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Kreis Merseburg.
gebäude, als vielmehr um die Zueignung dieses ursprünglich zu einer Pfalz
bestimmten im Bau begriffenen Gebäudes an die Kirche. Bei dieser Gelegenheit
wurde der heil. Laurentius in das Patronat der Kirche aufgenommen, welche
ursprünglich ausschliesslich dem li. Johannes Baptista geweiht war. Auch die
h. Dreieinigkeit, die h. Jungfrau und Alle Heiligen werden als Mitpatrone genannt,
indess gelten nachmals Johannes Baptista und Laurentius stets als die einzigen
Patrone. In einer Bulle von 962 befahl Papst Johann die Erhebung des Merse-
burgense monasterium, welches Otto am Tage der Ungarnschlacht Gott gelobt
habe, zum Bischofssitz. Die factische Errichtung des Hochstifts wurde aber
bekanntlich erst 968 möglich. Bei dieser Gelegenheit schenkte Kaiser Otto der
Kirche die Leichname der hh. Romanus und Maximus. Nachdem 981 der ehe-
malige Merseburger Bischof Giseier, zum Erzbischof von Magdeburg erhoben,
sein vormaliges Bisthum durch seine Intriguen aufgelöst und dessen Besitzungen
zerstückelt hatte, stellte König Heinrich II. dasselbe 1004 wieder her, und auf sein
Geheiss wurde dann eine neue Kathedrale in Kreuzform gegründet, zu welcher
Bischof Thietmar am 18. Mai 1015 den Grundstein legte. Dieser starb aber 1019
über dem Bau hin, welcher nun unter seinem Nachfolger Bruno vollendet und von
diesem am 1. October 1021 geweiht wurde. Die ' neue Kirche, wahrscheinlich
nördlich von der früheren, dann jedenfalls abgebrochenen, gelegen, hat alsbald die
Unbilden der Einfälle heidnischer Horden erfahren: Heinrich II. hat die Magde-
burgische, Merseburg!sehe u. a. Kirchen, welche von den Barbaren verwüstet
waren, wiederhergestellt. Dieser Kaiser hat einer dreimaligen Weihung des Domes
beigewohnt, der dritten 1033. Unter Bischof Hunold stürtzte das Sanctuarium
— was sowohl bloss die Apsis als auch den ganzen Chor bedeuten kann — zu
wiederholten Malen zusammen, und nun liess dieser Bischof zwei Thürme zugleich
mit dem Sanctuarium von Grund aus aufbauen (duas turres una cum sanctuario
a fundamento aedificari praecepit). Die Einweihung nach dieser Restauration fand
im Jahre 1042 statt. Im weiteren Yerlauf der Geschichte wird der Auszierung
der Kirche mit Malereien und der Erweiterung ihres Cultus und ihrer Besitz-
thümer (so Otte, von Lepsius acceptiert) durch Bischof Ofto (f 1062), der
Ueberbauung des Münsters mit einem Mittelthurm (turrim monasterii nostri, quae
media est, superaedifeavit) durch Bischof Werner (f 1095?), einer Ausmalung der
Wände des inneren Sanctuariums (interioris sanctuarii) mit Feldern unter Bischof
Albuin (1095 —1117) gedacht. Wenn 1240 Abt Bernhard nebst seinem Convent
zu St. Petri vor Merseburg „in die dedicationis ecclesiae cathedralis processionaliter“
zu derselben zu kommen verspricht, so bleibt unentschieden, ob an eine factische
Weihung oder nur an die Jahresfeier einer solchen zu denken ist. Auch aus einer In-
dulgenz des Papsts Alexander von 1258 für diejenigen, welche den Dom an gewissen
Tagen besuchen, sind nur Yennuthungen zu gewinnen. Dass die Domkirche vor
1274 starke Beschädigungen durch Sturm und Unwetter erlitten, geht aus einer Reihe
gleichlautender in Lyon ausgestellter Ablassbriefe hervor, in denen von einer „reaedifi-
catio“ gesprochen wird. Die von Bischof Heinrich von Stolberg (1348 — 66) vor-
genommene Ausschmückung der Kirche bezieht sich nur auf liturgische Bücher
und Mobiliar. Wie lange die Kirche, welche „viele Jahre“ ungeweiht gestanden
hatte, der Weihe entbehrt hatte, als Bischof Nicolaus eine solche 1431 herbeiführte
und die feierliche jährliche Begehung des Kirchweihtags anordnete, steht dahin;
Kreis Merseburg.
gebäude, als vielmehr um die Zueignung dieses ursprünglich zu einer Pfalz
bestimmten im Bau begriffenen Gebäudes an die Kirche. Bei dieser Gelegenheit
wurde der heil. Laurentius in das Patronat der Kirche aufgenommen, welche
ursprünglich ausschliesslich dem li. Johannes Baptista geweiht war. Auch die
h. Dreieinigkeit, die h. Jungfrau und Alle Heiligen werden als Mitpatrone genannt,
indess gelten nachmals Johannes Baptista und Laurentius stets als die einzigen
Patrone. In einer Bulle von 962 befahl Papst Johann die Erhebung des Merse-
burgense monasterium, welches Otto am Tage der Ungarnschlacht Gott gelobt
habe, zum Bischofssitz. Die factische Errichtung des Hochstifts wurde aber
bekanntlich erst 968 möglich. Bei dieser Gelegenheit schenkte Kaiser Otto der
Kirche die Leichname der hh. Romanus und Maximus. Nachdem 981 der ehe-
malige Merseburger Bischof Giseier, zum Erzbischof von Magdeburg erhoben,
sein vormaliges Bisthum durch seine Intriguen aufgelöst und dessen Besitzungen
zerstückelt hatte, stellte König Heinrich II. dasselbe 1004 wieder her, und auf sein
Geheiss wurde dann eine neue Kathedrale in Kreuzform gegründet, zu welcher
Bischof Thietmar am 18. Mai 1015 den Grundstein legte. Dieser starb aber 1019
über dem Bau hin, welcher nun unter seinem Nachfolger Bruno vollendet und von
diesem am 1. October 1021 geweiht wurde. Die ' neue Kirche, wahrscheinlich
nördlich von der früheren, dann jedenfalls abgebrochenen, gelegen, hat alsbald die
Unbilden der Einfälle heidnischer Horden erfahren: Heinrich II. hat die Magde-
burgische, Merseburg!sehe u. a. Kirchen, welche von den Barbaren verwüstet
waren, wiederhergestellt. Dieser Kaiser hat einer dreimaligen Weihung des Domes
beigewohnt, der dritten 1033. Unter Bischof Hunold stürtzte das Sanctuarium
— was sowohl bloss die Apsis als auch den ganzen Chor bedeuten kann — zu
wiederholten Malen zusammen, und nun liess dieser Bischof zwei Thürme zugleich
mit dem Sanctuarium von Grund aus aufbauen (duas turres una cum sanctuario
a fundamento aedificari praecepit). Die Einweihung nach dieser Restauration fand
im Jahre 1042 statt. Im weiteren Yerlauf der Geschichte wird der Auszierung
der Kirche mit Malereien und der Erweiterung ihres Cultus und ihrer Besitz-
thümer (so Otte, von Lepsius acceptiert) durch Bischof Ofto (f 1062), der
Ueberbauung des Münsters mit einem Mittelthurm (turrim monasterii nostri, quae
media est, superaedifeavit) durch Bischof Werner (f 1095?), einer Ausmalung der
Wände des inneren Sanctuariums (interioris sanctuarii) mit Feldern unter Bischof
Albuin (1095 —1117) gedacht. Wenn 1240 Abt Bernhard nebst seinem Convent
zu St. Petri vor Merseburg „in die dedicationis ecclesiae cathedralis processionaliter“
zu derselben zu kommen verspricht, so bleibt unentschieden, ob an eine factische
Weihung oder nur an die Jahresfeier einer solchen zu denken ist. Auch aus einer In-
dulgenz des Papsts Alexander von 1258 für diejenigen, welche den Dom an gewissen
Tagen besuchen, sind nur Yennuthungen zu gewinnen. Dass die Domkirche vor
1274 starke Beschädigungen durch Sturm und Unwetter erlitten, geht aus einer Reihe
gleichlautender in Lyon ausgestellter Ablassbriefe hervor, in denen von einer „reaedifi-
catio“ gesprochen wird. Die von Bischof Heinrich von Stolberg (1348 — 66) vor-
genommene Ausschmückung der Kirche bezieht sich nur auf liturgische Bücher
und Mobiliar. Wie lange die Kirche, welche „viele Jahre“ ungeweiht gestanden
hatte, der Weihe entbehrt hatte, als Bischof Nicolaus eine solche 1431 herbeiführte
und die feierliche jährliche Begehung des Kirchweihtags anordnete, steht dahin;