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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 229-204)

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Nr. 241 - Nr. 250 (15. Oktober - 25. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43256#0191
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HeÄelberyerVMsblatt

70.MrgMg/M.247

Botenzustellung und Post monatl. 2.00 bei der Geschäftsstelle
Einzelnr. 10 Erscheint wöchentl. 6 mal. Ist die Zeitung am Er-
^iin besteht kein Anrecht aus Entschädigung. Anzeigenpreis: Die Ispatt.
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M Lemtun-e / Srimatwattr / WiNenNatt Md Kunst
Melbers, Iienstas, 22.StteberiS3Z


versuchsweise Medensvorschläge Lavals

Okt. In London wurde am
Mchi? "lftriell bestätigt, das; versuchsweise
^ine Beendigung der Feind-
Ms Abessinien zwischen Nom und
Ml>„"^getauscht worden sind. Ferner
He» Wieben, daß in dem dreiviertelstiin-
^Hüio ^ch Mischen Mussolini und dem
'fiii l°; Botschafter in Nom am Freitag
Mit h " Hinweis" auf die Mög-
Beendigung des Krieges gemacht
liinh., versuchsweisen Friedensvorschläge
? iedoch, wie in amtlichen Krei-
M um! in einem sehr frühen Sta-
"Ist «eien mehr von der Art zwang-
Mtu r.- jungen. Es werde eine Zeit
endgültige Gestalt annehmen
Hst oa an dem gegenwärtigen Streit
nämlich Italien, Abessinien
"hi hp-^ikerbund, beteiligt seien und alle
erledigt werden mühten.
8°i>d *
ükichx M 21. Okt. lieber die versuchsweisen
ÄsiW/Mschläge Zur Beilegung des italienisch-
Streites meldet der diplomatische
von Reuter folgende Einzelheiten:
M einen Ausweg zur Veendi-
b Krieges zu finden seien vor einigen
Baris ausgegangen, als Laval zu-
" p st l i ch e n N u n t i u s und den ita-
» Ms?, Botschafter empfangen habe Damals
skK worden, Satz Laval ein Programm
,h Abt? .unkten vorgeschlagen habe, das u. a.
ng der Provinz Tigre an Italien, die
Me» h ues englischen Hofens Zaila an Abes-
<stl^ uo als Gegenleistung die Abtretung eines
Provinz Ogaden von Abessinien an
"°^sah- Eine Bestätigung dieses von
M;?Melegten Programms sei jedoch nie-
Kreisen erhältlich gewesen.
tatv-^^"udiger Seite verlaute aber, daß
damals Friedensvorschläge ge-
tibitz "e, die sich wahrscheinlich auf dieser
Aber die Kluft zwischen diesen
Mlob den Mindestforderungen Musso-
"tcht überbrückt werden können. Trotz-
« - -^^iedensnachforschunaen" von sei-
v fortgesetzt worden Wie verlau-
' N« britische Regierung durchweg von
. Ez b?s?tuuf unterrichtet worden.
"h Cx/ ?ue wenig Zweifel, daß es hauptsächlich
dien ^Eerung dieser Friedensvorbesprechun-
,"Mosollte, daß die gegenwärtigen Erörte-
Italien und Enqland durch Be-
üewissar Mißverständnisse herbeigeführt
My- Es sei eine Versöhnungs-
r e zustande gekommen Man habe
M Fühler ausgestreckt. Wahrscheinlich
M G cho verschiedenen Angebote
Mrnü ? o t s a b t r e t u n g e n. die vor dem
Mxol?er Feindseliakeiten in Rom gemacht
" kombinieren versucht.
Msinjx früher ein Mandat über ganz
M dak" ^fordert habe, so könne man anneh-
Mho" or diese Forderung setzt einer Ueber-
Mnn x - ^uterzogen habe. Eine amtliche Mit-
ulcht erhältlich, aber gut unterrichtete
seien der Ansicht, daß Mussolini im-
Abtretung einiger der abessinischen
M da einschließlich der Tigre-Provinz,
? ^ocht fordere, eine Eisenbahn oder
«^.su bauen, durch die Eritrea mit Jtalie-
"duliland verbunden werde.

CnnktjWsVsrWag Nr. i
von 22 Staaten durchgeführt.
Oie Regierungen von Bul-
und Norwegen haben dem
»Mich des Völkerbundes mitgetelkt,
Sanktionsvorschlaq Nr. 1 über die
sperre Waffen und
- nach Italien und die
^tr° "Nsl der Waffen ausfuhr-
haben" Abessinien in Kraft ge-
»°Zahs x' dieser Mitteilung erhöht sich
. lchfüiio "" Staaten, die den Vorschlag Nr. I
°°r auf 22. Ob der Arbeitsausschuß
MsM den 31. Oktober anberaumten
zusammentreten wird ist
Für den Fall, daß sich das Ver-
M y)M"liens zum Völkerbund entspannt,
anderseits die Zustimmung einer
" großen Zahl von Regierungen bis

zum 31. Oktober vorliegt, ist der 5. November
als Beginn der Ein- und Ausfuhrsanktion in
Aussicht genommen.
Nach -er Haager Koimiition
England wendet gegen Italien die Neutrali-
tätsbestimmungen an.
London, 21. Okt. Der britische Botschafter
in Rom, Sir Eric Drummond, ist an«
gewiesen worden, der italienischen Regierung
mitzuteilen, daß die britische Regierung sich
entschlossen hat, die in der Haager Konvention
enthaltenen Neutralitätsbestimmungen anzu-
wenden. Das bedeutet, daß italienische- mit
Kriegsmaterial beladene Fahrzeuge, die Häfen
der britischen Kolonien oder des englisch-ägyp-
tischen Sudans anlaufen, nicht länger als 24
Stunden im Hafen bleiben können. Sie sind
ferner Einschränkungen bei der Einnahme
von Brennstoffen in diesen Häfen ausgesetzt.
Diese Beschränkungen beziehen sich nicht aus
andere italienische Fahrzeuge. Einen ähn-
lichen Schritt hat die ägyptische Regie-
rung in Rom unternommen.
Für -rn WlksrSM-
Eine neue Stellungnahme des Erzbischofs von
Canterbury.
London, 21. Okt. Der anglikanische Erz-
bischof von Canterbury nahm auf der Diöze-
sankonferenz in Canterbury erneut Stellung
zum italienisch-abessinischen Streit. Er teilte

mit, daß er alle christlichen Kirchenbehörden
in Europa auffordern wollte, sich für die
Verteidigung des Völkerbundes
einzusetzen und ihre Mitglieder feierlich an
die Völkerbundsverpflichtungen zu erinnern.
In diesem Sinne sei er bereits andenPapst
herangetreten. Er höre jedoch, daß der
Papst augenblicklich nicht gewillt sei, mehr zu
sagen, als er bereits öffentlich gejagt habe.
Man müsse ja die Schwierigkeiten, in denen
er sich befinde, anerkennen. Möglicherweise
müsse man ihn aber bitten, „zu seiner Zeit

„EineschMdeMeinMn"
Lloyd George gegen die Verhandlungstaktik
des Völkerbundes
London, 21. Okt. In einer Wahlrede in
Loudon äußerte sich auch Lloyd George zur
internationalen Lage. Er erklärte, daß die
Autorität des Völkerbundes in dem Augenblick
verschwunden sei, in dem man Japan erlaubt
hätte, sich die Mandschurei zu nehmen. Von da
an habe sich die ganze Lage geändert. Jedes
Land habe sein Auge auf ein schönes Stück im
Weingarten des Nachbarn geworfen und sich
gesagt: „Was Japan kann, kann ich auch! Wir
brauchen uns um den Völkerbund nicht zu
kümmern." — Wenn man den Boykott gegen
Italien beschlossen hätte, als Abessinien zum
ersten Male an den Völkerbund appelliert habe,
so würde es keinen Krieg gegeben haben. Auch
wenn man noch im März gehandelt hätte, als

Moskaus Ziele
65 bol'MlvWKr Lesungen für -je Wettrrvolutivn

Moskau, 21. Okt. Anläßlich der bevor-
stehenden Feier des 18. Jahrestages der bol-
schewistischen Revolution hat der Hauptaus-
schuß der Kommunistischen Partei 6 5 Lo-
sung e n herausgegeben, die durch die Tele-
graphenagentur der Sowjetunion veröffent-
licht werden. Sie enthalten die Aufforde-
rung zum Durchhalten an die ausländischen
Kommunisten und an die eigenen „Proleta-
rier", enthüllen aber auch das wahre Gesicht
des Kommunismus. Unter dem Phrasen-
schwall dieser Losungen, die in ähnlicher
großsprecherischer Form seit 18 Jahren wie-
derkehren, schauen diesmal besonders deutlich
die umstürzlerischen Ziele des Weltbolsche-
wismus hervor. Fast noch offenkundiger
treten aber die zahlreichen Sorgen zutage,
die die proletarische Diktatur im Mutter-
staat des Bolschewismus hat.
Im ersten Teil befassen sich die Losungen
des Hauptausschusses mit dem Ausland,
wobei die kommunistische Revolution in der
ganzen Welt die
„Befreiung der unterjochten Kolonial-
völker und den Sturm auf den Kapita-
lismus"
als die vornehmsten Aufgaben des guten
Kommunisten bezeichnet werden. Die Ar-
beiter und Bauern des Erdballs werden
aufgerufen, mit der Roten Fahne in der
Hand gegen den Faschismus, den schlimmsten
Feind des Bolschewismus, zu kämpfen, um
in der ganzen Welt die Sowjetmacht zu er-
richten. Deutschland, Frankreich, China
und Abessinien wird in dem Aufruf beson-
ders bedacht.
Es ist von Interesse, daß den „Volksmassen
Abessiniens ein besonderer Gruß" der Kom-
munistischen Partei gesandt wird. Ebenso
interessant ist. daß den „Proletariern und
Werktätigen Frankreichs, die in vorderster
Reihe gegen den Faschismus kämpfen, ein
flammender Gruß" zuteil wird. Nach einem
Aufruf für die Bildung einer „Einheitsfront
des Handelns" in der ganzen Welt und der
Aufforderung: „Haltet euch bereit zur Ver-
teidigung der Sowjetunion" geht die Auf-
zählung der Losungen dann zu innenpoliti-
schen Angelegenheiten über.
Hier tritt zunächst

weitere Militarisierung der Sowjet-
regierung
auf den ersten Plan. Die Rote Armee wird
als „der treue Hüter der revolutionären Er-
rungenschaft" bezeichnet, die Jugend wird
aufgefordert, sich in ihre Reihen einzuglie-
dern, die Fliegerei zu erlernen, in den Osso-
viachim einzutreten usw.
Von der 20. bis 60. Losung kommen dann
die inneren Nöte des kommunistischen Mut-
terstaates zu Wort. Hier werden die Losun-
gen wesentlich kleinlauter: Arbeiter und Ar-
beiterinnen, Bauern und Bäuerinnen. In-
genieure und Techniker werden beschworen,
die Fünfjahrespläne durchzufllhren. Stalin-
sche Schlagwörter werden in Fülle ange-

Große auAnysttMt Aussprache im
englischen Parlament
London, 21. Okt. Nach fast dreimonatiger
Pause tritt das englische Parlament am Diens-
tag zu seiner letzten Sitzung vor der Auflösung
zusammen. Die dreitägige Sitzung ist aus-
schließlich einer Aussprache über die außen-
politische Lage gewidmet, am vierten Tage, also
am Freitag dieser Woche, wird das Unterhaus
auf Grund einer königlichen Proklamation für
aufgelöst erklärt werden.
Die außenpolitische Aussprache wird am
Dienstag nachmittag mit einer, eingehend.m
Erklärung des Außenminister ^Sir Samuel
Hoare eröffnet werden. In einer etwa ein-
stündigen Rede wird Hoare im Unterhaus zu-
nächst einen allgemeinen Ueberblick über die
Lage geben, um hierauf sich im einzelnen mit
den Ereignissen der jüngsten Zeit zu befassen.
Im Anschluß hieran ergreift der neue Führer
der arbeiterparteilichen Opposition, Major
Attlee, und nach ihm für die oppositionellen
Liberalen Sir Herbert Samuel das Wort. Die
weitere Rednerliste ist außerordentlich umfang-
reich. Auf Seiten der Regierung werden u. a.
Schatzkanzler Neville Chamberlain, der
Präsident des Geheimen Staatsrates Mar-
don a l d und der Völkevbundsminister Eden
sprechen. Am Donnerstag abend wird Minister-
präsident Baldwin die Aussprache mit einer

Abessinien zum zweiten Male den VöMerkbund
anrief, wäre es noch möglich gewesen, die Ita-
liener aufzuhalten. Wirtschaftliche Sanktionen
zur Zeit angewandt, seien wirksam, zu spät mr-
gewandt, seien sie schlimmer als zwecklos, eine
Schande und ein Hohn. So habe es Gerede,
Kommissionen und Ausschüsse gegeben, und
trotzdem sei der Krieg seit 19 Tagen im Gange,
Es sei eine traurige Geschichte, die man da er-
zähle. Die ganze Maschinerie des Flickens
habe man verächtlich gemacht. Wenn England
und Frankreich zUsämmengestaUden hätten,
würde man den Völkerbund wirksam gesichert
haben. So aber habe es eine schwache Regie-
rung in Großbritannien und sechs schwache Re-
gierungen m Frankreich gegeben. Das Ergeb-
nis sei, daß es keine Politik, keine Handlung
u^> keine zufällige Chance mehr gebe, nachdem
man die Chance weggewovfen habe, rings her-
um Hube man lauter Fehler!

führt, um nachzuweisen, daß das Land mehr
Kohle und Oele, mehr Kattun und Schuh,-
zeug, mehr Brot und Fleisch und bessere Ar-
beit der Eisenbahner, der chemischen Arbei-
ter, der Handelsangestellten, der Kollektiv-
bauern und Traktorenführer braucht. Der
llebergang von der Darstellung der angeb-
lichen Errungenschaften der Weltrevolution
zu der Aufforderung „Liefert uns mehr
Zucker und mehr Gebrauchsartikel" ist gerade
ein grotesker Widerspruch.
Kein Industriezweig und kein Tätig-
keitsgebiet ist vergessen, auf dem dem
hungernden Sowjetbürger nicht vorge-
rechnet würde, daß er noch besser und
noch mehr arbeite« könnte.

Nach einer neuerlichen Beschwörung der
einzig richtigen Hauptrichtlinie der Partei,
die bei dieser Gelegenheit nach langer Zeit
wieder angeführt wird, schließen die 65 Lo-
sungen mit dem Versprechen, alle Feinde
des Kommunismus zu zerschmettern.

und auf seine Weise einige weitere Worte zu
sprechen.
Der Erzbischof begründete seine, beträcht-
liches Aufsehen hervorrufende Mitteilung da«
mit, daß die Verteidigung der Völkerbunds-
satzung in Wirklichkeit eine Verteidigung des
Friedens sei und daß es sich beim italienisch-
abessinischen Streit in erster Linie nicht um
politische, sondern um moralische und
religiöse Fragen handle. Er bestätigte
erneut die Absicht, daß die Verteidigung der
Völkerbundssatzung notfalls eine Gewaltan-
wendung mit sich bringe und sagte wörtlich.
„Ich glaube nicht, daß die Ergebenheit für
Christus dazu benutzt wecken kann, die Ver-
weigerung irgendeiner Gewaltanwendung ge-
gen Rechtsbrecher zu rechtfertigen."

Rede abschließen, in der er sich mit den von
der Gegenseite vorgebrachten Argumenten
grundlegend ausemamdeüsetzen wird. Im Ver-
laufe der Aussprache dürften sich ferner Sir
Austen Chamberlain, Lloyd George, Winston
Churchill, der Sanktionsgegner Amery, Lans-
bury u. a. zu Worte melden.
Die Auflösung am Freitag vollzieht sich in
der althergebrachten Form. Im Oberhaus
verliest der Lordkanzler eine Thronrede, die im
Anschluß daran vom Sprecher des Unterhauses
auch im Abgeordnetsnhause verlesen werden
wird. Eine Proklamation wird dann die Auf-
lösung des Unterhauses bekanntgebsn.
Zur Vorbereitung der außenpolitischen Aus-
sprache hatte Baldwin am Montag eine längere
Unterredung mit dem soeben aus Genf zurück-
gekehrten Völkerbunbsminister Eden.

Krrum „KMlsrM" Zur Weltreise
MWlMsM
Kiel, 21. Okt. Am Montagvormittag gegen
11 Uhr verließ der Kreuzer „Karlsruhe" mit
etwa 600 Mann Besatzung, darunter 120 Ka-
detten, unter dem Kommando von Fregatten-
kapitän Siemens den Reichskriegshafen Kiel
zu einer Weltreise, die am 13. Juni 1936 ihren
Abschluß finden wird.
Das Schiff fährt um den Wagen herum,
zunächst nach Teneriffa.
 
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