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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 229-204)

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Nr. 271 - Nr. 280 (19. November - 30. November)
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ffeidelberyerVolksblaü

Alrer Me

rs. Mrsang / Rr. 278

MMers,AvnnkrAag,28. Sievember IW

Durch Botonzustellumg m«d Post monatl. S.VS bei der GeschSstsstell«
1.80 Einzelllr. 10 Erscheint wöchentl. 6 mal. Ist di« Zeitung am Er-
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M KMtuM / AimstmrtH / VEKeMsft Wh MM


Das Sollwert gegen Moskau
Eine ilntemduM drs Führers mit den» UrWdenten der United Preß


27, Nov. Der Führer und Reichs-
^pfing vor einigen Tagen den be-
u 'amerikanischen Journalisten Mister
den Präsidenten der United Preß, und
V» ihm eine Unterredung, zu deren
der Führer erklärte:
»»Deutschland ist das Bollwerk des We-
!^?s gegen den Bolschewismus und wird
dessen Slbwehr Propaganda mit Pro-
uganda, Terror mit Terror und Ge-
^°lt mit Gewalt bekämpfen."
die Frage nach den
der MMMWgMmg
^ki^s»^"derg erwiderte der Führer und
""zler: „Die Notwendigkeit der Be-
" des Bolschewismus ist einer der
DkM^unde für hie Judengesetzgebung in
jtzjkl^Nd. Diese Gesetzgebung ist nicht anti-
ÄerjsL wndern prodeutsch. Die Rechte der
^iien gegen destruktive jüdische
, Der!>L«schützt werden."
^rmik U?drer und Reichskanzler wies dann
> » daß fast alle bolschewistischen AgU
'n Deutschland Juden gewesen seien,
»igx daß Deutschland nur durch we-
I» ^.^"en von Sowjetrußland getrennt sei
^"^diger wirksamer Abwehrmnß-
iltztrior bedürfe, um Deutschland gegen die
^»Is^. der meist indischen Agenten des
SwfsMUs
stin^deren Verlauf der Unterredung sagte
DfsjArer, daß aus den Zehntausenden von
die nach dem Kriege entlassen
eine Art intellektuelles Proletariat
dohc n sei, und daß viele von diesen, ob-
'kittgk".^demisch gebildet, als Straßenkehrer
""d in ähnlichen Berufen Arbeit
°l»s Mußten, um ihr Leben zu tristen
Zister ^dern Seite hätten die Juden, die
^n Prozent der Bevölkerung ans-
,,, ' Ersucht, die kulturelle Führung an
dix und die intellektuellen Berufe.
Jur'svrudenr, Medizin nsw.
KK hW MWWMMWr
Nov. Der Führer und Reichs-
an den Neichsschaümeister der
feinem 60. Geburtstag folgendes
^'ck'^'statzmeister Franz Xaver
zu ; München.
^»ti»? f'kbe'' Ng. Schwarz! Zu Ihrem
i'eiv» ? 00. Geburtstag sende ich Ihnen
b'bd° r- Glbchwüniche. Ich ver-
dix tz, Mit dem aufrichtiasten Dank für
^kke die Gnaen Iabre aeleisteie
. E't im Dienste der Nemea'ma
!krx„'"w»t ar» -»?>>- w?fe^"'r<r,'rrfchz'-'ra UN-
^sti,,^uen Deutschen Reiches. In der
'd d°»ch' d''ü Sie mir und der Nc"-»e? piie
iiiM ,^eru-,r»aen''eit ko auch -n der Zu-
, aller Schaffenskraft erhalten
wögen, bin ich in herrlichster
^r Adolf Hitler."
. Weitere Glückwünsche
z^Nis^T Nov. Im Namen der National-
ö^tcotz-? Krieasopferverso.rgunq sandte
a'EEwumÄEtt Oberlindober folgendes
^»rz- Elegramm an Reichsschatzmeister
^l^"^?dienststelle und Untergruppen
-'8un^ nalsozialistisckien Krieqsonferver-
nereiniaen zu Ihrem 60. Eeburts-
^ffen E aufrichtigen Glückwünsche. Sie
NÜKp Herzen, daß Sie in alter
Tatkraft dem Führer und der
Mr^Mlialistischen Bewegung noch viele
» "hell L^n können. In treuer Verbun-
tzistr« Dünns Oberlindober, Hauptamts-
^^HnÜÜ^sführer des Deutschen Reichs-
Krst g"Udes Kpffhäuser, SS-Oberführer
s^Refsi.". Reinhard, sandte dem Reichs-
^m?er NSDAP Schwarz folgendes
e des größten Soldatenbundes
Kte «Mdschaftlichem Gedenken aufrich-
^unsche zum 60. Geburtstag."

überschwemmt. Der Einfluß dieses intellektuel-
len Judentums in Deutschland habe sich
überall zerrsetzend bemerkbar gemacht. „Aus
diesem Grunde war es nötig", sagte der Füh-
rer, „Maßnahmen Hu ergreifen, um dieser
Zersetzung einen Riegel vorzuschieben und
eine klare und reinliche Scheidung zwischen
den beiden Rassen herbeiznführen."
Das Grundprinzip, nach dem diese Frage
in Deutschland behandelt werde, fei, daß
dem Deutsche» gegeben werden solle, was
dem Deutschen zustehe, und dem Juden,
was diesem zustehe.
Er betonte, daß dies auch dem Schutze der
Juden diene und ein Beweis hierfür sei, daß
seit den einschränkenden Maßnahmen die anti-
jüdische Stimmung im Lande sich gemildert
habe.
Auf die Frage Mister Baillies, ob weitere
gesetzgeberische Maßnahmen in dieser Frage
zu erwarten seien, antwortete der Führer, daß
die Reichsregierung von dem Bestreben ge-
leitet sei, der Selbsthilfe des Volkes, die sich
unter Umständen in gefährlichen Ervlofionen
entladen könnte, durch gesetzgeberische Maß-
nahmen vorzubeugen, um auf diese Weise, wie
bisher, Rübe und Frieden in Deutschland zu
wahren. Aul dem Kurfürstendamm seien
ebenso viele indische Geschäfte wie in New-
vork und anderen Hauptstädten, und der
Auaenschein lehre, daß der Betrieb'-'disser Ge-
schäfte absolut ungestört vor sich gehe. Er
glaube, daß durch die Nürnberger Oiesetzs neue
Spannungen vielleicht verhindert würden.
Sollten diese allerdings kommen, so würden
unter Umständen weitere gesetzliche Maßnah-
men notwendig werden.
W MlW W MWMmB
erklärte der Führer und Reichskanzler, daß
Deutschland das Bollwerk sei, das den Westen
vor der Ausbreitung des Bolschewismus von
Sowietrußland aus schütze. ,.Jn den Vereinig-
ten Staaten, die geographisch weit entfernt
von Sowjetrußland liegen, dürfte", so be-
merkte der Führer weiter, „das Verständnis
hierfür nicht überall vorhanden sein." Dagegen
sei dieser Zusammenhang jedem ohne weiteres

verständlich, der die Lage von Deutschland
aus betrachte — einem Lande, das nur wenige
Flugzeug- oder Schnellzugstunden von Ruß-
land entfernt sei.
„Deutschland", wiederholte der Führer,
„wird fortfahren, den Kommunismus mit
den Waffen zu bekämpfen, die der Kom-
munismus selbst anwendet."
Nach dem
Aufbau brr LtuWen Arme
befragt, äußerte der Führer:
„Der Zweck der Wiederherstellung der
deutschen Wehrmacht ist, Deutschland ge-
gen Angriffe fremder Mächte zu schützen.
Deutschland ist eine Großmacht erster
Ordnung und hat ein Recht daraus, eine
erstklassige Armee zu besitzen."
Auf die Frage nach dem Verhältnis der
heutigen deutschen Wehrmacht zur Stärke des
Heeres von 1914 meinte der Führer, eine
Millionenarmee, wie sie Deutschland 1914 auf-
gestellt Hütte, könnte nur unter dem Druck der
Erfordernisse eines neuen Krieges entstehen
— eines neuen Krieges, vor dem Gott, wie
er zuversichtlich hoffe, Deutschland und die
kommenden Generationen bewahren werde.
Der Führer wies im übrigen auf seine
früheren Vorschläge nach Stabilisierung der
europäischen Heevesstärken auf 200 000 bis
300 000 hin. Diese Vorschläge seien seiner-
zeit sämtlich abgelshnt worden.
Bei Betrachtung der deutschen Heeresstürke
müsse man im übrigen die geographische Lage
Deutschlands berücksichtigen. Wenn in Amerika
ein Landstreifen von 100 Kilometern Tiefe
von einem Feinde besetzt würde, so sei dies
kaum mehr als eine kleine Schramme, die
Amerika leicht ertragen könne. Deutschland
dagegen würde bei Invasion von solchem, für
die Vereinigten Staaten vielleicht kleinem
Ausmaße, in seinem Lebensnerv getroffen
sen.
Schließlich fragt? Mister Baillie den Füh-
rer und Reichskanzler noch, ob Deutschland
die Wiedergewinnung von Kolonien
anstrebe. Der Führer und Reichskanzler ant-
wortete, daß Deutschland seine kolonialen An-
sprüche niemals aufgeben würde.

Aufruhr auch in Rio
ZUM NmHMiMA Kit MWMchW

Rio de Janeiro, 27. Nov. Nach Berichten von
privater Seite sollen sich in einem Vorort von
Rio das erste Fliegerregiment und die Besatzung
der Fliegerschule in Aufruhr befinden. Es sollen
Kämpfe unter Einsatz von Geschützen im Gange
sein. Eine amtliche Bestätigung dieser Berichte
war jedoch nicht zu erlangen. Bemerkerswert ist,
daß vor dem Kriegsministerium große Truppen-
zusammenziehungen stattfinden. Sonderomni-
busse mit Truppen unter Gewehr sind in großer
Anzahl von hier abgegangen. In den Schrift-
leitungen der hiesigen Zeitungen erklärt man,
daß der berüchtigte Kommunistenführer Lutz
Carlos Prestes über die Truppen in Villa des
Kommando übernommen habe. In Villa seien
Kämpfe zwischen den Revolutionären und den
Regierungstruppen bereits im Gange.
London, 27. Nov. Nach englischen Presse-
berichten griff der kommunistische Aufruhr,
von dem bisher nur Nordbrasilien heimgesucht
war, am Mittwoch auch aus die Hauptstadt
Rio de Janeiro über, Soldaten und Flieger
schlossen sich den Kommunisten an. Eine
Gruppe von Unteroffizieren der brasilianischen
Fliegerschule in Rio griff die Offiziere des
ersten Flieger-Regiments an. Aufständische in
der Artillerie-Schule richteten ihre Geschütze
gegen die Fliegerschule und setzten die Schule
in Brand. Die brasilianische Regierung ord-
nete die Räumung des Stadtteiles Ourca au,
um die in der Kaserne Praia Vermelha zu-
fammengezogenen Aufständischen mit Flieger-
bomben belegen zu können.
In einer amtlichen Verlautbarung heißt es

kurz: „Die Fliegerschule ist durch ein Bombar-
dement in Trümmer gelegt worden, das dritte
Regiment wird belagert und beschossen."
Spätere Meldungen besagen, daß die Flie-
gerkadetten, die sich anfangs den Aufständischen
angeschlossen hatten, zu den Regierungstruppen
Lbergegangen sein sollen.
Reuter meldet, daß sich die Armeetruppen
und ein Fliegerkommando im Fort Sao Joao
den Aufständischen angeschlossen haben. Nach
Mitteilung der brasilianischen Regierung sei
Natal in Nordbrasilisn von den Regierungs-
truppen zuriickerobert worden. Auch aus Per-
nombuco seien die Rebellen während der Nacht
vertrieben worden.
Der AMand KieöMMsrfeir
Rio de Janeiro, 26. Nov. Die Zen-
trale der Bundespolizei hat Meldungen emp-
fangen, denen zufolge der Aufstand in Per-
nambuco nunmehr völlig niedergeworfen wer-
den konnte. Ebenfalls sind die Aufständischen
in Faboatao vernichtend geschlagen worden.
Sie befinden sich in völliger Auflösung und
fliehen unter Zurücklassung großer Mengen
Waffen und Munition ins Innere. — Die
Truppenzusammenziehungen in Parahyba sind
im Laufe des Dienstags beendet worden. Man
rechnet aus diesem Grunde damit, daß am
Mittwoch der Vorstoß gegen die Aufständischen
in Rio Grande do Norte seinen Anfang nimmt.
Die Regierung hofft, auch hier der Aufstands-
bewegung schnell Herr werden zu können.

Srr smEMe StaKmww
Von unserem Berliner Vertreter.
Es geht abwärts in der sowjetrussischen
Produktion. Das Land gibt nicht genug
Nahrung, weil die Bauern, soweit sie nicht
passive Ressistenz üben, gar keine Möglichkei-
ten haben, den Boden anzubauen und dis
Ernte völlig zu bergen. Das System sorgt
dafür, daß keine Arbeit bis zu Ende geführt
wird. Und die Ernte selbst wird nach der
Ablieferung so behandelt, daß noch einmal
auf dem langen Wege bis zum Konsum un-
geheure Abgänge zu verzeichnen sind. Ruß-
land hungert, und wenn noch so viel Bericht«
es anders darstellen. Erst unlängst hat ein
objektiver Beobachter in einer Genfer Zei-
tung erklärt, in Rußland gebe es kein La-
chen, sondern nur ausgemergelte Gestalten,
denen alles gleich sei. Man merke die Unter-
drückung, die Unfreiheit, die völlige Des-
interessiertheit. Und wie es mit der Land-
schaft steht, ist es mit der Industrie, die ja
schnell und mit allen Mitteln aufgepäppelt
wurde. Sie sollte nicht nur Rußland versor-
gen, sondern sich auf dem Weltmarkt einen
Platz schaffen. So lange ausländische Inge-
nieure die Leitung der neuen Anlagen hat-
ten, ging es noch einigermaßen. Aber schließ-
lich zogen es die Ausländer doch vor, dem
ungastlichen Boden den Rücken zu kehren,
und heute sind es zumeist angelernte Russen,
ohne tiefere Kenntnis der Dinge, die die
Oberleitung der größten industriellen Unter-
nehmungen haben. Jedenfalls hat Rußland
leinen Plan nicht durchsetzen können; es pro-
duziert nicht einmal so viel, um dem drin-
genden Bedürfnis im eigenen Lande abzu-
helfen. An eine Ausfuhr ist nicht zu denken.
Und wird versucht, da und dort Produkte
auszuführen, so geht es auf Kosten des eige-
nen Landes, der eigenen Bevölkerung.
Mit allen Mitteln ist bereits versucht wor-
den, diesem Versagen zu steuern, aber, ob
man große Prozesse inszenierte und den
Volksverrat anprangerte, ob man Prämien
verteilte oder die Knute schwang und Nah-
rungsmittel nur nach den Leistungen gab.
es nützte nichts. Mit Gewalt ließ sich der
Produktionsprozeß nicht heben. Da verfiel
jemand auf einen ganz originellen Gedanken
einer Propaganda: eines Tages wurde der
Arbeiter Stachanow öffentlich belobt,' weil
er 20 Prozent über das Minimum geleistet
hatte. Irgend etwas mußte gefunden wer-
den, um die Litanei der interesselos Werken-
den zu durchbrechen. Der Stachanow-Gedanks
nahm schnellen Umfang an. Fortab tauchte
hier und da ein neuer Stachanow auf. Es
oab also noch Menschen, die nicht nur dem
Zwang folgten, sondern freiwillig ihre Ar-
beitsleistungen steigerten. Wie diese Wür-
den auch hießen: der Sammelbegriff Sta-
hanow war populär. Immer neue Stacha-
nows wurden erwähnt, erhielten Auszeich-
nungen, wurden Vorbilder und die Mah-
nung ging durchs Land: tut es ihnen gleich!
Indessen: der Muschik merkte sehr bald den
Braten, er wußte, daß von den hundert und
tausend Stachanow-Fällen nur wenige
Wahrheit waren, während die Propaganda
künstlich Stachanows erzeugte. Denn man
weiß gerade in der Arbeiterschicht, wie un-
willig jeder zur Arbeit geht und wie er
gerade nur das leistet, um nicht aus dem
Nahmen zu fallen und verhungern zu müs-
sen. Nein, der Schwindel lag zu offen. Jeder
schloß von sich auf seine Kameraden. Und er
batte damit durchaus recht. Selbstverständ-
lich bildeten sich sofort Stachanow-Gruppen.
Aber diesen gehörten nicht die Arbeiter an,
sondern sie wurden der Tummelplatz aller
Streber und der Bonzen, die an sich im
schweren Gegensatz zu- der Arbeitermasse
stehen. Durch die Stachanow-Bewegung ist
der Gegensatz zwischen den anmaßenden Lei-
tern und beamteten Personen einerseits und
der Arbeiterschaft andererseits noch mehr
vertieft. In der Arbeiterschaft geht die stille
Parole, jeden, der aus der Reihe ausbricht
und sich als Arbeiter der Stachanow-Vewe-
gung anschließt, zu beseitigen.
Es liegen auch bereits Meldungen vor,
daß es zwischen Stachanow-Anhängern und
der Arbeiterschaft zu heftigen Austritten ge-
kommen ist. In Gorki haben zwei Arbeiter
einen Stachanow-Mann niedergeschlagen. Sie
wurden selbstverständlich als soziälfremde
Elemente gebrandmarlt und zum Tode ver-
urteilt. Man pflegt aber die Stachanow-Be-
 
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