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Zeitschrift für christliche Kunst — 1.1888

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369

1888.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr. 10.

370

Krypta vollständig entfernen zu lassen und steht zu
hoffen, dafs es alsdann gelingen wird, über die Grab-
stätten der sämmtlichen Ludgeriden Klarheit zu ge-
winnen und zugleich noch weitere Reste jenes kost-
baren und in deutschen Kirchen seltenen Mosaiken-
schmuckes blofs zu legen. In diesem Falle sollen die

Grabstätten mit einem künstlerisch ausgestalteten Belag
versehen werden und der Mosaikboden eine stilgerechte
Ergänzung erfahren.

Auf die Resultate der in Aussicht genommenen
weiteren Untersuchung komme ich an dieser Stelle
zurück. W. Effmann.

B ü c 11 e r s c h a u.

—J Deutsche Kunstgeschichte von H. Knackfufs,
Professor an der König]. Kunstakademie zu Kassel.
2 Bände. Mit 942 Ab bildungen. Bielefeld und
Leipzig, Verlag von Velhagen & Klasing. 18S8.

Eine Geschichte der deutschen Kunst zu schreiben,
wie sie sich von Anbeginn bis zu unserer Zeit in der
Mannigfaltigkeit ihrer Gebiete und Zweige entfaltet hat,
ist ein grofses Unternehmen. Ausdauer in der Beob-
achtung, Schärfe im Unheil, Eifer im Studium ist daun-
bedingtes Erfordernifs, wenn die Darstellung sich nicht
in ausgetretenen Geleisen bewegen, wenn sie vielmehr
auch den erfahrenen Leser befriedigen, wenn sie die
Wissenschaft fördern soll. Solch ein Handbuch wächst
am leichtesten aus der berufsmäfsigen Beschäftigung,
aus den Kollegienheften heraus. Am meisten Achtung
aber fordert es heraus, wenn es ganz oder zum Theil
die Frucht privater Thätigkeit ist. Denn grofs sind
die Anforderungen, die da der Unternehmer an sich
stellen mufs, weil sie denjenigen entsprechen müssen,
die der Leser heutzutage und namentlich augenblick-
lich stellen darf. — Noch ist die „Geschichte der
deutschen Kunst" nicht abgeschlossen, welche seit drei
Jahren in Berlin erscheint in fünf Abtheilungen von
fünf der hervorragendsten Vertreter der einzelnen Zweige
vortrefflich bearbeitet; kaum bis zur Hälfte sind die
Lieferungen gediehen, in denen die „Geschichte der
deutschen Kunst" von Lübke erscheint. — Wird das
neue Buch unter • diesen Umständen und angesichts
der von allen Seiten angekündigten und sich anbietenden
Spezialwerke auf dem überschwemmten, um nicht zu sagen
übersättigten literarischen Kunstmarkte sich Geltung
verschaffen? Wir wünschen und hoffen: Ja; denn es
ist durchaus gründlich und originell, gut ge-
schrieben und nicht minder gut ausgestattet.

Beginnen wir mit dem letzteren, der Ausstattung, so
zeigt diese den auf diesem Gebiete vorzüglich be-
wanderten Künstler sowohl in Bezug auf die Auswahl
der Gegenstände, als auf deren Ausführung und Ver-
keilung resp. Anordnung. Sämmtlich in den höchst
sauber gedruckten Text aufgenommen, dienen die Illu-
strationen ihm nicht nur zur Erläuterung, sondern auch
zur Verzierung als Initialen, Kopfleisten, Bordüren u. s. w.
Vieles beruht hier auf neuer Aufnahme; manches ist
erst hier in die Kunstgeschichte eingeführt. Und
dennoch ist kein unbedeutender Gegenstand zur Ab-
bildung gelangt, denn der Verfasser liebt es, gerade
an den hervorragendsten Gebilden die Entwicklung
der Kunst nachzuweisen; defswegen ist er nicht so sehr
bestrebt, Alles zu erwähnen, als vielmehr das Bedeu-
tungsvolle und Charakteristische aus jedem

Kunstzweige und jeder Epoche in Wort
und Bild hervorzuheben und es eingehend
zu beschreiben. Die grofsen Marksteine werden
vor Allem betont, die Umstände, unter denen sie ent-
standen sind, die Einflüsse, die sie ausgeübt haben,
erörtert. Was da an weit- und kulturgeschichtlichen,
an ästhetischen und technischen Bemerkungen und
Eröterrungen in die Darstellung sich mischt, meistens
in Gestalt eines kleiner gesetzten Kommentars, der
mit den gröfser gedruckten mehr elementaren Unter-
weisungen abwechselt, ist höchst lehrreich und unter-
haltend. Man merkt es dem Verfasser überall an,
dafs er in den Perioden, deren Kunstdenkmäler er
prüft, mit ganzer Seele lebt und zwar voll Objektivität
und ohne jedes Vorurtheil. Nirgendwo hindert der
Enthusiasmus die Kritik, niemals diese die Unbefan-
genheit, ohne die am allerwenigsten das Mittelalter
richtig beurtheilt werden kann. Der Verfasser ist
Maler von Beruf und diese Eigenschaft verleugnet sich
nicht in seinem Buche, gereicht ihm aber zum Vor-
theile; denn die dekorativen Rücksichten, die in an-
deren Kunstgeschichten hinter den archäologischen
meistens allzusehr verschwinden, erhalten hier die ent-
sprechende Beleuchtung. Defswegen drängt sich auch
die Architektur nicht allzusehr in den Vordergrund,
defswegen verleugnet sich auch das Interesse nicht,
welches der Verfasser den Erzeugnissen der spät-
romanischen Periode in besonderem Mafse zu Theil wer-
den läfst. — In Bezug auf die Haupteintheihingsglieder
(die Anfänge der deutschen Kunst — der romanische
Stil — die Gothik — die Renaissance, die späteren
Stilwandlungen der neuzeitlichen Kunst, XIX. Jahr-
hundert) geht der Verfasser den herkömmlichen Weg,
aber in Bezug auf die weiteren Gliederungen folgt
er eigenen Gesichtspunkten, die zu überraschenden
Kombinationen führen und z. B. die frühgothische
Baukunst in den „drei grofsen rheinischen Domen",
die so mannigfachen Schöpfungen der Kleinkünste in
„den Innungen der KUnstlerhandwerker", deren Leben
und Treiben vorführen. Zahlreiche, auf dies praktische
Kunstschaffen abzielende Bemerkungen laufen überall
unter und der Verfasser zeigt auch hier eine derartige
Summe von Kenntnissen, dafs der Leser seinen eigenen
das unaufhörliche Wachsthum anmerkt. Und diese
Kenntnisse sind durchaus originell, das Ergebnifs
eigenen Nachdenkens und selbstständigen Forschens.
Daher begegnet man überall eigenartigen, stellenweise
frappanten Urlheilen, die aller nirgendwo die gesunde
Anschauung vermissen lassen. Auch denjenigen Ge-
bieten und Perioden, denen sich die Kunstwissenschaft
erst seit Kurzem, oder nur unvollkommen gewidmet
 
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