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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 229-204)

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Nr. 251 - Nr. 260 (26. Oktober - 6. November)
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MelberyerVolksblatt


Heidelberg. KanMW, 2. November 1S33

7S.Mrmng/Nr.M

Durch Botenzustellung und Post monatl. 2.00 bei der Geschäftsstelle
^0 Einzelnr. 16 Erscheint wöchentl. 6 mal. Ist die Zeitung am Er-
kein Anrecht auf Entschädigung. Anzeigenpreis: Die lspalt.
* Ezelle (46 mm br.) 7 -H/. Textteil: Die 70 mm br. Millimeterzeile 2ö e^,/.
Ztzlmatzeitung mit den Bsilsg-n: Aus -er Wett -er Frsn

/. Schriftleitung «. Geschäftsstelle: Heidelberg, Bergh. Str. 80/81, Fernspr. 71S1. Airzeigs«
schlutz: 9 Uhr, Samstag 8.30 Uhr vormittags. Für fernmündlich übermittelte Auf-
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verlangte Beiträge ohne Rückporto werden nicht zurückgesandt. Gerichtsst.: Heidelberg«
Sie LeseitttM / Wmrttwmle / WijsMMft m- Kunst

Nie Sanklionskonferenz vor der Vertagung

Bal-lges Znkrafttrrten -er wirtschaftlichen Clchnemaßnahmen

Sanktionskonferenz hat sich am Freitagnach-
mittag grundsätzlich auf den 15. November
als Beginn der Durchführung der Wirt-
schaftssanktionen geeinigt. Dieses Datum
wird aller Voraussicht nach von der Vollkon-
ferenz am Samstagabend angenommen
werden, womit die gegenwärtige Tagung
beendet sein wird.
Die Angelegenheit der Clearing-
Verträge soll am Samstagvormittag vom
Arbeitsausschuß erledigt werden und zwar
auf der Grundlage des rumänischen Vor-
schlags, wonach die Länder mit aktiver Clea-
ring-Bilanz gegenüber Italien ihre Gut-
haben innerhalb einer gewissen Zeit in Wa-
ren sollen verwandeln können.
Der juristische Ausschuß der Sanktionskon-
ferenz hat die Antworten der Regierungen
auf den Sanktionsvorschlag Nr. 1 sWafien-
ausfuhrverbot geprüft und festgestellt, daß
dieses Verbot bereits von 43 Staaten durch-
geführt wird. Dabei wurde auch die Stel-
lungnahme der Schweiz und Luxemburgs er-
örtert, die sich auf ihre Neutralität bezw. auf

das Haager Abkommen von 1907 berufen
haben. Der Ausschuß erklärte hierzu, daß
er nicht beauftragt sei, die Vereinbarkeit
seiner Haltung mit den Verpflichtungen aus
der Völkerbundssatzung zu prüfen. Die
Sanktionskonferenz verzichtet also darauf,
die umstrittene Frage des Einflusses der
Sanktionen auf die Neutralität verschiedener
Mitglieder und Nichtmitglieder des Völker-
bundes von sich aus zu entscheiden.
London, 1. Nov. Nach Meldungen aus Genf
sind die Besprechungen zwischen Sir Samuel
Hoare, Eden und Laval am Freitag sehr be-
friedigend verlaufen. Diese Tatsache wird, wie
Preß Association schreibt, in London als eine
Bestätigung der allgemeinen Verständigung
zwischen der französischen und der britischen
Regierung über das gemäß den Völkerbunds-
satzungen einzuschlagende Verfahren im italie-
nisch-abessinischen Konflikt begrüßt. Gleichzei-
tig wird in London jedoch betont, daß eine
Praktische Friedensgrundlage noch nicht gefun-
den worden sei.

tz, . "
Die englisch-französische Uw
st Uu wie von beteiligter Seite ver-
pt HM befriedigend verlaufen. Die bei-
pl, dn, sind darüber einig gemor-
, ? Sanktionskonferenz am Sams-
b»sch^ baldigen Zeitpunkt für das Jn-
, der wirtschaftlichen Sühnemaß-
em^ltsetzen soll. Bei dieser Gelege,-beit
l>er Hoare oder Laval das Wort
ntx sn' M festzustellen, daß im Augenblick
i"" ab^^Eungslage gegeben sei, daß
wieder in Genf zusammen-
wenn greifbare Vorschläge
?°n stoben sollten.'
Mischer Seite wird außerdem de-
AiepiVl baß Vorschläge vorlagen, die den
Ar". Vertretern unterbreitet werden
M na ?iss- der heute nachmittag hier ein-
^!idenr ?"n dem französischen Minister-
pH. np " über die Lage unterrichtet wer-
istnz s .nimmt an, daß die Sanktionskon-
'Vnn. schon morgen abend wieder ver-
tz, iwro.
' Nov. Der Arbeitsausschuß der




Zurückhaltende Beurteilung in Peiping
Peiping, 1. Nov. In hiesigen politischen
Kreisen ist mau in der Beurteilung der Politi-
schen Bedeutung des Anschlags auf Wang-
tschingwai noch sehr zurückhaltend, da man
weitere Meldungen über die Hintergründe der
Tat abwarten will. Der Täter sowie das an-
geblich von ihm vertretene Nachrichtenbüro ist
in hiesigen Zeitungskreisen ganz unbekannt.
Im allgemeinen wird angenommen, daß die
Tat keine Rückwirkungen auf die Nordchina-
Politik haben wird, für die die Richtlinien so-
wohl von feiten Chinas wie Japans innerhalb
des letzten Monats bindend festgelegt sein
dürften.

Anlai auf den chinesischen Mnißerpräsidenten
MWtWMMl WWMK NMN MlSKlMM tkltgrN
. Ser MMitter vermiet

So sieht der umgestaltete Königsplatz in München aus
Blick auf den Königsplatz in München, der zu einem der schönsten Plätze Europas gestaltet
worden ist. (WelMld-M.)

Ser Eindruck -es Attentats in Ayan
Tokio, 1. Nov. Die gesamte japanische Presse
ist durch die Vorgänge in Nanking stark beein-
druckt. In Sonderausgaben wird betont, daß
die Regierung in Nanking schwer erschüttert
sei, da Wangtschiugwai die stärkste Stütze
Tschiangkatscheks sei. Für Japan fei es wich-
tig, ob Tschiangkaischek diktatorisch regieren
oder über die Koalition mit dem Anschluß an
Südmeft fortsetze.
Das japanische Außenministerium bedauert

die Vorgänge in Nanking, betont über, daß die
japanische Chinapolitik hierdurch nicht berührt
werde. Die Ursache könnte die Folge ausein-
andergöhender Ansichten über zahlreiche innen-
und außenpolitische Fragen sein wie u. a. die
Beziehungen zur Südwestgruppe, zu den Kom-
munisten oder zu Japan. Das Auswärtige Amt
vermutet, daß ein Kabinettswechsel und Stö-
rungen in den Beziehungen eintreten werden,
so daß es die Entwicklung für Japan für wich-
tig halte. Der Ersatz Wangtschingwais sei
hochwichtig für die japanischen Beziehungen zu
China.
In der Armee vermutet man Machenschaf-
ten antijapanischer Gruppen beziehungsweise
des Südwestens.
LMM AneMr Beamt- in
Nsr-chim verhaftet
Peiping, 1. Nov. Nachdem die japanischen
Behörden 131 Angehörige der Blauhemden-
organisation namentlich den zuständigen chine-
sischen Stellen bezeichnet haben, begannen die
chinesischen Behörden am Donnerstag abend
mit umfangreichen Verhaftungen.
Unter den bisher Verhafteten befinden sich
der Direktor der Kriminalabteilung der Pei-
pinger Polizei, ferner ein Vetter des Peipiuger
Bürgermeisters und der Direktor sowie der
Bizedir-ektor der Peipiuger Zensurbchörde.
Im Laufe des Donnerstag verhafteten, wie
hier weiter verlautet, japanische Gendarmen
den Direktor des Wohlfahrtsamtes in Tientsin
auf chinesischem Boden.

AsternNov Ans den chinesischen
str„-fMidenten Wangtschingwai wurde
wiMKs vormittag in Nanking ein Revol-
?»t ich/A verübt, bei dem der Ministerpräsi-
r? Verletzungen davontrug. Der At-
I'" chinesischer Presseberichterstatter
^Aim. " Minq Hsun, soll Mitglied der
eV?MPartei'sein.
""ch Bekanntwerden des Anschlages
- utsche Botschafter dem Chef des
"" Außenministerium einen Besuch
'seine besten Wünsche für eine bal-
MG mng des Ministerpräsidenten aus-
i. Nov. Der chinesische Miuistsr-
"<wgtsch'mgwai soll, einer Reuter-
sh Dokio zufolge, seinen Verletzun-
» Eine direkte Bestätigung die-
Nanking liech bisher jedoch
besagen, daß der
k Wangtschiugwai in dem Augen-
wurde, als sich die Teilnehmer
der Kuomintang anläß-
PlöknI^^Msl'itzuna Photographieren lie-
ch hübe ein Mann einen Revolver
wahrere Schüsse abgegeben. Der
wurde von drei Kugeln ge-
Ȁ eine die Lunge durchbohrte,
j- 'ist weiteren Schüsse soll auch noch der
ck x sichen Schulung im H '^auar-
Dc>ifn?^'ichaks, Kanlai Knau, und ein
der Kuomintang namens
worden sein.
h? W ein^8>^nt Wangtschiugwai wurde w-
Li ^ti»n ^^nkenhaus gebracht u::d einer
«sicher Ter Attentäter, ein
/p^fseberichterstatter, konnte fest-
ich s werden. Der Beweggrund seiner
littet K'r. wird in der Reutermeldung be-
VMich. Gierung über die angebliche japau-
s ?ikin I, Ek des Ministerpräsidenten ge-
ll? Helfershelfer konnten zunächst
DAgebäude flüchten, von wo aus
festen kssÄ^'^en und Soldaten, die sie zu
d?» kxW„NEn, aus ihren Revolvern das
!i>?^ krsgii-^w. Erft nachdem ihr Munitions-
i pst war, ergaben sie sich der Po-
der sich an der
stifte des Kongresses nicht betei-
sowii 'wr Gebäude geblieben war,
s der Gefahr.
^""dgericht in Nanking
Hu 3m Zusammenhang mit
ÄÄ^iumw . den Mmistevpräfidenten
M wuvde über Nanking das

Sie MKe
Die entscheidenden Grenzen / Kleine Zeichen
der großen Politik / Der Krieg und seine Be-
schwörung / Komplizierung des Unkomplizierte»
BPD. In Deutschland sind die Grenzen/ di«
deutsche Stämme bewußt zu trennen versuch-
ten, völlig gefallen. Es gibt nur ein Deutsch-
land, ein deutsches Volk, das freilich auch ohne
abgefteFt zu sein, seine Stammeseigenheiten in
größeren und kleineren Bezirken aufrecht er-
halten kann. Ja, wir pflegen solche Eigenheiten
sogar. Das soll 'über nicht dazu führen und
dem Willen Ausdruck geben, es müßten Gren-
zen gesetzt werden und es müßte ein Gegensatz
zwischen Bayern und Schwaben, Sachsen und
Friesen, Brandenburger und Mecklenburger
durchaus so herausgeftellt werden, um de»
einen Stamm zum anderen in Gegensatz zu
stellen. Wir haben das große Deutschland°und
sind ein einiges Volk unter einer Führung.
Und diese feste Fügung der deutschen Menschen
zu einem Block, der uns die durch unsere Wehr-
macht erhöhte Stärke gibt, bringt mit sich, daß
wir desto deutlicher die Grenzen sehen,
die sich um unser Land legen. Einmal
hat eine Völkerbundkommission oben im Ms-
melgebiet Umschau gehalten und die Erkennt-
nis gehabt, man sehe, ohne besondere Karte»
und Unterlagen, wo die eigentlich deutsch-litau-
ische Grenze liege. Denn Plötzlich würde di«
Wege schlecht, plötzlich ständen verkümmerte
Häuser, schmutzige Orte da — und man wGe:
Litauen! Wie Tag und Nacht ist der krasse Un-
terschied zwischen Deutschen und deutschem
Land und Litauern und Litauen. Die deutlichen
deutschen Grenzen nun, die uns umschließen,
brauchten nicht nur dort oben auf dem Papier
festgelegt zu sein, man könnte iie, umschauend
auch im Süden und Westen just sehr leicht fest-
stellen. Das charakteristisch Deutsche ist derart
ausgeprägt, daß es sich sofort von anderem
Land und anderem Geist abhebt.
In dem so gerügten Deutschland, so in sich
geschloffenen Deutschland tritt nun noch ein«
andere wichtige Erscheinung gerade in den letz-
ten Wochen auffällig hervor, das ebenfalls
sichtbare Grenzen zieht: es ist d i e R u h e b e i
uns, es ist die A rb e i t s f r e u d i g k e i t, es
ist das gemeinsame Wollen, es ist der unver-
kennbare eine Herzschlag, der das deutsche Volk
beseelt. Nun könnte es scheinen, als ir
Pswußt ein Eigenleben, abgeschlossen von der
Welt suchen. Das ist indessen nicht der Fall.
Wir stehen mit beiden Füßen im Leb - und
in der großen Gegenwartsgsschichte, nur mi-
schen wir uns nicht in Dinge, die uns nichts
angehen. Eine Madrider Zeitung glaubt her-
vorheben zu können, daß man die konsequente
deutsche Haltung bei dem augenblicklichen Bro-
deln in der Welt mit Hochachtung bewundern
müsse. Ja, man fragt sich neuerdings jenseits
der deutschen Grenzen, wie man nun dieses
Deutschland, an dem man so lange h um-
zauste, eigentlich nehmen solle. Es biete io
wenig Angriffsfläche. Gewiß muß man sich
schon Mühe geben, um uns aus unserer bewuß-
ten Reserve zu locken. Wir denken aber nicht
daran, die heimlichen Wünsche jener zu erfül-
len, die so gerne ein in der jetzigen Zeit außen-
politisch aktives, sich überall einmischendes
Deutschland hätten, um desto leichter den
„alten Sündenbock" wieder einmal ins Kreuz-
feuer der Angriffe und Verdächtigungen neh-
men zu können. Wir stehen mit offenen Adm
in unseren Grenzen und schauen darüber hin-
aus nicht desinteressiert und unbeteiligt. Im
Gegenteil, wir sind durchaus voll Interest«
und nehmen an der großen Politik, sofern man
die diplomatischen Handlungen als große Po-
litik sehen darf, regsten Anteil. Das kann
man, ohne ein großes Wort zu führen und
ohne eine sichtbare Rolle zu spielen. Und wir
finden, daß unsere Einstellung wohl sehr richtig
ist. Denn sie hatte bisher zur Folge, daß man
die Frage stellte: Was will dieses
Deutschland? Und daß man widerwillig
anerkannte, dieses Deutschland nehme nun doch
in der Weltpolitik eine unverkennbar bevor-
zugte Stellung ein, man müsse mit ihm rech-
nen, man müsse es respektieren. Daß aber dieser
Machtftaat nicht mitten, in der gemeinsamen
Aktion stehe, behagt nicht. Jedenfalls haben
sich die Ansichten über Deutschland gründlich
gewandelt und es verursacht gewissen Politi-
kern heute bereits Unbehagen, daß dieses
Deutschland fo abseits auch vom VdWkvbimde
 
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