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Heidelberg, Donnerstag, 2. März 1922
Nr. 52 * 4. Jahrgang
Verantwort!.: Für innere «.äußere Politik, Volkswirtschaft «.Feuilleton:
Dr. E. Kraus; für Kommunales, soziale Rundschau und Lokales:
O.(Seibel; für die Anzeigen: H.Horchler, sämtliche in Heidelberg.
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Das Ergebnis und die
Bedeutung von Frankfurt.
Von unserem Berliner Bureau wird uns geschrieben:
Der sozialistischen Fünfländer-Konseren z, die
vom 25. bis zum 27. Februar in Frankfurt a. M. tagte, kommt in
zwei Richtungen eine besondere Bedeutung zu. Die Konferenz ist
ebenso wichtig durch die Art ihres Zustandekommens und ihre
Zusammensetzung, wie durch die Beschlüsse, die sie faßte.
Die Fünfländer-Konferenz stellt einen ganzwesentlichen
Fortschritt der Bestrebungen dar, eine aktive, leistungsfähige
sozialistische Internationale wieder aufzubauen. Die zweite In-
ternationale hat sich stets als die Fortsetzerin der Ueberlieferungen
aus der Zeit vor dem Kriege betrachtet, sie Hat keiner sozialistischen
Richtung die Tür verschlossen. Aus dem internationalen Sozia-
listen-Kongreß in Gens im Sommer 1920 waren sowohl den deut-
schen Unabhängigen wie den französischen Sozialisten eine Reihe
von Sitzen entsprechend ihrer Stärke freigehalten worden. Die
deutschen Unabhängige!: und die Franzosen kamen aber nicht. Weil
damals die Verhetzung durch den Richtungsstrett noch zu stark
wirkte. Sie zogen es vor, mit den Oesterreichern zusammen eine
neue Internationale zu schaffen, die man scherzhaft die Inter-
nationale 2;^ nannte, weil sie zwischen der 2. Internationale mit
dem Sitze in London und der 3. mit dem Sitze in Moskau die
Mitte zu halten versuchte. Die deutschen Unabhängigen und ganz
besonders die Franzosen sind seitdem durch die Erfahrungen, die
sie mit den Kommunisten «rächten, viel vernünftiger geworden.
Sie sträuben sich jetzt nicht mehr, sich mit den Vertretern der
2. Internationale an einen Tisch zu setzen, aber sie behalten doch
ihren 214-Charakter, da sie versichern, sie würden mit Vertretern
der 3. Internationale ebenso gern zusammensitzen, wie mit denen
der 2. Das Exekutivkomitee der 2. Internationale hat sich im
Interesse der Einigung nicht grundsätzlich gegen ein Zusammen-
tressen mit den Anhängern Moskaus gesträubt. Es
bat aber dafür.seine Bedingungen ausgestellt, die die Ver-
gewaltigung Georgiens und die Einkerkerung nicht bolschewistischer
Sozialisten in Rußland betreffen. Da sich die Vertreter der fran-
zösischen Sozialisten und der deutschen Unabhängigen ihrrr gan-
zen bisherigen Haltung nach gegen solche Bedingungen nicht weh-
ren können, war mit dem prinzipiellen Zugeständnis der 2. Inter-
nationale, sich unter Umstünden auch mit den Moskowitern zu
treffen, die Brücke zwischen 2 und 2geschlagen und das Zu-
standekommcn der FKustäriderkonserenz gesichert.
Aus dieser Konferenz haben nun die französischen Sozialisten
mit der englischen Arbeiterpartei und der deutschen Sozialdemo-
kratie, also den Hauptstützen der 2. Internationale, ganz ausge-
zeichnet zusammengcarbeitet. Die erste sozialistische Zusammen-
kunft nach dem Kriege, die die Vertreter der maßgebenden sozia-
listischen Arbeiterparteien Englands, Deutschlands und Frank-
reichs an einen Tisch vereinigte, wird sicher nicht die letzte bleiben.
Die internationale sozialistische Verbindung zwischen Paris und
London und Paris und Berlin ist wieder hergestellt. Darin liegt
ein Teil der großen Bedeutung, die der sozialistischen Fünf-
lüuder-Konserenz von Frankfurt a. M. inncwohnt.
Der zweite Teil dieser Bedeutung liegt, wie schon gesagt, in
den Beschlüsse» selbst, die auf dieser Konferenz gefaßt worden sind.
Engländer und Franzosen, die Belgier und Italiener nicht zu ver-
gessen, haben sich verpflichtet, ans eine rasche Räumung der besetz-
ten Gebiete und aus eilte Ermäßigung der deutschen Kriegsentschä-
digung bis auf den Betrag, der zur Wiederherstellung der zerstör-
ten Gebiete notwendig ist, hinzuwirken. Das ist unleugbar ein
ganz großer moralischer Erfolg, Schon die Tatsache allein, daß-
große Parteien der Ententeländer gegen das Unrecht protestieren,
das Deutschland durch die Politik der Okkupation leidet, und daß
sie den Vertragsbruch verurteilen, der durch die Ausbürdung der
Pensionsentschädigungen auf die Schultern Deutschlands verübt
worden ist, hat ihre außerordentliche Bedeutung. Diese Parteien
sind aber überdies nicht irgendwer. Ganz. besonders die eng-
lische Arbeiterpartei hat einen sehr starken Einfluß aus die öffent-
liche Meinung ihres Landes, wie sich schon aus ihren fortge-
setzten Wahlsiegen ergibt. Die französische Partei ist frei-
lich durch den kommunistischen Wirrwarr und den chauvinistischen
Eifer des nationalen Blocks augenblicklich einigermaßen in die
Enge getrieben. Aber die Berichte unserer französischen Freunde
Zeigen uns, daß sich in beiden Richtungen ein entscheidender Um-
schwung vorbereitet. Der Kommunismus mutz, wie sonst überall
in Europa, auch in Frankreich seine Zugkraft verlieren, seitdem die
einzige kommunistische Regierung, die es auf der Welt gibt, die
russische, ihren Frieden mit dem Weltkapttalismus geumcht hat.
llnd der nationale Block, der im Taumel der Siegeswahlen nach
dem Kriege zustande gekommen Ist, wird nach allgemeiner Voraus-
sage die nächsten Wahle»: nicht überdauern. Dann wird der fran-
zösische Sozialismus nach beiden Seiten hin wieder seine Arme
sreibekommen.
Es hat aus der sozialistischen Fünfländer-Konferenz sicherlich
keine» Deutschen gegeben, der angesichts der zielklaren Energie,
mit der die Engländer für die Revision des Friedens eintraten und
der herzlichen Brüderlichkeit, mit der ihm die Franzosen begeg-
ueten, nicht gewünscht hätte, unsere englischen und französischen
Genossen würden jetzt schor» in der Regierung sitzen, um ihren
Einfluß für die Revision des Friedens von Versailles im Sinne
«er Gerechtigkeit und für der» Wiederaufbau der Weltwirtschaft im
Geiste der Völkersolidarität geltend zu machen. Während die Kon-
ferenz tagte, traf aus Berlin eine Nummer der unabhängige»
»Freiheit" ein, in der Karl Kautsky mit ausgezeichneten Grün-
den für die Koalitionspoltttk cintrat. Zu dieser! ausgezeichneten
mnerpolitischen Gründer» hat die Fünfländer-Konferenz dnrch die
bloße Tatsache ihrer Beratungen noch bessere autzenpoltttsche
Gründe geliefert. Auch im i n t e r n a t i o n a l e n I nte re f s e
»"'Nen wir wünschen, daß die Sozialisten der verschiedene,» Län-
der mit der Geltendmachung ihres Einflusses nicht solange warten,
bis sie allein die ganze Macht in Händen haben. Denn diese un-
glückliche Welt hat keine Zeit zu warten, sie braucht keine schönen
Pläne für eine Zukunft, die einmal kommen wird, sondern Prak-
tische Maßnahmen, um schon jetzt oder so bald wie nur irgend
möglich aus dem allerschltmmsten Elend herauszukomrnen.
Die sozialistische Fünfländer-Konferenz von Frankfurt a. M.
wurde aus diese Weise zu einem Beweisstück für die Richtigkeit
der sozialdemokratischen Politik. Sie wird der sozialistischen Be-
wegung in allen LS,Wern einen mächtigen Antrieb geben und
hoffentlich in nicht ferner Zeit auch praktische Ergebnisse im Inter-
esse des arbeitende» Volkes zur Folge haben.
Finanzministerkonferenz in Berlin.
Teuerung und Besoldungsordnung.
München, 2. März. Wie die „Münchener Zeitung" meldet,
hat der Reichsfinanz Minister die Finanz Minister
der Südstanterr zu einer Konferenz nach Berlin gebeten. Der
vaherischc Finanzminister ist heute nach Berlin gereist. Es handelt
sich um eine Besprechung über die Teuerung und die Bea m
ten besold ung.
Die Vorbereitungen für Genua.
Das Irene Sachleistungsavkormnen wird nicht veröffentlicht.
Berlin, 1. März. Heute vormittag 10 Uhr trat der Repa-
rationsausschutz des Reich sw irisch aftsrates zu einer
Sitzung zusammen, die der Beratung über die Vorarbeiter» für
Genua und der Besprechung des vorläufigen Reparaftonsab-
kornmens gewidmet war.
Staatssekretär Hirsch
vorn Wirtschaftsmtnistertum eröffnete die Sitzung uud erklärte,
datz vor» selten der Regierung die Vorarbeiten für die Konferenz
fortlaufend gefördert würden. Die Regierung lege den größten
Wert auf die Mitarbeit der verschiedenen Wirtschaftsgrup-
XV -rr. Karlsruhe, den 2. März.
Diese wichtige Frage, welche im Hinblick auf die Reformen
tm deutschen Rechtswesen in letzter Zeit häufig die Oeffentlichkett
beschäftigt haben, war Hauptberatungsgegenstand in den Dienstag-
Sitzungen des H au sh a l t s a u s s ch us s e s, als der Voranschlag
für die Justizverwaltung in Angriff genommen wurde. Die De-
batte hierüber währte fast vier Stunden, schlüssiger Beweis, datz
die Meinungen recht verschieden waren und nach Klärung gerungen
haben.
Vorher hatte der Berichterstatter, Gen. Ma rum, ganz kurz
die Fragen zusammengefatzt, welche bei der Reform des Justiz-
wesens besprochen werden: Verbesserung der Strafrechtspflege
durch öftere Anwendung von Geldstrafen an Stelle von Freiheits-
strafen, Reform des materiellen Strafrechts, Zusammenfassung der
Gewerbe- nnd Kanfmannsgerichte in ei» Arbeitsgericht, Zulassung
der Frau zur Rechtspflege, Reform des Eherechts, 8 218 ff. (Be-
seitigung der Leibesfrucht) usw.
Der Justtzmtnister nahm zu diesen Fragen wesentlich
in zustimmendem Sinne Stellung, auch einzelne Abgeordnete Prä-
zisierten ihre Auffassung über diese Reform. (Wir kommen in einer-
besonderen Notiz noch darauf zurück.) Hierauf trat man in die
Beratung der in der Ueberschrift sestgehaltenen Materie ein. Fast
alle Redner des Haushaltsausschusses, insbesondere aber die Ju-
risten, beteiligten sich an ihr. Auch zwei anwesende Frauen (von
den Demokraten und der Deutschen Volkspartei) griffen wiederholt
in die Debatte ein.
Sofort aber schieden sich die Geister, denn die Frage der Zu-
lassung der Frauen zum Richteramte ist ja nicht nur eine juristische,
sondern auch eine politische und eine wirtschaftliche. Geschlossen
traten für die Zulassung der Frauen ein die Sozialdemo-
kratie, die Unabhängigen, die Demokraten und die Deutsch-
liberalen (durch das weibliche Mitglied), dagegen ser Land-
bimd, die Deutschnationalen und das Zentrum. Die letztere Partei
aber nicht einheitlich und geschlossen; zwei Zentrumsvertreter
machten der Zulassung der Frauen als Schöffen und Geschworene
Zugeständnisse, zwei andere lehnten prinzipiell und kategorisch die
Ausnahme der Frauen in den Justizdienst ab. Im allgemeinen
legte man sich auf den Grundgedanken fest, die Frauen zunächst
zum Schöffen-und Geschworenendienst heranzuziehen,
dann ihre Mitwirkung bei den Handels-, Jugend- und
Bormundfchaftsgertchten anzustreben. Auf diesen Stand-
punkt stellte sich auch das Justizministerium.
Dte Reden der Parteien.
Die Sozialdemokratie erklärte ungefähr: Die Frauen
mutz man zum Justizdienst erziehen; sie versehen doch auch das
große Erziehungsamt einer Lehrerin, das doch-gewiß schwierig ist.
Das Interesse des ganzen Volkes kommt bei der Frage in Betracht;
in der Linie der gesamten heutigen Entwicklung liegt die Auf-
nahme der Frau in den Justizdienst. Dte Bestimmungen der
Verfassung erzwingen förmlich dte Zulassung der Frauen; sie wäre
überflüssige Arbeit, wenn man in diesem Punkte eine Ausnahme
machen wollte. Die Eignung zum Richteramt hängt nicht vom
Geschlecht ab. Wie sollen die Frauen als Richter ihre Eignung
beweisen, wenn man sie nicht zum Richteramt zulätzt. In Baden
kommen höchstens 2V Frauen in Betracht, dte Jus studieren; es
vergehen also noch S—6 Jahre, btS Frauen Set uns als Richter
in Frage kommen. Für manche Gegner spielen Gründe der Kon-
kurrenz bei ihrer Gegnerschaft mit. Die Bestimmung der Gerichts-
pen und Stände nnd bäte um ein formuliertes Gutachten zu
den geplanten Fragen in Genua. In der Diskussion nahmen
u. a. Geheimrat Bücher vom Reichsverband der deutschen In-
dustrie, Hugo Stinnes und verschiedene Vertreter links-
gerichteter Parteien das Wort. Es herrschte Einigkeit
darüber, daß die Vorbedingungen für ein erfolgreiches Auftreten
Deutschlands in Genua eine durchgreifende Ordnung der deutsche»
Staatsfinanzen sei und daß durch die bisher ergriffenen Matz-
nahme» eine Bilanzierung des Etats nicht erreicht werden könne,
Im weiteren Verlaufe der Sitzung umritz ein Regterungsvertreter
kurz das neue vorläufige Abkommen über dte deutschen Sach-
leistungen. Auf eine Anfrage erklärte die Regierung, daß sie
infolge Abkommens mit den Gegenlontrahenten nicht in der Lage
sei, den Wortlaut des Abkommens in absehbarer Zeit
zu veröffentlichen. Die Besprechung über das neue Reparations-
abkommen wurde daraufhin abgebrochen, da der Reichswirlschafts-
rat erst zu ihm Stellung nehmen will, wenn der genaue Text
vorliegt.
Ein Kommunist im Dienst der französischen
Saarpropaganda.
S.P. Durch die Presse geht eine Notiz, daß Sin deutscher Kom-
rrudtttsteiftührer in den Dienst eines französischen Propagmrdachess
getreten ssi. Es Hcmd« sich um !dsn Vorsitzenden Her kommuni-
stischen Partei im Saargebiet Laatsch. Dieser soll in den Dienst
der BcrgwcrkSdrrektion Saarbrücken getreten sein und in der Ab-
teilung des Majors Richert beschäftigt werden. In der Presse-
notiz wird lftnzugefügt: „Laatsch war 'bisher Angestellter des
deutschen Etsenoahnerverva»des."
Wie uns vom Vorstand -des Deutschen Eisenbachnerveröandes
rnitgetetlt wird, entspricht der letzte Satz Nicht den Tatsache»».
Laatsch svar zwar von den Eisenbahnern zum Ortsbeamten für die
Ortsgruppe Saarbrücken des Deutschen EiseNbahnerverbmiides ge-
wählt, wurde aber vom Hauptvorstand Nicht bestätigt und konnte
deshalb seinen Posten nicht antreten.
Verfassung, daß gleiche Vorbedingungen für-das Richteramt und
dte Anwaltschaft gelten, muß auch bet der Frage der Zulassung
der Frauen bestehen bleiben. Die Sozialdemokratie hat schon
früher vorgeschlagen, die Frau in das öffentliche und politische
Lebe» einzusühren. Es sei ein Unsinn gewesen, daß früher die
dcutschnationalen Handlungsgehilfen die Frauen aus dem Handel
entfernt wissen wollte».
Die Unabhängigen begründeten kurz ihre Stellung da-
mit, daß während des Krieges die Frauen zu allen möglichen Ar-
beiten herangezogen wurden, da habe man nicht nach Ihrer Be-
fähigung gefragt.
Die Demokraten bemerkte»? Durch dte badische Ver-
fassung ist die Frage der Zulassung der Frauen zürn Nichteramt
erledigt; davon sollte man sich im Haushaltsausschutz nicht ent-
fernen. Eine Volksabstimmung (die vorher ein Zentrums-
redner verlangt hatte), lehnten sie ab; auch über die Reichsver-
fassung hat kein Volksentscheid stattgesunden. Die Frauen drängen
sich nicht so stark zu den öffentlichen Aemtern; wir haben erst 200
Aerztimien in Deutschland. Man kann sich eine Frau als Präsiden-
tin des Oberlandesgerichts oder des Verwaltungsgerichtshofs nicht
gut denken, aber er. Redner, befürworte die Heranziehung der
Frauen zum Schöffen- und Geschworcnendicnst, zu Jugend- und
Vormundschastsgerichten usw.
Das Zentrum führte zunächst durch zwei seiner Redner
(Juristen) alle Gründe gegen die Zulassung der Frauen zum
Richterdienst »ns Feld. Einer vor» ihnen sagte, das wäre ein Un-
glück für das Volk. Es würde durch die Zulassung der Frauen
eine Bresche in das gesamte Rechtslcven gelegt. Die Reichsver-
fassung verlangt die Zulassung der Frau nicht. Das ist öde
Gleichmacherei zwischen Manu und Weib; dies sei mehr
Gefühls- als Verstandeswesen. ES gibt in der Weltgeschichte keine
große Dichterin, Malerirr, Musikerin, Architektin usw. Die Frau
eigen! sich nich tzum Richter; ihre Einbeziehung könnte sogar zu
Ungunste» des Angeklagten ausschlagen. Es sollte darüber ein
Volksentscheid Herveigeführt werde». Auch die weiblichen
Rechtsanwälte lehnen wir ab. Der deutsche Richtertag hat sich
gegen die Zulassung der Frauen ausgesprochen. — Zwei weitere
Redner dieser Partei stellten sich auf den vermittelnden
Standpunkt und traten, obwohl sie auch manche Bedenken
äscherten, für die Heranziehung der Frauen zu Schöffen und Ge-
schworene», zu den Jugend- und Vormundschastsgerichten ein.
Aber weiter sollte man nicht gehen. (Eine entsprechende Reso-
lution wurde vom Zentrum eingereicht.)
Von den Deutschnattonalen lehnte ein Redner die Zu-
lassung der Frau zum Richterdtenst ab, war aber geneigt zu ihrer
Verwendung als Schöffen und Geschworene, obgleich er seststelle»
wolle, daß vom Amt eines Schöffen und Geschworenen sich drückt»
wer kann. — Der andere Redner stellte sich ebenfalls auf den ver-
mittelnden Standpunkt, erklärte aber, er wolle keine vermännlichte
Frau. Es bestehe ein Dualitätsunterfchted zwischen Mann nnd
Frau, der müsse berücksichtigt werden.
Der Landbund stellte sich auf den Standpunkt der Ab-
lehnung der Frau als Richter. Auf dem Lande wolle man dies
nicht. Er sagte noch: Wehe den Staaten, die von Frauen regiert
werden. Ein zweiter Redner bemerkte: Dte Familie sei der Eck-
pfeiler des Staates; sie würde aber leiden, wenn auch der Richter-
beruf den Frauen erschlossen würde.
Die Frauen tm Haushaltsausschuß »ahmen sich natürttch
ihrer Geschlechtsgenossiuuen besonders warm an. Sie gaben zu,
Die Justizreform im Badischen Landtag.
Sollen die Frauen in den Justizdienst eintretea? — Die Antwort der Parteien.