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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 229-204)

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Nr. 229 - Nr. 230 (1. Oktober - 2. Oktober)
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HeidelbewerVolksblatt
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Mmatzeitung mit den Beilagen: Aus -er Welt -er Frau

MülZllBvte MrMerg,Iirnstag,i.SktoberiS35 7S.Mrglmg/Rr.22»

Die LeWun-s / SeimaMarte / WiiiensKaft un- Kunst

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Einheitliche nalionale Erziehung der Jugend
Beginn -er großen Rtoberaktion um -je Einheit -er Zugen- / Zer Reichsstatthalter un- -er GebietsMrer
sprechen / Nur -ie Einheit -er Zügen- garantiert -ie Einhett -er Nation

Karlsruhe, 30. Sept. Am Montag albend
>fcmd im überfüllten großen Festhallefaal eine
Kundgebung der Hitler-Jugend statt, die unter
der Losung stand: Die Einheit der Jugend als
Grundlage der Einheit des Staates. Zunächst
sprach
Gebietsführer Friedhelm Kemper,
der u. a. ausführte: Wolf Hitler setzte unter eine
jahrhundertealte Geschichte der Zersplitterung
einen Schlußstrich. Wir haben dafür zu sor-
gen, daß die große Schicksalsstunde auch wirklich
ausgenutzt wird und daß, am Lüben Adolf
Hitlers ausgerichtet und unter Wolf Hitler ge-
führt, eine Fugend 'heranwächst, die nie wieder
in das alte Erbübel der Zersplitterung zurück-
fällt. Darum wenden wir uns mit unserem
Appell an diejenigen Jungen und Mädel, die
noch aus irgendwelchen Gründen abseits unse-
res Weges stehen. Auch sie müssen mit uns
Marschieren für das Deutschland, das unsterb-
lich sein wird. Wir wenden uns vor allem an
diejenigen, die aus konfessionellen Gründen
unserer Arbeit ferngchalten werden.
Stürmisch begrüßt, ergriff hierauf
Gauleiter Robert Wagner

das Wort. Er führte u. a. aus: Führer und
Nationalsozialismus sind auch künftig die Vor-
bedingungen für den Aufstieg Deutschlands.
Nir können also nicht sagen: Wir folgen dem
Führer und lehnen den Nationalsozialismus
Nb, oder: Wir bekennen uns zum National-
sozialismus und versagen dem Führer die Ge-
folgschaft. Nein! Führer und Nationalsozialis-
mus sind eins und wer Deutschlands Glück will,
Muß Adolf Hitler und den Nationalsozialismus
Mollen. Es wird unsere höchste Ausgabe sein,
unser Volk für den nationalsozialistischen Geist
Ku erziehen. Mit dem Marxismus und dem
Bolschewismus haben wir uns dabei kaum noch
'auseinanderznsetzen; beide find tot in Deutsch-
land. Zur Ehre des deutschen Arbeiters muß
gesagt werden, daß er Möhr politische Einsicht
gezeigt hat, als manche bürgerliche Kreise in
Deutschland. Wo der Arbeiter freudig gibt, was
Volk und Staat gehört, machen bürgerliche
Kreise noch ost Vorbehalte. Es wird behauptet,
daß das Elternhaus den alleinigen Anspruch
Mf die Erziehung des Kindes habe. Das ist ein
'Verhängnisvoller Irrtum.
Wir gehören alle unserem Volk und das
Volk hat das ewige Recht, dem Einzelnen
Pflichten aufzuerlegen.

«Wir bestreiten dabei nicht das Recht des Eltern-
chaNses, der erste Erzieher des Kindes nach
diesen vom Staat gegebenen Grundsätzen zu
«sein. Endgültig und unmittelbar muß das
>VoM durch seinen Staat in seine Erziehungs-
stechte eintreten, wenn die Kinder in die Ge-
meinschaft der Volksschule ausgenommen sind.
Die Volksschule aber hat wie jede andere
Schule nationalsozialistisch zu sein. Das bedeu-
tet auch, daß unsere Jugend in den Schulen
im Sinne der Staatsjugend zu erziehen ist
Mich die Zusammenarbeit mit den Verbänden
'dieser Jugend gewährleistet sein muß. Die
Schulen des Volkes und die Verbände der
Staatsjugend haben eine gemeinsame Aufgabe,
die sie nur Hand in Hand miteinander erfül-
len können.
Wir verwahren uns dagegen, daß die Lei-
stungen des Einzelgängers, der der Gemein-
schaft keine Opfer bringt, höher bewertet wer-
den, als die Leistungen eines Hltlerjungen
oder eines Hitlerjugendmädels, die der Ge-
Meinschaft dienen. Es ist deshalb auch nur
recht u. billig, daß der Staat sich den Opfern
des Einzelnen gegenüber zu höherer Leistung
verpflichtet fühlt. Neben den erwähnten bür-
gerlichen Kreisen glauben auch kirchliche
Kreise, unseren nationalsozialistischen Ju-
gendverbänden noch mit Vorbehalten begeg-
nen zu müssen. Wir waren gezwungen, uns
mit diesen Kreisen in den letzten Monaten
ost scharf auseinanderzusetzen. Mit umso grö-
ßerer Genugtuung können wir seststellen, daß
idiese Auseinandersetzungen zu einer Beruhi-
gung und Befriedung unseres innerdeutschen
WMS EH« Laben.

Wir wollen deshalb auch heute wieder
den Wunsch zum Ausdruck bringen, daß
die letzten Unklarheiten und Gegensätze
zwischen Staat und Kirche bald endgül-
tig beseitigt sein mögen.
(Lebhafter Beifall.) Die Kirchen besitzen das
von uns niemals angefochtene religiöse Ver-
einigungsrecht unter unserem Volke. Mögen
ie deshalb auch dem Staat das uneinge-
chränkte Recht auf die politischen Zusammen-
chlüsse unseres Volkes und seiner Jugend
nicht bestreiten. (Lebhafter, langanhaltender
Beifall.) Die geistigen Grundlagen für den Le-
benskampf eines Volkes können nicht allein in
den Kirchen geschaffen werden, sie sind viel-
mehr durch schwerste und opfervollste Arbeit
in den politischen Organisationen hervorzu-
bringen und immer wieder aufs neue zu schaf-
fen. Wie die Einheit von Partei und Staat
das alleinige Recht auf die politisch-weltan-
schauliche Erziehung unseres Volkes besitzen
muß, so muß auch künftig die Staatsjugend,
also die HI, das alleinige Recht aus die Po-
litisch-weltanschauliche Erziehung unserer Ju-
gend haben. (Erneut lebhafter Beifall.) Un-
nachgiebig müssen wir bis zur Klärung dieser

letzten Streitfragen von der Mitgliedschaft der
Partei, ihrer Gliederungen und angeschlosse-
nen Verbände, sowie von der gesamten Be-
amtenschaft verlangen,
daß sie ihre Kinder der Staatsjugend und
den Gemeinschaftsschulen unseres Volkes
anvertrauen.
Es ist dies nur ein zu billiges Verlangen, das
mit Zwang nichts zu tun hat, sondern als
eine selbstverständliche Pflicht Partei und
Staat gegenüber angesehen werden muß. Wer
diese Pflicht nicht erfüllen zu können glaubt,
wird von niemanden gezwungen, länger in
der Partei oder in der Beamtenschaft zu ver-
bleiben. (Stürmischer Beifall.) Eltern aber,
die die Jugend freiwillig in die Verbände der
HI. schicken, dürfen beruhigt sein, daß ihr
dort die Freiheit für die Ausübung: brer
religiösen Pflichten in kern er
Werse versagt wird.
Mit einem Sieg-Heil auf den Führer sowie
dem Gesang des Horst-Wessel-Liedes und des
Liedes der HI. wurde die gewaltige Kundge-
bung geschlossen.
(Die Rundfunkrede Kempers siehe Seite 6.)
verkündet werbe.

Zn Abessinien kann es losgehen
BeMMen-e MMmaKmg / Große Spannung im Lande

Addis Abeba, 30. Sept. Die Bekanntgabe
der vom Kaiser bereits unterzeichneten allge-
meinen Mobilmachung wird davon abhängig
gemacht, wie der Völkerbund auf das Tele-
gramm des Negus vom Sonntag reagieren
wird. In Zentralabessinien schreitet die Teil-
mobilisierung fort. Aehnliche Meldungen lau-
fen aus den Grenzprovinzen ein. Die Stim-
mung ist aufs äußerste angespannt. Einge-
weihte Kreise behaupten, daß die allgemeine
Mobilmachung noch im Laufe dieser Woche
verkündet werde.
Nach Meldungen aus zuverlässiger amt-
licher abessinischer Quelle soll der Völkerbund
dem Kaiser bereits mitgeteilt haben, daß er
unter den von Abessinien geschilderten Ver-
hältnissen gegen eine allgemeine Mobilmach-
ung angeblich nichts einzuwenden habe, da
diese zur Landesverteidigung notwendig sei.
Addis Abeba, 30. Sept. Wie nunmehr be-
kannt wird, liegen die Plakate mit dem Auf-

ruf zur allgemeinen Mobilmachung bereits
seit einer Woche fertig gedruckt in der abes-
sinischen Staatsdruckerei. Die Erklärung
der allgemeinen Mobilmachung soll unter
großen Zeremonien verkündet werden, wobei
im ganzen Lande die Kriegstrommeln ge-
rührt werden. Die Berater des Kaisers hat-
ten in Anbetracht der Lage in Genf die Ver-
kündung der Mobilmachung bereits in der
vergangenen Woche gewünscht. Auf Wunsch
des Kaisers wurde sie jedoch bisher hinaus-
geschoben, womit verschiedene in der letzten
Zeit verbreitete Nachrichten richtiggestellt
werden. Im Laufe der nächsten Woche wer-
den mehrere Waffenlieferungen in Abessi-
nien erwartet. So soll eine große Waffen-
sendung aus Japan und ein Schiff mit
Kriegsmaterial aus Belgien in Dschibuti
eintreffen. Der italienische Konsul in Harrar
hat seine Tätigkeit eingestellt und die Stadt
verlassen.

„ü 9", -er Nlimenströger -es Hel-Mafien U-Bootes von Stto M--WN


Unter den neuen deutschen 250-Tonnen-U-Booten bei der Flottenischau der Kriegsmarine be-
findet sich auch eins mit dem Namen „U 9". Es hält die Erinnerung wach an das ruhm-
reiche U-Boo-t des Weltkrieges, das unter Führung Otto Weddigeus am 22. September 19-14
die drei englischen Kreuzer „Crchsy", „Abnkir" und „Hogue" zum Sinken brachte.
GchENöMWL-Wä

MikMirniWIaktik
--- Rom, 28. Sept.
Als der italienische Ministerrat sich am
Samstag zum dritten Male versammelte, um
die Entwicklung des Konfliktes mit Abessi-
nien im Rahmen der letzten Genfer Ver-
handlungen und Entscheidungen zu über-
prüfen. fand er eine Lage vor, die in wich-
tigen Punkten noch nicht hinreichend geklärt
war, um endgültige Entscheidungen zu tref-
fen oder neue Lösungen überzeugend sichtbar
zu machen. Indessen hat man sich wohl Re-
chenschaft darüber gegeben, daß die diploma-
tische Stellung Italiens sich gegenüber den
europäischen Westmächten, auf die es in die-
sem Zusammenhang in erster Linie ankommt,
keineswegs verbessert hat. In Genf jeden-
falls sind die Dinge nicht so gelaufen, wie
Italien sie treiben wollte. Ob Baron Aloisi
nun den Auftrag hatte, den Konflikt mit
Abessinien vom Völkerbund abzusprengen
und Abessinien mit Hilfe des Völkerbund-
paktes, der im Artikel 1 von den Voraus-
setzungen der Mitgliedschaft, im Artikel 19
von der Revision unhaltbar gewordener Ver-
hältnisse, im letzten Absatz des Artikels 16
von der Ausstoßung eines unwürdigen
Mitglieds und im Artikel 22 von der Ueber-
tragung eines Völkerbundsmandats handelt,
in die Gewalt Italiens zu bringen, oder ob
es ihm nur darauf ankam. nachzuweisen, daß
der Völkerbund nicht imstande sei, den Kon-
flikt zu lösen, in der Hoffnung, daß dann
Italien in Abessinien wie früher Japan in
der Mandschurei praktisch freie Hand be-
komme — in beiden Fällen ist das Ziel nicht
erreicht worden. Der Völkerbundsrat hat
Abessinien nicht beiseite geschoben, sondern
den Fall zu einer Probe seiner eigenen Auto-
rität gemacht. Offenbar hat man in Rom
die Wirkung der italienischen Denkschrift
über schätzt und zugleich die Entschlossenheit
Englands, den Völkerbund ernsthaft gegen
einen Angriff auf Abessinien zu mobilisieren,
sowie die Kräfte, die Frankreich an England
und an den Völkerbund binden, unter-
schätzt. Das Ergebnis ist jedenfalls, von
Rom aus gesehen, eine Verengung der Be-
wegungsfreiheit und eine Erschwerung der
Lage, die angesichts der Verantwortung, die
nunmehr auf jeder endgültige:) Entscheidung
lastet, nicht einfach ignoriert werden kann.
Der Völkerbundsrat hat ein Verfahren
eingeleitet, das praktisch mit der Ausarbei-
tung von Empfehlungen auf Grund des Ar-
ikels 13. Absatz 4 der Satzung zur Formu-
lierung eines Urteils führt und für den
Fall, daß dieses Urteil einstimmig angenom-
men wird, woran kaum zu zweifeln ist, auto-
matisch zu den berühmten Sanktionsbestim-
mungen des Artikels 16 überleitet. Es wird
immerhin noch gut eins Woche dauern, bis
der Dreizehnerausfchuß sein Urteil, das sich
von der Grundlage des von Italien abge-
lehnten Vorschlags des Fünferausschusses
kaum sehr weit entfernen dürfte, formuliert
hat. Außerdem ist der Fünferausschuß, der
nicht ein bindendes Urteil zu sprechen, son-
dern zunächst ohne strenge völkerrechtliche
Konsequenzen Versöhnungsvorschläae zu ma-
chen hatte, nicht aufgelöst worden. Es bliebe
also noch Zeit und auch noch ein formaler
Weg. um den Konflikt friedlich aus der Welt
zu schaffen. Aber die Zeit ist kurz, und der
Weg ist aar schmal. Außerdem bestünde
noch die Möglichkeit, ähnlich wie vor Genf
in Paris, außerh a l b des Völkerbundes
in direkten Verbandlungen zwilchen Italien,
Frankreich und England eine Lösung zu ver-
suchen. In iedem Falle aber wäre inner-
halb oder außerhalb des Völkerbundes eine
friedliche Lösung in letzter Stunde nur unter
der Voraussetzung denkbar, daß dis tiefe
Kluft, die bis fetzt den Vorschlag de<? Völker-
bundes von den italienischen Anlvrüchen
trennt, überbrückt werden könnte. Am ehe-
sten wäre das vielleicht noch bei einer
Dreierkonferenz außerhalb des Völkerbundes
möglich, der man unter Umwänden eine
Form geben könnte, die das Prestige Ita-
liens schont.
*
Steuert man in Rom auf eine solche Lö-
sung zu? Die ausführliche Mitteilung über
das Ergebnis des Ministerrates vom letzten
Samstag gibt darüber keine klare Auskunft.
Das Wnat natürlich auch damit zusammen-
 
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