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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (4) — 1922 (Januar bis April)

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Nr. 41 - Nr. 50 (17. Februar - 28. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.48721#0263
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Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Eppingen, Eberbach, Mosbach, Buchen,
Adelsheim, Boxberg, Tauberbischofsheim und Wertheim.

Bezugspreis: Monatlich einschl. Trägerlohn 10.— Mk. Anzeigenpreise:
Die einspaltige Petitzeile (36 mm breit) 2.— Mk., Reklame-Anzeigen
(68 mm breit) 6.— Mk. Bei Wiederholungen Nachlaß nach Tarif. äHbWLlbbVg, Freitag, s4. Februar
Geheimmittelanzeigen werden nicht ausgenommen.
Eeschäftsstunden: 8—^,6 Uhr. Sprechstunden derRedaktion: 11—12 Uhr. Ar. 4/ * 4. Jahrgang
Postscheckkonto Karlsruhe Nr. 22 677. Tel.-Adr.: Volkszeitung Heidelberg.

Verantwort!.: Für innere «.äußere Politik, Volkswirtschaft «.Feuilleton!
Dr.E. Kraus; für Kommunales, soziale Rundschau und Lokales:
O.Geibel; für die Anzeigen: H. Horchler, sämtliche in Heidelberg,
Druck u. Verlag derUnterbadischsn Verlagsanstalt G.M.H.H., Heidelberg
Geschäftsstelle: Schrödsrstratze 39.
Fernsprecher: Anzeigen-Annahme 2673, Redaktion 2648.
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Frankreichs Finanzbankrott.
Die deutschen Reparationszahlungen als letzter Rettungsanker. Poineares
Rh einland ab sichten.

Paris, 23. Febr. In der heutigen Sitzung wird die Debatte
über das S ond e rb u d g e t für den Wiederaufbau, des-
sen Ausgaben von Deutschland zurückzuerstatten sind, fort-
gesetzt.
Finanzminister de Lasteyrie
ergreift das Wort. Die Regierungspolitik in bezug auf die Repa-
rationen sei vom Ministerium in der ministeriellen EMKrimg sei-
nerzeit begründet worden. Das neue Ministerium wolle eine
Politik der Realisationen verfolgen. In London habe man durch
die Annahme des Forfait mit 132 Milliarden in eine Vermin-
derung Mit etwa einem Drittel an Deutschland ein-
tzewilligt. Deutschland habe nicht eine» einzigen Centime für die
Besatzungstruppen bezahlt und Frankreich habe den Erfordernissen
Ar den Wiederaufbau entsprochen. Auf diese Weise habe man
auf das Konto Deutschlands 80 Milliarden vorgeschossen. Das
sei eine ungeheure Anstrengung. Werin man die französische Fi-
nanzpolitik kritisiere, vergesse man, daß, wenn Deutschland im
Bahre 1921 die schuldigen 20 Milliarden bezahlt hätte, Frankreich
davon fünf bis sechs Milliarden Goldmark, also 18 Milliarden
, Francs erhalten haben würde.
Die Frage der Reparationen sei für Frankreich eine Frage auf
Leben oder Tod. Er scheue sich nicht, auszusprechen: Wenn
Deutschland fortfahrc, seine Verpflichtungen nicht zu erfüllen,
werde Frankreich genau wie Belgien in eine kicherst schwierige
Lage geraten.
England betrachte das Problem von einem anderen Stand-
punkte. Das Reparationsproblem sei für England nicht vorhanden,
sondern nur das Problem des Wiederaufbaues der wirtschaftlichen
Beziehungen, damit der Arbeitslosigkeit gesteuert werden könnte.
Deutschland habe bis jetzt sehr wenig an Reparationen bezahlt.
- Es befinde sich in einer schwierigen Lage, weil es ohne Sinn aus-
gegeben habe und keine Maßnahme ergriffen hätte, seine Finanzen
SU sanieren. Es sei sehr schwierig, miteinander zu vergleiche»,
was die Steuerzahler in den einzelnen Ländern leisteten. Aber
es sei doch gestattet, zu behaupten, daß die deutschen fiskalischen
Leistungen vollkommen ungenügend seien. (Beifall.) Wenn man
Vergleiche ziehe, dürfe man nicht vergessen, das) man das Frank-
reich vor dem Kriege nicht mit dem Frankreich von heute vergleichen
könne, Weil Frankreichs Provinzen verwüstet seien und natürlich
nicht die gleichen Stetterlastcn aufbringen könnte wie ehemals.
Nach kurze» Zwischenbemerkungen Loucheurs über die
finanziellen Abmachungen in London und Cannes fährt der Fi-
nanzminister fort:

Man spreche von Sachlicferungeu,
aber das Abkonnnen von Wiesbaden sei noch nicht ratifiziert. Es
begegne besonderen Schwierigkeiten namentlich im Hinblick aus
die Preisschwankungen. Trotzdem hoffe die Regierung
auf Sachlieferungcn. Wenn die Negierung die interalliierte
Finanz soltdarttät erringen könne und wenn Deutsch-
land tm Innern eine Alt leihe auf nehme, dann könne
das gut sein. AVer wie könne man aus der fatalen Lage heraus-
kommen? Es gebe nur ein Mittel:
Deutschland dahin zu bringe», feilte Verpflichtungen zu erfüllen.
Hierauf ergreift Abgeordneter Tardieu das Wort, um zu
verlangen, saß die Alliierten sich der ausländischen Devi-
sen bemächtigten, die Deutschland in ausländischen Banken
besitze, daß die Frage der steuerlichen Belastung geprüft werde
und daß man sich über die Zwangsmaßnahmen einige,
danut Deutschland seine Verpslickstungen erfülle. Tardieu verlangt
hierüber Auskunft.
Ministerpräsident Poincare
erklärt, die Regierung werde, sich, soviel von ihr und ihren Alliier-
en abhänge, bemühen, alle Artikel des Friedensvertrags von
Versailles anzuwenden. Es sei unrichtig, zu behaupten, die fran-
zösischen Regierungen hätten sich nicht bemüht, die Sten er-
bleich hott herzustellen. Die Behauptung des Reichskanz-
lers Wirth, daß die deutschen Steuerleistungen höher seien als
°le französischen, sei von den französischen Sachverständigen als
Btrichlig hezeickmet worden. Jedoch hätte diese Frage etwas
Willkürliches an sich. Wenn wir Deutschland über diesen
Punkt Vorwürfe machen, so fuhr Poincare fort, operiere» »vir mit
Argumenten, die angezweifelt werde«. Die Diskussion bleibt also
Bsen. Gz ist ferner unrichtig, zu behaupten, die französische Re-
Bming habe sich nicht mit der

Kapitalflucht aus Deutschland
beschäftigt. Ich persönlich habe, als ich die Ministervräsidentschaft
übernommen habe, mit dem deutschen Botschafter in Paris
vavon gesprochen. Ich muß sagen, daß der deutsche Botschafter
Mix geantwortet hat, daß die französischen Besorgnisse berechtigt
Wien und daß seine Regierung diese Devisen ausfindig machen
wolle. FH hoffe, daß dem so sei« wird. Aber die Schwierigkeit
wgt darin, daß die Devisen in den neutralen Ländern sich leicht
verbergen lassen.

.... Mg. Tardieu drückt seine Befriedigung Mer diese Er-
klärungen aus.

Hierauf wird die Generaldiskusston geschlossen und die ein-
» men Artikel zum Finanzgesetz des Budgets werden angenommen.
N , Auf eine Bemerkung des sozialistischen Abgeordneten Varenne,
"en «ach den rheinischen Bädern nicht zu begünstigen, weil dies

den französische,» Bürgern Schade« bringe, erklärt Ministerpräsident
Poincare, es sei wünschenswert, daß die höflichsten Beziehungen
Frankreichs zu den Rheinlanden hergestellt werden.
Die Kammer tritt alsdann in die Beratung des Militär-
dtenstpsltchtgesetzes ei«. Die Diskussion der Interpellation
über den FallPaulMeunier wird hierauf für Freitag nach-
mittag angesetzt. Die Sitzung wird darauf geschlossen.
Frankreich Verlangt Sachleistungen.
Die Delunion meldet aus P a r i s:
Der französische Minister für öffentliche Arbeiten, Le Tro-
tz uier, schlägt vor, Deutschland eins» großen Auftrag <an Eisew-
bahuschkenon, Strecksnmateriall und Material für elektrische Lei-
tungen (letzteres ist besonders für das Rhünadspartement be-
stimmt) zu übergeben. Diese Forderungen könnten ans den Frie-
densvertmg gestützt werben, der die Alliierten berechtigt, von
Deutschland solche Sachttestrungen L» verlangen, die geeignet sind,
den wirtschaftlichen Wiederaufbau zu fördern. Diese Lieferungen
sollten sann dem Reparationskorste gutgeschrieben werden.

Das Mantslgesstz zu den Stsuervorlagmr.
Berlin, 24. Febr. Gestern nachmittag fand im Reichstag
eine Sitzung von Vertretern des Zentrums, der Demokra-
ten und der Sozialdemokraten statt, in der über das
Steuerkompromitz beraten wurde. Auch Reichskanzler Dr. Wirth
und Finanzminister Herrn es nahmen daran teil. Der Reichs-
kanzler wies in seinen Ausführungen auf die Notwendigkeit hin, die
Verhandlungen der einzelne» Ausschüsse sobald wie mög-
lich zu beeiwigcn. - DrmznüKSL ersucht« er-Hie Parte«», «rrch-chre
Besprechungen über das Gteuerlomprsmitz während der Pause des
Reichstags weiterzusühren. In der gestrigen Sitzung lag den Par-
teivertretcrn auch der Entwurf desMantelgesetzes vor,
der sich in den allgemeinen Richtlinien hält, wie sie in ver Beratung
über das Kompromiß aufgestellt waren. Das Mantelgesetz um-
faßt auch das Gesetz über die Zwangsanleihe. Es ist zu er-
warte», daß schon in der zweite« Hälfte der nächsten Woche Vas
Mantelgesetz beraten werben wird. Reichssinanzminister Hermes
wird in der Frage des Mantelgesetzes auch mit der Deutschen
Volkspartei in Verbindung treten.
Der Kampf um die Befitzsteuern.
8.P. Berlin, den 23. Februar.
Der Elfte Ausschuß des Reichstags erledigte am Mittwoch
in zweiter Lesung das Vermögenssteuergesetz. Die Un-
abhängigen stellten den Antrag, die Regierungsvorlage in ihrer
alten Fassung wieder herzustellen, ferner, daß der Vermögens-
zuwachs nicht erstmalig vom 1. Januar 1923 bis 31. Dezember
1925, sondern vom 1. Januar 1920 bis 31. Dezember 1922 er-
mittelt werden soll. Die Anträge wurden abgelehnt, nachdem
Staatssekretär Zapf die Vorverlegung des Ermittlungstermins
als technisch undurchführbar bezeichnet hatte.
Im 8 10 wird die Bestimmung gestrichen, daß für jeden Ver-
anlagungszeitraum 100 000 Mk. Wermögenszuwachs steuerfrei blei-
ben sollen. Ebenso wird die Steuerbegünstigung für Familien-
mitglieder wieder beseitigt. Dagegen wehrten sich begreiflicher-
weise die Deutschnationalen, die Deutsche Volkspariei und der
kapitalistische Jnteressenvertreter Fischer (Köln), der eine besonders
Zierde der Deutsch-Demokraten ist. Der Tarif wird in Verschär-
fung der Beschlüsse der ersten Lesung dahin abgeändert, daß die
Steuer beträgt:
für die ersten angefangene« oder vollen 200 000 Mk.
des steuerpflichtigen Verntögenszuwachses 1 v. H.

für die nächsten angefangenen o. vollen
200000 Mk.
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für die weiteren Beträge 10 vom Hundert. Bei Berechnung der
Steuer bleibt ein Vermögeuszuwachs, der länger als 12 Jahre
zurückliegt, außer Ansatz.
Selbstverständlich laufen auch gegen diese Verbesserung die
Deutschnationalen, wenn auch vergeblich, SturM.
BeiderzweitenLesungder Körper schafts st euer
wurde ein sozialdemokratischer Antrag auf Wiederherstellung der
Regierungsvorlage abgelehnt. Unter Ablehnung der sozialdemo-
kratische» Anträge auf Begünstigung der städtischen Sparkassen und
gemeinnützigen Bankinstitute wird im 8 2 Abs. 2a bestimmt, daß
von der Steuer u. a. befreit sind: die Reichsbank, die Reichsdar-
lehnskassen, die Staatsbanken, sowie die von Körperschaften des
öffentlichen Rechts gegrürrdeten und geleiteten gemeinnützigen
Kreditanstalten. Außerdem wird ein Absatz eingesügt mit folgen-
dem Wortlaut:
Die in ihrer Hauptbestimmung als Zentralen de r G e -
«ossenschaften wirkenden Genossenschaften, Gesellschaften
mit beschränkter Haftung und Aktiengesellschaften, deren Gesell-
schafter (Genossen) ausschließlich oder Loch überwiegend Er-
werbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sind, und deren Ge-
schäftsbetrieb sich auf den Kreis der Mitglieder beschränkt, sofern
sie satzungsgemäß nicht mehr als 5 v, H. jährlichen Ertrag ver-

teilen dürfen, bei Auslosung oder Ausscheiden eines Gesellschaf-
ters nicht mehr als die eingezahlten Anteile zurückgewährt
wird, und im Falle der Auflösung der Ueberschutz für gemein-
nützige Zwecke zu verwenden ist.
Ein deutschnationaler Antrag, der von der Deutschen Volks-
partei unterstützt wird, will die Körperschaftssteuer aus das steuer-
bare Einkommen angerechnet wissen. Der Antrag wurde ab ge-
lehnt, nachdem die Sozialdemokraten die Forderung erhoben hatten
-atz dann auch die Lohn- und Gehaltsempfänger das Recht Habels
müssen, die zu zahlende Steuer von ihrem steuerbaren Einkomme«
abzuzichen.
Die internationale sozialistische Reparations
konferenz in Frankreich.
Frankfurt, 23. Febr. (Priv.-Tel.) Dis Vorbesprechun>
gen zur Konferenz haben heute früh im Gewerkschaftshaus be-
gonnen. Die Engländer sind mit Ausnahme Johnsons uns
W-allh-eads von der Independent Labour Party, die nlvrgsi
ein! ressen werde«, bereits anwesend, nämlich von -der großen L>Ä
bour Party deren Vorsitzender Jowetl, ihr Sekretär Gil lies,
sowie Tom Shaw; vom Tmde-Union Congreß Ben Tillett
»md Pit reell. An der Vorbesprechung nahmen deute fernst
IM: die Belgier Bandervelde (bisheriger JttMzminWer)-
C. Huy sm ans, der Parteisekretär de Man, der Hollandes
Vlieg-en und der Däne Anders en. Die Franzosen sind nock
nicht angekommen, die Italiener werden voraussichtlich fevnAei.
den, dagegen sind die deutschen Delegierten bereits anwesend.
Das Mantelgesetz Zu den Steuervsrlagen.
Verhaftung eines Münchener Rechtsanwaltes
in der Erzberger-Affäre.
München, 23. Febr. Amtlich wird mitgeteilt, daß voll
den deutschen Kriminalbeauften, die in Budapest waren, dort das
Original eines Telegramms vom 20. Dezember ermittelt wurden
welches von dem flüchtigen Thillessen herrührte und au eins
Münchener Persönlichkeit gerichtet war. Der Empfänger des Te-
legramms wrvkds durch den Offenburger Untersuchungsrichter iU
Haft genommen Es handelt sich um den Rechtsanwalt Dr. Adolf
Müller, der sich in Budapest ausgehaltcn und dort zweifellos
mit Thillessen in Verkehr gestanden hat. Bet der Durchsuchung
des in Frage kommenden Hauses wurden mehrere Personen am
getroffen und vorläufig festgehalten, später aber wieder entlassen
weil sich ein Zusammenhang dieser Personen mit der Erzberger-
Sache nicht ergeben hat.

Deutscher Reichstag.
Fustizftagrn. — Die Auslieferung der Dato-Mörder.
tu. Berlin, den 23. Februar.
Am Regiemngsiisch: Justizminister Dr. Radbruch.
Bor Eintritt in die Tagesordnung erhebt Abg. Bartz (K.s
Einspruch gegen die A « slieseru » g der veiden Spanter)
die des Mordes an dem ehemaligen spanischen Ministerpräsidenten
Dato beschuldigt sind. Der Reichstag »Nüsse sofort dazu Stellung!
nehmen.
Justizminister Dr. Radbr u ch erklärt sich bereit, beim Justiz-!
etat, der ebenfalls auf der Tagesordnung steht, über die Ausliefe-!
rung Auskunft zu geben.
Das Haus tritt darauf in die Tagesordnung ein und nimmt
ohne Aussprache in 2. und 3. Lesung die Gesetzentwürfe zur Ver-
einfach«»« des Aufgebotsverfahrens, zur Erhöhung der Gelder
für Zeugen und Sachverständige und zum Schutze der Posener
Landwirtschaft an.
Daraus wird die zweite Lesung des Haushaltsplanes beim
Reichsjustizminist erium fortgesetzt.
Abg. Hoffmann-Kaiserslautern (Soz.)
erhebt gegen die deutschen Richter den Vorwurf der Klassenjustiz.
Als Beweis nennt er den Fall der Herren von Kähne, die auf
wehrlose Spaziergänger geschossen hätten. Hätte der Junker »licht
Arbeiter erschossen, sondern der Arbeiter den Junker, dann wäre
der Arbeiter längst verhaftet. Jagow wurde dieserhalb vom
Reichsgericht sreigelassen, der Kommunist Ebel aber nicht. Der
Schlieben-Prozetz zeitigte lächerlich geringe Strafen. Die
Polizei findet Teilnehmer am Korninunistenputfch noch nach Fah-
ren. Sie findet aber nicht die Mörder von Erzberger und Gareis.
Sie wird auch Jagow nicht finden, wenn er nächstens flieht.
Die Republik darf sich die gehässigen und verleumderischen Be-
schimpfungen und Verhöhnungen durch ihre eigenen Beamten nicht
gefallen lasse«. Der Beamte, der ein Urteil überschrieben: „Im
Namen des Pöbels" hätte nicht eine Stunde länger Beamter
bleiben dürfen. Eine Beteiligung der Arbeiter an der Recht-
sprechung wird die Klassenjustiz nicht beseitigen, aber mildem.
Die Volksgerichte in Bayern sollten endlich ausgehoben werden.
Notwendig ist die stärkere Beteiligung der Frauen an der Rechts-
pflege. In Bayern ist man noch der Auffassung, daß es eine
Schande sei für einen Mann, von einer Frau verurteilt zu werden.
Das bayerische Justizministerium hat sogar von einer Inferiorität
des Verständnisses der Frau gesprochen. (Hört, hört!) Notwendig
ist die Erleichterung der Ehescheidung.
Abg. War mut h (D.N.) weist den Vorwurf der parteipoliti-
schen Voreingenommenheit der Richter zurück. Der Richter »nutz
selbstverständlich die republikanische Verfassung als etwas gegebe-
nes zugrunde legen. Aus den Verfehlungen Einzelner darf man
kein allgemeines Urteil machen. Die Bildung eines republikani-
schen Richterbundes ist verfehlt, weil von vornherein der Richter
politisch festgelegt ist. Zum Assessor-Examen können nicht alle
befähigten Personen aller Gesellschaftsklasse»» zugelassen werden.
Das Eindringen in dm Geist der Jurisprudenz ist notwendig.
Mit voreiligen Urteilen sollte man vorsichtig sein.
 
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