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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (4) — 1922 (Januar bis April)

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Nr. 51 - Nr. 60 (1. März - 11. März)
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Tageszeitung für die Werktätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Eppinger», Eberbach, Mosbach, Buchen,
Adelsheim, Boaeberg, Tauberbifchofsheim und Wertheim.

Bezugspreis: Monatlich einschl. TrSgerlohn 13.— ML Anzeigenpreise:
Die einspaltige Petrtzeile (R mm breit) 2.— Mk., Reklame-Anzeigen
(83 mm breit) 6.— Mk. Bei Wiederholungen Nachlaß nach Tarif.
Geheimmrttelanzeigen werden nicht ausgenommen.
Weschäftsstunden: 8—'/»6 Uhr. Sprechstunden derRedaktion: 11—12Uhr.
Postscheckkonto Karlsruhe Nr. 22 577. Tel.-Adr.: Volkszeitung Heidelberg.
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Heidelberg, Mittwoch, 8. März 1922
Nr. 37 * 4. Jahrgang

Verantwort!.: Für innere u.Süßere Politik, Volkswirtschaft «.Feuilleton:
Dr. E. Kraus; für Kommunales, soziale Rundschau und Lokales:
O. Geibel; für die Anzeigen: H.Horchler, sämtliche in Heidelberg.
Druck u. Verlag der Unterbadischen Verlaasavstalt G- in. b.H., Heidelberg
Geschäftsstelle: Schroderstraße 39.
Fernsprecher: Anzeigen-Annahme 2673, Redaktion 2648.

MUM Wkl kl» MMMWÜlM.

Berlin, den 7. März.
Im Hauptausschuß des Reichstags sprach heute Retchsminister
des Auswärtigen Dr. Rathenau bei der Beratung des Haus-
haltsplanes seines Ministeriums über das Reparationsproblem.
Der Minister führte aus, daß gegenüber dem Reparations-
problem drei Auffassungen in Deutschland erkennbar seien.
Die eine Auffassung gehe dahin, es müsse Festigkeit gezeigt und
Widerstand geleistet werden, und es müsse die Reparations-
leistung abgelehnt werden, weil sie von Deutschland nicht
getragen werden könne. Eine solche Politik könne man als Ka-
tastrophenpoltttk bezeichnen. Die zweite Auffassung gebe
dahin, das; inan zwar bis zu einem bestimmten Matze sich dem
Reparationsproblem nähern dürfe, datz man aber mit aller Offen-
heit erklären solle, die Leistungen seien vollkommen uner-
füllbar, und es habe überhaupt keinen Zweck, sie in irgendwel-
chem bedeutenderen Ausmaße iu Erwägung zu ziehen. Diese
Politik sei zu bezeichnen als die Politik mangelnder Psycho-
logie und Erkenntnis der Weltlage. Die dritte Auf-
fassung halte eine Verpflichtung zur Reparation für das
Reich für geschaffen durch die Unterschrift seiner maßgebenden
Stellen. Diese Auffassung vertrete auch die Retchsregierung.
Sie sei davon ausgegangen, daß unter allen Umständen der Versuch
gemacht weiden müsse, den ehemaligen Gegnern zu zeigen, datz
Deutschland bereit sei,
vis au die Grenze seiner Leistungsfähigkeit zu gehen.
Der Minister klärte dann eine mißverständliche Auf-
fassung seiner Rede aus, die er im Sommer des vergangenen
Jahres ini Reichstag gehalten hatte. Er hatte damals erklärt, datz
das Maß der Erfüllung gegeben sei durch die Frage, wieweit
mau ein Volk in Not geraten lassen dürfe. Dieses „dürfe" habe er
unterstrichen und unterstreiche er nochmals, den« dar.« fei die
sittliche Verpflichtung mit enthalten, nur bis zu einem Punkte zu
gehen, den der Staatsmann verantworten tonne. Jede andere
Auslegung dieser Worte sei mißverständlich oder böswillig. Die
Erfahrung habe dann noch gezeigt, datz die Fragestellung „Mög-
lichkeit oder Unmöglichkeit" der Erfüllung für das Re-
parationsproblem überhaupt nicht von ausschlaggebender Bedeu-
tung sei. Vielmehr habe sich ergeben, daß eine weitere Frage
bedeutend schärfer hervortrat, nämlich die: Wie weit eine Repa-
rationsleistnng Deutschlands überhaupt für die übrigen
Völker erträglich sei; denn die auf den Weltmarkt
gebrachte Zwangsarbeit eines Landes führe dazu, den ge-
samten Markt der Erde zu zerrütten. Die Sprache der
Tatsachen sei so stark gewesen, daß heute in allen Ländern das
Reparationsproblem von neuem studiert werden müsse. Gerade in
diesem Moment schwebten die Verhandlungen darüber, auf
Welches Matz die Reparationen für das Jahr 1922 begrenzt werden
sollerr. Die Praktische Politik der Regierung habe als
erste Etappe nach Wiesbaden
geführt. Jn.Wiesbaderr habe es sich darum gehandelt, M odalt -
täten zu finden, um überhaupt dem Reparationsproblem eine
Unterlage der Durchführbarkeit zu geben. Der Begriff der Sach-
leistungen, so führte der Minister aus, trat in den Vorder-
grund. Die zerstörten Gebiete Frankreichs müssen
notwendigerweise wtcdcrhcrgestellt werden. Während das
Ergebnis von Wiesbaden nach nutzen hin den beabsichtigten Erfolg
gezeitigt habe, ist es im Innern zum Anlaß einer großen
Agitation und Kontroverse, und zwar nicht nur gegen
die Sachleistungen, geivorden. In diesem Zusammenhang wies
der Minister auf verschiedene Widersprüche in der Begrün-
dung der Agitation gegen Wiesbaden hin, Widersprüche, wie sie
sich dann auch bet der tnnerpolitischen Kontroverse bezüglich der
Konferenz von Cannes wiederholten. Cannes habe es
Möglich gemacht, den Vertretern der früher uns feindlich gegen-
übcrstehenden Nationen die gesamte deutsche Situation darzulegen.
Ferner sei es in Cannes dazu gekommen, datz eine
Konferenz aller Nationen in Genua
in Aussicht genommen worden sei. Der Reflex in der deutschen
Oeffentlichkeit, den Cannes gezeigt habe, sei nicht ohne Widersprüche
gewesen. Eurerseits habe ein Teil der kritischen Kontroverse das
Ergebnis von Cannes für wertlos erklärt, weil Genua angeblich
von keiner Bedeutung für das Reparationsproblem sein könne,
anderseits seien voll gleicher Seite dteBoulognerBeschlüsse
dahin ausgelegt worden, datz dadurch die letzte Hoffnung für
Deutschland auf eine Besserung des Reparationsproblems ent-
schwunden sei. Entweder sei nun aber in Cannes etwas erreicht
worden, nämlich das Zustandekommen der Konferenz voll Genua,
oder die Genueser Konferenz sei ohne Bedeutung, dann könnten
wieder die Boulogner Beschlüsse nichts verderben. Der Minister
erklärte, er habe nie erwartet, datz einem aus 40 nicht durchweg am
Fliedensvertrag beteiligten Nationen bestehenden Gremium, wie
es die Konferenz von Genua darstelle, das Reparat tons-
hroh lern und der Versailler Vertrag zur Beschluß-
fassung unterbreitet werden könnten, dafür sei Genua niemals der
Ort gewesen; wohl werde die Möglichkeit gegeben sein, datz in
Genua die allgemeinen Ursachen der Welterkran-
knng erörtert werden und datz die Nationen gemeinschaftlich nach
solchen Wegen suchen, die zu einer Gesundung des gartzen Kon-
tinents führen können. Praktisch werde Genua vermutlich das
erste Glied einer Serie von Konferenzen sein, die
voraussichtlich dieses Jahr und das nächste Jahr in Anspruch
nähmen. Die Völker seien heute noch zu weit entfernt von der
Klarheit über die Erkrankungsursachen der ganze,r Weltwirtschaft,
als daß man annehmen könne, es. könnten sofort endgültige Heil-

prozesse vorgenommen werden. Unter den heutigen Verhältnissen
gebe es leider keinen anderen Weg als den der Konferenzen, aber
die Konferenz gebe uns die Möglichkeit mündlicher Aussprache
und persönlichen Kontaktes mit den Staatsmännern unserer Nach-
barländer, und dieser Weg sei unter allen Umstanden dem Aus-
tausch von Noten vorzuziehen. Was die
Entwicklung des Rcparationsproblrms selbst
betreffe, so werde das hierfür zuständige Greminm voraussichtlich
die Reparattonskommtssion bleiben. Zunächst könne es
sich nur um Provisorische Lösungen handeln; denn auf
der einen Sette sei ein gewaltiges Geldbedürfnis bei den empfangs-
berechtigten Staaten vorhanden, auf der anderen Seite sei die Zah-
lungskrast Deutschlands, besonders in Barmittel», außerordentlich
beschränkt. Schon die Dekadenzahlungen von 31 Millionen,
die uns für die ersten Monate dieses Jahres als Vorprovisorium
aufcrlegt seien, hätten bereits den Wechselkurs in scharfem Matz-
stabe zu Ungunsten Deutschlands beeinflußt. Man dürfe sagen,
daß die deutsche Leistungsfähigkeit in der Barzahlung direkt ihr
Matz finde in der Bewertung des Dollars an der Berliner Börse.
Einmal jedoch müsse anstatt der provisorischen Regelung die end-
gültige eintreten. Zunächst müsse sich aber der große Kreis der
wechselseitigen Verschuldung in Europa lockern; denn das Repa-
rationsproblem sei nur etnLetlproblem innerhalb des
allgemetNenWeltverschuldungskreises. Die Welt-
verschuldung umfasse Europa und Amerika gemeinschaftlich. Die
meisten Länder seien Gläubiger und Schuldner zugleich, nur wir
seien ausschließlich Schuldner. Wenn es gelänge, dieses Problem
einer erträglichen Lösung zuzuftthren, so sei damit auch die Lösung
der deutschen Reparation ermöglicht. Aber dies könne kaum
anders als unter dem Hinzutritt von Ame r i k a gelingen.
Du diesen»-Falle werde vteL-scht mit Hilfe aller europäischen und
außereuropäischen Kapitalstaaten eine große-An leihe von
Deutschland ausgenommen werden, um seine Gläubiger zu befrie-
digen. Der Kreditgewährung an Deutschland stünden aber zur Zeit
dte Bedingungen des Versailler Vertrags entgegen. Darüber habe
sich niemand deutlicher ausgesprochen als der Leiter der Bank von
England. Gerade aber die Anonymisierung der Schuld,
wie sie durch eine internationale Anleihe eingerichtet werden könne,
erleichtere auch wieder dte Schuld und mache sie dauernd tragbarer;
denn die Schuld an den Nachbar nehme die Form eines Tributes
an. Unter einem solchen Tribut könne sich nicht gerade der Welt-
frieden am besten konsolidieren.
Ob Genua zu einem Markstein in der allgemeinen Entwicklung
des Weltfriedens werde, sei auch davon abhängig, wie sich Ame-
rika zu Genua verhalte. Amerikas Macht sei durch den Krieg
gewaltiger gewachsen als die irgend eines anderen Landes. Durch
sein Eintreten in den Krieg habe Amerika den Krieg entschieden,
durch sein Eintreten in den Frieden habe Amerika den Frieden
entschieden, und durch seine» Eintritt in die Weltprobleme der Ver-
schuldung und der Sanierung werde Amerika in der Lage sein, die
Weltentwicklung in wirtschaftlicher und frtedenbringender Richtung
zu entscheiden.
Der Minister sprach die Hoffnung aus, daß in Amerika die
Kräfte wach und stark sein würden, die die Auffassung vertrete»!,
Europa dürfe nicht zugrunde gehen, die Quelle der
ältesten und stärksten Zivilisation dürfe nicht verschüttet werden.
Derjenige, der den Krieg und den Frieden entschieden habe, trage
auch wohl für das Wohlergehen derjenigen Völker, deren Schicksal
im Krieg und Frieden bestinnnt wurde, eine Verantwortung. Es
bestehe in Amerika eine Abnetgnng, sich mit den verwirrten
Verhältnissen Europas zu befassen. Aber in Amerika seien »leben
starken ideellen Kräften auch entschiedene materielle Interessen am
Werk. Es sei irrig, datz dte amerikanische Ausfuhr nur
vier oder sieben Prozent der amerikanischen Produktion betrage,
wie man drüben öfters hören könne; der Anteil sei erheblich größer.
Zum Schluß betonte der Minister, er glaube, daß in Genua
für die Erörterung wirtschaftlicher Grundfrage»» der Boden vor-
bereitet sei. Wenn Wir auch noch immer weit von» wirklichen
Friede»! entfernt lebten, so wäre doch die Hoffnung vorhanden, datz
der wahre Frieden der Welt herannahe.
An die Rede des Außenministers schloß sich eine Aussprache
an, an der sich Abgeordnete aller Parteien beteiligten. Von unserer
Partei sprach Gen. Müller (Franken), der u. a. aussührte: Es
sei zu hoffen, daß Genua uns weiter bringe. In der Frage der
Kriegsschuld könne Deutschland nur dann in der Welt einen Erfolg
haben, weil»! es einen Teil der Schuld zugäbe, namentlich gegen-
über Belgien. Dte Alleinschuld Deutschlands sei von den
Sozialdemokraten nie behauptet worden. Propaganda in großem
Stile nütze in dieser Frage nichts, sie sei aus der Kriegszert her
anrüchig.
Nachdem nochmals Minister Rathenau das Wort ergriffen
hatte, mn aus dte einzelnen Ausführungen der Redner einzugehen,
wurde die politische Aussprache geschlossen

Vom Reichstag.
Der Haushaltsausfchuß des Reichstages beendete am Montag
vormittag die Beratung des Marineetats. Hevvorzrcheben ist, datz
sämtliche Unigruppieruugsanträge verschiedener Beamtengruppen
abgelchnt wurden. Nur der Antrag, die früheren Fachoffiziere der
Marine, dte auf Geheiß der Entente entmKUartstert sind, aber nach
wie vor de» gleichen Dienst machen, entsprechend den übrigen Offi-
zieren zu besolden, wurde dem Boamtenausschutz überwiese». — Es
folgte die Beratung des Haushalts des Auswärtige!!. Die Geue-
ralausspmche konnte nicht beginnen, da der Außenminister nicht

anwesend sein konnte. Sie wird Dienstag vormittag mit einen»
Echo-sS des Ministers ihren Anfang nehmen. In der Vorberatung
gab der DeutschnationcKe Hoetzsch als Berichterstatter ein län-
geres Referat, in den» er u. a. größere Sparsamkeit forderte und
eine bessere wirtschaftliche Vorbildung der Diplomaten verlangte.
Der Zerttrumsabgeordneie Dr. Schreiber beantragte die Ein-
sparung des Kanzlerpostens bei einer Reihe Keiner Auslandsver-
tretungen. Dort ließe sich die Tätigkeit des Kanzlers ebensogut
durch Sekretäre erledigen. Bei den Knrszulagen müsse das Fi-
nanzministerium künftig Mitarbeiten. Im übrigen sei eine feste
Elatisierurvg nottvendig. Genosse Stückle» stellte fest, daß aus
der großen Reform des äußeren Dienstes bisher leider nichts ge»
worden ist; doch sei das alte System vorhaiiDen. Ohne gründliche
Streichungen dürfte es nicht avgchen. Die Bezahlung der unteren
Kräfte bet den Auslandsvertretmrgen sei nicht den Levensverhält-
nissen in den einzelnen Ländern entsprechend. Die Fürsorge für
Ausländsdeutsche »Misse in Zukunft in einen» einzigen Ministerium
konzentriert werden.
Reichspräsident auf der Leipziger Messe.
Leipzig, 7. März. Reichspräsident Ebert ist mit seiner Be-
gleitung und verschiedenen Reichsnriutstern heute vormittag 10.2V
Uhr mit dem fahrplanmäßigen Berliner Schnellzug in Leipzig cin-
getvoffen, um der Frühjahrsmesse erneu Besuch abzustatten. Sie
wurden vom Oberbürgermeister Dr. Roche sowie von Vertretern
des Messeamtes empfangen. Die Herren begaben sich zunächst im
Auto nach dem Ratbaus, von wo aus sie das Reichsgericht und
verschiedene Messe-Artsstellungen besuchten. Die Rückreise nach
Berlin erfolgte abends mit dem Inge 8.1V Uhr. — Der Reichs-
präsident hielt »rach dein Rundgang durch die Messe eine Rode, in
der er dte B-edenttmg der Leipziger Messe unterstrich, ging dann
aus die Lage Deutschlands ein und betonte, daß für die gesunde
Weitereutwicktturg Deutschlands alle Voraussetzungen gegeben sind
und führte zum Schluß aus: „Wir wollen auch jetzt noch tonen,
daß es gelinge» wird, die großen Schwierigkeiten, die unsere wirt-
schaMchen Kräfte an ihrer Ausnutzung hemmen, und die nicht
nur ein Hindernis der deutschen Wirtschaft, sondern derWMWirt-
schiaft überhaupt sind, im Wege der internationalen BsHandiguiW
zu beseitigen und das große Problem, der Welt wieder Ruhe und
wahren Frieden zu geben, zu lösen. Die bevorstehende Konferenz
in Genna möge dafür vorbereitende Schritte tun. Jedenfalls sind
wir für unseren Teil bereit, aufrichtig und ehrlich an dieser Auf-
gabe niitzuarbciien.
Einheitsfront des Proletariats?
Die Antwort Moskaus.
Berlin, 7. März. Nach einem Moskauer FmMwuch der „Ro-
ten Fahne" hat sich das erweiterte ExekutWornitse der kommuni-
stischen Jnter»mtionake in seiner letzten Sitzung in Moskau in einer
Resolution für die Teilnahme an der auf der Frankfurter Tagung
in Aussicht genommenen geuieinsamen Konferenz mit den anderen
sozialistischen Internationalen ausgesprochen. (Die Wiener 2)4
Jnternatio»Mle hatte im Januar 1922 die drei Gruppen der sozia-
listischen Parteien aller Länder ausgefokdert, dte Möglichkeit ge-
meinsamen Vorgehens in den wichtigsten Frage» zu erörtern. Die
erste Wirkung davon ivar die Pariser Sozimlistenkonserenz, die daun
in Frankfurt zum Erfolg der gemeinsamen Reparations- und Ent-
waffuuugsresolution führte. Wie wir damals melde!«», wurde die
Moskauer Antwort während der Frankfurter Konferenztage erwar-
tet. Nun ist die Zusage zur bevorstehenden Berliner Konferenz
eingetroffen Die Red.)
Zwangsanleihe und Gewerkschaften.
Berlin, 7. März. Der Allge»neins Deutsche Gewerkschafisbnnd
hatte eine fünfgliedrige Kommission eingesetzt, dte sich mit der
Denkschrift des ReichsflnanzMmsttts über die ZwangsanleiHe
beschäftigte und VerhanMungei» mit der Regierung führen soll.
Errtgegen anderen Meldungen halben die Gewerkschaften die Ein-
ladung zu den Verhandlungen, die Donnerstag nachmittag vier
Uhr beginne»» sollen, angenommen.
Sepp Oerters Anklageschrift gegen dte
Unabhängige Partei.
Braunschweig, 7. März. Der eheuwltge Ministerpräst-
dent Sepp Oerter hat jetzt feine Anklageschrift gegen die Unalb-
häuMe Partei «Meinen lassen. Sie 'beginnt folgenderrnaßen:
„Ich, Sepp Oerter, klage an, die Zentralleitung der U.S.P. tn
Berlin, die Parteiinstawzen der U.S.P.D. in Braunschweig, die
- Landtagsfraktion der U.S.P.D. in Braunschweig und den Mini-
ster Grotewohl in Braunschweig des infamsten politischen Meuchel-
mordes. Ich klage die ZentvaNeitung und die Parteüustanzeu tu
Braunschweig an, daß sie um einiger Ministersessel »Villen in Un-
terwürfigkeit unter eine rechtssozialistische Erpresserpolitik Felonie
an etm-m einstigen Parteigenossen verübt u»»d ihn politisch ermor-
det haben, ohne auch nur ein Wort seiner Verteidigung und Recht-
fertigung anzuhören."
Wetter betont Oerter in seiner Anklageschrift, daß der Ver-
tragsentwurf, den er ursprünglich an den Fabtkanten Werurnrl
habe schicken wollen, der aber in den Papierkorb gewandert sei, ur-
sprünglich gar nicht von der Partei veröffentlicht werden sollte.
Aber unter dem Drucke der Mehvheitssoz-iMsten haben die unab-
hängigen Abgeordneten dem Redakteur des »nShkheiMoziMstischen
„Volksfreund" Las Original des Vertragsentwurfes ausgehändW.
Oerter protestiert am Schluffe seiner Schrift gegen das Ausschluß-
verfahren und sagt, daß die ganze Einleitung desselben null und
nichtig sei, weil es den Statuten widerspreche. Er äußert sich dar-
über: Die ungeheuerliche Feigheit, mich unter allen Umständen an
eiirer D-.rreisigung -und Rechtfertigung vor meinen Parteigenosse»
zu verhindern; ist der Gipfel aller Ehrlosigkeit und Gemeinheit."
 
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