das; das RcichKer«rStzruMsmiuisterillm mttsr der; gegenwärtigen
Berhältniffen überflüssig ist und mau mit seinem Abbau beginnen
kann.
Ausland.
Die Finanzkonferenz in Paris.
Das amtliche Communiquö.
Paris, 12. März. Rach Beendigung der letzten Sitzung der
Konferenz der alliierten Finanzmtnister wurde fol-
gendes amtliche Eommuuique heraus gegeben:
Die Finanzminister haben eine Regelung der schwebenden
Fragen vorgenommen und kamen zu einem vollkommenen Einver-
ständnis über die Verteilung der deutschen Zahlungen. Im Lause
der Verhandlungen haben die Fiuanzminister auch die allge-
meine Frage derReparationen besprochen und sie sind
zu der Ueberzeugung gelangt, daß nach dem Versailler Friedens-
vertrag und nach den Erklärungen der Regierungen diese Frage
ausschließlich zu den Befugnissen der Reparationskommission ge-
hört. Sie haben aber einmütig anerkannt, wie wichtig es sei, datz
die Regierungen ihren Delegierten in der Reparationskommissto»
die Notwendigkeit begreiflich machen, so rasch wie möglich eine
bestimmte Lösung ins Auge zu soffen, um die Reparationszahlun-
gen sicherzustellen, sei es durch Sanierung der deutschen Finanzen
und durch eine effektive Kontrolle oder sei es durch die Aus-
gabe ausländischer Anleihen durch Deutschland, die durch die Zoll-
einnahmen oder durch andere Einnahmequellen, die die Repa-
rationskoMmtsfton auswählen wird und die dazu dienen sollen,
einen Teil des Kapitals der deutschen Schuld zu tilgen, sicher-
gestellt werden.
Die Minister beschäftigen sich auch mit der Regelung der von
den alliierten europäischen Mächten untereinander kontra-
hierenden Schulden.
Eine amerikanische Ueberraschung.
Pari §, 11. März. Gestern, am 3. Verhandlungslag der inter-
alliierten Finanzministerkonferenz hat der amerikanische De-
legierte Bohden, der als amerikanisches Mitglied der Repa
rationskommisston an der Konferenz teilnimmt, aus Anlatz der
Verhandlungen Wer die Besatzungskosten im Rheinland im Auf-
trage der amerikanischen Regierung die sofortige Zahlung eines
Teiles der für den Unterhalt der amerikanischen Garnisonen im
Rheinlande ausgegevenen Summen verlangt, und zwar 24V Mil-
li o n e n Gol d m ark, während der Rest später zu bezahlen wäre.
Die Gesamtsumme der amerikanischen Besatzungskosten beträgt nur
bis zum 1. Mai 1S21 966 Millionen Goldmark. Die amerikanische
Forderung kam unerwartet, wenn sie auch schon gestern in einer
Newyorker Meldung als Absicht des Präsidenten Hard ing an-
gekündigt wurde. Der Amerikaner hatte die ersten Tage seelenruhig
zugehört, ohne feine Forderung vorzubringcn.
Lenin über Rußlands ArchenpoMik.
Moskau, 8. März. (Drahtb. des Sonderberichterstatters der
Frk. Ztg.) Die Blätter veröffentlichen die Rede Lenins aus der
Tagung des MetallarbeiterverSandes. Lenin erklärte, die Sowjet-
regierung sei sich klar bewußt, datz die Einberufung der Konferenz
von Genna durch den Zwang der Westmächte, mit Rußland Handel
zu treiben, hervorgerufen sei. Die Russen gingen in gleicher Weise
als Kaufleute nach Genua. Die Westmächte setzten durch die
Aufstellung immer neuer Bedingungen niemand in Erstaunen.
Lenin sagte Wörtlich:
„Ich hoffe, persönlich Llohd George sagen zu können,
datz es keinen Sinn Hat, Rußland ständig durch diese Manöver zu
schrecken. An Rußland treten die kapitalMschen Länder täglich mit
neuen Angeboten heran; die Zahl der aWschloffenen Verträge
Wächst. Deshalb beweist der Aufschub der Konferenz, daß
diese Leute selbst nicht wissen, was sie wollen. Wir habe!« dagegen
die gegenwärtige Situation klar ersaßt und erklären, datz wir dell
Rückzug, den wir begonnen haben, heute beschließen. Wir erkenne,«
vollkommen deutlich und verbergen uns nicht, datz die neue Wirt-
schaftspolitik einen Rückzug bedeutet hat. Wir sind weiter kegüngeu.
als ratsam war. Weiter setzen wir unseren Rückzug nicht fort.
Trotzdem verkenne» wir nicht die erheblichen Schwierigkeiten, in
denen wir uns befinden. Wir sind uns vollkommen Sewußk, was
der Hunger in einem Bauernlande wie Rußland bedeutet. Wir
wissen, datz Wir dieses Elend no ch n i ch i ü b e r w u «den haben,
wir wissen, was eine finanzielle Krisis in einem Lande bedeutet,
das gezwungen wird, Handel zu treibe«, und das gleichzeitig eine
derartige Mengs von Papiergeld emittiert hat, wie man sie «och «ic
gesehen hat. Wir erkennen diese Schwierigkeiten, ich denke aber
nicht au Verzagen. Sie sind unfaßlich, dennoch erdrücken sie uns
nicht. Wir mti s s en arb e i t e n und uns nüchtern den anderen
Aufgaben entgegenstellen, die darin bestehen, datz wir zu einem
Einverneymen mit den europäischen Händlern
gelangen. Heute müssen wir ihnen erklären: Genug damit,
kein Nachgeben! Wenn die Herren glauben, man könne das
Spiel noch weiter hinziehen, und je weiter es Hingezogen werde,
desto größere Konzessionen könnten sie von uns erlangen, dann
in en sie sich. Genug, morgen werden sie nichts erhalten! In diesem
Zusammenhang ändern sich unsere Ausgaben.
Jur Inner», Hauptsächlich in der Wirtschaftspolitik,
brauchen wir keine Neuerungen, es brauchen keine neuen
Dekrete zu erfolgen. Notwendig ist lediglich eine Prüfung der
Arbeitsfähigkeit unserer Leute zum Zwecke der praktischen
Durchführung der neu beschlossenen Wirtschastsreformen."
»Sik RUWWei Ott MMM MW!
Sonntag, Yen 18. März, nachmittags 3 Uhr in
der „Krone" in Mosbach
SMUMMWNNM
Tagesordnung: 1. Bericht des Vorstandes; 2. Neuwahl
des Vorstandes; 3. Maifeier 1922.
In Anbetracht der Wichtigkeit der Tagesordnung wird
das vollzählige Erscheinen sämtlicher Mitglieder des Amts-
bezirks erwartet.
Der Bezirksvorstand.
I. A.: Jost.
Badische Politik.
Die Politik des Badischen Landtags.
* Heidelberg, den 18. März 1922.
Aus Karlsruhe wird uns geschrieben:
Die Prognose, die man der Tagung des badischen Parlaments
bei Beginn seiner Arbeiten gestellt hat, hat sich bisher als richtig
erwiesen: Ohne große Erschütterungen und ohne übertrieben hef-
tige Debatten ivird das Programm -er einzelnen Sitzungen er-
ledigt, und die erdrückende Mehrheit -er Abgeordneten befleißigt
sich visier sachlichen und würdigen Haltung. Datz -er Staat -gut
dabei gedeiht, und -atz Die Bevölkerung von einer solchen Tätig-
keit den Nutzen hat, wird Wohl nur der verkennen wollen, der den
Parlamentarismus als die Tmnuietstätte wilder Parteileiven-
schaften aufsasft und das chaotische Durcheinander als die beste Ge-
legenheit zum Geschäftemachen betrachtet.
Jur Badischen Landtag sind es eigentlich nur die fünf Links-
radikaleu, bei denen ab und zu etwas Lust zum Radaumachen zu
verspüren ist. Die übrigen Parteien beschränken sich bei aller. Ent-
fchiedenHeit, mit der sie Hre Grundsätze vertreten, auf sachliche
Mitarbeit. Und sogar von den Deutfchnatioualen kann «narr sagen,
datz sie Lis jetzt im Parlament so gut wie gar keine Opposition ge-
macht haben. Wenigstens hat es sich dann nur um sachliche Oppo-
sition gchmtdelt, und auch da nur in EinzeMllen, denen eine grö-
ßere Bedeutung kaum beiznmessen ist.
Wer allerdings in Den letzten Monaten die Parteipresse der
Deutschuatiormlen, d. h. dm badische,« Teil ihres Stuttgarter Par-
teiorgans, gelesen hat, der Wird wohl zunächst aus eine etwas an-
dere Haltung gefaßt gewesen sei». Wenn man Den Hetzartiteln
dieses Blattes glauben wollte, Daun müßte Die badische Regierung
so ziemlich eftre D« miserabelsten von der ganzen Welt sein, und
dann müßte eigentlich Das- badische Volk Vor Empörung über die
Miss-fwten seiner Regierung gar nicht mehr zur Ruhe komme«.
Nun, Datz Die Dinge nicht so sind, -atz die badische Regierung im
ganze treue und gute Arbeit geleistet hat, W so sehr Ueberzeu-
gltng per Mergrotzeu Mehrheit des Volles, datz- inan Wer die
Hk-tzarti-köl jenes Mihratermr GtltttgaHer Vatteiorgaus der Deutsch-
uationalou mir lachen wnn.
Wenn mau dann aber sehen mutz, datz auch Die Parlameuts-
frattio» Dieser selben Partei der Regierung mit Zurückhaltung ge-
gc nsibertritt, so wird man vielleicht doch das Lachen verlernen und
sich wieder -einmal allen Ernstes fragen, wie Denn unsere öffentli-
chen Zustände gesunden sollen, wem» eine Partei, Die sachlich nur
sehr geringe Bedenken vorzubrisigen vermag, in ihrer Preffeagi-
tation eine Hetze sich entfalten läßt, die, wenn sie überhaupt bcach-
ret wird, doch nur zu einer weiteren Verwüstung der Begriffe der
Staats- und RegicruugSautoritüt führen mutz. Es ist ja jeden-
falls eine Zwiiespännigkeit zu beobachten, die der Partei als solcher
kamn MM Ruh-me gereicht.
Was die Deutschs Volkspartei betrifft, so hat sie bis jetzt recht
verständnisvoll milgearveitet. Die ParlainentsgruPPe dieser Par-
tei besitzt zudem in der Person des Abgeordneten Professor Weber
einen Führer, der sich Men lassen kann. Daß die Deutsche Volks-
partei Men Augenblick bereit ist, in die badische Regierung ein-
sntreten, ist bekannt. Es handelt sich nur um Die Frage, in welcher
Form das zu geschehen, hätte. Ein Staatsratspoften stände ihr zur
Verfügung. Sie will sich aber damit nicht begnügen. Und doch
konnte man in letzter Zett in den tsUwolksparteilichen Blättern le-
sen, Daß Baden zu viel Ministerien besitze, und daß zwei von ihnen
Wegfällen könnten. Run ist Doch aber ohne weiteres klar, -atz
dann Dis Deutsche VoKspartei unter keinen Umständen einen
Ministerposten bekäme. Denn selhsiverstäiMkch wsirsien vor all''
Zentrum und Sozialdemokratie, die mit ihren 34 bezw. 2V t
ordneten allein eine stattliche Mehrheit im Parlmuent bilden, dies
Ministerposten unter sich verteilen.
Das Ganze ist eben nur ein Gerede unverantwortlicher Poli-
tiker, Die damit Stimmung gegen die Regierung machen wolle».
Und die Abfuhr vonseiten der Koalttionspresse ist denn ja auch
nicht ausgebliebew Leider gilt auch, wenn schon nicht in demsel-
ben Matze, für die Deutsche Volks Partei Die Feststellung, daß die
ihr uahestehen-dm Zeitungen sich erheblich ungeschickter und
täppischer benehme», als ihre Mtgeleitete Parlamentssraktion. Und
so hat es nicht ausbleiben können, datz neulich Die zur Deutschen
Volkspartei ttbergeschwenkte „Badische Presse" in Karlsruhe die
Blätter der Partei mit ziemilicher Deutlichkeit ersucht Hat, sich doch
etwas verständnisvoller Den wahren Bedürfnissen der Partei
anzupassen.
Was die Arbeiten des Landtags anlangt, so wird zurzeit
der Etat beraten. Bemerkenswert aus diesen Beratungen ist die
Bewilligung der «euer« Teuerungszulagen a« die badischen Be-
amten und Die Bewilligung Von über sieben Millionen Mark
Teuerungszulagen für Die Geistlichen. Bei den Teuerungs-
zulagen für die Beamten ist Baden insofern Don Der für das
Reich geltenden Norm ahgewichcn, Ms es Die höchsten Beamten
gruppen von Der Gewährung jener Teuerungszulage (von zwei-
tausend Mark) ausgeschlossen hat. Regierung und Landtag gingen
Dabei von der Erwägung aus, Datz bei der großen Besoldungs-
reform diese Gruppen schon ohnehin relativ so günstig gestellt wor-
den sind, datz sich eine neue Zulage in Diesem Augenblick aus so-
ziale» und noch mehr aus finanziellen Gründen nicht rechtf-ertigen
lasse.
Soziale Rundschau.
Kalkwerkarbeiterstreik in Mchen,
Die Arbeiter Der beiden Kalkwerke in Richen stehen seit Don-
nerstag im Streik, weil die Arbeitgeber nicht geneigt waren, den
Stundenlloy«, Der jetzt 5.2V Mk. für ein«» erwachsenen Arbeiter
beträgt und noch Ns vor kurzer Zeit 3 Mk. betrug, zu erhöhen. Die
Firmen suche» mit allen Mitteln Arbeitswillige. Sie suchen die
Bevölkerung zu täuschen, indem sie i» Der Eppinger Zeitung ver
künde», in ihren Werken sei kein Streik, sondern Die Albeiter frist-
los entlassen. Mit Weser Bauernfängerei werden Die Herren m
türkich so wenig erreichen wie mit ihrem Hilferuf nach der Gen
darmerie, die den Streikposten verbieten sollte, die unter falschen
Voraussetzungen angelockten Arbeitswilligen Wer den wahren
Tatbestand auszuklären. Die Herren Arbeitgeber hatten aber kein
Glück, trotzdem sie den geköderten Arbeitswilligen 1 Mk. pro
Stunde mehr geboten halten, als die Streikende» verlangten. Unter
dm Streikenden besteht Solidarität.
MetaNaNbettsrstVeik in Bayern und
Württemberg.
Am Donnerstag, de« 9. Mürz sand eine Sitzung des Vorstan-
des des DeutschenMetallarbeiterverbaudes rind der VezirMeittm-
gen der Bezirke Bayern und Stuttgart statt, um zu dm schweben
den Differenzen Stellung zu nehmen.
Anschließend daran tagte eine Konferenz aller im KMettwcch-
kommen für die Metallindustrie in Württemberg beteiligte« Or-
ganisationen und Verwaltungsstellen. Die Konferenz beschloß
einmütig und einstimmig, datz der Kampf unvermeidlich
sei, da der Arbeiterschaft nicht -»gemutet werden könne, einer Ver-
längerung der Arbeitszeit zuzustimmen. Ebenso sind die materiellen
Zugeständnisse des Schiedsspruches vollkommen ,«»befriedigend.
Diese Entscheidung entspricht völlig de» Wünschen der Metallar-
beiter, die übe,all gegen verschwindende Minderheit in der Ural,
stimm,mg für dm Streik entschieden haben.
Die Fortsetzung der Beamtenoerhaudlungert.
S.P. B e r l i n, 12. März. (Eig. Beri ch 1.) Am Sonnabend
vormittag verhandelte der geschäfts führende Aus schütz Der Ver-
hasidlnsigskotnmission der Spitzeuvervände mit -den, R-eichsfiman-.-
Minister Her mes und später mit Der Reichskanzlei Wer die Fori
führung Der unterbrochenen BesoldungsverhanDlusigein Die Ge-
werkschaftsvertreter legte» gegen die Ablehnung eines Mit
gliedes der BerhandlvngskommWo» »och einmal Verwahrung
ein. Jur Lause der BerlMuDlnugm wurden verschied«»« Vorschläge
zur Beilegung des Konfliktes gemacht, von denen schließlich eine,
in der Veihaichlung.skoncmission zur Annahme gelangte. Danach
Werden Die weiteren Berhaudluugen aus dem Reichssinanzmini-
sierium in die Reichskanzlei verlegt, aber mit Rücksicht aus
die notwendige schnelle ErlMgnng der Neuregelung der Besol-
diM-gsverhältuisss, -er bereits zu Beginn der BerHa>Mungm anc
Freitag vor« Den Gewerkschaften bestimmte zwNsgliedrige Ausschutz
mit der Wetterführung der Verhandlung beauftragt. Ms dieser
Basis sind die Verhandlungen am Sonnabend nachmittag dreiein-
halb Uhr wieder ausgenommen worden.
Die gestern um (44 Uhr in der Reichskanzlei begonnenen Ver-
handlungen der Regierung mit der Zwölserko,»Mission der Beam-
So wahr mir Gott Helf!
Eine Baurrngeschichte aus dem Taunus
von Fritz Ritzel.
(32. Fortsetzung)
11. Kapitel.
Bor dem weltliche« Richter.
Richt nur aus Twfentai selbst, sondern -auch ans den ben-ach«
barten Ortschaften warm Die Leute herbeigeströmt, um der Ge-
richtsverhanDdtng gegen Den Des Totschlagversuches beschuldigten
Ludwig Hissenauer betzuwohnen, so Datz der .Zuschauerraum des
Sitzungssaales bis an das äußerste Ende von Neugierigen ange-
fiillt war. Das war doch einmal etwas gang Besonderes, zu sehen,
wie einer der reichsten Bauernsöhne au» der Gegend aus Dein Ar-
mesüsiderbänkchen saß, ein Bursche, Dem mau nicht im entfernte-
sten eine solche Tat zugetraut hätte, Der kurz vor der Hochzeit ge-
standen und der jetzt aller Voraussicht nach für «ine längere Reche
von Jahren seine Schuld dm Gefängnis büßen mutzte.
Denn immer »lehr hatte sich im Verlauf der Untersuchung 4«
der öffentlichen Meinung Die Ueberzeugung befestigt, daß nur Lud-
wig Hissenatter und kein anderer der Täter gewesen fein könne.
Förster Gebhard sprach Dies unumwunden Ms und führte Ms be-
sonderen Beweis Dafür an, daß er schon einige Wochen vor der
Tat den Angeklagten beobachtet habe, wie sich Derselbe in höchst
verdächtiger Weise -im Walde herumgetricben nnd zwar am frühe-
sten Morgen. Was hatte Der Bursche um Diese Zeit Dort zu suchen?
Arbeit tm Walde für ihn gab es nicht und zum Spazierengehen
war Das Wetter zu abscheulich. Schon Damals sei -auch ihm,, dem
Förster, Die Spur des Burschen Wit -den kreuzweise» Nägslabdrük--
ken ausgefallen. Dies und noch anderes meinte Der Förster, wenn
.er gelegentlich aus die -Sache zu sprechen kam, reiche schon hin, den
alles Leugnende» zu überführen, auch wenn er, Der Förster, nicht
beschwören könne, datz er den flüchtenden- Wilderer bestimmt er-
kannt habe.
Eine -erwartungsvolle Stille lag über der Bersanmünng, nach-
dem Der Vorsitzende des Gerichts den Angeklagten aufgefordert
hatte, etwaige Einwendungen gegen die von der Anklagebehörde
gegen -ihn erhobene Beschuldigung vorzubringen. Alles schaute
aus Ludwig HissenaNer, Der sich erhoben hatte und bleich, aber mit
voller Fassung, vor seinem Richter stand. Der monatelange Auf-
enthalt in Dem Gefängnis hatte d«m Mutzeren des Burschen wenig
cmgeiM. Lag auch über seiner Erscheinung nicht Die ker»hafte
Frische blühender Jugend, wie man sie sonst an ihm gewohnt war,
so sprach sich doch in seiner Haltung und in seine» Mienen eure
uuevschütterte -Zuversicht aus, als wäre, er sich der Schwere der
Lage, in welcher er sich befand, gar nicht bewußt. War das Drei-
stigkeit oder Bewußtsein der Unschuld?
Alts ein wiederholtes: „Nun, -Angeklagter, was haben sie zu
sagen?" des Vorsitzenden, begann Ludwig mit Mer Summe:
„Was ich schon den« Herrn Untersuchungsrsthter hundert Mol
gesägt hab, Herr Präsident! Ich bin unschuldig! Ich hab nit uff
den Förschter geschosse!"
„sind Sie bestreiten auch, datz Sie an den« fraglichen Morgen
in dem Walde nm TotetMrg gewesen sinh?" fragte Der Richter.
„Ich bestreite das!" antwortete' Ludwig. Etwas kleinlaut
kam diese Versicherung heraus.
„Dann wollen wir also Die Zeugen vernehmen! Aus Driuyen-
des Ersuche» Des gleichfalls als Zeuge geladenen Herrn Bürger-
meisters Philipp Westvorn ist der Zeuge Landwirtssohn Georg
Berger zuerst auszurufen! Wie -er Herr Bürgermeister versichert,
würde die Aussage dieses Zeugen ein« überraschende Wendung in
die ganze Verhandlung bringen!"
Der Gerichtsdiener entfernte sich und kehrte gleich Damms mit
Georg Berger zurück, der beim Eintreten dem ÄiMKagt-cu einen
ermunternden Blick zuwarf, so Daß Lridwig Hissen«»» die vorhin
bet der Frage des Richters etwas verlorene Fassung wieder zu ge-
winnen schien.
Georg Berger trat an den Richtertisch, gab ruhig aus Ne Fra-
gen nach Alter, Stand nnd so weiter Antwort und sprach «nit
fester Stimme die Eidesformel nach. Auf den Schluß derselben
„so wahr mir -Gott Helf" legte er besonderen Nachdruck und wandte,
nachdem er die Worte gesprochen, das Gesicht «ldum Moment lang
nach der Galerie Des Saales, wo Molchen Hissenauer und ihre
Eltern Platz genommen hatten. Lag nicht in dem starren Blick der
Fra» Hissenauer, mit welchem st« auf ihn, Den Zeugen, Herabsah,
etwas Bittendes nnd Drohendes zugleich, und strahlte UM nicht
aus dm tränenersüllten Augen -es geliebten Mädchens die Mah-
nung entgegen, fest zu bleibe» und nicht um Haaresbreite von Der
Wahrheit abzuweichen?
„Ich mache Sie nochmals auf die Heiligkeit des soeben gelei-
steten Eides aufmerksam und fordere Sie aus, jetzt zn erzähle».
Was Sie über Die Sache wissen." So tönte jetzt die einförmige
Summe des Vorsitzende» durch den Raum, und Georg begann:
„Ich bitt an dem Morien mit Dem Schlitte »doch Dem Tokc-
berg gesahre un hab e Fuhr Holz hol« wolle. Den Forstwart Hö-
sel halt ich mitgenomme. Wie wir ungefähr noch e halb Stund
von der Hink-elwies untsernt gewese sinn, do hot's im Wald ge
fchyfse — zwaa Mol korz noochenanner! Der Forstwart ts gleich
vcm Schlitte erunner uu De' Werg muss, Weil er gemaaut Hot, er
könnt den Wilddieb -abfange. Ich bin schnell weiter gesahre — do
hot's zum dritte Mol geschosse, aus derselbe Richtung her, wo nach
die zwaa annere Schütz' gefalle sinn. Es warn vielleicht drei Mi-
nute uooch dem letzte Schutz vergange, do hab ich geseh«. wie cu
Mann von links De Berg erunner gelaasc ts, quer über de Weg,
euMner in die Dattebach
„Sn der Voruntersuchnug haben Sie diesen Umstand nicht er-
wähnt!" unterbrach Der Richter erstaunt den- Zeugen. „Haben
SW den Mann erkannt? Wer war es?"
„Es war der augeklag-te Ludwig Hissenauer!" erwiderte Georg
M.
Der Angstms einer weMichew Stimme wurde von der Galerie
aus vernehmbar, so daß alle Die Blicke dorthin richteten. Frau
HisscnMer halte -den Schrei MÄge-stotzeu und stand jetzt, weit über
die Brüstung vorgeuMt, dort M-eu, nut einem Ausdruck von Zmsi,
und Schrecken in den Mienen, Das M'chende Auge drohend aus deu
Zcugen geheftet, als wollte sie jedes weitere Wort aus Dessen Lip-
pe!, bannen. Die abweh«»nde Geste, mit welcher Georg den Blick
wieder von ihr wandte, schien die Frau zu überzeugen, datz alles
verloren sei — wie gebrochen sank sie Mts ihren Sitz zurück und
verbarg das Gesicht mit beiden Händen.
Auch den Angeklagten Hatten Die Wenigen Worte Georg Ber-
gers auf das furchtbarste ersthiittert. In tödlichem Schrecken
starrte er Ms de», ans Dessen Gebärde er noch vor wenigen Minu-
ten Hoffnung für sich herauKgelefen hatte; erdfahl im Gesicht, ein
Bild überwiesener Schuld fast er zwischen seinen Heiden Wächter»
und vermochte nicht gleich Dem Vorsitzenden Antwort zu gebe»,
welcher sich zu ihm gewendet hatte.
„Was sage» Sie Dazu, Angeklagter? Der Zeuge behauptest
Sie au dem fraglichen Morgen im Walde-gesehen und erkannt zu
haben?"
Erst als die Frage wiederholt wurde, raffte sich Ludwig zu-
sammen und erhob sich langsam von seinem Sitze. Als er ge-
wahrte, wie sich alle Micks forschend aus ihn richteten, schien es
wie ein Plötzlicher Entschluß über ihn zu locmneu und die Hand be-
teuernd auf die Brust legend, sagte er gepreßt:
„Un wenn ich aach im Wald gewese An, Herr Präsident — uss
Berhältniffen überflüssig ist und mau mit seinem Abbau beginnen
kann.
Ausland.
Die Finanzkonferenz in Paris.
Das amtliche Communiquö.
Paris, 12. März. Rach Beendigung der letzten Sitzung der
Konferenz der alliierten Finanzmtnister wurde fol-
gendes amtliche Eommuuique heraus gegeben:
Die Finanzminister haben eine Regelung der schwebenden
Fragen vorgenommen und kamen zu einem vollkommenen Einver-
ständnis über die Verteilung der deutschen Zahlungen. Im Lause
der Verhandlungen haben die Fiuanzminister auch die allge-
meine Frage derReparationen besprochen und sie sind
zu der Ueberzeugung gelangt, daß nach dem Versailler Friedens-
vertrag und nach den Erklärungen der Regierungen diese Frage
ausschließlich zu den Befugnissen der Reparationskommission ge-
hört. Sie haben aber einmütig anerkannt, wie wichtig es sei, datz
die Regierungen ihren Delegierten in der Reparationskommissto»
die Notwendigkeit begreiflich machen, so rasch wie möglich eine
bestimmte Lösung ins Auge zu soffen, um die Reparationszahlun-
gen sicherzustellen, sei es durch Sanierung der deutschen Finanzen
und durch eine effektive Kontrolle oder sei es durch die Aus-
gabe ausländischer Anleihen durch Deutschland, die durch die Zoll-
einnahmen oder durch andere Einnahmequellen, die die Repa-
rationskoMmtsfton auswählen wird und die dazu dienen sollen,
einen Teil des Kapitals der deutschen Schuld zu tilgen, sicher-
gestellt werden.
Die Minister beschäftigen sich auch mit der Regelung der von
den alliierten europäischen Mächten untereinander kontra-
hierenden Schulden.
Eine amerikanische Ueberraschung.
Pari §, 11. März. Gestern, am 3. Verhandlungslag der inter-
alliierten Finanzministerkonferenz hat der amerikanische De-
legierte Bohden, der als amerikanisches Mitglied der Repa
rationskommisston an der Konferenz teilnimmt, aus Anlatz der
Verhandlungen Wer die Besatzungskosten im Rheinland im Auf-
trage der amerikanischen Regierung die sofortige Zahlung eines
Teiles der für den Unterhalt der amerikanischen Garnisonen im
Rheinlande ausgegevenen Summen verlangt, und zwar 24V Mil-
li o n e n Gol d m ark, während der Rest später zu bezahlen wäre.
Die Gesamtsumme der amerikanischen Besatzungskosten beträgt nur
bis zum 1. Mai 1S21 966 Millionen Goldmark. Die amerikanische
Forderung kam unerwartet, wenn sie auch schon gestern in einer
Newyorker Meldung als Absicht des Präsidenten Hard ing an-
gekündigt wurde. Der Amerikaner hatte die ersten Tage seelenruhig
zugehört, ohne feine Forderung vorzubringcn.
Lenin über Rußlands ArchenpoMik.
Moskau, 8. März. (Drahtb. des Sonderberichterstatters der
Frk. Ztg.) Die Blätter veröffentlichen die Rede Lenins aus der
Tagung des MetallarbeiterverSandes. Lenin erklärte, die Sowjet-
regierung sei sich klar bewußt, datz die Einberufung der Konferenz
von Genna durch den Zwang der Westmächte, mit Rußland Handel
zu treiben, hervorgerufen sei. Die Russen gingen in gleicher Weise
als Kaufleute nach Genua. Die Westmächte setzten durch die
Aufstellung immer neuer Bedingungen niemand in Erstaunen.
Lenin sagte Wörtlich:
„Ich hoffe, persönlich Llohd George sagen zu können,
datz es keinen Sinn Hat, Rußland ständig durch diese Manöver zu
schrecken. An Rußland treten die kapitalMschen Länder täglich mit
neuen Angeboten heran; die Zahl der aWschloffenen Verträge
Wächst. Deshalb beweist der Aufschub der Konferenz, daß
diese Leute selbst nicht wissen, was sie wollen. Wir habe!« dagegen
die gegenwärtige Situation klar ersaßt und erklären, datz wir dell
Rückzug, den wir begonnen haben, heute beschließen. Wir erkenne,«
vollkommen deutlich und verbergen uns nicht, datz die neue Wirt-
schaftspolitik einen Rückzug bedeutet hat. Wir sind weiter kegüngeu.
als ratsam war. Weiter setzen wir unseren Rückzug nicht fort.
Trotzdem verkenne» wir nicht die erheblichen Schwierigkeiten, in
denen wir uns befinden. Wir sind uns vollkommen Sewußk, was
der Hunger in einem Bauernlande wie Rußland bedeutet. Wir
wissen, datz Wir dieses Elend no ch n i ch i ü b e r w u «den haben,
wir wissen, was eine finanzielle Krisis in einem Lande bedeutet,
das gezwungen wird, Handel zu treibe«, und das gleichzeitig eine
derartige Mengs von Papiergeld emittiert hat, wie man sie «och «ic
gesehen hat. Wir erkennen diese Schwierigkeiten, ich denke aber
nicht au Verzagen. Sie sind unfaßlich, dennoch erdrücken sie uns
nicht. Wir mti s s en arb e i t e n und uns nüchtern den anderen
Aufgaben entgegenstellen, die darin bestehen, datz wir zu einem
Einverneymen mit den europäischen Händlern
gelangen. Heute müssen wir ihnen erklären: Genug damit,
kein Nachgeben! Wenn die Herren glauben, man könne das
Spiel noch weiter hinziehen, und je weiter es Hingezogen werde,
desto größere Konzessionen könnten sie von uns erlangen, dann
in en sie sich. Genug, morgen werden sie nichts erhalten! In diesem
Zusammenhang ändern sich unsere Ausgaben.
Jur Inner», Hauptsächlich in der Wirtschaftspolitik,
brauchen wir keine Neuerungen, es brauchen keine neuen
Dekrete zu erfolgen. Notwendig ist lediglich eine Prüfung der
Arbeitsfähigkeit unserer Leute zum Zwecke der praktischen
Durchführung der neu beschlossenen Wirtschastsreformen."
»Sik RUWWei Ott MMM MW!
Sonntag, Yen 18. März, nachmittags 3 Uhr in
der „Krone" in Mosbach
SMUMMWNNM
Tagesordnung: 1. Bericht des Vorstandes; 2. Neuwahl
des Vorstandes; 3. Maifeier 1922.
In Anbetracht der Wichtigkeit der Tagesordnung wird
das vollzählige Erscheinen sämtlicher Mitglieder des Amts-
bezirks erwartet.
Der Bezirksvorstand.
I. A.: Jost.
Badische Politik.
Die Politik des Badischen Landtags.
* Heidelberg, den 18. März 1922.
Aus Karlsruhe wird uns geschrieben:
Die Prognose, die man der Tagung des badischen Parlaments
bei Beginn seiner Arbeiten gestellt hat, hat sich bisher als richtig
erwiesen: Ohne große Erschütterungen und ohne übertrieben hef-
tige Debatten ivird das Programm -er einzelnen Sitzungen er-
ledigt, und die erdrückende Mehrheit -er Abgeordneten befleißigt
sich visier sachlichen und würdigen Haltung. Datz -er Staat -gut
dabei gedeiht, und -atz Die Bevölkerung von einer solchen Tätig-
keit den Nutzen hat, wird Wohl nur der verkennen wollen, der den
Parlamentarismus als die Tmnuietstätte wilder Parteileiven-
schaften aufsasft und das chaotische Durcheinander als die beste Ge-
legenheit zum Geschäftemachen betrachtet.
Jur Badischen Landtag sind es eigentlich nur die fünf Links-
radikaleu, bei denen ab und zu etwas Lust zum Radaumachen zu
verspüren ist. Die übrigen Parteien beschränken sich bei aller. Ent-
fchiedenHeit, mit der sie Hre Grundsätze vertreten, auf sachliche
Mitarbeit. Und sogar von den Deutfchnatioualen kann «narr sagen,
datz sie Lis jetzt im Parlament so gut wie gar keine Opposition ge-
macht haben. Wenigstens hat es sich dann nur um sachliche Oppo-
sition gchmtdelt, und auch da nur in EinzeMllen, denen eine grö-
ßere Bedeutung kaum beiznmessen ist.
Wer allerdings in Den letzten Monaten die Parteipresse der
Deutschuatiormlen, d. h. dm badische,« Teil ihres Stuttgarter Par-
teiorgans, gelesen hat, der Wird wohl zunächst aus eine etwas an-
dere Haltung gefaßt gewesen sei». Wenn man Den Hetzartiteln
dieses Blattes glauben wollte, Daun müßte Die badische Regierung
so ziemlich eftre D« miserabelsten von der ganzen Welt sein, und
dann müßte eigentlich Das- badische Volk Vor Empörung über die
Miss-fwten seiner Regierung gar nicht mehr zur Ruhe komme«.
Nun, Datz Die Dinge nicht so sind, -atz die badische Regierung im
ganze treue und gute Arbeit geleistet hat, W so sehr Ueberzeu-
gltng per Mergrotzeu Mehrheit des Volles, datz- inan Wer die
Hk-tzarti-köl jenes Mihratermr GtltttgaHer Vatteiorgaus der Deutsch-
uationalou mir lachen wnn.
Wenn mau dann aber sehen mutz, datz auch Die Parlameuts-
frattio» Dieser selben Partei der Regierung mit Zurückhaltung ge-
gc nsibertritt, so wird man vielleicht doch das Lachen verlernen und
sich wieder -einmal allen Ernstes fragen, wie Denn unsere öffentli-
chen Zustände gesunden sollen, wem» eine Partei, Die sachlich nur
sehr geringe Bedenken vorzubrisigen vermag, in ihrer Preffeagi-
tation eine Hetze sich entfalten läßt, die, wenn sie überhaupt bcach-
ret wird, doch nur zu einer weiteren Verwüstung der Begriffe der
Staats- und RegicruugSautoritüt führen mutz. Es ist ja jeden-
falls eine Zwiiespännigkeit zu beobachten, die der Partei als solcher
kamn MM Ruh-me gereicht.
Was die Deutschs Volkspartei betrifft, so hat sie bis jetzt recht
verständnisvoll milgearveitet. Die ParlainentsgruPPe dieser Par-
tei besitzt zudem in der Person des Abgeordneten Professor Weber
einen Führer, der sich Men lassen kann. Daß die Deutsche Volks-
partei Men Augenblick bereit ist, in die badische Regierung ein-
sntreten, ist bekannt. Es handelt sich nur um Die Frage, in welcher
Form das zu geschehen, hätte. Ein Staatsratspoften stände ihr zur
Verfügung. Sie will sich aber damit nicht begnügen. Und doch
konnte man in letzter Zett in den tsUwolksparteilichen Blättern le-
sen, Daß Baden zu viel Ministerien besitze, und daß zwei von ihnen
Wegfällen könnten. Run ist Doch aber ohne weiteres klar, -atz
dann Dis Deutsche VoKspartei unter keinen Umständen einen
Ministerposten bekäme. Denn selhsiverstäiMkch wsirsien vor all''
Zentrum und Sozialdemokratie, die mit ihren 34 bezw. 2V t
ordneten allein eine stattliche Mehrheit im Parlmuent bilden, dies
Ministerposten unter sich verteilen.
Das Ganze ist eben nur ein Gerede unverantwortlicher Poli-
tiker, Die damit Stimmung gegen die Regierung machen wolle».
Und die Abfuhr vonseiten der Koalttionspresse ist denn ja auch
nicht ausgebliebew Leider gilt auch, wenn schon nicht in demsel-
ben Matze, für die Deutsche Volks Partei Die Feststellung, daß die
ihr uahestehen-dm Zeitungen sich erheblich ungeschickter und
täppischer benehme», als ihre Mtgeleitete Parlamentssraktion. Und
so hat es nicht ausbleiben können, datz neulich Die zur Deutschen
Volkspartei ttbergeschwenkte „Badische Presse" in Karlsruhe die
Blätter der Partei mit ziemilicher Deutlichkeit ersucht Hat, sich doch
etwas verständnisvoller Den wahren Bedürfnissen der Partei
anzupassen.
Was die Arbeiten des Landtags anlangt, so wird zurzeit
der Etat beraten. Bemerkenswert aus diesen Beratungen ist die
Bewilligung der «euer« Teuerungszulagen a« die badischen Be-
amten und Die Bewilligung Von über sieben Millionen Mark
Teuerungszulagen für Die Geistlichen. Bei den Teuerungs-
zulagen für die Beamten ist Baden insofern Don Der für das
Reich geltenden Norm ahgewichcn, Ms es Die höchsten Beamten
gruppen von Der Gewährung jener Teuerungszulage (von zwei-
tausend Mark) ausgeschlossen hat. Regierung und Landtag gingen
Dabei von der Erwägung aus, Datz bei der großen Besoldungs-
reform diese Gruppen schon ohnehin relativ so günstig gestellt wor-
den sind, datz sich eine neue Zulage in Diesem Augenblick aus so-
ziale» und noch mehr aus finanziellen Gründen nicht rechtf-ertigen
lasse.
Soziale Rundschau.
Kalkwerkarbeiterstreik in Mchen,
Die Arbeiter Der beiden Kalkwerke in Richen stehen seit Don-
nerstag im Streik, weil die Arbeitgeber nicht geneigt waren, den
Stundenlloy«, Der jetzt 5.2V Mk. für ein«» erwachsenen Arbeiter
beträgt und noch Ns vor kurzer Zeit 3 Mk. betrug, zu erhöhen. Die
Firmen suche» mit allen Mitteln Arbeitswillige. Sie suchen die
Bevölkerung zu täuschen, indem sie i» Der Eppinger Zeitung ver
künde», in ihren Werken sei kein Streik, sondern Die Albeiter frist-
los entlassen. Mit Weser Bauernfängerei werden Die Herren m
türkich so wenig erreichen wie mit ihrem Hilferuf nach der Gen
darmerie, die den Streikposten verbieten sollte, die unter falschen
Voraussetzungen angelockten Arbeitswilligen Wer den wahren
Tatbestand auszuklären. Die Herren Arbeitgeber hatten aber kein
Glück, trotzdem sie den geköderten Arbeitswilligen 1 Mk. pro
Stunde mehr geboten halten, als die Streikende» verlangten. Unter
dm Streikenden besteht Solidarität.
MetaNaNbettsrstVeik in Bayern und
Württemberg.
Am Donnerstag, de« 9. Mürz sand eine Sitzung des Vorstan-
des des DeutschenMetallarbeiterverbaudes rind der VezirMeittm-
gen der Bezirke Bayern und Stuttgart statt, um zu dm schweben
den Differenzen Stellung zu nehmen.
Anschließend daran tagte eine Konferenz aller im KMettwcch-
kommen für die Metallindustrie in Württemberg beteiligte« Or-
ganisationen und Verwaltungsstellen. Die Konferenz beschloß
einmütig und einstimmig, datz der Kampf unvermeidlich
sei, da der Arbeiterschaft nicht -»gemutet werden könne, einer Ver-
längerung der Arbeitszeit zuzustimmen. Ebenso sind die materiellen
Zugeständnisse des Schiedsspruches vollkommen ,«»befriedigend.
Diese Entscheidung entspricht völlig de» Wünschen der Metallar-
beiter, die übe,all gegen verschwindende Minderheit in der Ural,
stimm,mg für dm Streik entschieden haben.
Die Fortsetzung der Beamtenoerhaudlungert.
S.P. B e r l i n, 12. März. (Eig. Beri ch 1.) Am Sonnabend
vormittag verhandelte der geschäfts führende Aus schütz Der Ver-
hasidlnsigskotnmission der Spitzeuvervände mit -den, R-eichsfiman-.-
Minister Her mes und später mit Der Reichskanzlei Wer die Fori
führung Der unterbrochenen BesoldungsverhanDlusigein Die Ge-
werkschaftsvertreter legte» gegen die Ablehnung eines Mit
gliedes der BerhandlvngskommWo» »och einmal Verwahrung
ein. Jur Lause der BerlMuDlnugm wurden verschied«»« Vorschläge
zur Beilegung des Konfliktes gemacht, von denen schließlich eine,
in der Veihaichlung.skoncmission zur Annahme gelangte. Danach
Werden Die weiteren Berhaudluugen aus dem Reichssinanzmini-
sierium in die Reichskanzlei verlegt, aber mit Rücksicht aus
die notwendige schnelle ErlMgnng der Neuregelung der Besol-
diM-gsverhältuisss, -er bereits zu Beginn der BerHa>Mungm anc
Freitag vor« Den Gewerkschaften bestimmte zwNsgliedrige Ausschutz
mit der Wetterführung der Verhandlung beauftragt. Ms dieser
Basis sind die Verhandlungen am Sonnabend nachmittag dreiein-
halb Uhr wieder ausgenommen worden.
Die gestern um (44 Uhr in der Reichskanzlei begonnenen Ver-
handlungen der Regierung mit der Zwölserko,»Mission der Beam-
So wahr mir Gott Helf!
Eine Baurrngeschichte aus dem Taunus
von Fritz Ritzel.
(32. Fortsetzung)
11. Kapitel.
Bor dem weltliche« Richter.
Richt nur aus Twfentai selbst, sondern -auch ans den ben-ach«
barten Ortschaften warm Die Leute herbeigeströmt, um der Ge-
richtsverhanDdtng gegen Den Des Totschlagversuches beschuldigten
Ludwig Hissenauer betzuwohnen, so Datz der .Zuschauerraum des
Sitzungssaales bis an das äußerste Ende von Neugierigen ange-
fiillt war. Das war doch einmal etwas gang Besonderes, zu sehen,
wie einer der reichsten Bauernsöhne au» der Gegend aus Dein Ar-
mesüsiderbänkchen saß, ein Bursche, Dem mau nicht im entfernte-
sten eine solche Tat zugetraut hätte, Der kurz vor der Hochzeit ge-
standen und der jetzt aller Voraussicht nach für «ine längere Reche
von Jahren seine Schuld dm Gefängnis büßen mutzte.
Denn immer »lehr hatte sich im Verlauf der Untersuchung 4«
der öffentlichen Meinung Die Ueberzeugung befestigt, daß nur Lud-
wig Hissenatter und kein anderer der Täter gewesen fein könne.
Förster Gebhard sprach Dies unumwunden Ms und führte Ms be-
sonderen Beweis Dafür an, daß er schon einige Wochen vor der
Tat den Angeklagten beobachtet habe, wie sich Derselbe in höchst
verdächtiger Weise -im Walde herumgetricben nnd zwar am frühe-
sten Morgen. Was hatte Der Bursche um Diese Zeit Dort zu suchen?
Arbeit tm Walde für ihn gab es nicht und zum Spazierengehen
war Das Wetter zu abscheulich. Schon Damals sei -auch ihm,, dem
Förster, Die Spur des Burschen Wit -den kreuzweise» Nägslabdrük--
ken ausgefallen. Dies und noch anderes meinte Der Förster, wenn
.er gelegentlich aus die -Sache zu sprechen kam, reiche schon hin, den
alles Leugnende» zu überführen, auch wenn er, Der Förster, nicht
beschwören könne, datz er den flüchtenden- Wilderer bestimmt er-
kannt habe.
Eine -erwartungsvolle Stille lag über der Bersanmünng, nach-
dem Der Vorsitzende des Gerichts den Angeklagten aufgefordert
hatte, etwaige Einwendungen gegen die von der Anklagebehörde
gegen -ihn erhobene Beschuldigung vorzubringen. Alles schaute
aus Ludwig HissenaNer, Der sich erhoben hatte und bleich, aber mit
voller Fassung, vor seinem Richter stand. Der monatelange Auf-
enthalt in Dem Gefängnis hatte d«m Mutzeren des Burschen wenig
cmgeiM. Lag auch über seiner Erscheinung nicht Die ker»hafte
Frische blühender Jugend, wie man sie sonst an ihm gewohnt war,
so sprach sich doch in seiner Haltung und in seine» Mienen eure
uuevschütterte -Zuversicht aus, als wäre, er sich der Schwere der
Lage, in welcher er sich befand, gar nicht bewußt. War das Drei-
stigkeit oder Bewußtsein der Unschuld?
Alts ein wiederholtes: „Nun, -Angeklagter, was haben sie zu
sagen?" des Vorsitzenden, begann Ludwig mit Mer Summe:
„Was ich schon den« Herrn Untersuchungsrsthter hundert Mol
gesägt hab, Herr Präsident! Ich bin unschuldig! Ich hab nit uff
den Förschter geschosse!"
„sind Sie bestreiten auch, datz Sie an den« fraglichen Morgen
in dem Walde nm TotetMrg gewesen sinh?" fragte Der Richter.
„Ich bestreite das!" antwortete' Ludwig. Etwas kleinlaut
kam diese Versicherung heraus.
„Dann wollen wir also Die Zeugen vernehmen! Aus Driuyen-
des Ersuche» Des gleichfalls als Zeuge geladenen Herrn Bürger-
meisters Philipp Westvorn ist der Zeuge Landwirtssohn Georg
Berger zuerst auszurufen! Wie -er Herr Bürgermeister versichert,
würde die Aussage dieses Zeugen ein« überraschende Wendung in
die ganze Verhandlung bringen!"
Der Gerichtsdiener entfernte sich und kehrte gleich Damms mit
Georg Berger zurück, der beim Eintreten dem ÄiMKagt-cu einen
ermunternden Blick zuwarf, so Daß Lridwig Hissen«»» die vorhin
bet der Frage des Richters etwas verlorene Fassung wieder zu ge-
winnen schien.
Georg Berger trat an den Richtertisch, gab ruhig aus Ne Fra-
gen nach Alter, Stand nnd so weiter Antwort und sprach «nit
fester Stimme die Eidesformel nach. Auf den Schluß derselben
„so wahr mir -Gott Helf" legte er besonderen Nachdruck und wandte,
nachdem er die Worte gesprochen, das Gesicht «ldum Moment lang
nach der Galerie Des Saales, wo Molchen Hissenauer und ihre
Eltern Platz genommen hatten. Lag nicht in dem starren Blick der
Fra» Hissenauer, mit welchem st« auf ihn, Den Zeugen, Herabsah,
etwas Bittendes nnd Drohendes zugleich, und strahlte UM nicht
aus dm tränenersüllten Augen -es geliebten Mädchens die Mah-
nung entgegen, fest zu bleibe» und nicht um Haaresbreite von Der
Wahrheit abzuweichen?
„Ich mache Sie nochmals auf die Heiligkeit des soeben gelei-
steten Eides aufmerksam und fordere Sie aus, jetzt zn erzähle».
Was Sie über Die Sache wissen." So tönte jetzt die einförmige
Summe des Vorsitzende» durch den Raum, und Georg begann:
„Ich bitt an dem Morien mit Dem Schlitte »doch Dem Tokc-
berg gesahre un hab e Fuhr Holz hol« wolle. Den Forstwart Hö-
sel halt ich mitgenomme. Wie wir ungefähr noch e halb Stund
von der Hink-elwies untsernt gewese sinn, do hot's im Wald ge
fchyfse — zwaa Mol korz noochenanner! Der Forstwart ts gleich
vcm Schlitte erunner uu De' Werg muss, Weil er gemaaut Hot, er
könnt den Wilddieb -abfange. Ich bin schnell weiter gesahre — do
hot's zum dritte Mol geschosse, aus derselbe Richtung her, wo nach
die zwaa annere Schütz' gefalle sinn. Es warn vielleicht drei Mi-
nute uooch dem letzte Schutz vergange, do hab ich geseh«. wie cu
Mann von links De Berg erunner gelaasc ts, quer über de Weg,
euMner in die Dattebach
„Sn der Voruntersuchnug haben Sie diesen Umstand nicht er-
wähnt!" unterbrach Der Richter erstaunt den- Zeugen. „Haben
SW den Mann erkannt? Wer war es?"
„Es war der augeklag-te Ludwig Hissenauer!" erwiderte Georg
M.
Der Angstms einer weMichew Stimme wurde von der Galerie
aus vernehmbar, so daß alle Die Blicke dorthin richteten. Frau
HisscnMer halte -den Schrei MÄge-stotzeu und stand jetzt, weit über
die Brüstung vorgeuMt, dort M-eu, nut einem Ausdruck von Zmsi,
und Schrecken in den Mienen, Das M'chende Auge drohend aus deu
Zcugen geheftet, als wollte sie jedes weitere Wort aus Dessen Lip-
pe!, bannen. Die abweh«»nde Geste, mit welcher Georg den Blick
wieder von ihr wandte, schien die Frau zu überzeugen, datz alles
verloren sei — wie gebrochen sank sie Mts ihren Sitz zurück und
verbarg das Gesicht mit beiden Händen.
Auch den Angeklagten Hatten Die Wenigen Worte Georg Ber-
gers auf das furchtbarste ersthiittert. In tödlichem Schrecken
starrte er Ms de», ans Dessen Gebärde er noch vor wenigen Minu-
ten Hoffnung für sich herauKgelefen hatte; erdfahl im Gesicht, ein
Bild überwiesener Schuld fast er zwischen seinen Heiden Wächter»
und vermochte nicht gleich Dem Vorsitzenden Antwort zu gebe»,
welcher sich zu ihm gewendet hatte.
„Was sage» Sie Dazu, Angeklagter? Der Zeuge behauptest
Sie au dem fraglichen Morgen im Walde-gesehen und erkannt zu
haben?"
Erst als die Frage wiederholt wurde, raffte sich Ludwig zu-
sammen und erhob sich langsam von seinem Sitze. Als er ge-
wahrte, wie sich alle Micks forschend aus ihn richteten, schien es
wie ein Plötzlicher Entschluß über ihn zu locmneu und die Hand be-
teuernd auf die Brust legend, sagte er gepreßt:
„Un wenn ich aach im Wald gewese An, Herr Präsident — uss