weiten Milgliedsrlreise» der RHichMewerkschaft infolge ihrer
durchaus bürgerlichen Einstellung ci»rn ist. WM Dir Reichsge-
wcrkschaft und mit Gr der Deutsche BeiMttenbund jetzt nicht in
ein sehr ungewisses Licht geraten, Bann werden sich Verde Organi-
sationen in Kürze ganz klar äußern müssen, in welchem Bechalt-
nis sie zum Nationalverband und zur freien Gewerkschaftstzcwc
gnug stehen wollen. Sie müssen sich entscheiden. Fest steht aber
schon jetzt Vas eine, -daß es auf einem gefährlichen AVer «glau-
ben «beruht, wenn von manchen Seiten gesagt wird, die- Eifen-
bGnbeamtenfchaft Hütte sich durch ihren Streik endgültig und be-
wußt in die Reihen des klaffenbewutzten Proletariats Gestellt. Die-
ser Schritt ist erst dann getan, wenn sich die Deamtsngewerffchaften
völlig auf den gleiche» sozialen und Rechtsvodeu mit den Arbei-
tern und Angestellten stellen und mit diesen gemeinsam um ein
für alle gleiches soziales und Arbeitsrecht zu kämpfen bereit sind.
Wir fordern nicht von ihnen die plötzliche Preisgabe ihrer win-
zigen Vorrechte. Die gemeinsame Rechtsbasis, von der Wir spre-
chen, kann praktisch erreicht werden durch einen Ausbau des rno-
dernen Arbettsvechts Mg-unften der BWMten-, neben dem sodann
in gleichem Tempo der Abbau der Beanttenvorrechte «erfolgen
kann. Das Ziel «der muß in gemeinsamer Frontlinie erstrebt
werden."
Was KraWr irr Berlin erreicht haben soll.
Paris, 20. Febr. Die Pariser Blätter »Mden, es sei Krass i n
in Berlin Gelungen, einen Vertvagentwurf mit zwei großen deut-
schen Banken für einen sehr großen Warenlrrdit zugunsten Ruß-
lands abzuschlieszen. Auch mit der Direktion der A.E.G. und uckt
den Sirmcns-GchnÄert-Werfen Hütten Verhandlungen stattgefun-
den-.
Das irrtermationale WirtfchafLssynNkat.
Paris, 20. Febr. In London tritt heute ein Organisations-
ausschuß des internationalen Syndikats zusammen, das aus der
interalliierten Pariser Jndustriellen-Kouferenz hervorgegaugen
und am 10. Januar in Cannes gegründet worden ist. Dieser Or-
gauifMomsausschuß bestahl aus zwei Engländer», zwei Franzo-
sen, einem Italiener, einem Belgier und einem Japaner. Der
Ausschuß ist ermächtigt, sich auch Vertreter anderer Länder anzu-
gliedern, Dieses tnternaiionMle Syndikat mit dem Zent-mlsttz in
London ist dazu bestimmt, -den wirtschaftlichen Wiederaufbau Eu-
ropas zu unternehmen und die Kooperation aller Nationen zu er-
zielen-. Ms Souder-Syndikate des Zentral-Syndikats sollen- ge-
»lätz Beschluß von Cannes nationale Syndikate errichtet werden,
deren Gründung ebenfalls zum Bereich des erwähnten Organisa-
tionKMtsschusses gehört.
Deutscher Reichstag.
8.?. Berlin, den 19. Februar.
In der Samstagssitzung wurde das Gesetz auf Erhöhung der
kSohnungSSauavgabe angenommen, nachdem noch Genosse Ober-
nt a y e r -- Essen auf die preisdrückende Wirkung der sozialen Bau-
gemeinschaften und Bauhütten hingewiesen hatte. Es folgte die
demokratische Interpellation über die
Paßbestimmungen im Verkehr mit Deutsch-Oesterreich.
Auf die Begründungsrede des Avg. Heile, der die Schikanen bei
der Beschaffung der Sichtvermerke und bei der Grenzüberschreitnng
in Passau schilderte, antwortete
Innenminister Dr. Koester.
Er berief sich in der Hauptsache aus Erklärungen des Reichssinauz-
ministeriums, wonach zur Verhinderung der Kapitalverschiebung
auf den Sichtvermerkzwang nicht verzichtet werden könne; außer-
dem befürchtet die Regierung von der Beseitigung der bestehenden
Vorschriften eine Ueberflutung Deutschlands mit Einwanderern
aus dem Osten, die bei unserer Wohnungsnot katastrophal wirken
würde. Die deutschen Einzelregierungen hätten sämtlich gegen die
Aushebung des Patzzwanges im Verkehr mit Deutsch-Oesterreich
protestiert; die Reichsregierung wolle aber mit den zuständigen
Stellen über eine Milderung der persönlichen Grenzkontrolle ver-
handeln. Die Redner aller Parteien, einschließlich unseres Genössen
Simon-Augsburg, erklärten diese Ausführungen des Ministers
als unzureichend und wenn Dr. Köster auch wiederholt unsere
Kultur »ud SchiSsalsgeureinschast mit Deutsch-Oesterreich betont
hat, so steht damit die Tatsache doch in Widerspruch, daß gegen
Deutsch-Oesterreich der Paßzwang genau so gehandhabt wird, wie
gegen das übrige Ausland. Um unerwünschte Osteuropäer fern-
zuhalten, würde es doch genügen, die Befreiung vom Paßzwang
auf deutsch-österreichische Staatsbürger zu beschränken, sie käme uns
Reichsdeutschen natürlich ebenso zugute und könnte nur der An-
schlntzbewegung dienen. — Die Jnterpellationsdebatte endigte ohne
Abstimmung, am Dienstag wird das Wohnungsgesetz in zweiter
Lesung beraten, außerdem steht die zweite Lesuug des HauShalt-
plaues auf der Tagesordnung, wobei wieder große politische De-
batten zu erwarten sind.
KÄMW, W « AM.
So wahr mir Gott Helf!
Eine Bauerngeschichte aus dem Taunus
von Fritz Ritzel.
(14. Fortsetzung)
Das letztere wurmte Mulchen Hisscnauer am meisten. Ein so
eige-utümAch befriedigendes Gefühl war es gewesen, als sie ge-
glaubt hatte, Georg Berger werbe um sie, und nM einsm gewissen
Stolz hatte es sie -erfüllt, daß sie dazu berufen war, das ihren
Eltern einstens von dem alten Berger zngesü-gte Unrecht dem
Sohne «der feindlichen Familie durch lränkeuoe Worte in Erinne-
rung zu rufen. Ordentlich verrannt hatte sie sich in die Vorstek-
lnng, «daß der junge Mann nichts besseres verdiene — jetzt, nach-
de«m sie emfeh-en mußte, daß Gr Vorwurf eilt nngerechter gewesen,
sah die Sache ganz anders ans. Wenn sie daran dachte, mit wel-
chem Gesicht Georg vor ihr gestanden, als sie die beleidigenden
Worte gegen Gn geschlendert, welch zorniger und «doch so weher
Blick sie ans seinen «dunklen Augen getroffen« hatte, dann ging es
ihr Wie ein Stich durch das Herz, und sie hätte vor Scham in den
Boden« sinken mögen. Unbedingt schenkte sie seinen Worten Glau-
ben, mit welchen er sie wer Grell Irrtum aufllärte — sie wußte
selbst nicht, warum, aber sie hätte daraus schwören mögen, daß die-
ser Mann einer «hinterlistigen Lüge wicht fähig sei. Dabei- entpfand
sie weniger, daß sie sich vor der ganzen Svi unstube blamiert habe
— «das Bewußtsein machte Gr Qual, daß sie gerade diesem einen,
der Gr wie das Geringste zugesügt, unrecht getan, daß Georg ge-
sagt hatte: „Daß ich zu Mr nit komm, vo kannst du Gift druff
nomine!" — Ob sie wohl dem jungen Mann auch gleichglütig
wäre, wenn sie nicht den Namen Hissenauer trüge? Diese Frage
legte sich Matchen immer wieder vor und spürte ein eigentümliches
bringendes Verlangen, daß Gr von irgendwo eine Antwort dar-
auf käme. Georg war eigentlich ein schöner Mann, das hatte Gr
der Moment gezeigt, in welchem er entrüstet vor Gr stand — da
konnte es gewiß nicht fehlen, daß ihm die Herzen der Mädchen
entgegenschlugen. Bei dem Gedanken wallte es in Malchens In-
nerem heiß empor; es war Gr, als müsse sie jede, die sich dein
Burschen nähern wollte, mit Gewalt hinwegreiben, als müsse sie
demütig vor Gn hintreten und Gn um Verzeihung für die zuge-
sügle Kränkung bitten.
Die Eltern Malchens konnten sich nicht erklären, aus welchem
Münde Hr sonst so lebhaftes Kind in letzter Zeit ein so gedrücktes
Ausland,
Der Kamps um Genua.
Erfolge der französischen Verschleppungstaktik?.
London, 19. Febr. (Priv.-Tel. der „Ficks. Zig.") Die von
französischer Seite verbreiteten Nachrichten, baß Ne italienische
Regierung eine Verlegung der Konferenz von Genua wach Rom
angeregt habe, wird in hiesigen amftjchcn Kreisen als unrichtig
erklärt. Dagegen scheint «die neue italienische Ministerkrise die von
englischer Seite gewünschte Eröffnung der Konferenz am 8. März
immer unwahrscheinlicher' zu machen. Obwohl Lloyd George
selbst sich dazu noch nicht geäußert hat, rechnet man in den Kreisen
seiner näheren Umgebung nnnmchr «damit, daß die Konferenz
kaum vor Anfang April zusammentreteu könne, zumal da die Ver-
zögerungstaktik der französischen Regierung es erreicht hat, daß die
Zeit bis zum 8. März für die unumgängliche technische Vorberei-
tung und Durcharbeitung des KonfevemProgramms reichlich kurz
geworden ist.
Weber den Stand der französisch-englischen VerWnd-luttgen
verlautet, daß Frankreich auf die Teilnahme der Experten der
Kleinen Entente und Polens an den Beratungen der Sachverstän-
digen zwar verzichtet, dafür aber die Forderung gestellt habe, daß
die diplomatischen Vertreter dieser Staaten ermächtigt werden sol-
len, den Verhandlungen beizuwohuem. In seiner letzten Unter-
redung mit Lord Curzon hat der HMöfische Botschafter außer-
dem erklärt, die französische R-eKeruugsei außerstande, ihre Sach.
verstänvigM, die sich erst unter sich verständigen müßten, vor zehn
bis zwölf Tagen nach London zu entsenden.
Wahlsieg der englischen Arbeiterpartei.
London, 20. Febr. Bei einer Ersatzwahl in Manchester für
das Unterhaus unterlag der Kandidat der Regie-
runsskoalition mit 11000 Stimmen gegen den Kandidaten
der Arbeiterpartei (14000).
Badische Politik.
Ans den Ausschüssen des Landtags.
Die sozialdemokratische Fraktion zur Brennyolznot.
W.-n. Karlsruhe, 20. Februar 1922.
In der FrMWnachMt-agsstHung «des Haushaltausschufses
brachte die s oUM emo krat ische Fraktion folgenden Antrag ein:
Die Regierung wird ersucht, unverzüglich die Frage der
Brennholzversorguwg in den Kreis ihrer Erwägungen
zu ziehe» in der Richtung, daß
a) der Preistreiberei bei den Brennhnlzkäusrn gesteuert
ioird,
b) den nichtholzverechtigten Einwohnern der waldvrsitzerwen
Gemeinden ebenfalls Holz zn einem mäßigen Anschlag überlas-
sen wird,
c) den nichttvaldbesitzenden Gemeinden und den große»
Städten Brennholzauslanssebiete zur Deckung ihres
Brennholzbedarses zugewiesen werden.
Mn fozGldenrokrakischer Redner begründete des längeren den
Antmg, ebenso äußerten sich RegierNngsvertrcter zu ihm. Es
wurde aber beschlossen, endgültige Beschlüsse erst -in der nächsten
Sitzung, die am Dienstag, den 21. Ks. Mts. stattfindet, zu fassen.
Bon unserem parlamentarische» Mitarbeiter.
HaushaltSausschnß und Landwirtschaftskammer.
In der Nachmittagsfitzung des Donnerstag stand im Haus-
hKltsausschuß diese Angelegenheit zur Beratung. Vorher beschloß
man, die Frage der Bildung einer eigenen Ministerabtellung für
die Landwirtschaft, die mich in zwei Anträgen des Zentrums und
der DeutschnatiorMen gefordert wird, jetzt nicht zu erörtern, dage-
gen die Regierung zu erfischen, eine besondere Denkschrift Hier-
wegen auszuarbeiten. Im StaatSvoranschlag fordert das Mini-
sterium Zur Pflege der LaMwirtschast »0000 Mark, als Staats-
zuschutz au die Landwirtschaftskanuner zur Bestreitung ihrer all-
gerneine» Kosten 150000 Mark. Diese beiden Positionen wurden
einstimmig genehmigt. Dagegen entstand wegen der weiteren Po-
sition: Siaatszuschutz an die LanvwirtschaftSIammer zu den ihr
auf den: Gebiete des Tabakbaues erwachsenden Aufwendungen
125 000 Mark, eine recht lange Debatte, die sich den ganzen Rach-
rntttag hinzog und zu scharfen Angriffen auf das Geschäftsgebah-
ren der Landwtrtsch-aftskammer führte. Diese 125 000 Mark sind
der Anteil Badens an der Tabaksteuer gemäß 8 84 des Tavak-
stenergesctzes, gewissermaßen Nur ein Durchgangsposten im Staats-
voranschag, gleichwohl traten die Redner des Zentrums und der
Sozialdemokratie der Bewilligung dieses Betrages mit starkem
Mißtrauen gegenüber. Mai» sah darin mehrfach nur den Versuch,
uichtverkausteu Tabak, aus verfehlter Spekulation herrührend, aus
diesem Wegs nnterzubringen. Es wurde von verfehlter Politik
des Dandbnudlers Abg. Fischer-Meißenheim gesprochen und er-
klärt, man sei schon im Begriffe, in Karlsruhe eine Tabaksavrft zn
errichten. Der seinerzeitige Bericht des früheren Abg. Dr. Leser
über die geschäftlichen Manipulationen der Landwirtschastskam--
SWAWVMLIVMkWWMZMASN«»« MMWMl
Wesen zur Schau trug, und erschöpften sich in allen möglichen
Vermut Der Vorfall bei der Schmittebas konnte doch nicht
schuld daran sein, denn, wenn auch Molchen die Spiunstube nicht
mehr besuchte, so verkehrte sie doch nach wie vor im Hause der
Verwandten, imd zwar noch häufiger als früher, seitdem die Ver-
lobung ihres Bruders mit Settchen Schmitt zustande gekommen
war. Häufig blieb sie ganze Nachmittage bei «der Base und half
derselben am Nähen der Ausstaffierung, wobei sie gegen die Frau
des Hauses ein gewisses demütiges Wesen zur Schau trug, als
Wollte sie Gr von der Schmittebas getadeltes Betragen vergessen
machen. Die gute Schmittebas war keine von den Frauen, die
etwas «lange Nachfragen können. Wenn sie jemand in ihrer derben
Manier die Wahrheit gesagt — wie sie sich selbst ausdrückte:
„grü-i«ich den Kopf gewaschen «hatte" — dann war alles wieder
gut und mit keinem Wort erinnerte sie mehr die betreffende Per-
son art das Vergangene. Daß Malchen den begangenen Fehler
dem Anschein nach einsah, das schrieb Gr «die gute Frau hoch an
und hatte das Mädchen um so lieber; bedauerlich war es nur, daß
das Mädchen so ganz sein Wesen geändert hatte und gar nicht mehr
wie früher lachte und scherzte. Malchen- schien wie von einer in-
nerlichen Unruhe gepeinigt zu sein, wie jemand, der mit einem
schweren Entschlüsse ringt, war aber durch kein gütliches Zureden
zn bewegen, Uber das, was sie offenbar bedrückte, ein Wort ver-
lauten zu rassen.
Eines Nachmittags saßen die drei Mädchen wieder arbeitend
in der Wohnstube des Schmittchen Halises, als dis Tür aufging
und Georg Berger mit einem freundlichen „Guten Tag betsamme!"
eintrat. Beim Anblick Malchens ging es sichtlich wie Verlogenheit
über sein Gesicht, und die Türklinke wieder erfassend, sagte er:
„Die Bas hot mich Wege denk Hei herbestellt, des sie -ver-kaafe
Will! No, es pressiert jo nit — ich kann jo noch emol herkomme!"
Damit machte er Miene, sich wieder zu entfernen, als Malchen
Hissenauer sich wie in plötzlichem Entschlüsse erhob und auf den
jungen Mann zu trat. „Wege mir brauchst du nit fortzngebe,
Schorsch — ich wollt doch ewe haam." In seltsam bittendem, za-
gendem Tone kamen die Worte von ihren Lippen, so daß Georg sich
Werrascht nmwandte und die fast demütig vor ihm Stehende ver-
wundert ansah.
„Mei Sach pressiert jo nit — loß dich nur nit störe!" erwiderte
er dann kühl.
„Ich waaß jo, daß ich dir im Weg bin!" fuhr das Mädchen
mit gesenktem Kopfe fort. „Du host's jo neulich selbst gesagt — im
mer wurde als zutreffend und objektiv bezeichnet, obwohl er voll
beteiligter Sette scharf angegriffen worden fei. Ein sozialdemo-
kratischer Redner machte auch Mitteilung über eine in Mittels adelt
in der Gründung begriffene Grotzeintaufsgenossenschaft für Tabak-
bauern, kurz, die Landwirtschaftskammer -hatte viele Ankläger «E
nur wenige Verteidiger.
Außerdem kritisierte die Sozialdemokratie noch die Anvanung
von Tabak anstelle von Getreide, Da das letztere notwendiger ge-
braucht werde. Allerdings wurde nachgew-iesen, «daß im allgemei-
nen «die mit Tabak bebaute Bodenfläche nicht zugenommen habe
und oft kein besseres Gewächs gebaut werden könne. Außerdem
sei es gkt, den Tabak im Lande selbst zu bauen und Gn nicht M
teures Geld aus anderen Ländern zu hole».
Getadelt wurde von der sozialdemokratischen Fraktion auch,
daß sroch manche Gemeinden die Beiträge für die-Landwirtschafts-
kammer aus der Gemeindekafse bezahlen; der Minister des In-
nern teilte hierzu mit, daß bereits Anweisung gegeben wordeit
sei, dies, insbesondere in Fndustriegegenden, zu unterlassen. Eist
Nachweis darüber, welche Gemeinden diese Beiträge noch zahlcih
wurde verlangt.
Außerdem verwahrte sich der Minister auch noch gegen die Ast-
griffe, die voll landwirtschaftlichen Organen gegen ihn gerichtet
wurden.
So stand die LandwirtschaftSkMMler, wie schon mehre« Male,
im Brennpunkt parlamentarischer Erörterungen. Ob sie daraus
lerne» wird?
Zu dem Bericht über die Besetzung des Mannheimer Bahn-
hoses «durch die Schutzmannfchast während des Eisenbahmrstreiks
ist nachzutragen, Daß angeordnet war, die Handgranaten am Tage
nicht zu tragen, sondern nur des Nachts. Die von einem Abgeord-
neten deswegen erhobenen Vorwürfe waren also nicht berechtigt.
Wo steht die Reichsgewerkschaft?
Ausführung von Bauten des Unterrichtsministeriums.
Der HaushaltSausschuß unterbrach am Freitag kurz seine Be-
ratungen über den Voranschlag des Ministeriums des Jnirern und
bewilligte, um notwendige Bauarbeiten bald in Angriff nehmest
zu können, für den Neubau der Medizinischen Klinik in Heidelberg
2450 000 Mk., für den Neubau der orthopädischen Klinik an de«
gleichen Universität als 8. Teilforderung 1500 000 Mk., für dest
Ausbau und Einrichtung des Dachstocks der psychiatrischen Klinik
220000 Mk., für den Neubau der Anatomie in Freiburg
4 600000 Mk., für den Neubau und Einrichtung eines Gebäudes
für die Jngenteurabteilung der Technischen Hochschule in Karls-«
ruhe (Nachforderung) 1157 000 Mk., für die Aufstellung eines
Dieselmotors für das Heiz- und Kraftwerk 310000 Mk., sowie süi
den Umbau der Uhrmacherschule in Furtwangen 275 000 ML
Gewünscht wurde auch hier vom Zentrum und von der So-«
zialdemokratie rascheres Bauen, weil die Baukosten ständig
steigen. Wenn im Sommer Staatsbauten nicht weitergeführt wer-«
den, müssen die Bauarbeiter die staatliche Erwerbslosensürsorge ist
Anspruch nehmen.
Soziale Rundschau»
Preisbildung des Brennholzes.
Die ungeheure Erbitterung, welche «das sprunghafte Hinaus-
schnellen der Brennholzpreise in allen Bevölkerungsschichten her-
vorgerufen hat, hat eine der sogenannten „zuständigen" Stellest
veranlaßt, in Nr. 40 der „Karlsruher Zeitung" einen fpaltenilan-
gen BcruhigumgsarWöl los zn lassen. Dieser BeruhignmswtikeE
ist aber durchaus nicht geeignet, die erhoffte Wirkung zu erzielest
sondern fordert Direkt zum Widerspruch heraus. Der langer
Rode kurzer Sinn ist nämlich nur der, daß der unter der Wucher«
Preisbildung leidenden Bevölkerung gesagt wird: „daß Vater
Staat leider an den Wucherpreisen nichts ändern könne und d«ß
Staat und Forstämter Ml dem Holzwucher schuldlos feier»." Wenst
man dieses liest. Dann weiß man tatsächNch nicht, soll man meh«
Mitleid mit dem ohnmächtiger» Staat oder mit seinem unglück-
lichen VevteWger von der „zuständigen" Stelle haben. Es Wäre
ja noch schöner, wenn Vater Staat und seine Forstämter die Preis-
treiberei noch direkt selbst fördern würden. Aber auch der „M-
ständigen" Stelle muß klar sein, indirekt haben die Hauptschuld ast
der wucherischen Preisentwicklung Die „zuständigen" Stellen, dir
dem Drängen «der Holzinteressenten nachgaben und die Hand zrt«
Beseitigung der Zwangswirtschaft auch auf diesem Gebiete boten-
Geradezu köstlich ist aber, wenn es kn dem Artikel heißt: „daß
übrigens die Preise für Brennholz Ar der'freien Wirtschaft eine
gewisse Steigerung gegenüber den Während der Zwangswirtschaft
unter großen Opfern äußerst nieder gehaltene»?
Höchstpreisen erfahren müssen, liegt «ans die Hand, zumal auch
die ErzenMMgskosten sich ganz erheblich vermehrt Haben."
Also nach der zuständigen Stelle scheint ein Hinanfschncllest
ans den 10- oder mehrfachen Preis mir eine gewisse oon vorn-
herein zu erwartende Notwendigkeit zu sein. Dies wird ii» denk
Beruh igungsartikol nochmals unterstrichen, indem man in» weite-
ren Absatz die Konfnmenten darauf hinweist, daß sie sich daran ge-
wöhnen müßten, daß der Wert des Brennholzes sich auf den Pa-
Do host jo nach Recht. Was ich dir ins Gesicht gesagt hab, des
konnst du dir nit gefalle rosse!"
„Wenn du des selbst sagst, dann Werst du nach Wisse, daß es
nit wohr is, was du mir domols vorgeworfe host!" unterbrach M
der junge Manu bitter.
„Ich waaß, daß ich dir Unrecht getan hab — trag mir's ntt
nooch, Schorsch! Es Hot mich die ganz Zeit her gedrückt, deswege
hab ich dir des sage müsse!"
„Awer Matche —"
„Main guter Vatter sagt immer", fuhr das junge Mädchen
fort, „wenn mer e Unrecht getan hat nn sicht's ein, dann mutz mer
nach de Mut hawe, es offe einzugestehe. Ich hab dir Unrecht get.lN,
Schorsch — wenn du willst, dann sag ich dir des vor alle Leit.
Awer trag mir's nit nooch!"
Das Ueverrafchende dieser Abbitte wirkte auf Georg förmlich
verwirrend. War diese liebliche Erscheinung, welche Ar so demü-
tiger Haltung mit seuchtschimmernden Augen vor ihm stand, die
nämliche, welche ihn neulich so schwer vor der gmrzen Gesellschaft
gekränkt Hatte? An die er seit jenem Tage immer mit einem Ge-
misch von Groll und Schmerz Denken müßte?
Als Würde ihm ein unverhofftes Glück zuteil, so wallte es
wie Jubel in seinem Herzen empor, und seinem a-u-genblicklichen
Gefühle folgend, ergriff er mit beiden Händen die Rechte Malchens
und sagte innig:
„Matche — wem» du Müßt, wie Weh «du mir getan host, nn wie
froh ich jetzt bin, daß du so lieb und gut gege mich bist, dann wiM
du aach, daß ich dir nix noochirage kann! Matche, soll ich -dir Ggc-
wie mar's die ganz Zeit her ums Herz war?"
Er hatte sie an sich gezogen, als wolle er sie liebend ans Herf
schließen, und senkte in heißer Zärtlichkeit den Blick in Gr Auge.
„Lotz mich, Schorsch. lob mich nn» Gotteswille!" wehrte das
Mädchen in flehenden» Tone und suchte sich loszumachen. „Frenw
müsse wir uns bleibe — awer Feind wolle wir uns -nit sein!"
„Matche — warum müsse wir uns fremd bleibe?" drängte
Georg mit bebender Stimme. „Wett nufer Leit emol vor lange
Jahre vor Gericht gestann« hawe? Matche — es is man Fluß w
tief, mer kann e Brück drüber schlage! Matche, geh ntt fort!" flM
er dann bittend fort, als das Mädchen ihr Uinschlagetuch EM
und Miene »nachte, sich zu entfernen. „Bleib do, sonst müßt ich w
glaävc, es reut dich, was du vorhin zu mir gesagt host!"
„Ich «darf ntt, Schorsch, loß mich. So hart mich's auttmm-k
— ich mutz fort. Awer Des glaav mir, Schorsch — damit reichie
durchaus bürgerlichen Einstellung ci»rn ist. WM Dir Reichsge-
wcrkschaft und mit Gr der Deutsche BeiMttenbund jetzt nicht in
ein sehr ungewisses Licht geraten, Bann werden sich Verde Organi-
sationen in Kürze ganz klar äußern müssen, in welchem Bechalt-
nis sie zum Nationalverband und zur freien Gewerkschaftstzcwc
gnug stehen wollen. Sie müssen sich entscheiden. Fest steht aber
schon jetzt Vas eine, -daß es auf einem gefährlichen AVer «glau-
ben «beruht, wenn von manchen Seiten gesagt wird, die- Eifen-
bGnbeamtenfchaft Hütte sich durch ihren Streik endgültig und be-
wußt in die Reihen des klaffenbewutzten Proletariats Gestellt. Die-
ser Schritt ist erst dann getan, wenn sich die Deamtsngewerffchaften
völlig auf den gleiche» sozialen und Rechtsvodeu mit den Arbei-
tern und Angestellten stellen und mit diesen gemeinsam um ein
für alle gleiches soziales und Arbeitsrecht zu kämpfen bereit sind.
Wir fordern nicht von ihnen die plötzliche Preisgabe ihrer win-
zigen Vorrechte. Die gemeinsame Rechtsbasis, von der Wir spre-
chen, kann praktisch erreicht werden durch einen Ausbau des rno-
dernen Arbettsvechts Mg-unften der BWMten-, neben dem sodann
in gleichem Tempo der Abbau der Beanttenvorrechte «erfolgen
kann. Das Ziel «der muß in gemeinsamer Frontlinie erstrebt
werden."
Was KraWr irr Berlin erreicht haben soll.
Paris, 20. Febr. Die Pariser Blätter »Mden, es sei Krass i n
in Berlin Gelungen, einen Vertvagentwurf mit zwei großen deut-
schen Banken für einen sehr großen Warenlrrdit zugunsten Ruß-
lands abzuschlieszen. Auch mit der Direktion der A.E.G. und uckt
den Sirmcns-GchnÄert-Werfen Hütten Verhandlungen stattgefun-
den-.
Das irrtermationale WirtfchafLssynNkat.
Paris, 20. Febr. In London tritt heute ein Organisations-
ausschuß des internationalen Syndikats zusammen, das aus der
interalliierten Pariser Jndustriellen-Kouferenz hervorgegaugen
und am 10. Januar in Cannes gegründet worden ist. Dieser Or-
gauifMomsausschuß bestahl aus zwei Engländer», zwei Franzo-
sen, einem Italiener, einem Belgier und einem Japaner. Der
Ausschuß ist ermächtigt, sich auch Vertreter anderer Länder anzu-
gliedern, Dieses tnternaiionMle Syndikat mit dem Zent-mlsttz in
London ist dazu bestimmt, -den wirtschaftlichen Wiederaufbau Eu-
ropas zu unternehmen und die Kooperation aller Nationen zu er-
zielen-. Ms Souder-Syndikate des Zentral-Syndikats sollen- ge-
»lätz Beschluß von Cannes nationale Syndikate errichtet werden,
deren Gründung ebenfalls zum Bereich des erwähnten Organisa-
tionKMtsschusses gehört.
Deutscher Reichstag.
8.?. Berlin, den 19. Februar.
In der Samstagssitzung wurde das Gesetz auf Erhöhung der
kSohnungSSauavgabe angenommen, nachdem noch Genosse Ober-
nt a y e r -- Essen auf die preisdrückende Wirkung der sozialen Bau-
gemeinschaften und Bauhütten hingewiesen hatte. Es folgte die
demokratische Interpellation über die
Paßbestimmungen im Verkehr mit Deutsch-Oesterreich.
Auf die Begründungsrede des Avg. Heile, der die Schikanen bei
der Beschaffung der Sichtvermerke und bei der Grenzüberschreitnng
in Passau schilderte, antwortete
Innenminister Dr. Koester.
Er berief sich in der Hauptsache aus Erklärungen des Reichssinauz-
ministeriums, wonach zur Verhinderung der Kapitalverschiebung
auf den Sichtvermerkzwang nicht verzichtet werden könne; außer-
dem befürchtet die Regierung von der Beseitigung der bestehenden
Vorschriften eine Ueberflutung Deutschlands mit Einwanderern
aus dem Osten, die bei unserer Wohnungsnot katastrophal wirken
würde. Die deutschen Einzelregierungen hätten sämtlich gegen die
Aushebung des Patzzwanges im Verkehr mit Deutsch-Oesterreich
protestiert; die Reichsregierung wolle aber mit den zuständigen
Stellen über eine Milderung der persönlichen Grenzkontrolle ver-
handeln. Die Redner aller Parteien, einschließlich unseres Genössen
Simon-Augsburg, erklärten diese Ausführungen des Ministers
als unzureichend und wenn Dr. Köster auch wiederholt unsere
Kultur »ud SchiSsalsgeureinschast mit Deutsch-Oesterreich betont
hat, so steht damit die Tatsache doch in Widerspruch, daß gegen
Deutsch-Oesterreich der Paßzwang genau so gehandhabt wird, wie
gegen das übrige Ausland. Um unerwünschte Osteuropäer fern-
zuhalten, würde es doch genügen, die Befreiung vom Paßzwang
auf deutsch-österreichische Staatsbürger zu beschränken, sie käme uns
Reichsdeutschen natürlich ebenso zugute und könnte nur der An-
schlntzbewegung dienen. — Die Jnterpellationsdebatte endigte ohne
Abstimmung, am Dienstag wird das Wohnungsgesetz in zweiter
Lesung beraten, außerdem steht die zweite Lesuug des HauShalt-
plaues auf der Tagesordnung, wobei wieder große politische De-
batten zu erwarten sind.
KÄMW, W « AM.
So wahr mir Gott Helf!
Eine Bauerngeschichte aus dem Taunus
von Fritz Ritzel.
(14. Fortsetzung)
Das letztere wurmte Mulchen Hisscnauer am meisten. Ein so
eige-utümAch befriedigendes Gefühl war es gewesen, als sie ge-
glaubt hatte, Georg Berger werbe um sie, und nM einsm gewissen
Stolz hatte es sie -erfüllt, daß sie dazu berufen war, das ihren
Eltern einstens von dem alten Berger zngesü-gte Unrecht dem
Sohne «der feindlichen Familie durch lränkeuoe Worte in Erinne-
rung zu rufen. Ordentlich verrannt hatte sie sich in die Vorstek-
lnng, «daß der junge Mann nichts besseres verdiene — jetzt, nach-
de«m sie emfeh-en mußte, daß Gr Vorwurf eilt nngerechter gewesen,
sah die Sache ganz anders ans. Wenn sie daran dachte, mit wel-
chem Gesicht Georg vor ihr gestanden, als sie die beleidigenden
Worte gegen Gn geschlendert, welch zorniger und «doch so weher
Blick sie ans seinen «dunklen Augen getroffen« hatte, dann ging es
ihr Wie ein Stich durch das Herz, und sie hätte vor Scham in den
Boden« sinken mögen. Unbedingt schenkte sie seinen Worten Glau-
ben, mit welchen er sie wer Grell Irrtum aufllärte — sie wußte
selbst nicht, warum, aber sie hätte daraus schwören mögen, daß die-
ser Mann einer «hinterlistigen Lüge wicht fähig sei. Dabei- entpfand
sie weniger, daß sie sich vor der ganzen Svi unstube blamiert habe
— «das Bewußtsein machte Gr Qual, daß sie gerade diesem einen,
der Gr wie das Geringste zugesügt, unrecht getan, daß Georg ge-
sagt hatte: „Daß ich zu Mr nit komm, vo kannst du Gift druff
nomine!" — Ob sie wohl dem jungen Mann auch gleichglütig
wäre, wenn sie nicht den Namen Hissenauer trüge? Diese Frage
legte sich Matchen immer wieder vor und spürte ein eigentümliches
bringendes Verlangen, daß Gr von irgendwo eine Antwort dar-
auf käme. Georg war eigentlich ein schöner Mann, das hatte Gr
der Moment gezeigt, in welchem er entrüstet vor Gr stand — da
konnte es gewiß nicht fehlen, daß ihm die Herzen der Mädchen
entgegenschlugen. Bei dem Gedanken wallte es in Malchens In-
nerem heiß empor; es war Gr, als müsse sie jede, die sich dein
Burschen nähern wollte, mit Gewalt hinwegreiben, als müsse sie
demütig vor Gn hintreten und Gn um Verzeihung für die zuge-
sügle Kränkung bitten.
Die Eltern Malchens konnten sich nicht erklären, aus welchem
Münde Hr sonst so lebhaftes Kind in letzter Zeit ein so gedrücktes
Ausland,
Der Kamps um Genua.
Erfolge der französischen Verschleppungstaktik?.
London, 19. Febr. (Priv.-Tel. der „Ficks. Zig.") Die von
französischer Seite verbreiteten Nachrichten, baß Ne italienische
Regierung eine Verlegung der Konferenz von Genua wach Rom
angeregt habe, wird in hiesigen amftjchcn Kreisen als unrichtig
erklärt. Dagegen scheint «die neue italienische Ministerkrise die von
englischer Seite gewünschte Eröffnung der Konferenz am 8. März
immer unwahrscheinlicher' zu machen. Obwohl Lloyd George
selbst sich dazu noch nicht geäußert hat, rechnet man in den Kreisen
seiner näheren Umgebung nnnmchr «damit, daß die Konferenz
kaum vor Anfang April zusammentreteu könne, zumal da die Ver-
zögerungstaktik der französischen Regierung es erreicht hat, daß die
Zeit bis zum 8. März für die unumgängliche technische Vorberei-
tung und Durcharbeitung des KonfevemProgramms reichlich kurz
geworden ist.
Weber den Stand der französisch-englischen VerWnd-luttgen
verlautet, daß Frankreich auf die Teilnahme der Experten der
Kleinen Entente und Polens an den Beratungen der Sachverstän-
digen zwar verzichtet, dafür aber die Forderung gestellt habe, daß
die diplomatischen Vertreter dieser Staaten ermächtigt werden sol-
len, den Verhandlungen beizuwohuem. In seiner letzten Unter-
redung mit Lord Curzon hat der HMöfische Botschafter außer-
dem erklärt, die französische R-eKeruugsei außerstande, ihre Sach.
verstänvigM, die sich erst unter sich verständigen müßten, vor zehn
bis zwölf Tagen nach London zu entsenden.
Wahlsieg der englischen Arbeiterpartei.
London, 20. Febr. Bei einer Ersatzwahl in Manchester für
das Unterhaus unterlag der Kandidat der Regie-
runsskoalition mit 11000 Stimmen gegen den Kandidaten
der Arbeiterpartei (14000).
Badische Politik.
Ans den Ausschüssen des Landtags.
Die sozialdemokratische Fraktion zur Brennyolznot.
W.-n. Karlsruhe, 20. Februar 1922.
In der FrMWnachMt-agsstHung «des Haushaltausschufses
brachte die s oUM emo krat ische Fraktion folgenden Antrag ein:
Die Regierung wird ersucht, unverzüglich die Frage der
Brennholzversorguwg in den Kreis ihrer Erwägungen
zu ziehe» in der Richtung, daß
a) der Preistreiberei bei den Brennhnlzkäusrn gesteuert
ioird,
b) den nichtholzverechtigten Einwohnern der waldvrsitzerwen
Gemeinden ebenfalls Holz zn einem mäßigen Anschlag überlas-
sen wird,
c) den nichttvaldbesitzenden Gemeinden und den große»
Städten Brennholzauslanssebiete zur Deckung ihres
Brennholzbedarses zugewiesen werden.
Mn fozGldenrokrakischer Redner begründete des längeren den
Antmg, ebenso äußerten sich RegierNngsvertrcter zu ihm. Es
wurde aber beschlossen, endgültige Beschlüsse erst -in der nächsten
Sitzung, die am Dienstag, den 21. Ks. Mts. stattfindet, zu fassen.
Bon unserem parlamentarische» Mitarbeiter.
HaushaltSausschnß und Landwirtschaftskammer.
In der Nachmittagsfitzung des Donnerstag stand im Haus-
hKltsausschuß diese Angelegenheit zur Beratung. Vorher beschloß
man, die Frage der Bildung einer eigenen Ministerabtellung für
die Landwirtschaft, die mich in zwei Anträgen des Zentrums und
der DeutschnatiorMen gefordert wird, jetzt nicht zu erörtern, dage-
gen die Regierung zu erfischen, eine besondere Denkschrift Hier-
wegen auszuarbeiten. Im StaatSvoranschlag fordert das Mini-
sterium Zur Pflege der LaMwirtschast »0000 Mark, als Staats-
zuschutz au die Landwirtschaftskanuner zur Bestreitung ihrer all-
gerneine» Kosten 150000 Mark. Diese beiden Positionen wurden
einstimmig genehmigt. Dagegen entstand wegen der weiteren Po-
sition: Siaatszuschutz an die LanvwirtschaftSIammer zu den ihr
auf den: Gebiete des Tabakbaues erwachsenden Aufwendungen
125 000 Mark, eine recht lange Debatte, die sich den ganzen Rach-
rntttag hinzog und zu scharfen Angriffen auf das Geschäftsgebah-
ren der Landwtrtsch-aftskammer führte. Diese 125 000 Mark sind
der Anteil Badens an der Tabaksteuer gemäß 8 84 des Tavak-
stenergesctzes, gewissermaßen Nur ein Durchgangsposten im Staats-
voranschag, gleichwohl traten die Redner des Zentrums und der
Sozialdemokratie der Bewilligung dieses Betrages mit starkem
Mißtrauen gegenüber. Mai» sah darin mehrfach nur den Versuch,
uichtverkausteu Tabak, aus verfehlter Spekulation herrührend, aus
diesem Wegs nnterzubringen. Es wurde von verfehlter Politik
des Dandbnudlers Abg. Fischer-Meißenheim gesprochen und er-
klärt, man sei schon im Begriffe, in Karlsruhe eine Tabaksavrft zn
errichten. Der seinerzeitige Bericht des früheren Abg. Dr. Leser
über die geschäftlichen Manipulationen der Landwirtschastskam--
SWAWVMLIVMkWWMZMASN«»« MMWMl
Wesen zur Schau trug, und erschöpften sich in allen möglichen
Vermut Der Vorfall bei der Schmittebas konnte doch nicht
schuld daran sein, denn, wenn auch Molchen die Spiunstube nicht
mehr besuchte, so verkehrte sie doch nach wie vor im Hause der
Verwandten, imd zwar noch häufiger als früher, seitdem die Ver-
lobung ihres Bruders mit Settchen Schmitt zustande gekommen
war. Häufig blieb sie ganze Nachmittage bei «der Base und half
derselben am Nähen der Ausstaffierung, wobei sie gegen die Frau
des Hauses ein gewisses demütiges Wesen zur Schau trug, als
Wollte sie Gr von der Schmittebas getadeltes Betragen vergessen
machen. Die gute Schmittebas war keine von den Frauen, die
etwas «lange Nachfragen können. Wenn sie jemand in ihrer derben
Manier die Wahrheit gesagt — wie sie sich selbst ausdrückte:
„grü-i«ich den Kopf gewaschen «hatte" — dann war alles wieder
gut und mit keinem Wort erinnerte sie mehr die betreffende Per-
son art das Vergangene. Daß Malchen den begangenen Fehler
dem Anschein nach einsah, das schrieb Gr «die gute Frau hoch an
und hatte das Mädchen um so lieber; bedauerlich war es nur, daß
das Mädchen so ganz sein Wesen geändert hatte und gar nicht mehr
wie früher lachte und scherzte. Malchen- schien wie von einer in-
nerlichen Unruhe gepeinigt zu sein, wie jemand, der mit einem
schweren Entschlüsse ringt, war aber durch kein gütliches Zureden
zn bewegen, Uber das, was sie offenbar bedrückte, ein Wort ver-
lauten zu rassen.
Eines Nachmittags saßen die drei Mädchen wieder arbeitend
in der Wohnstube des Schmittchen Halises, als dis Tür aufging
und Georg Berger mit einem freundlichen „Guten Tag betsamme!"
eintrat. Beim Anblick Malchens ging es sichtlich wie Verlogenheit
über sein Gesicht, und die Türklinke wieder erfassend, sagte er:
„Die Bas hot mich Wege denk Hei herbestellt, des sie -ver-kaafe
Will! No, es pressiert jo nit — ich kann jo noch emol herkomme!"
Damit machte er Miene, sich wieder zu entfernen, als Malchen
Hissenauer sich wie in plötzlichem Entschlüsse erhob und auf den
jungen Mann zu trat. „Wege mir brauchst du nit fortzngebe,
Schorsch — ich wollt doch ewe haam." In seltsam bittendem, za-
gendem Tone kamen die Worte von ihren Lippen, so daß Georg sich
Werrascht nmwandte und die fast demütig vor ihm Stehende ver-
wundert ansah.
„Mei Sach pressiert jo nit — loß dich nur nit störe!" erwiderte
er dann kühl.
„Ich waaß jo, daß ich dir im Weg bin!" fuhr das Mädchen
mit gesenktem Kopfe fort. „Du host's jo neulich selbst gesagt — im
mer wurde als zutreffend und objektiv bezeichnet, obwohl er voll
beteiligter Sette scharf angegriffen worden fei. Ein sozialdemo-
kratischer Redner machte auch Mitteilung über eine in Mittels adelt
in der Gründung begriffene Grotzeintaufsgenossenschaft für Tabak-
bauern, kurz, die Landwirtschaftskammer -hatte viele Ankläger «E
nur wenige Verteidiger.
Außerdem kritisierte die Sozialdemokratie noch die Anvanung
von Tabak anstelle von Getreide, Da das letztere notwendiger ge-
braucht werde. Allerdings wurde nachgew-iesen, «daß im allgemei-
nen «die mit Tabak bebaute Bodenfläche nicht zugenommen habe
und oft kein besseres Gewächs gebaut werden könne. Außerdem
sei es gkt, den Tabak im Lande selbst zu bauen und Gn nicht M
teures Geld aus anderen Ländern zu hole».
Getadelt wurde von der sozialdemokratischen Fraktion auch,
daß sroch manche Gemeinden die Beiträge für die-Landwirtschafts-
kammer aus der Gemeindekafse bezahlen; der Minister des In-
nern teilte hierzu mit, daß bereits Anweisung gegeben wordeit
sei, dies, insbesondere in Fndustriegegenden, zu unterlassen. Eist
Nachweis darüber, welche Gemeinden diese Beiträge noch zahlcih
wurde verlangt.
Außerdem verwahrte sich der Minister auch noch gegen die Ast-
griffe, die voll landwirtschaftlichen Organen gegen ihn gerichtet
wurden.
So stand die LandwirtschaftSkMMler, wie schon mehre« Male,
im Brennpunkt parlamentarischer Erörterungen. Ob sie daraus
lerne» wird?
Zu dem Bericht über die Besetzung des Mannheimer Bahn-
hoses «durch die Schutzmannfchast während des Eisenbahmrstreiks
ist nachzutragen, Daß angeordnet war, die Handgranaten am Tage
nicht zu tragen, sondern nur des Nachts. Die von einem Abgeord-
neten deswegen erhobenen Vorwürfe waren also nicht berechtigt.
Wo steht die Reichsgewerkschaft?
Ausführung von Bauten des Unterrichtsministeriums.
Der HaushaltSausschuß unterbrach am Freitag kurz seine Be-
ratungen über den Voranschlag des Ministeriums des Jnirern und
bewilligte, um notwendige Bauarbeiten bald in Angriff nehmest
zu können, für den Neubau der Medizinischen Klinik in Heidelberg
2450 000 Mk., für den Neubau der orthopädischen Klinik an de«
gleichen Universität als 8. Teilforderung 1500 000 Mk., für dest
Ausbau und Einrichtung des Dachstocks der psychiatrischen Klinik
220000 Mk., für den Neubau der Anatomie in Freiburg
4 600000 Mk., für den Neubau und Einrichtung eines Gebäudes
für die Jngenteurabteilung der Technischen Hochschule in Karls-«
ruhe (Nachforderung) 1157 000 Mk., für die Aufstellung eines
Dieselmotors für das Heiz- und Kraftwerk 310000 Mk., sowie süi
den Umbau der Uhrmacherschule in Furtwangen 275 000 ML
Gewünscht wurde auch hier vom Zentrum und von der So-«
zialdemokratie rascheres Bauen, weil die Baukosten ständig
steigen. Wenn im Sommer Staatsbauten nicht weitergeführt wer-«
den, müssen die Bauarbeiter die staatliche Erwerbslosensürsorge ist
Anspruch nehmen.
Soziale Rundschau»
Preisbildung des Brennholzes.
Die ungeheure Erbitterung, welche «das sprunghafte Hinaus-
schnellen der Brennholzpreise in allen Bevölkerungsschichten her-
vorgerufen hat, hat eine der sogenannten „zuständigen" Stellest
veranlaßt, in Nr. 40 der „Karlsruher Zeitung" einen fpaltenilan-
gen BcruhigumgsarWöl los zn lassen. Dieser BeruhignmswtikeE
ist aber durchaus nicht geeignet, die erhoffte Wirkung zu erzielest
sondern fordert Direkt zum Widerspruch heraus. Der langer
Rode kurzer Sinn ist nämlich nur der, daß der unter der Wucher«
Preisbildung leidenden Bevölkerung gesagt wird: „daß Vater
Staat leider an den Wucherpreisen nichts ändern könne und d«ß
Staat und Forstämter Ml dem Holzwucher schuldlos feier»." Wenst
man dieses liest. Dann weiß man tatsächNch nicht, soll man meh«
Mitleid mit dem ohnmächtiger» Staat oder mit seinem unglück-
lichen VevteWger von der „zuständigen" Stelle haben. Es Wäre
ja noch schöner, wenn Vater Staat und seine Forstämter die Preis-
treiberei noch direkt selbst fördern würden. Aber auch der „M-
ständigen" Stelle muß klar sein, indirekt haben die Hauptschuld ast
der wucherischen Preisentwicklung Die „zuständigen" Stellen, dir
dem Drängen «der Holzinteressenten nachgaben und die Hand zrt«
Beseitigung der Zwangswirtschaft auch auf diesem Gebiete boten-
Geradezu köstlich ist aber, wenn es kn dem Artikel heißt: „daß
übrigens die Preise für Brennholz Ar der'freien Wirtschaft eine
gewisse Steigerung gegenüber den Während der Zwangswirtschaft
unter großen Opfern äußerst nieder gehaltene»?
Höchstpreisen erfahren müssen, liegt «ans die Hand, zumal auch
die ErzenMMgskosten sich ganz erheblich vermehrt Haben."
Also nach der zuständigen Stelle scheint ein Hinanfschncllest
ans den 10- oder mehrfachen Preis mir eine gewisse oon vorn-
herein zu erwartende Notwendigkeit zu sein. Dies wird ii» denk
Beruh igungsartikol nochmals unterstrichen, indem man in» weite-
ren Absatz die Konfnmenten darauf hinweist, daß sie sich daran ge-
wöhnen müßten, daß der Wert des Brennholzes sich auf den Pa-
Do host jo nach Recht. Was ich dir ins Gesicht gesagt hab, des
konnst du dir nit gefalle rosse!"
„Wenn du des selbst sagst, dann Werst du nach Wisse, daß es
nit wohr is, was du mir domols vorgeworfe host!" unterbrach M
der junge Manu bitter.
„Ich waaß, daß ich dir Unrecht getan hab — trag mir's ntt
nooch, Schorsch! Es Hot mich die ganz Zeit her gedrückt, deswege
hab ich dir des sage müsse!"
„Awer Matche —"
„Main guter Vatter sagt immer", fuhr das junge Mädchen
fort, „wenn mer e Unrecht getan hat nn sicht's ein, dann mutz mer
nach de Mut hawe, es offe einzugestehe. Ich hab dir Unrecht get.lN,
Schorsch — wenn du willst, dann sag ich dir des vor alle Leit.
Awer trag mir's nit nooch!"
Das Ueverrafchende dieser Abbitte wirkte auf Georg förmlich
verwirrend. War diese liebliche Erscheinung, welche Ar so demü-
tiger Haltung mit seuchtschimmernden Augen vor ihm stand, die
nämliche, welche ihn neulich so schwer vor der gmrzen Gesellschaft
gekränkt Hatte? An die er seit jenem Tage immer mit einem Ge-
misch von Groll und Schmerz Denken müßte?
Als Würde ihm ein unverhofftes Glück zuteil, so wallte es
wie Jubel in seinem Herzen empor, und seinem a-u-genblicklichen
Gefühle folgend, ergriff er mit beiden Händen die Rechte Malchens
und sagte innig:
„Matche — wem» du Müßt, wie Weh «du mir getan host, nn wie
froh ich jetzt bin, daß du so lieb und gut gege mich bist, dann wiM
du aach, daß ich dir nix noochirage kann! Matche, soll ich -dir Ggc-
wie mar's die ganz Zeit her ums Herz war?"
Er hatte sie an sich gezogen, als wolle er sie liebend ans Herf
schließen, und senkte in heißer Zärtlichkeit den Blick in Gr Auge.
„Lotz mich, Schorsch. lob mich nn» Gotteswille!" wehrte das
Mädchen in flehenden» Tone und suchte sich loszumachen. „Frenw
müsse wir uns bleibe — awer Feind wolle wir uns -nit sein!"
„Matche — warum müsse wir uns fremd bleibe?" drängte
Georg mit bebender Stimme. „Wett nufer Leit emol vor lange
Jahre vor Gericht gestann« hawe? Matche — es is man Fluß w
tief, mer kann e Brück drüber schlage! Matche, geh ntt fort!" flM
er dann bittend fort, als das Mädchen ihr Uinschlagetuch EM
und Miene »nachte, sich zu entfernen. „Bleib do, sonst müßt ich w
glaävc, es reut dich, was du vorhin zu mir gesagt host!"
„Ich «darf ntt, Schorsch, loß mich. So hart mich's auttmm-k
— ich mutz fort. Awer Des glaav mir, Schorsch — damit reichie