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Burkhardt, Johannes [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 8): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Merseburg — Halle a. d. S., 1883

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https://doi.org/10.11588/diglit.23937#0149

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Kreis Merseburg.

die verschiedenen Gnadengaben, welche Christus den Gläubigen durch die Engel
zufliessen lässt. Die Aufschriften der Bänder enthalten wohl noch eine besondere
Anspielung auf Lucas 1, 68— 79. Kubus Moisi aus Exod. 3, Ions signatus aus
Hohel. 4, 12 (der Pelikan darüber ist für gewöhnlich Bild des Heilands, aber auch
Mariä, die diesen mit ihrem Blute ernährte), vellus Gedeonis aus Richter 6,37 — 40,
urna aurea — ein mit Manna gefülltes Gefäss, — virga Aaron aus Hum. 17, archa
federis — die das Heiligtlmm des alten Bundes umschliessende Lade, — stella
Jacob aus Num. 24, 17 sind alles Beziehungen auf die jungfräuliche Geburt.

Hie vier paarweis einer über dem andern angeordneten Jünger Simon, Thaddäus,
Jacobus minor und Bartholomäus haben keine innere Beziehung zu dem Hauptbilde.
Am unteren Rand stehen Wappen und Namen zweier Männer, die vielleicht das Bild
in Gemeinschaft gestiftet haben, Johann de Gremiz, Decan, und Melchior de
Zweitschn. Merkwürdigerweise trägt die Tafel auch zwei verschiedene Jahreszahlen,
1515 und 1518. Viel leicht liess sie Gremiz 1515 beginnen und als die Arbeit aus
irgend welchem Grunde in’s Stocken gerieth, Zweitschn 1518 wieder aufnehmen
und vollenden.

Endlich wäre noch nächst einer Reihe Porträts von Stiftssuperintendenten
in der Sacristei eines in der Gewandcapelle stehenden Tafelbilds zu gedenken, bei
welchem in Einzelnheiten das Können des immerhin achtbaren Meisters hinter
der Jjrische und Keckheit der Composition zurückbleibt. Das Bild ist im lichten
l,15m breit und 1,55m hoch, auf Holz gemalt und etwa der ersten Hälfte des
16. Jahrh. zugehörig. Gemeinhin wird der Gegenstand desselben als Hunnen-
schlacht (bei Keuschberg) bezeichnet, wie es denn auch ein lebendiges farbenkräftiges
sehr figurenreiches Schlachtgewühl bietet. Dieses spielt sich vor einer Stadt mit
einem Münster in reicher gothischer Architectur ab und weist so landschaftlich
keineswegs auf Merseburg oder auch nur dessen Umgebung hin. Es mag darum
mit der Bezeichnung des Bildes sein Bewenden haben.

Glasmalereien kommen nur noch im Mittelfenster der Vorhalle vor. Hier
sind 7 Medaillons über einander angebracht, welche der Reihe nach, von unten
an, vorstellen: 1. Jesse. 2. Verkündigung Mariä. 3. Geburt Jesu (mit strahlendem
Stern, Ochs und Esel, anbetenden Hirten). 4. Anbetung der Könige. 5. Passions-
gruppe. 6. Auferstehung. 7. Jüngstes Gericht. Auf 1. finden sich die Zeichen
F 17, wobei die Jahreszahl jedenfalls 1543 bedeutet und sich auf eineRepara-
C K 43 tur nach dem grossen Hagelwetter 1522 beziehen dürfte. Die Zeit der
Anfertigung liegt nach der Sattheit und Tiefe der Farbentöne und der ganzen
Technik sicherlich viel weiter zurück. Vergl. Otte a. a. 0. S. 122.

Der übrige Theil der Domausstattung gehört im wesentlichen dem Gebiet der
Sculptür bezw. Metallotechnik an. Kanzel und Chorgestühl sind Werke der Schnitz-
kunst; Steinsculptur und Metallarbeit umfassen ausser einigen ganz wenigen Werken
selbständigeren Charakters die Epitaphien, die letztere die vasa sacra, einige
nennenswerthe Schlosserarbeiten und die Glocken.

Die Kanzel1 befindet sich am südöstlichsten Pfeiler des Schiffs, theils um
denselben sich herumlegend, theils an ihn sich anlehnend. Der Treppenzugang

1 Otte, die Kanzel im Dom zu Merseburg, i. d. Zeitschrift für christliche Archäo-
logie und Kunst 1,2 S. 74ff, mit Abbildungen.
 
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