Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 1.1888

DOI Artikel:
Schnütgen, Alexander: Zur Eröffnung der Zeitschrift
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3545#0013

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1888. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1.

auch das Hinuntersteigen nicht scheuen in die
tiefen Schachte, in denen es geborgen liegt.

Dadurch soll sie in erster Linie den aus-
übenden Künstlern zu einer Führerin
und Beratherin werden, die nicht so sehr die
Aufgabe hat, fertige Muster und Pläne zu
unterbreiten, als die Richtschnur für deren
Anfertigung an die Hand zu geben, die
nicht zurückhalten will mit dem Lobe
über deren gute Benutzung, wie über jedes
ernste Bestreben, die aber auch auf den
Tadel nicht verzichten darf, wenn versucht
wird, an die Stelle der Gesetzmäßigkeit
die Willkür treten zu lassen.

Die eine von der anderen zu unter-
scheiden, ist vornehmlich der Klerus
berufen, dem die „Zeitschrift" Anleitung zu
geben bemüht sein wird, die verantwor-
tungsvolle Obliegenheit des Schutzes und
der Erhaltung der Neubauten und An-
schaffungen zu erfüllen.

Aber auch Allen, die hierbei sonst
noch betheiligt sind — und der Kreis der
Interessenten ist ja sehr grofs —• sollen
diese Unterweisungen von Nutzen sein,
Allen den richtigen Weg zeigen.

So sehr diese praktischen Zwecke
eine einfache allen Gebildeten verständ-
liche Sprache erheischen, soll der Inhalt
allen Anforderungen der Wissenschaft
vollauf genügen. Und wie die praktischen
Anweisungen die theoretischen, vielmehr
prinzipiellen Erwägungen voraussetzen, so
werden auch Erörterungen über die Be-
deutung der Kunst überhaupt und über
die Pflege nicht unterbleiben, die sie von
Anfang an ohne Unterbrechung, wenn
auch mit sehr wechselvollem Erfolge, in
der Kirche gefunden hat.

Auch die Hilfswissenschaften der
Kunst sollen nicht vernachlässigt und vor
Allem die Symbolik und Ikonographie
in eine ihrer Bedeutung entsprechende
Pflege genommen werden.

Wie in dem häuslichen Leben der
Griechen und auch der Römer jeder Ge-
brauchsgegenstand den Stempel ihres vor-
nehmen, von der Schönheitsempfindung

beherrschten Geistes trug, so darf es auch
im Haushalte der Kirche kein Objekt
geben, welches nicht bedeutsam genug er-
schiene, eine künstlerische Ausstattung zu
erhalten. Hier hat namentlich die Klein-
kunst, das sogen. „Kunsthandwerk",
die wichtige Aufgabe, sich zu bethätigen.
Von der liebevollen Pflege, die gerade
ihm im Mittelalter und noch lange nach
Ablauf desselben zu Theil geworden, legt
der glänzende Nachlafs, der sich in den
Kirchenschätzen erhalten oder in die öffent-
lichen und privaten Sammlungen geflüchtet
hat, rühmliches Zeugnifs ab. Was an
schaffenden Traditionen bis in die Werk-
stätten unserer Tage hinübergerettet war,
hat den wirksamsten Anknüpfungspunkt
gebildet für die Neuschöpfungen auf diesem
in kurzer Zeit zu so grofser Produktivität
gediehenen Gebiete. Und wenn die pro-
fane Kunst hier erst recht aus den dem
Versiegen nahen Brunnen der kirchlichen
Ueberlieferung als aus den einzigen noch
vorhandenen Quellen geschöpft hat, dann
ist sie vielleicht auch bald in der Lage,
aus eigenem Erwerbe einen Theil jener
Anleihe zurückzuzahlen.

Aber nur das kann befürwortet werden,
was echt und wahr ist in Stoff und
Ausführung, und um so lieber wird es
adoptirt, wenn es geeignet ist, neuen Be-
dürfnissen entgegen zu kommen oder die
Befriedigung derselben zu erleichtern.

Nach allen diesen Richtungen hin zu
rathen und zu thaten, mag als eine schwie-
rige Aufgabe erscheinen, zumal vielfach
das Unkraut üppig aufgeschossen ist durch
den Unverstand mancher Arbeiter und
durch die Sorglosigkeit mancher Aufseher.
Aber der Wunsch, den Kunstgarten Gottes
wieder neu zu schmücken nach den alt-
bewährten Regeln, beseelt wie den Klerus
so die Laien. Zu Denjenigen, die als
Mitarbeiter bei diesem schönen Werke
berufen sind, soll das Vertrauen des Wol-
lens und des Könnens herrschen! — Rei-
chen wir uns also die Hände zum glück-

lichen Gelingen!

Schnüteen.
 
Annotationen