtig!
»tnd Hört, hört!) An der Gegenseite aber ist es, mich das Ihre
zu tun. Scheitert die Aufgabe, so ist es sichtbar nicht unsere
Schuld. (Beifall. Großer Lärm bei den Unabhängigen und Kom-
munisten und Zuruf«: Prosit! Heiterkeit.)
Abg. Dr. Bernstein (Soz.):
Die Verhandlungen über das Mantelgesetz waren lang und
schwer, weil die Steuern die Bevölkerungsklaffen ungleich treffen.
Die Kritik an den Stenergesetzech die wir in der ersten Lesung
schon geübt haben, trifft auch heute noch zu. Auch mit der Zwangs-
anleihe werden die fehlenden Mittel für den Etat und die Repa-
rationen nicht gedeckt. Die Bertetlung der Steuerlasten
ist ungerecht, denn sie belasten die Besitzlosen schwerer als die
Besitzenden. Dte Zustimmung zu den Gesetzen wird uns nicht
leicht, nur unter dem Druck der schwierigen außen- und innen-
politischen Lage haben wir uns dazu entschlossen. (Zurufe aus der
äußersten Linken.) Man mutz tn Schlimmes einwilligen, wenn das
Nein noch Schlimmeres herbeiführen würde. Grotze Schichten
des Volkes werden durch die Steuergesetzgebung tn ihrer Lage
erheblich verschlechtert, dagegen werden diejenigen, die von der
Wirtschaftslage den größten Vorteil habe», nicht genügend getrof-
fen, sondern sogar noch bereichert. Die Erfasst» ngderSach-
werte würde daher ein Gebot der Gerechtigkeit sein. Das solide
Geschäft würde dadurch in keiner Weise gefährdet werden. Dte
Beteiligung der Allgemeinheit am Besitz und an den Unternehmun-
gen würde nur gerecht sein; hier werden dte größten Gewinne auf
Kosten der Allgemeinheit erzielt. Eine solche Beteiligung der All-
gemeinheit an den Sachwerten wäre auch volkswirtschaftlich un-
gefährlich: denn das Betriebskapital der Unternehmungen würde
unberührt bleiben, wenn man nur den Reinertrag trifft. Eine
solche Maßnahme würde die Finanzen stärken und den Sturz der
Valuta aufhalten. Auch könnten so jährlich über 70 Milliarden
Mark gewonnen werden. Alle Abhtlfematznahmen gegenüber un-
serer schlechten Lage haben bisher nur zeitweise gewirkt. Nach
gewisser Zeit setzte immer ein neuer Sturz ein, und die Pausen
werden fortgesetzt kürzer.
Die kritische Lage erheischt heroische Mittel.
Auch die Erfassung der Sachwerte würde noch nicht alles Seffern,
da es überhaupt kein Allheilmittel gibt. Schon vor drei Jahren
wurde von einem hervorragenden Politiker auf die Notwendigkeit
von Aussuhrabgaben htngewiesen. Damit hätten wir ge-
waltige Fortschritte erreicht. Man hätte den Ausverkauf und das
Steigen der Preise tm Inlands verhindert, das jedesmal etnsetzt,
wenn ein Ausverkauf wegen des Valutasturzes stattfindet. Für dte
jetzige Preissteigerung ist das Wort Wucher nicht zu scharf. Diese
Preissteigerung ist nicht die Folge einer Erhöhung der Produktions-
kosten, soirdern wird von dm Produzenten, den kapitalistischen
Unternehmern und Großhändlern einfach nach dem Stande der
Valuta ins Werk gesetzt. Fällt die Valuta, so werden die Preise
erhöht, auch wenn inzwischen dte Kosten nicht gestiegen sind. Unter
diesen Umständen ist an einen weiteren Abbau der
Zwangswirtschaft nicht zu denken. Der Besitz kann
eine stärkere Belastung vertragen, als sie ihm zuteil wird. Eng-
land ist ein Beispiel. Nur durch Taten kann Deutschland das Miß-
trauen der Welt überwinden. Wir haben solche Taten vorgeschla-
gen, aber man hat uns im Stich gelassen. Von der Notwendigkeit
einer Erhöhung der Verbrauchsabgaben steht tm Londoner
Ultimatum nichts. Um Schlimmeres zu verhüten, müssen wir dem
Kompromiß zusttmmen, das ja anders aussähe, wenn nicht die
Unabhängigen abseits stünden und aus diese Weise die Deut-
sche Volkspartet zu Einfluß brächten.
Abg. Schulz- Bromberg (D.N.) fordert die Anwesenheit des
Reichskanzlers, da es sich um autzerordentlich wichtige Fragen han-
dele. (In diesem Augenblick erscheint Dr. W irth im Saal.)
Vizepräsident Dr. Bell stellt fest, daß der Antrag Schulz-
Bromberg nun wohl erledigt sei. (Heiterkeit.)
Abg. Dr. Helfferich (D.N.) bemängelt, daß die Regierungs-
parteien nicht einmal ein beschlußfähiges HauS bilden können. Das
Stenerkompromttz ist nach monatelangen Verhandlungen zustande-
gekominen, kann aber nicht als etwa Gutes angesehen werden. Wtr
stehen den« Steuerkompromitz im allgemeinen ablehnend gegenüber.
Das Haus vertagt sich auf Freitag 1 Uhr: Wetkerberatung.
Die gestrigen Besprechungen beim
Reichskanzler.
Berlin, 16. März. Die gestrigen Besprechungen des Reichs«
kanglers mit einzelnen Abgeordneten der am Steuerkompromitz
beteiligten Parteien über die praktische Durchführung der volks-
parteilichen Forderungen über Die Besetzung des Reichsernäh-
rnnsgsiministerium wurden heute im Laufe des Tages fortgesetzt.
Zu der Frage des Ernähvnngsmtnistertnms haben die Mshrheits-
sozi-alisten ihre Zustimmung zu einem Fortbestehen dieses Mini-
steriums (Mich eines selbständigen Ministeriums) von bestimmten
Bedingungen abhängig Gemacht. Die Hauptforderung der Sozial-
dmuokraten besteht in der Erhöhung des UmlagemMnlums. Di«
Sozialdemokraten wollen durch diese Forderung erreichen, daß eine
billigere Brotvevsorgung ermöglicht wird. Neben dieser Haupt-
fovdermtg sind noch andere Forderungen, z. B. bezüglich der Kar-
tosfeibewirtschastung aufgestellt wordem Um diese isoMldsnw-
kvatischen Wünsche drehen sich cnigenvlicklich die Besprechungen.
Von ihrem Ausgang wird es abhüngen, ob das ErnähNMgsnrini-
sterium einen eigenen Minister erhKtt oder die schon früher beab-
sichtigte Angliederung an das ReichsMrlschasts,ntnisteAmn aus-
geführt werden so«.
Endlich!
8.P. Berlin, 15. März.
Im September v. I. haben unsere Genosse »Müller und
Wels eine Anfrage wegen Beseitigung des Hoheitszeichens des
früheren Regimes ans den Amtsstuben und von den Dtenstgebäu-
den tm Reichstag eingebracht. Jetzt ist die Antwort des Reichs-
ministers des Innern eingegangen. Sie besagt sorgendes:
„Die Reichsregierung wird in Ergänzung der bereits getroffe-
nen Bestimmungen anordnen, daß die Hoheitszeichen des früheren
Regimes, soweit es noch nicht geschehen ist, innerhalb bestimmter
Fristen aus den Amtsräumen und von den Gebäuden der Reichs-
behörden grundsätzlich entfernt werden.
Auch die entsprechenden Verfügungen wegen der Dienstsiegel
und Amtsschilder stehen unmittelbar bevor. Sie haben sich dadurch
Verzögers, daß zur Ersparung von Kosten für dis Anschaffung vor-
läufiger Spiegel und Schilder zunächst nach Einholung und Durch-
arbeitung mehrerer Entwüse eine befriedigende Lösung der end-
gültigen neuen Formen herbeigesührt werden sollte. Dies ist in-
zwischen geschehen. Die zu erlassende Verfügung ist von dem Ka-
binett bereits genehmigt. Auch die Anschaffung neuer Amtsschilder
ist eingelettet.
Dte Retchsrcgierung beabsichtigt ferner anzuordnen, (hoffent-
lich geschieht das sofort d. Red.), daß aus den Amtsräumen der
Reichsbchörden alle Bilder, Büsten und Statuen grundsätzlich zu
entfernen sind, deren Verbleib in amtlichen Räumen gegen di«
verfassungsmäßige Staatsform angesehen werden und daher zu
Mißdeutungen führen könnte, wie insbesondere alle Darstellungen
des letzten Deutschen Kaisers. Ausgenommen können mit Zustim-
mung der zuständigen obersten Reichsbehörde Darstellungen blei-
ben, die einem Raum als Teil des ganzen derart angefügt oder
etngepaßt sind, datz ihre Herausnahme eine künstlerische oder hi-
storische Einheit zerstören würde (?!!)
Verstöße gegen diese Anordnungen werde»» im Wege der Dienst-
aufsicht abzustellen und Nötigensans im Disziplinarwege zu ahnden
sein."
Wtr können nur wünsche» und wollen hoffen, daß die Grund-
sätze nun aher auch schnell und nachdrücklich durchgesührt werden.
Gegen die Verurteilung der ruftischeu
Sozialrevolutionäre.
Der Vorstand des AllgemetnenDeu tschen Gewerk»
schastsbundes sandte am IS. März folgendes Telegramm an
die Sowjet-Regierung:
Herrn Lenin, Vorsitzenden des Rates der Volkskommissare,
Moskau.
Der Vorstand des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes
erfährt aus Pressenachrichten, daß 47 Mitglieder der Partei der
Sozialrevolutionäre auf Grund Pon Aussagen eines Renegaten
nächster Tage von» Obersten Tribunal abgeurteilt werden sollen.
Im Namen von 8 Millionen organisierter Arbeiter Deutschlands
erbitten wir Amnestie für dte Beschuldigten. Die Wett braucht heut«
Versöhnung. Insbesondere ist das Schicksal der internationalen
Arbeiterklasse abhängig davon, datz die Bekämpfung und Verfol-
gung von Bruderparteieu tn gewalttätiger Form aushört. Helfen
Sie zur Verständigung und zum Frieden und lassen Sie dis
in Entwicklung begriffene Annäherung zwischen den Arbeitern
Rußlands und Deutschlands nicht stören durch ein Bluturteil, das
bei allen Anhängern der Freiheit Entrüstung und Empörung Her-
vorrufen würde.
--... ...
Ausland.
Um die Konferenz von Genua.
Paris, 16. März. Die wDm'prechendsten Gerüchte über dir
Genueser Konferenz dauern an. Das Gerücht, daß PoincarL sich
nicht MM Verhandlungort begeben werde, kehrt immer Meder.
Nach dem „Echo de Paris" wird vielleicht überhaupt kein französi-
scher Vertreter in Genua sein. Wie mftgeteiU wird, hat sich der
französische Ministerpräsident Hinsichtlich Genua bereits «in Bou-
logne volle HcmÄlungssrsiheit Vorbehalten.
Vor der Entscheidung der Reparationskommifston.
Paris, 16. März. Dir Entscheidmrg der RePaWtwnskmm
Mission über dte deutschen Reparationen in bar und SacWeferun-
gen für das Jahr 1922 wird am morgigen Freitag erfolgen.
Die Attfftandsbewegung l» Südafrika.
London, 16. März. Aus Johannisburg wird gsnwWet Nach
einem Bombardement von Artillerie und Maschinengewehre», saZ
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Heidelberg, Freitag, 17. März 1922
Nr. 63 * 4. Jahrgang
Berantwortl.: Für innere u. äußere Politik, Volkswirtschaft u. Feuilleton r
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Sitzungsbericht.
187. Sitzung. Donnerstag, 16. März.
Am Regierungsttsch Hermes.
Prästdent Löbe eröffnet die Sitzung um 1.20 Uhr.
Ein Gesetzentwurf betreffend die Kündigungsbeschränkung zu-
gunsten Schwerbeschädigter vis zum 1.' Oktober 1922 wird ange-
nommen.
Die 2. Lesung des Branntweinmonopolgesetzentwurfes Mrd
fortgesetzt. In der vorigen Sitzung war das Haus bei der Ab-
stimmung über tz 149 beschlußunfähig. Da auch heute das Haus
nur schwach besucht ist, Wird die Abstimmung über den Paragraphen
ausgesetzt. Es folgt dann eine eingehende Debatte, in der der
Kommunist Höllein wieder das große Wort führt. Ihm wird
von verschiedenen Rednern völlige Sachunkenntnts vorgeworsen.
Darüber ist Herr Höllein erbost und er bezweifelt wiederum die
Beschlußunsiihigkett des Hauses.
Der Prästdent stellt fest, daß das Haus beschlußunfähig ist und
beraumt die nächste Sitzung auf 2 Uhr an mit der Tagesordnung:
Mantelgesetz zu den Steuervorlagen, Branntweinmonopol.
188. Sitzung. Donnerstag, 16. März, 2 Uhr nach,«.
Es Wird die 2. Lesung des Branntweinmonopols fortgesetzt.
Abg. Höllein (Komm.) führt aus, daß es sich um eine»
neuen Versuch handelt, lebenswichtige Industrien zugunsten der
Schnapsbrenner zu erdrosseln und die breiten Volksmassen aus-
znbeuten.
Abg. Dusche (D.VP.) erwidert, daß es sich nur um einen
billigen Ausgleich zwischen den Interessen der Gärungs-Esflg-
Jndustrte und der chemisch-technischen Industrie handelt.
Abg. Brey (Soz.) weist die Angriffe des kommunistischen
Redners auf die Sozialdemokratie zurück.
Nach einer weiteren Aussprache wird der Gesetzentwurf in
seinen weiteren Paragraphen ohne Debatte entsprechend den Aus-
schußbeschüssen angenommen.
Eine kommunistische Entschließung, die Reichsregieruirg zu er-
incheit, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Herstellung von
Branntwein zu anderen als zu technischen und medizinischen
Zwecken verbietet, wird gegen die Stimme» der äußersten Linken
abgelehnt.
Damit ist die 2. Lesung des Gesetzentwurfes zu Ende.
Die erste Beratung des Manlelgefetzes in Verbindung mit der
zweiten Lesung der 14 Steuervorlage,» wird nun ausgenommen.
Es ergreift zunächst
Reichsfinanzminister Dr. Hermes
das Wort, der von der äußersten Linken mit stürmischen Zurufen
empfangen wird. Er vermag sich mehrere Minuten lang überhaupt
nicht Gehör zu verschaffen, so daß Prästdent Löbe wiederholt um
Ruhe bitten muß und schließlich erklärt: Meine Herren, Sie wissen
doch, daß die Angelegnhett, die Sie zu diesen Zwischenrufen ver-
anlaßt, von eitlem Ausschuß des Reichstags untersucht wird.
Minister Dr. Hermes führt dann aus: Die Steuerbelastuug
hat in keinem Lande einen solchen Grad erreicht, wie in Deutsch-
land. In Cannes haben wir den Beweis gesührt, daß Deutsch-
land seine Wirtschaft stärker belastet, als jedes andere Land. Offen-
Sa/wird auch in manchen Ententestaaten wissenschaftlich die Rich-
tigkeit unserer Beweisführung erkannt. Anderseits muß ich mit
lebhaftem Bedauern feststellen, daß insbesondere in Frankreich
auch in der Kammer die Behauptung ausgestellt wird, daß die
Steuerbelastung in Deutschland derjenigen Frankreichs nachstehe.
Dort werden Vergleichsmethoden benutzt, die von vornherein die
Tendenz in sich tragen, das Ergebnis zuungunsten Deutschlands
ausfallen zu lassen. Die Verhältnisse können nur entwirrt wer-
den, wenn sie vorurteilslos untersucht werden. Nach den vorliegen-
den Anhaltspunkten habe ich keinen Zweifel, daß die kommunale
Steuerbelastung tn Frankreich das Bild nicht wesentlich verändert.
Auch für uns ist ja die Kommunalsteuerlast sehr stark. Würdigt
man unsere Steuergesetze und Steuertarise, so mutz man zu der
Ueberzeugung kommen, daß ein Mehr nach dem heutigen Stand
unserer Wirtschaft nicht erträglich ist. Man wird aber unseren Be-
ratungen das Zeugnis ausstellen können, daß man bemüht ist, die
steuerliche Belastung im Rahmen des Erträglichen auszubauen.
Auch das zweite Ziel, die Gesundung unserer Reichsfinanzen nicht
zu gefährden in wirtschaftlicher Beziehung, ist erreicht worden.
(Lachen links.) Der Entwurf eines Gesetzes über die Besteuerung
des Rachkriegsgewinnes ist allerdings durch das Steuerkompronntz
beseitigt worden. Die großen Vermögenssteuern werden erst 1923
veranlagt werden. Es ist zu hoffen, daß das Jahr 1922 die Mög-
lichkeit bringt, die Finanzverwaltung so auszugestatten, datz sie
die alten Steuern aufarbeiten, die laufenden bewältigen kann.
Dann ist der regelmäßige Turnus erreicht und die Finanzämter
werden frei, um die Reste aufzuarbeiten und andere Steuern zu
veranlagen. Durch das Kompromiß ist es geglückt, für die schwie-
rige Frage nach dem Verhältnis von Besitz- und Verbrauchssteuer-
belastung die politisch vertretbare Lösung zu finden. Es steht fest,
daß die Zwangsanleihe ein neues schweres Opfer des Besitzes
bedeutet. Neber den wichtigen Punkt der Bewertung der Ver-
wögensbestände haben die Verhandlungen im Ausschuß den Be-
weis erbracht, datz die Gegensätze nicht allzu stark sind. Auch die
Einkommensteuer hat schließlich eine Form bekommen, die den
Grundsätzen steuerlicher Gerechtigkeit entspricht. Mit den Besitz-
muern muß inan die Zwangsanleihe im Zusammenhang betrachten.
Das Mantelgesetz gibt da nur einige allgemeine Hinweise. Bet der
Umsatzsteuer mutz ich mit Bedauern seststellen, daß das Kompromiß
vrn ermäßigten Satz von 2 Prozent gegenüber dem 2!4Prszenlig.en
Regierungsvorlage festgesetzt hat. Die Luxussteuer hat eine Neu-
gestaltung tm Sinne der Vereinfachung erfahren. Die Gaststätten-
steuer gibt Gelegenheit zu der Untersuchung, wie weit Getränke
aller Art mehr als bisher zur Steuer herangezogen werden können.
Mit dem Ergebnis der Verstcherungs- und Kapitalsertragssteuer
kann man sich Wohl tm allgemeinen einverstanden erklären. Bei
Zöllen und Verbrauchssteuern war unser Ziel, möglichst hohe Be-
träge mit möglichst geringem Kräfteauswand za erreichen. Im
Vordergrund des Interesses stand die Novelle zum Kohlensteuer-
gesetz, dessen Bemessung auf 40 Prozent einer der Hauptpunkre des
Kompromisses geworden ist. Da diese Steuer von einschneidender
Wirkung ist, so ist sie im Ausschuß eingehend besprochen worden.
Die Besteuerung der Germtzmittel mutz einer Revision unterzogen
werden. Auch auf die Erhöhung der Zuckerabgabe können wir nicht
verzichten. Der Zeitpunkt »nutz bald komme», tn dem die abneh-
mende Kaufkraft die jetzige Scheinblüte der Industrie zum Ver-
welken bringt. Der Staatsbedars wird auf das strikteste Matz des
noch Vertretbaren zurückgeführt werden. Die abgetretenen land-
wirtschaftlichen Gebiete lieferten mehr als ein Sechstel des Ernte-
ertrages. Wir sind daher gezwungen, heute für etwa 2)4 Milliar-
den landwirtschaftliche Erzeugnisse aus dem Auslände zu kaufen.
Die Zahlungen von 31 Millionen Goldmark in Zwischenräumen
von 10 Tagen können nicht mehr lange weitergehen. (Sehr richtig!
»tnd Hört, hört!) An der Gegenseite aber ist es, mich das Ihre
zu tun. Scheitert die Aufgabe, so ist es sichtbar nicht unsere
Schuld. (Beifall. Großer Lärm bei den Unabhängigen und Kom-
munisten und Zuruf«: Prosit! Heiterkeit.)
Abg. Dr. Bernstein (Soz.):
Die Verhandlungen über das Mantelgesetz waren lang und
schwer, weil die Steuern die Bevölkerungsklaffen ungleich treffen.
Die Kritik an den Stenergesetzech die wir in der ersten Lesung
schon geübt haben, trifft auch heute noch zu. Auch mit der Zwangs-
anleihe werden die fehlenden Mittel für den Etat und die Repa-
rationen nicht gedeckt. Die Bertetlung der Steuerlasten
ist ungerecht, denn sie belasten die Besitzlosen schwerer als die
Besitzenden. Dte Zustimmung zu den Gesetzen wird uns nicht
leicht, nur unter dem Druck der schwierigen außen- und innen-
politischen Lage haben wir uns dazu entschlossen. (Zurufe aus der
äußersten Linken.) Man mutz tn Schlimmes einwilligen, wenn das
Nein noch Schlimmeres herbeiführen würde. Grotze Schichten
des Volkes werden durch die Steuergesetzgebung tn ihrer Lage
erheblich verschlechtert, dagegen werden diejenigen, die von der
Wirtschaftslage den größten Vorteil habe», nicht genügend getrof-
fen, sondern sogar noch bereichert. Die Erfasst» ngderSach-
werte würde daher ein Gebot der Gerechtigkeit sein. Das solide
Geschäft würde dadurch in keiner Weise gefährdet werden. Dte
Beteiligung der Allgemeinheit am Besitz und an den Unternehmun-
gen würde nur gerecht sein; hier werden dte größten Gewinne auf
Kosten der Allgemeinheit erzielt. Eine solche Beteiligung der All-
gemeinheit an den Sachwerten wäre auch volkswirtschaftlich un-
gefährlich: denn das Betriebskapital der Unternehmungen würde
unberührt bleiben, wenn man nur den Reinertrag trifft. Eine
solche Maßnahme würde die Finanzen stärken und den Sturz der
Valuta aufhalten. Auch könnten so jährlich über 70 Milliarden
Mark gewonnen werden. Alle Abhtlfematznahmen gegenüber un-
serer schlechten Lage haben bisher nur zeitweise gewirkt. Nach
gewisser Zeit setzte immer ein neuer Sturz ein, und die Pausen
werden fortgesetzt kürzer.
Die kritische Lage erheischt heroische Mittel.
Auch die Erfassung der Sachwerte würde noch nicht alles Seffern,
da es überhaupt kein Allheilmittel gibt. Schon vor drei Jahren
wurde von einem hervorragenden Politiker auf die Notwendigkeit
von Aussuhrabgaben htngewiesen. Damit hätten wir ge-
waltige Fortschritte erreicht. Man hätte den Ausverkauf und das
Steigen der Preise tm Inlands verhindert, das jedesmal etnsetzt,
wenn ein Ausverkauf wegen des Valutasturzes stattfindet. Für dte
jetzige Preissteigerung ist das Wort Wucher nicht zu scharf. Diese
Preissteigerung ist nicht die Folge einer Erhöhung der Produktions-
kosten, soirdern wird von dm Produzenten, den kapitalistischen
Unternehmern und Großhändlern einfach nach dem Stande der
Valuta ins Werk gesetzt. Fällt die Valuta, so werden die Preise
erhöht, auch wenn inzwischen dte Kosten nicht gestiegen sind. Unter
diesen Umständen ist an einen weiteren Abbau der
Zwangswirtschaft nicht zu denken. Der Besitz kann
eine stärkere Belastung vertragen, als sie ihm zuteil wird. Eng-
land ist ein Beispiel. Nur durch Taten kann Deutschland das Miß-
trauen der Welt überwinden. Wir haben solche Taten vorgeschla-
gen, aber man hat uns im Stich gelassen. Von der Notwendigkeit
einer Erhöhung der Verbrauchsabgaben steht tm Londoner
Ultimatum nichts. Um Schlimmeres zu verhüten, müssen wir dem
Kompromiß zusttmmen, das ja anders aussähe, wenn nicht die
Unabhängigen abseits stünden und aus diese Weise die Deut-
sche Volkspartet zu Einfluß brächten.
Abg. Schulz- Bromberg (D.N.) fordert die Anwesenheit des
Reichskanzlers, da es sich um autzerordentlich wichtige Fragen han-
dele. (In diesem Augenblick erscheint Dr. W irth im Saal.)
Vizepräsident Dr. Bell stellt fest, daß der Antrag Schulz-
Bromberg nun wohl erledigt sei. (Heiterkeit.)
Abg. Dr. Helfferich (D.N.) bemängelt, daß die Regierungs-
parteien nicht einmal ein beschlußfähiges HauS bilden können. Das
Stenerkompromttz ist nach monatelangen Verhandlungen zustande-
gekominen, kann aber nicht als etwa Gutes angesehen werden. Wtr
stehen den« Steuerkompromitz im allgemeinen ablehnend gegenüber.
Das Haus vertagt sich auf Freitag 1 Uhr: Wetkerberatung.
Die gestrigen Besprechungen beim
Reichskanzler.
Berlin, 16. März. Die gestrigen Besprechungen des Reichs«
kanglers mit einzelnen Abgeordneten der am Steuerkompromitz
beteiligten Parteien über die praktische Durchführung der volks-
parteilichen Forderungen über Die Besetzung des Reichsernäh-
rnnsgsiministerium wurden heute im Laufe des Tages fortgesetzt.
Zu der Frage des Ernähvnngsmtnistertnms haben die Mshrheits-
sozi-alisten ihre Zustimmung zu einem Fortbestehen dieses Mini-
steriums (Mich eines selbständigen Ministeriums) von bestimmten
Bedingungen abhängig Gemacht. Die Hauptforderung der Sozial-
dmuokraten besteht in der Erhöhung des UmlagemMnlums. Di«
Sozialdemokraten wollen durch diese Forderung erreichen, daß eine
billigere Brotvevsorgung ermöglicht wird. Neben dieser Haupt-
fovdermtg sind noch andere Forderungen, z. B. bezüglich der Kar-
tosfeibewirtschastung aufgestellt wordem Um diese isoMldsnw-
kvatischen Wünsche drehen sich cnigenvlicklich die Besprechungen.
Von ihrem Ausgang wird es abhüngen, ob das ErnähNMgsnrini-
sterium einen eigenen Minister erhKtt oder die schon früher beab-
sichtigte Angliederung an das ReichsMrlschasts,ntnisteAmn aus-
geführt werden so«.
Endlich!
8.P. Berlin, 15. März.
Im September v. I. haben unsere Genosse »Müller und
Wels eine Anfrage wegen Beseitigung des Hoheitszeichens des
früheren Regimes ans den Amtsstuben und von den Dtenstgebäu-
den tm Reichstag eingebracht. Jetzt ist die Antwort des Reichs-
ministers des Innern eingegangen. Sie besagt sorgendes:
„Die Reichsregierung wird in Ergänzung der bereits getroffe-
nen Bestimmungen anordnen, daß die Hoheitszeichen des früheren
Regimes, soweit es noch nicht geschehen ist, innerhalb bestimmter
Fristen aus den Amtsräumen und von den Gebäuden der Reichs-
behörden grundsätzlich entfernt werden.
Auch die entsprechenden Verfügungen wegen der Dienstsiegel
und Amtsschilder stehen unmittelbar bevor. Sie haben sich dadurch
Verzögers, daß zur Ersparung von Kosten für dis Anschaffung vor-
läufiger Spiegel und Schilder zunächst nach Einholung und Durch-
arbeitung mehrerer Entwüse eine befriedigende Lösung der end-
gültigen neuen Formen herbeigesührt werden sollte. Dies ist in-
zwischen geschehen. Die zu erlassende Verfügung ist von dem Ka-
binett bereits genehmigt. Auch die Anschaffung neuer Amtsschilder
ist eingelettet.
Dte Retchsrcgierung beabsichtigt ferner anzuordnen, (hoffent-
lich geschieht das sofort d. Red.), daß aus den Amtsräumen der
Reichsbchörden alle Bilder, Büsten und Statuen grundsätzlich zu
entfernen sind, deren Verbleib in amtlichen Räumen gegen di«
verfassungsmäßige Staatsform angesehen werden und daher zu
Mißdeutungen führen könnte, wie insbesondere alle Darstellungen
des letzten Deutschen Kaisers. Ausgenommen können mit Zustim-
mung der zuständigen obersten Reichsbehörde Darstellungen blei-
ben, die einem Raum als Teil des ganzen derart angefügt oder
etngepaßt sind, datz ihre Herausnahme eine künstlerische oder hi-
storische Einheit zerstören würde (?!!)
Verstöße gegen diese Anordnungen werde»» im Wege der Dienst-
aufsicht abzustellen und Nötigensans im Disziplinarwege zu ahnden
sein."
Wtr können nur wünsche» und wollen hoffen, daß die Grund-
sätze nun aher auch schnell und nachdrücklich durchgesührt werden.
Gegen die Verurteilung der ruftischeu
Sozialrevolutionäre.
Der Vorstand des AllgemetnenDeu tschen Gewerk»
schastsbundes sandte am IS. März folgendes Telegramm an
die Sowjet-Regierung:
Herrn Lenin, Vorsitzenden des Rates der Volkskommissare,
Moskau.
Der Vorstand des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes
erfährt aus Pressenachrichten, daß 47 Mitglieder der Partei der
Sozialrevolutionäre auf Grund Pon Aussagen eines Renegaten
nächster Tage von» Obersten Tribunal abgeurteilt werden sollen.
Im Namen von 8 Millionen organisierter Arbeiter Deutschlands
erbitten wir Amnestie für dte Beschuldigten. Die Wett braucht heut«
Versöhnung. Insbesondere ist das Schicksal der internationalen
Arbeiterklasse abhängig davon, datz die Bekämpfung und Verfol-
gung von Bruderparteieu tn gewalttätiger Form aushört. Helfen
Sie zur Verständigung und zum Frieden und lassen Sie dis
in Entwicklung begriffene Annäherung zwischen den Arbeitern
Rußlands und Deutschlands nicht stören durch ein Bluturteil, das
bei allen Anhängern der Freiheit Entrüstung und Empörung Her-
vorrufen würde.
--... ...
Ausland.
Um die Konferenz von Genua.
Paris, 16. März. Die wDm'prechendsten Gerüchte über dir
Genueser Konferenz dauern an. Das Gerücht, daß PoincarL sich
nicht MM Verhandlungort begeben werde, kehrt immer Meder.
Nach dem „Echo de Paris" wird vielleicht überhaupt kein französi-
scher Vertreter in Genua sein. Wie mftgeteiU wird, hat sich der
französische Ministerpräsident Hinsichtlich Genua bereits «in Bou-
logne volle HcmÄlungssrsiheit Vorbehalten.
Vor der Entscheidung der Reparationskommifston.
Paris, 16. März. Dir Entscheidmrg der RePaWtwnskmm
Mission über dte deutschen Reparationen in bar und SacWeferun-
gen für das Jahr 1922 wird am morgigen Freitag erfolgen.
Die Attfftandsbewegung l» Südafrika.
London, 16. März. Aus Johannisburg wird gsnwWet Nach
einem Bombardement von Artillerie und Maschinengewehre», saZ