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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (4) — 1922 (Januar bis April)

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Nr. 71 - Nr. 80 (24. März - 4. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.48721#0433
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Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Eppingen, Eberbach, Mosbach, Buchen,
Adelsheim, Bömberg, Tauberbischofsheim und Wertheim.


Bezugspreis: Monatlich einschl. TrSgerlohn 20.— Mk., Anzeigenpreise:
Die einspaltige Petitzeile (36 mm breit) 2.— Mk.. Reklame-Anzeigen
(98 mm breit) 6.— Mk. Bei Wiederholungen Nachlaß nach Tarif.
Geheimmittelanzeigen werden nicht ausgenommen.
Mesch ästsstund en: 8—'/F Uhr. Sprechenden der Redaktion: 11—12 Uhr.
Postscheckkonto Karlsruhe Nr. 22577. Teü-Adr.: Volkszeitung Heidelberg.

Heidelberg, Samstag, 1. April 1822
Nr. 78 * 4. Jahrgang

Verantwort!.: Für innere u. äußere Politik, Volkswirtschaft u. Feuilleton:
Dr. E. Kraus; für Kommunales, soziale Rundschau und Lokales:
O. Geibel; für die Anzeigen H. Horch ler, sämtliche in Heidelberg.
Druck u. Verlag der Unterbadischen Verlagsanstalt G. in. b. H., Heidelberg.
Geschäftsstelle: Schroderstratze 39.
Fernsprecher: Anzeigen-Annahme 2873, Redaktion 2643.

Zur Lage.
Kr. Heidelberg, den 1. April.
Soeben ist die neueste Schrift Helsfertchs über die „Politik
der Erfüllung" erschiene:«. Natürlich eine einzige Anklage gegen
das Kabinett Wtrth Rathenau, dessen Politik mit der Note der
Reparationskommission vom 22. März endgültig Bankerott gemacht
habe. Worauf ist denn diese Erfülluugspolitik aufgebaut? Helffe-
rick: meint:
„Die Ersüllungspolittk des Kabinetts WirthRathenau be-
ruhte zunächst auf dem Grundgedanken: „Wir können erfüllen,
wenn Wir nur wollen", oder: „Es gibt keine absolute Unmög-
lichkeit der Erfüllung"; es handle sich also darum, das; das deut-
sche Volk dte Last und Not der Erfüllung mit ehrlichem Entschluss
auf sich nähure, um schltnuneren Nebeln zu entgehen".
Ist das richtig? Wir stellen diese Frage aufs neue, nicht um
gegen Helsferich zu polemisieren und um ihm ein« Antwort zu
geben. Wir sprechen diesem frivolen Kriegsfi nanz mi-
tt ist er, der ein groß Teil Schuld am heutigen Elend unserer
Staatsfinanzen trägt, überhaupt das Recht ab, an der Finanzpolitik
der heutigen Regierung Kritik zu übe::, solange er nicht irgendwelche
positive realpolitisch auch durchfitbrbare Gegenvorschläge macht,
was bis heute und auch in seinem neueste» Buche nicht der Fall ist.
Wir stellen aufs neue die Frage der Erfüllungspolitik, weil sie in
der Reichslagsaussprache dieser Woche eine entscheidende Rolle ge-
spielt hat. Der Reichskanzler hat sich in seiner meisterhaften
Rede bet aller scharf betonten Ablehnung der unmöglichen Enlente-
forderungen und Zurückweisung der entehrenden Finanzkontrolle
lisch wie vor auf den Boden der Politik der Erfüllung gestellt und
Stresemann hat dem Vertrauensvotum für das Kabinett im
Namen seiner Fraktion zugestimmt mit dem Vorbehalt, datz diese
Zustimmung nur der Ablehnung der Ententeforderungen und nicht
der Ersüllungspolittk gelte. Jsttes richtig, was Helsferich sagt, daß
die Ersüllungspolittk auf dem Grundgedanken beruhe: „Wir können
erfüllen, wenn wir nur wollen"? Ganz und gar nicht! Es
ist bei der Unterschrift des Versailler Vertrags und des Londoner
Ultimatums keinen: Menschen, auch nicht den Sozialdemokraten
und Unabhängigen, eingefallen, nnzunehmen. dass Deutschland öko-
nomisch imstande sei, alles das, was uns da aus Jahrzehnte hinaus
als Gefamtrepararionsschuld aufgelegt wurde, zu leisten. Die Po-
litik der Erfüllung, die sich schließlich nach langem Hin und Her
durcbgesetzt hat, hat zwei Wurzeln: eine politische und
eine moralische. Dte poltttsche besteht darin, daß uns di«
durch den Verlust des Krieges geschaffene Lage nur die Wahl ließ
zwischen Annahme und LeistnngSversuch oder Triumph des fran-
zösischen Militarismus und Imperialismus über das wehrlose
Denlschland. Dte moralische Wurzel ist, wenigstens bei uns Sozial-
demokraten, daß Deutschland auf Grund der Sünden des alten
kaiserlichen Systems vor und im Kriege die Verpflichtung habe»
weitgehend wiedergutzumachen und sein Teil zum geistigen und
materiellen Wiederaufbau der Welt beizutragen. Gleichzeitig leitete
uns Sozialdemokraten die Einsicht in die ökonomischen Weltznsam-
inenhänge, wir waren uns klar, daß die Reparationsbedingiurgen
früher oder später an ihren inneren ökonomischen Unvernünftig-
keiten zerbrechen werden. Allerdings nicht auf einmal, sondern
schrittweise, von Etappe zu Etappe. Und diese Er-
sällungspoliti! hat nicht nur nicht Bankerott gemacht, sie hat sich
im Gegenteil als vollkommen richtig erwiesen. Wenn sich heute in
der Welt die ökonomische Vernunft langsam aber sicher durchzu-
setzen beginnt, wenn Amerika sich ganz offiziell gegen den franzö-
sischen Neparattons- und Rttstungswahnsinn erklärt, wenn in Eng-
land nicht mehr nur Keynes, sondern ganz offizielle Industrie- und
Finanzkreise für einen Abba» und eine vernünftigere Regelung der
Reparationen eintreten u. wenn soeben das Buch Rittes über „Das
friedlose Europa" erscheint, das nicht nur eine Menge wohltuender
Freundlichkeiten für uns Deutsche enthält, sonder» ganz konkrete
Vorschläge zur Erleichterung unserer Reparationslast, so sind all
das bedeutsame Erfolge der deutsche» Ersüllungspolittk, die nicht
unterschätzt werden dürfen. Wenn wir nach dem Rezept der
Deuischnationalen lediglich Sabotage- und Obstruktionspolitik trei-
ben würden, so würde es sicher keinem Menschen in der ehemals
feindlichen und neutrale» Welt einsallen, auch nur einen Finger
für uns zu rühren, man würde uns eben unserem Schicksal fiber-
lassen und denken, wir haben es ja nicht anders gewollt.
Gewiss gibt es in der Note der Reparationskommission Stellen,
die einen beinahe entmutigen können, dte das Dantewort mit dem
Höllentor in die Erinnerung rufen: „Laßt alle Hoffnung fahren".
Aber hat man denn in der Aera PoincarS einen anderen Ton
erwartet? Und waren es nicht zuletzt gerade unsere nationalistischen
Schreier, dte Orgeschvrüdcr und Münchener Mordbnben, die Poin-
rarö ans Ruder gebracht haben? Ist es vielleicht Zufall, das; die
gemeinen zaristischen Mordbuben, die soeben in Berlin das
Attentat aus Miljukow verübt haben, aus München kommen und
das; man dort im Monarchistennest des Herrn Kahr, eine ganze
woistbshtttete Kolonie ehemaliger zaristischer Offiziere ausgeüoüsn
hat? Wo sitzen die eigentlichen Verbrecher an unserem Volk, die
der Vernunft immer wieder mit machtpolttischem Wahnsinn den
Weg versperren, in Paris oder bet uns in Deutschland? Gehen
unserem in konservativer Spietzerei versumpften Bürgertum nicht
bald die Augen dafür auf, woher dte eigentliche und grösste Gefahr
droht? Deshalb war das, was Wirth und Rathenau im
Reichstag gesagt haben, auch die einzig richtige Antwort, auch an
Poincars. Mit berechtigter Entrüstung haben sie das politisch
und ökonomisch Unmögliche zurückgewiesen mit einem Nein, das
eine Einheitsfront von Stresemann bis Breitscheid
fand. Insbesondere werden die Zahlen, die Rathenau über das,
was Deutschland bisher ökonomisch geleistet hgt — über 10b Mil-
liarden Goldurark! — und über dte deutsche Abrüstung inmitten
eines waffenstrotzenden Europa ihren Eindruck im Ausland nicht

verfehlen. Man kann als ehrlicher Demokrat mW Republikaner
stolz daraus sein, datz in diesem historischen Augenblick zwei Mämter
wie Wirth und Rathenau solche Antworten gaben. Gleichzeitig
stellten sie sich nach wie vor auf den Boden der Erfttllungspolttik
d. h. erklärten sich bereit, auf jeden praktisch möglichen Vorschlag
der Erfüllung einzugehen. Diese Erfüllungspolitik sand allerdings
die Unterstützung der Volkspartet nicht, aber auch diese national-
liberale Abstinenz ist nur eine Halbheit, denn dem Stenerkompro-
misz, das in erster Linie zur Durchführung der Reparation gemacht
wurde, haben sie ja zugestimmt, man braucht also ihre diesmaligen
Vorbehalte nicht allzu ernst zu rrehmen, sie sind ja auch von den
Dcutschnattonalen bös in dte Enge getrieben worden. Jedenfalls
bedeutet die völlige Niederlage der deutschnationalen Sabotage-
poltlik — mit 312 gegen 6V Stimmen — und die vrette
parlamentarische Front, mit der die deutsche Regierung nach Genua
gehen kau», einen mächtigen Erfolg und Fortschritt der deutschen
Außenpolitik.
Das Echo des Auslandes auf die Erklärungen von Wirth und
Rathenau ist bis jetzt ei» recht spärliches, einigen Eindruck müssen
sie aber doch gemacht haben, dem« es ist auffallend, datz sowohl
aus Frankreich wie aus England allerhand Ausklärungs- m«d
Richtigstellimgsversuche zu vernehmen sind. Im französischen Senat
hat der Finanrmtnifter deLa st ehrte ausdrücklich yervorgeöoben,
datz man eine Fina««zkontr»lle im Sinne der Ottomanisterung, wie
das in Deutschland aufgesatzt worden ist, nicht beabsichtige. Aehn-
liche Stimmen kommen aus England, wo man betont, die Gläu-
biger-Kommisston (eine neue Bezeichnung für Reparations-
kommi-ssion!) habe nur eine runde Summe genaunt, die Deutsch-
land zur Sicherung der ,Zahlungen für 1922 zur Verfügung haben
solle. Die Kommission habe in keiner Weise bestimmt, wie das
alles zu geschehen habe, sie wolle lediglich über die deutschen Ft-
nan;maf;nahmen auf dem Laufender« bleiben. Dazu genügten aber
die Mittel, die jedem Finanz mann gegeben würden, zur
Beurteilung der Kreditwürdigkeit eines Staates. (!) Aber dieselbe
englische Stimme gibt doch zu, datz Denlschland auf Grund der
Pariser Note allen Anlatz zu weitergehenden Befiirchtungcu gehabt
habe, indem sie sagt: ,

„Man gibt hier zu, datz «ms seit«»: Deutschlands einiger
Grund zur Anruhe und Entrüstung vorhanden ist, und zwar an-
läßlich der Bemerkung der Wtedergutmachungskommtfston be-
züglich der Finanzkontrolle. Man ist hier der Ansicht, daß die
Kommission in dieser Hinsicht zu weit gegangen ist und sich eigent-
lich in innere Angelegenheiten anderer Länder mischt, wozu sie
kein Recht hat."
Man wird jetzt dte nachträglichen Abschwächungen und Ent-
schuldigungsversuche ruhig auf das Konto der einmütigen» ge-
schlossenen Kundgebung des Reichstags setzen dürfen, die natürlich
außenpolitisch umso bemerkenswerter ist, als sie ja unter gleich-
zeitiger Ablehnung der deutschnationalen Gewalt- und Katastro«
phenpolttik erfolgt ist.
Die Konferenz von Genua steht vor der Tür, überall
rüsten sich die Delegationen bereits zur Abreise. Nachdem bereits
die Staaten der Kleinen Entente und dte Neutralen ihren einheit-
liche!: Aktionsplan festgelegt haben, sirw augenblicklich die baltischen
Staaten im Bunde mit der Sowjetdelegation daran, ihre Forde-
rungen und Wünsche für Genua zu formulieren. Den letzten, aber
sicherlich entscheidenden Anstatt bildet dte Entente-Vorkon-
ferenz in Genua, dte auf Sonntag, den S. April, festgesetzt wer-
de« soll. Frankreich ist «S vor allem darum zu tun, zu verhüten,
daß das Neparattons- und AbrüstungsProblem in
Genna zur Sprache kommt, es droht, seine Delegation zurückzu-
ziehen, wenn eines dieser Themen zur Sprache kommen sollte. Es
ist heute nicht möglich zu sagen, ob Frankreich bei England mit
feinem Standpunkt durchdringen wird, schließlich sind ja noch Ruß-
land und dte Neutrale» da, die sich schließlich nicht den Mund wer-
den verbinden lassen. Dte Zusammensetzung der deutschen Dele-
gation, die in der gestrigen Kabinettfltzung endgültig erfolgt ist,
bürgt dafür, daß Deutschland in Genua allen politischen und wirt-
schaftliche» Anforderungen gegenüber gerüstet ist. Insbesondere ist
anzunehmen, daß der Vertreter der freien Gewerkschaften, Genosse
Wissell, in Genua sofort die Verbindung mit dem gleichzeitig
tagenden Internationalen Gewerkschastsbund aufnehmen uud den
Einfluß Des Proletariats auf die Konferenz soweit wie möglich
geltend machen wird.

Die deutsche Delegation für Genua

Eine Entente-Vorkonferenz.

Berlin, 1. April. (Drahtb. d. „Frks. Ztg. ) I» der Sitzung
des Reichskabtnetts, die gestern unter dem Vorsitz des
Reichspräsidenten stattfand, wurden Wer die Zusammen-
setzung Ker deutsche« Delegation für dte Konferenz von Genua
endgültige Beschlüsse gefaßt. Man ging dabei von
dem Grundsatz aus, datz die Teilnehmerzahl ans das Aeutzerste
beschränkt werden soll. Rur di« unmittelbar beteiligten Minister
solle«« nach Genua gehen:
Reichskanzler Dr. Wirth, Minister des Auswärtigen Dr.
Rathenau, Finarizmintster Dr. Hermes, Reichswirtschasts-
minister Robert Schmidt mrd für den Reichsarbeitsminister Dr.
Brauns ein noch zu bestimmender Vertreter. — Fen,er werden der
Delegation angehören die Staatsfekreiiire Dr. Hemmer von der
Reichskanzlei, Hirsch vom Reichswirtschastsministerium, von
Sin« so >« vom Auswärtigen Amt, Stieler vom Retchsverkehrs-
ministerium und Dr, Schröder vom Reichsfinanzministrrium.
Als Vertreter der LS «der werden für Preußen Geheimrat
Felltnger vom Handelsministerium und für Bayern Miuiste-
rtaldirettor v. Meiner sich der Delegation anschlietzen. Endlich
werde« der Abordnung »och Retchsbankprästdent Haventtetn
und Ministerialdirektor Müller vor« der Presseavteilung des Aus-
wärtigen Amtes ««gehören. Dazu kommt noch eine kleine Anzahl
von Beamten. Für dte htnzuzuziehenden Sachverständigen
hat das Reichswirtschaftsntinisterlum ein« Vorschlagsliste aufgestellt
mit sechs Gruppen: Finanzen, Handel, Industrie, Landwirtschaft,
See und Binnenverkehr, Arbeiterfragen. Als Sachverständige für
Arbeiterfrage« sind bekanntlich drei Gewerkschafts-
mitglieder in Aussicht genommen, deren Annahme aber noch
nicht vvrliegt.

Deutscher Reichstag.
3. Lesung der Tteuervo «lagen.
Berlin, den 31. März.
Nach Erledigung der Kleinert Anfragen wird zunächst das
Kohlen st euergesetz (Erhöhung von 20 auf 40 Prozent) gegen
die Deuischnationalen, die Unabhängigen, die Kommunisten und
einen Teil der Deutschen Volkspartei angenommen. Nach der An-
nahme des Branntweinnronopolgesetzes erfolgt dis 3. Lesung des
Vermögenssteuergesetzes.
In namentlicher Abstimmung wird der Antrag Bernstein au?
Steuerfreiheit der Sparkassen mit 190 gegen 135 Stimmen der
Linken abgelehnt.
Ein weiterer Antrag Bernstein auf Wiederherstellung des ge-
meinen Wertes als Bemessungsgrundlage wird mit IM gegen 131
Stiinmcn der Linken abgelehrtt.
Das Gesetz wird daraus in« ganzen in dritter Lesung ange-
nommen. Ebenfalls angenommen wird das Vermögenssteucrgesetz
und das KSrpcrschaftSsteuergesetz, sowie das Kapitalverkehrssteuer-
gesetz. Damit sind alle Besitzsteuervorlagen in dritter Lesung an-
genommen.

Das Haus vertagt sich aus Samstag 11 Uhr, Dritte Beratung
der weiteren Steuergesetze.
Schluß gegen >48 Uhr.

Der nsrre Reichsernähruugsminister.
Berlin, 31. März. DaS Mitglied der Bayerische« Volks-
partei, Anton Fehr, ist zu«» Ernährungsmtntster ernanrrt worden.
Fehr ist seit 1919 ordentlicher Professor, an der Bayerischen
Hochschule für Landwirtschaft in Fretsing-Wethenstephan. Geboren
cm, 24. Dezember 1881 zu Lindenberg im Allgäu, erhielt er nach
praktischer Ausübung der Landwirtschaft seine theoretische Aus-
bildiing aus der Landwirtschaftlichen Hochschule in Weihenstephan,
an der er jetzt Lehrer ist, und an der Technischer: Hochschule i»
Müiuhen. Seit Oktober 1915 ist er Vorstand der Bayerischer: San-
dessettstelle in München.

Ausland.
Gins Gettrm-Vsrkorrferrnz der Entente.
Paris, 31. März. Der „P Lt i t P ari st e n" berichtet heute
morgen, datz vor der Eröffnung der Konferenz von Genua zwischen
den Alliierten eine Vorkonferenz staltsinden werde, in der
über die verschiedenen bis jetzt noch nicht geklärten Punkte verharr-
delt werden sollte. Lloyd George habe bei seiner Besprechung mit
den: italienischen Außeuminister sich am letzten Montag hierüber
ausgesprochen. Diese Vorkonferenz werde wahrscheinlich am
Sonntag, den 9. April, deut Voraberrd der Konferenz, stattsirr-
den. Der ganze Gedanke wird französtscherseits sehr begrüßt. „Petit
Partsten" sagt, daß unter de» verschiedenen noch zu regelnden
Fragen immer d ie in Ca nn es g efa tz te n B est i m m u n g e n
figurieren werden, datz die einzelnen Staaten sich jeden Angriffes
auf ihre Nachbarn enthalten. Hier müßte mau sich noch vor Genua
besprechen, um zu wissen, in welcher Form diese Klausel verwirklicht
werden könne. Als einen anderen Punkt führt das Blatt an, daß
uran sich noch besonders über dte Bedingungen der Resolution von
Cannes aussprechen miisse, insofern, als man die Haltung den
Sowjetdelegierten gegenüber vorher genau festlegen
müsse. Es scheint aber, daß diese Vorkonferenz vielmehr durch die
verschiedenen Meldungen verursacht ist, die besagten, daß man in
Genua, wenn auch nicht offiziell, so trotzdem über die Reparationen
verhandeln werde. Der „Petit Parisierr" weist denn auch an ande-
rer Stelle darauf Hin, daß aus der Rede des Kanzlers wie
aus der Rathenaus neuerdings hervorgehe, daß Deutschland
versuche, zwischen Frankreich und England eine Kluft zu schaffen.
In diesem Sinne spricht die Zeitung dann bereits von einem deut-
schen Manöver, das dte Alliierten, statt zu trennen, noch viel enger
ancinauderkrrüpfen müsse. Damit ist ohne Zweifel die Anspielung
auf die von englischer Seite an Deutschland gemachte Zusicherung
gemeint, daß in Genna trotzdem in irgendeiner Weise über die
Reparationen verhandelt werde. Ueber Wirth und Rathenau be-
merkt der „Petit Parisierr", sie wüßten beide nur zu gut, datz sie
in dieser intransigenten Haftung nicht länger verharre» könnten,
da sonst Wiedenmr um ein Jahr zurNSkäme, um das Jahr, in
dem der Jahrgang 1918 zur Besetzung des Ruhrgebietes mobilisiert
wurde. Auch dies« Drohung kann nur als ein Beweis angesehen
 
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