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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 29.1931

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Heft 7
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Basler, Adolphe: Pariser Brief
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https://doi.org/10.11588/diglit.7610#0323

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PARISER BRIEF

VON

ADOLPHE BASLER

Rückblick auf Corot (Zeichnungen und Radierungen) in der Bibliotheque Nationale. —
Die Luxusausgaben Ambroise Vollard. — Bildnisradierungen von Dürer bis auf unsere
Zeit. (Galerie Marcel Guiot.) — Rückblick auf Pascin. (Galerie Bernheim Jeune.)

Corot ist noch immer aktuell. Die Ausstellungen seiner
Werke liisen einander ab. Paul Rosenberg zeigt fast alle
zwei Jahre eine Auswahl von Landschaften und Figuren des
Meisters von Ville-d Avrey. Im allgemeinen hat dieser Händ-
ler, der einen ausgeprägten Sinn für die Qualität besitzt,
in seinen Zusammenstellungen repräsentativer Werke der
großen Malerei des neunzehnten Jahrhunderts eine glückliche
Hand. Im Grunde genommen ziehen wir auch diese retrospek-
tiven Kundgebungen den Ausstellungen von ganz modernen
Malern vor. Denn Picassos Ideographien, mit der schreien-
den, dicken Farbauf läge, scheinen einem zuzurufen: „Achtung!
Frisch gestrichen!" Die Braques werden wohl schließlich im
alltäglichen Dekor aufgehen, ebenso wie Legers Komposi-
tionen, die sich mit der Anstreicherschablone unendlich
vervielfältigen lassen.

Aber kommen wir auf Corot zurück. Er war weder Geometer
noch Dekorateur und noch weniger ein abstrakter Ideograph.

Wie kann er also das Idol eines Picasso oder Braque sein'
Zweifellos muß man den beiden Modernen Kennerschaft zu-
gestehen. Aber es ist doch ganz ausgeschlossen, zwischen
dem einen und den beiden anderen eine Verkettung her-
zustellen.

Die gegenwärtige Ausstellung in der Bibliotheque Natio-
nale gibt uns Gelegenheit, die lange Laufbahn des Zeichners
und Graveurs Corot zu verfolgen.

Corot besaß den Instinkt der anmutigen und reinen Form.
Indem er die normalen Proportionen einhielt, erreichte er
jene Fülle, die bei Ingres zwar großartig ist, aber weniger
Ausdruckskraft hat. Seine von einem intuitiven Hellenismus
erfüllten Figuren vereinigen in sich die Einfachheit und die
Anmut der gotischen Statuen. Und als Landschaftsmaler hatte
Corot ein scharfes und bewegliches Auge, das überall das
Leben auffing und ins Innerste der Natur vordrang.

„Ich habe es nie eilig, zum Detail zu kommen," sagte

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