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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 229-204)

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Nr. 231 - Nr. 240 (3. Oktober - 14. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43256#0121
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HeMberyervolksblatt

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M LMtunds / SeimatlvMr / WUMKatt M Kunst

Dlzer Note

7<».Mrgang/Nr.240

Heidelberg, Montag, 14. Sktober 1SZ5

Ml Almosen, sondern Opfer

AleNIKe ErMmi« »es WmNNNismrkcS iW/z« im öliu Nsdrn turch MtMerrrWml WM

ReKenMaMericht des MW 1S34/35

MlmstervrMdent Köhler

haltungsgegenstände, Betten und Bettstellen
wurden rund RM. 200 000 aufgewendet.
Am Schluß des Rechenschaftsberichts ist die er-
freuliche Tatsache festzustellen, daß das Winter-
hilfswerk 1934—35 gegenüber jenen 1933—34 ein
Spendemehrauskommen von RM. 1045 290 auf-
zuweisen hat.
Pg. Dinkel führte anschließend folgendes aus:
Obige Zahlen zeigen nicht im Entferntesten den
tatsächlichen Wert des Geleisteten. Es kommt
nicht zum Ausdruck, wieviel hart« Not gelindert
und wieviel Volksgenossen wieder aufgerichtet

trag des Pöppschen Orchesters und eindrucksvol-
ler Wiedergabe des Sprechchors „Es schritt ein
Sämann" von Linke durch Hitlerjungen richtete
der Gaubeanftragte des WHW, Gauamtsleiter
Pg. Dinkel, an die Anwesenden herzliche Be-
grüßungsworte. Sein besonderer Gruß galt
dem Ministerpräsidenten Köhler, der dem am
Erscheinen leider verhinderten Reichsstatthalter
Robert Wagner vertrat.
Pg. Dinkel unterbreitete sodann den

Er führte aus: Am vergangenen Mittwoch hat
der Führer mit einem leidenschaftlichen Appell
an die gesamte Nation zur neuen Eemeinschafts-
tat im Rahmen des Winterhilfswerkes aufgeru-
fen. Wir sind heute hier versammelt, um, dem
Willen des Führers gemäß, auch in Vaden den
Kampf gegen vorhandene Not und vorhandenes
Elend aufzunehmen. Niemand wird daran
zweifeln, daß das gewaltige Werk der Nächsten-
liebe in Baden besonders notwendig ist. Wenn
es auch dank der Maßnahmen der Reichsregie-
rung und dank des Einsatzes des Landes gelun-
gen ist, die Not in Baden zurllckzudrängen und
die Zahl der Arbeitslosen von 180 000 auf 60 000
herabzudrücken, so kann doch kein Zweifel beste-
hen, daß es heute noch in unserer engeren Heimat
viele Menschen gibt, die nicht das haben, was sie
haben müßten und was wir ihnen wünschen
möchten. Daraus geht hervor, daß unsere Auf-
gabe nicht erfüllt sein kann und wir eine neue
große Aufgabe vor uns sehen.
Wenn man sagt, daß die Betreuung der Ar-
beitslosen, der Kranken und Siechen Aufgabe des
Staates fei, so ist darauf hiwzuweisen, daß sich

werden konnten. Die Zahlen sagen nicht, welch
große Opfer Sammler und Spender gebracht ha-
ben. Volksgenossen, selbst arm, ließen es sich
nicht nehmen, ihr Scherflein zu geben, unzählige
Leute mit kleinem Einkommen spendeten durch
freiwillige Abzüge, Tausende und Abertausende
haben sich in den Dienst der Arbeit gestellt, sind
täglich treppauf treppab gegangen und haben bei
jedem Wetter unermüdlich ihre Pflicht getan
Uns wurden erhebende Beispiele von Pflichter-
füllung der Helfer und Helferinnen gemeldet.
Auch dieses Jahr werden wieder viele Tausende
hilfsbereiter Menschen der Sache dienen. Mö-
gen alle Volksgenossen ihre Pflicht tun und mö-
gen sich die vom Schicksal besser Bedachten nicht
durch andere beschämen lassen.
Man möge nicht Almosen geben, sondern
Opfer bringen.
Nur dann wird Segen aus dem Werke ruhen,
wenn die Opfer nicht erzwungene, sondern frei-
willige sind und das Herz dabei ist. Jeder Volks-
genosse muß fühlen, daß das Volk hinter ihm
steht. Niemand soll hungern und frreren, wo die
deutsche Fahne weht! Das geloben wir als hei-
ligste Pflicht.
Nun ergriff das Wort

-.Attlsruhe, 12. Okt. Im großen Saale des
^scheren Landtagsgebäudes versammelten sich
b"irnstag vormittag die Mitglieder des
»Ubeipates für das WHW, die aus allen Lan-
ll» hierher gekommen waren zur feier-
Eröffnung des Winterhilfswerkes 1935
tz? füU im Gau Baden. Der Saal war mit
„.." Bannern des Dritten Reiches, Lorbeer und
^ttanden festlich geschmückt. Vor dem Präfi-
Krn ""r inmitten eines Pflanzenhaines di«
^Ite des Führers aufgestellt. Nach einem Vor-

der nationalsozialistische Staat dieser Ausgabe
nicht entzogen hat. Wir haben aber darüber
hinaus eine Verpflichtung zu erfüllen, und diese
Leistung kann nur überstaatlich sein. So will
es das Winterhilfswerk.
Warum nun HW NerMWung?
Dafür sprechen dreierlei Gründe:
1. Wir sind zur Hilfsleistung verpflichtet,
weil wir Sozialisten find. Wir woll-
ten dem Volke den wirklichen Frontkamerad-
schaftsgeist geben, denn nur in ihm kann es sei-
nen Schicksalskampf bestehen. Dieser Geist der
Kameradschaft, den wir auch in Fr'iedenszsiten
pflegen wollen, war maßgebend für das WHW,
für seine Helfer und für die, die Opfer bringen
sollen und müssen. St« sollen nicht gebracht
werden mit pharisäerhafter lleberheblichkeit, die
nur ein Almosen hinwirft. Nein, man mutz im
Opfer «inen Akt der Kameradschaft sehen. Dieser
Sozialismus ist die größte und gewaltigste
Triebfeder, die uns vorwärts treibt und uns nie
erlahmen läßt.
(Fortsetzung sieh« Seit« 2)

„ b?r den gigantischen Umfang dieser sozialen
?°8tat geben folgende Zahlen Aufschluß: Bei
"er Vevölkerungszahl in Baden von 2 413 000
x, "9 der Stand der Hilfsbedürftigen monatlich
Uchschnittlich 412 813 oder 17,11 Prozent der
Ick^^ttmnwohnerzahl. Monatlich wurden durch-
MMich 141 gZi Haushaltungen unterstützt, d.
/ 23,00 Prozent der Gesamtzahl an Haushal-
ten. Neben 218 besoldeten Helfern des WHW
tätig" OtiO Helfer ehrenamtlich und freiwillig
gDi« Eesamthöh« der Sachspenden erreichte den
,^"rag von RM. 2 916 659, die der Geldspenden
bumme von 5 006 820, so daß sich ein Ge-
ftibt ^^deaufkommen von 7 923 479 RM. er-
t- Die Sachspenden hatten einen Gebrauchs-
sh" von RM. 11 634 020, die Lebensmittel
Brotgetreide und Mehl) standen
. t AM. 1921178 im Wert, während der Ge-
^uchswert der Kleidungsstücke RM. 673 188
is. "chte. Di« Lohn- und Gehaltsabzüge °zugun-
UN des WHW bezifferten sich auf RM. 1 265 087.
^" Firmen, Organisationen und Einzelperso-
a" einmaligen und laufenden Spenden
erk ' 1856 359 eingegangen, die Eintopfsonntage
pachten NM. 1 115 365. Von der Reichsfüh-
IckrE dem Gau Baden an Sachspenden zu-
^ußlich UM. 1560 265, in bar RM. 250 000 ge-
3n worden. Ferner ist zu erwähnen, daß zum
"- Januar 1935 die Ausgabe von 419 970 Stück
«"^nsmittelgutscheinen im Wert von RM.
885 erfolgte.
^2 Winterhilfswerk hat nicht zuletzt
"«ch aus das badische Wirtschaftsleben
befruchtend gewirkt.
verhielten Textilfirmen Aufträge an Klei-
run ^stoffen, auch erfolgten Aufträge zur Lisfe-
"9 von Schuhen, beides ergibt ein« Auftrags-
' ""e von zusammen RM. 863 642. Für Haus-


° vas i« in E
Ho^s-Mert« «m Sams»
lull .^lchsluftfahrtmimsteriums geuncnmm
Bauherrn, dem Reichsminister der

Richtfest am ReWtustWrtministerium
Richtfest größten Ausmaßes, das je in Deutschland begangen.
y. Berlin, 12. Olt. Das Richtfest größten zahlreicher Ehrengäste, auf dem Neubau in
^usmaßes, das je in Deutschland begangen der Wilhelmstraß«. In der großen SLulen-
bvde, am Samstag nachmittag die Halle an der Wilhelm-, Eck« Leipziger Straß«,
177" Mann stark Belegschaft des Neubaues fand di« feierlich« Einmauerung einer Bronze-
. NeichHliiitlobrtministpriiirns gemeinsam käsette stat, in der Dokumente über llr-
Bauherrn, dem Reichsminister der sp--ng und Geschichte des Bauwerkes enthal-
^llWrt General Göring, in Gegenwart te-n sind. Das eigentliche Richten des Baues

wurde auf den Terrassen im Garten des Neu-
baues durchgöfühvt, von wo aus die große
Richtkrone hochgezogen wurde. Nach einer
Ansprache des Reichsministers der Luftfahrt,
General Göring, zog die Belegschaft geschlos-
sen nach -em Sportpalast, in dem ein Fest-
schmaus der 5000 stattfand, an dem in bunter
Folge Arbeiter und Minister, Konstrukteure
und Offiziere teilnahmen.


Monarchie Griechenland!
BPD. Die große Serie der Balkankrwge
hat — wenn man nur die letzten 150 Jahre
der Geschichte als Beispiel heranziehen Will,
auch die Balkanländer in ihrem Inneren nie
recht zur Ruhe kommen lassen. Und gerade
Griechenland ist mit seinen inneren Wirren
und fortgesetzten Unruhen ein Opfer unglück-
seliger Kriege geworden. Die endlosen Reibe-
reien mit den Türken, durch die Griechenland
-auf Jahrhunderte hinaus die Fühlung mit der
europäischen Kultur verlor und nur dank sei-
ner Kirche und selbständigen Gemeindsversas-
sung seine Nationalität aufrecht erhalten
konnte, brachten im Jahr« 1830 einen erst-
maligen Stillstand durch das bekannte Londo-
ner Protokoll, das Griechenland zum selbstän-
digen Königreich erklärte. Der erste Monarch
des neuen Griechenlands wurde am 7. Mai
1832 Prinz Otto von Bayern, der zum König
gewählt wurde. Aber auch die Monarchie ist
seit dieser Zeit in Griechenland nicht beständig
geblieben. Schon 1862 verlaß er durch von
außen her genährte Aufstände Griechenland,
ohne förmlich abzudanken. Am 30. März 1863
bestieg Prinz Georg von Dänemark den grie-
chischen Thron. 1867 wiederum Krieg mit den
Türken. 1912—13 ist der große Balkankrieg,
den Griechenland mit Bulgarien, Serbien und
Montenegro gegen das Türkisch« Reich führt«
Noch vor Friedensschluß wird König Georg
am 18. März 1913 m Saloniki ermordet.
*
Der Weltkrieg, dem dernachfolgende König
Konstantin zunächst neutral gegenübevstcht und
den Schürereien der Entente und Venitzölos
standzuhalten scheint, soll auch schließlich in
Griechenland wiÄer empfindsame innere Stö-
rungen auslösen. Am 12. Juni 1917 wird de«
König zur Abdankung gezwungen, zugunsten
seines Sohnes Alexander. Dieser aber schließt
sich den Berbandsmächten an und erklärt den
Mittelmächten den Krieg. Immer wieder taucht
der Name Benizelos auf, dessen groß-griechische
Politik ihn an di« Seite der Entente zog. Veni»
zölos terroristisches Regime im Innern des
Landes bringt ihm schließlich di« erste schwer«
Niederlage ein, nachdem König Alexander 1920
plötzlich verstorben war. Diesem folgt König
Konstantin ein zweites Mal; 1920 kehrt er
nach Athen zurück. Im März 1921 kommt es
erneut zum Kriege in Kleinasien, der Griechen-
land abermals schwere wirtschaftlich« Einbußen
bringt. So dankt Konstantin wieder üb, zu-
gunsten seines Sohnes Georg, der von 1922
bis 1924 König ist. Der Friede von Lausanne,
der Griechenland Ostthrazien und Adrianopel
kostet und nach dem Griechenland 1,4 Millionen
Flüchtlinge aus Kleinasien aufzunehmen hat,
zwingt das Land zu den allerschwevsten Op-
fern. Sie lösen im Innern des Landes erneut
Unruhen und bewaffnete Aufstände auf, durch
die Griechenland 1924 Republik wird.
*
Nunmehr haben die Armeeführer dem Mi-
nisterpräsidenten mitgeteilt, daß die Armee die
Rückkehr des Königs und die Wiedererrichtung
der Monarchie verlange. König Georg soll ohne
vorherige Volksabstimmung zurückberufen wer-
den. Bekanntermaßen hat di« Regierung dar-
aufhin ihren Rücktritt beschlossen, und General
Korckylis soll bis zur Rückkehr des Königs die
Regierung übernehmen. Er hat ein neues Kabi-
nett gebildet, hat die Regentschaft übernommen
und die Nationalversammlung ist unverzüglich
eiüberufen worden, vorder die neu«Regierung
Kondylis den Eid ablegte. Es besteht Wohl
kaum ein Zweifel darüber, daß die Rückkehr
des Königs nach Athen seit längerer Zeit als
der Wille der überwiegenden Mehrheit des
griechischen Volkes betrachtet werden muß. Das
parlamentarisch-republikanische System war
die Fortsetzung des langen Leidepsiveges, den
das Volk Griechenlands durchkosten mußte.
Der Wille zur Monarchie fand seine Nahrung
durch die Vorfälle des venizslistischen Aufstan-
des. Man hat die Erschütterungen dieses Ge-
iwaltstreiches in ganz Griechenland nur zu deut-
lich verspürt und kann sie nicht wieder ver-
gössen. Tausende und aber Tausende von Grie-
chen vermögen den von Benizelos begangenen
Verrat nie Widder' zu vergessen, und sie haben
den Augenblick, daß der König wieder nach
Achen zurückkehrt, lange erwartet.
Ein Staat wie Griechenland, der durch die
Jahrhundert« hindurch Brennpunkt der großen
GalkanpMtik war, in dessen Auswirkungen sich
 
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