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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 229-204)

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Nr. 281 - Nr. 290 (2. Dezember - 12. Dezember)
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M LeWmds / / WisienNatt m- Kmft

WmaMitung mit den Brilasrn: Aus -er Mit der Kem-

Seidelberg, Ivmerstag, 12. Jezember isZZ

7«. Zabrgam / Rr. 29»

Schrlftleitmrg N. Geschäftsstelle: Heidelberg, Bergh. Str. SS/S1, Fernfpr. 71S1. Anzeige«-
schlutz: 9 Uhr, Samstag 8L0 Uhr vormittags. Für fernmündlich übermittelte A«f-

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2 träge wird keine Gewähr übernommen. Postscheck-Konto Karlsruhe Nr. 8105. Lm
-9 verlangte Beiträge ohne Rückporto werben nicht zurückgesandt. Gerichts-.: HevxSberg.


Ananzieller KMeeinsah für die Wehrmacht

Aer MlOsfinanzminister Mr dir neuen Aufgaben drr deutjchrn Finanzpolitik


«k^lrn, ii. Dez. Im Rahmen der Vor-
E^ihe „Die öffentliche Verwaltung im
Reich" sprach am Dienstag vor der
^Eungsakademie Berlin Reichsfinanz-
Schwerin v. Krosigk
Rtorium maximum der Universität
»Deutsche Finanzpolitik".
einer kurzen Erinnerung an die erste
!«, Finanzkatastrophe der Nachkriegszeit
l^ahre 1923 schilderte der Redner die
h»/sbphale Lage, die der Nationalsozialis-
v,,-/933 auf dem Gebiete der Finanzpolitik
Keinerlei Rücklagen in den öffent-
L-s, Haushalten und in der Privatwirt-
Ii?!> Fehlbeträge und Verluste und schlich-
N» ungeheure wirtschaftliche und mora-
^?Druck einer Armee von sechs Millionen
Mslosen.
Minister schilderte nun im einzelnen
-G^ufsnahmen der Kredit- und Haushalts-
konzentrischen Angriff auf die
»G^losigkeit, die Aktivierung der Steuer-
Er ging dann auf die
Entwicklung des Schuldenstandes
unter Einbeziehung der noch nicht
«^"osten und dabei noch nicht öffentlich
er k?Eesenen Arbeitswechsel in den Jahren
d^rise von 1930—1933, um 3,7 Miliar-
d in den zweieinhalb Jahren des Auf-
ü seit 1933 um 7 Milliarden gestiegen
«U. den Jahren der Krise feien aber di«
V^oinmenen Kredite lediglich Defizitkre-
m°^r öffentlichen Hand gewesen, denen
«Kg Möglichkeit einer späteren Abdeckung
steigenden Einnahmen oder einer Besse-
Haushalts nicht gegenüberstand.
Überschuldung der Jahre nach 1933 da-
is^.sei die Folge einer aktiven
u n k t u r p o l i t i k gewesen, die sich
Einnahmen, aus denen diese Kre-
^^UEckgezahlt werden können, geschaffen
ül^,.ein weiteres Kennyeichen für die echte
ch.^artsentwicklung neben der Arbeitsbe-
üunq bezeichnete der Redner die beson-
^rfreuliche
Zunahme des Gesamtaufkommens der
Reichssteuern,
von 1932 bis 1935 trotz beträchtlicher
^rsenkungen um 2,5 Milliarden erhöht
1^. °""tit eine Verbesserung der Haushalts-
M 4 Milliarden ermöglicht hätten. Die
^..^Herstellung der Ertragsfähigkeit in
tzist^rrie und Landwirtschaft sei in erster
üei„„ diesem Umstand zuzuschreiben. Es sei
fxMen. die in der Krisenzeit entstandenen
iüs! .eträoe zu beseitigen, den Schuldendienst
aufgenommenen kurzfristigen Kredite
»?Een und wieder normale Aufträge
"Nentlichen Hand in den laufenden
aufzunehmen. Trotz dieser gewal-
Steigerung der Steuereinnahmen habe
V Reichshaushalt noch nicht ausge-
werden können und zwar wegen der
hx'Ahen für den Arbeitsdienst und
" e b r h a f t m a ch u n g des deutschen
„Aber trotz aller Sorgen, die sie uns
rief der Minister unter stürmi-
ü^Reifall aus möchten wir doch die Aus-
»>y//höhunaen für Arbeitsdie-st und Wehr-
'n unserem Etat nicht missen."
Minister warf dann die Frage auf:
D,...
werden die Mittel für die neue deutsche
Wehrmacht aufgebracht?
liegt einfach, so führte er aus, die
»olMmng einer durch die aktive Kredit-
' geschaffenen wirtschaftlichen Lage vor,
""s ermöglicht, auf diesem Wege in
ltz^aftsrichtiaer Form fortzufahren. Die
Sparbildung und Flüssighaltung auf
de/ Geldmarkt ermöglicht uns immer wie-
'"'r die mobilen Gelder für die
Iieb° öffentlichen Finanzierung heran-
und ie nach Lage der Möglichkeit
liniu Auflegung von Anleihen wieder
Diesen Weg gehen wir seit 1933
^„wufzt, und wir haben durch diese Aus-
»iMg der wirtschaftlichen Verhältnisse die
'^'Beschaffung und die Wehrhaft
i?ung finanziert."
deutsche Volk könne dem Führer für

das gewaltige Werk der Wiederwehrhaft-
machung nicht besser danken, als das; es unter
Aufopferung von Lieblingswünschen aller
Art alle Kräfte zusammenfasse, um dieses
Werk durchzufllhren. Dieser Kräfteeinsatz sei
gerade auf dem Gebiet der Finanz- und
Wirtschaftspolitik notwendig.
Der Minister wandte sich mit scharfen
Worten gegen die Auffassung, daß es in einer
Zeit des Aufbaues auf eine Handvoll Millio-
nen Mark nicht ankomme.
Im Gegenteil,
es komme heute mehr denn je auf jeden
Pfennig an.
Wenn wir nicht fähig und gewillt seien,
unsere Ausgabenpolitik so zusammenzufassen,
daß wir im Hinblick auf die Erreichung des
uns gestellten großen Zieles jeden Pfennig
umdrehen, werde dieses Zeil nie erreicht wer-
den. Die Finanzbeamten könnten auch dem
deutschen Volk gegenüber ihre Tätigkeit nur
dann verantworten, wenn die Finanzver-
waltung die Gewähr dafür übernehme, daß
jeder einzelne Pfennig so angewendet werde,
wie es der Arbeitsschweiß, der an diesem
Pfennig hafte, verlange.
Weiter betonte der Minister, daß auch die
Sparkraft des deutschen Volkes hineingestellt
werden müsse in den Dienst der Wehrhaft-
machung. Dies würde zur Folge haben, daß
Hierdurch Lieblingswünsche, aber auch wirt-

schaftlich Wertvolles und vielleicht Notwen-
diges, zurückgestellt werden müsse vor der Er-
reichung des einen Zieles. Diese wirtschaft-
lichen Aufgaben, wie etwa auch der Woh-
nungsbau, würden zurllckgestellt als die gro-
ßen Arbeitsreserven für eine Zeit, in der
die Wehrhaftmachung bis zu einem gewissen
Grade durchgeführt sei.
Dem Außenhandel
wies der Redner die Aufgabe zu, den Siche-
rungsfaktor für unsere Rohstoffeinfuhr zu
bilden. Das sei wichtiger für die gesamte
Wirtschaft, als daß man von dem Außenhan-
del eine starke Belebung der Wirtschaft durch
Bekämpfung der Arbeitslosigkeit verlange.
Mit bestimmten Worten hob der Reichs-
finanzminister sodann die
Bedeutung der Privatinitiative
des einzelnen Unternehmers hervor, die nicht
ausgeschaltet werden dürfe, wenn auch für
die nächsten Jahre der Hauptanteil an der
wirtschaftlichen Belebung nach wie vor dem
Staat zufalle.
Der Minister rief am Schluß seiner Aus-
führungen alle deutschen Volksgenosten auf,
sich durch zeitweilig auftretende Schwierig-
keiten nicht an der großen Aufgabe irre
machen zu lassen. Die Regierung könne die
großen Aufgaben nur dann erfüllen, wenn
jeder einzelne bereit und gewillt sei, an sei-
nem Platze mitzuarbeiten.

Vautt in Addis Abeba
Sir Stadt erwartet unmittelSm bevorMendrn Fliegerangriff

Addis Abeba, 11. Dez. In der Nacht zum
Mittwoch trafen in Addis Abeba Nachrichten
ein, die für die Morgenstunden des Mittwoch
einen Bombenangriff der italienischen Flieger
auf die Hauptstadt ankündigten.
*
Um halb vier Uhr morgens begann die Räu-
mung der Stadt durch die Bevölkerung. Zu
Tausenden und aber Taufenden flüchteten die
Einwohner in langen Zügen und begleiteten
Wagenkolonnen in die Umgebung von Addis
Abeba und in die umliegenden Berge. Euro-
päer und Eingeborene wurden von der von
Haus zu Haus gehenden Polizei aus dem
Schlaf geweckt und aufgefordert, sich in Sicher-
heit zu bringen. Allgemein hat eine panikartige
Stimmung Platz gegriffen. Alle verfügbaren
Kraftwagen werden zu Preisen von 100 bis
300 Mark gemietet, um aus der bedrohten
Stadt zu gelangen.

Bisher kein Luftangriff auf Addis Abeba
Addis Abeba, 11. Dez. Der auf Grund ver-
schiedener Meldungen für die Morgenstunden
des Mittwoch allgemein erwartete italienische
Luftangriff ist bis 10 Uhr vormittags nicht er-
folgt. In abessinischen Kreisen hält man es
nicht für unmöglich, daß er doch noch zu einem
späteren Zeitpunkt eintritt.
Im Laufe des Vormittags wurden die Läden
in der Stadt wieder geöffnet. In der ersten
Aufregung haben ungefähr 20 000 Menschen
Addis Abeba verlassen. Das Gesandtschafts-
viertel war bereits um 6. Uhr morgens von
Taufenden umlagert, die dort Schutz zu finden
hofften.
Die abessinischen Behörden haben eine vier-
fache Verstärkung des Polizeidienstes einge-
richtet. An allen Straßenecken wurden zur Be-
kämpfung von Bränden infolge von Bomben-
abwurf große Fässer mit Wasser aufgestellt.

Wildfchweinjagd zugunst en des Winterhilsswerks
In dem berühmten Saupark Springe im Deister bei Hannover veranstaltete Reichsjäger-
meister Ministerpräsident Göring mit zahlreichen Gästen, unter ihnen der polnische Bot-
schafter Exzellenz Lipfki, eine Saujagd zugunsten des Winterhilfswerks. Das Bild zeigt den
Reichsjägermeister während der Jagd. Links neben ihm Reichsaußenminister Freiherr von
Neurath und hinter diesem der Stabschef der SA Lutze. (Prefse-Jllujstr. Hoffmann-M.)

RömWe Rvtizen
(Bon unserem römischen Mitarbeiter.)
— Rom, 9. Dezember 1935.
Wie die Vorschläge zur Lösung des abösisink»
fchen Konfliktes, die der französische Minister*
Präsident und Außenminister Laval und der
englische Außenminister Hoarein Paris auf
der Grundlage eines eingehenden Studiums
der Sachverständigen ausgearbeitet haben, in
Rom aufgenommen werden, läßt sich im
Augenblick nur vermuten, nicht zuverlässig er-
Mitteln — zumal da die Vorschläge der Oef-
fentlichkeit naturgemäß vorläufig nicht bekannt
gemacht werden. Wenn man sich an die Red«
hält, die Mussolini am letzten Samstag vor
der italienischen Kammer.gehalten hat, so ist
vor einem voreiligen Optimismus zu warnen.
Zwar hat diese Rede in der Mäßigung des
Tones und der sorgfältig überlegten Formu-
lierung — Mussolini hat sie von einem Blatt
abgelesen — keine künftigen Möglichkeiten der
Verständigung von vornherein zerschlagen. Gis
enthielt sogar eine Anspielung auf eine gewiss«
Verbesserung der Atmosphäre, — was nicht
unwichtig ist, wenn man bedenkt, daß Mussolini
kurz vorher mit dem englischen und dem fran-
zösischen Botschafter gesprochen hat. Aber im
Ganzen bestätigt diese Rüde doch die italienische
Taktik, die offensichtlich darauf angelegt ist, die
diplomatischen Vorgänge nur mit betonter Zu-
rückhaltung aufzunöhmsn und alle Artstrengun-
gen auf die Abwehr der Sanktionen und die
militärische Front zu konzentrieren. Möglicher
Weife ist diese Haltung im Grunde gar nicht so
undiplomatisch, wie sie auf den ersten Blick
vielleicht erscheinen könnte Mussolini geht
wohl von der Ueberlsgung aus, daß feine Stel-
lung gerade in diplomatischen Verhandlungen
um so stärker ist, je fester und entschlossener er
den Druck der Sanktionen aushält und je eher
ihm militärische Erfolge in Ostafrika zu Hilfe
kommen. Daraus kann man zunächst schließen,
daß ein etwaiger Waffenstillstand nicht
amBegin n der Verhandlungen stehen wird,
die durch die Pariser Vorschläge neu eingeleitet
werden. Außerdem sieht es so aus, als ob
man sich in Rom kür solche Verhandlungen
auf eine längere Zeitdauer einrichte. Mit der
Wahl dieses Tempos wäre die Möglichkeit mi-
litärischer Erfolge freilich ebenso gegeben wie
die Verhängung der Erdölspsrre. Erst der In-
halt der Pariser Vorschläge wird erkennen las-
sen, wie sich in diesem Falle Chance und Risiko
in der italienischen Rechnung verteilen.
Mittlerweile ist auch der Weihnachts-
baum in Italien ein Opfer der Sanktionen
geworden. Zur Schonung der ohnedies spär-
lichen Waldbestände, deren Holzertrag für an-
dere und weniger liebliche Zwecke dringend be-
nötigt wird, hat der Generalsekretär der Fa-
schistischen Partei angeordnet, daß dieses Jahr
keine Wgihnachtsbäume geschlagen und in den
Handel gebracht werden dürfen. „Ich erin-
nere die Parteisekretäre in der Provinz", so
heißt es in dieser Verordnung, „an die Anord-
nungen, die ich schon seit l931 getroffen
habe und die darauf abzielen, die alte, ganz
und gar aus dem Ausland eingeführte
Sitte des Weihnachtsbaumes abzuschaf-
f e n. Diesem Brauch muß wegen der schweren
Schäden für die Waldkultur ein für alle
Male ein Ende gemacht werden." Dieser An-
ordnung ist. zu entnehmen, daß es sich nicht
nur um die Sanktionen handelt, sondern auch
um eine alte Abwehrbewegung gegen fremdes
Brauchtum. Wenn überdies ein italienischer
Mitarbeiter im vatikanischen „Osservatore Ro-
mano" meint, der Weihna-chtsbaum sei eine
Protestantische Mode heidnischen Ursprungs, so
ist er freilich in italienischen Vorurteilen be-
fangen, die vor einem weiteren Horizont ihre
Geltung verlieren. Außerdem muß er sich da-
ran erinnern lassen, daß gerade italieni'che
Volksfrömmigkeit reiche Gelegenheit böte, den
Einfluß heidnischer Ueberlieserungen auf christ-
liche Bräuche zu studieren. Aber es Hot wenig
Sinn, ^sine solche Polemik zu vertiefen und
über die Gemütswerte nationalen Brauchtums
zu streiten. Wer eigenes Brauchtum Pflegen
will, soll es auch bei anderen achten und zu
begreifen sich bemühen. Auf dieser Grundlage
könnte man sich dann sehr schnell einigen, ohne
Empfindlichkeiten zu reizen, die der Schonung
bedürfen. Was I t a lien angeht, so ist in die-
sem Sinne festzustellen, daß tatsächlich der
Weihnachtsbaum wie im wörtlichen so auch im
 
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