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Heidelberger Volksblatt (70) — 1935 (Nr. 229-204)

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Nr. 231 - Nr. 240 (3. Oktober - 14. Oktober)
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Sette k

L« U, 8BÄMWM

Nr.»1

Die Reichsautobahn
Darmstadt-Mannheim-Heidelberg ist eröffnet

einer Geschwindigkeit von 80 Klmtrst-e. auf der
Reichsautobahn desselben Fahrzeuges und vM
SÜ Kilometer auf -en freien Strecken der Zu«
führten ergibt sich eine Fahrzeit von nur 1 Stde.
Der Vergleich ergibt, -atz die Benutzung -er
Autobahn eine
Zeitersparnis von 5V Prozent bedeutet.
Auf -er Reichsstratze sind allein 40,8 Kilometer

Heute um 11 Uhr ist die Strecke Darmstadt —
Mannheim — Heidelberg der Reichsautobahn
dem allgemeine« Verkehr übergeben worden. Da
ist es von Wichtigkeit:
Ms -er MtvMrer über die Benüt-
Mg -er ReichsautMim wissen muh:
Die Autobahn ist n u r für Kraftfahr-
zeuge bestimmt. Von der Benutzung sind
somit ausgeschlossen: Futzgänger, Rad-
fahrer,Re iterund Fuhrwerke.
L Z u und Abfahrten -er insgesamt rd.
88 Kilometer langen Autobahn von Frank-
furt (M.) nach Mannheim und Heidelberg
find nur über die Anschlußstellen gestattet.
Die Anschlutzstellen befinden sich an -er
Kreuzung der Autobahn mit der Straße:
Frankfurt (M.) — Kelsterbach (Alte
Mainzerstratze, Ende der Autobahn b.
Frankfurt (M.).
Langen — Mörfelden.
Darmstadt — Griesheim.
Dorsch — Bürstadt.
Viernheim — Mannheim — Käfertal.
Neckarau — Flugplatz Mannheim.
Ein- und Ausfahrt:
In Mannheim an -er Rhein-Neckar-
halle in Verlängerung -er Augusta-
Anlage.
In Hei - elber g in der Verlänge-
rung der Bergheimer Stratze.
8. An den AnsHlutzrampen sind nur die von
Sperrzeichen freien Wege zu benutzen. Auf
-en Zu- und Abfahrtsrampen ist das Usber-
holen nicht gestattet.
4. Die westliche Fahrbahn bis zur Gabelung
südlich Les Neckars ist für die Richtung
Frankfurt (M.) — Mannheim — Heidel-
berg, die östliche Mr die Richtung Heidel-
berg — Mannheim — Frankfurt (M.) be-
stimmt. Auf der Verbin-ungsstrecke Mann-
heim — Heidelberg dient die südliche Fahr-
bahn der Fahrt von Mannheim nach Heidel-
berg, die nördliche der Fahrt von Heidelberg
mach Mannheim. Auf jeder Fahrbahn ist
rechts zu fahren, die linke Hälfte nur beim
Ueberholen zu benutzen. Beim Ueberholen
empfiehlt es sich, diese Absicht dem nachfol-
genden Fahrzeug durch Bedienen des linken
Richtungsanzeigers kund zu tun. An den
Abzweigstellen hat das in gerader Richtung
weiter fahrende Fahrzeug das Vorfahrts-
recht. Nsbeneinanderfahren ist nicht gestat-
tet.
8. Die Richtung kann nur -an den Anschlutzstel-
len und an den Endpunkten gewechselt wer-
den. An den Anschlutzstellen ist unter Benut-
zung der Auffcthrtsrampen die Autobahn nur
auf bezw. unter den Brücken zu kreuzen. Das
Ue-bevfahren des Mittelstreifens ist auf der
gesamten Strecke unbedingt verboten.
6. Angehalten darf nur in dringenden Fällen
werden. Das Fahrzeug ist auf die äußerste
rechte Seite der jeweiligen Fahrbahn zu
stellen. Zwischen der Anschlußstelle Darm-
stadt und Lorsch sind zwei Parkplätze und

zwischen der AnschluWelle Lorsch und Viern-
heim ist «in weiterer Parkplatz geschaffen.
7. Die Uebersührungen dürfen nicht als Unter-
stellräume Lei Regen und Schnee benutzt
werden.
8. Bei Unfällen oder Pannen kann durch die
Fernsprechstellen in -en Wärtevhäuschen an
den Anschlutzstellen Hilfe herbeigeholt wer-
den. Zu -en Fernsprechstellen nur auf dem
äußeren Bankett nicht auf der Fahrbahn ge-
hen.
Die Arbeit und
Mit dem seit 19. 5. -s. Js. in Betrieb befind-
lichen Autobahnstück Frankfurt (M.) — Darm-
stadt sind mit der Fertigstellung der Strecke nach
Mannheim — Heidelberg insgesamt 85 Kilome-
ter Autobahn vollendet, die im Zug« -der großen
Nord-Südlinie Altona — Hannover — Kassel —
Frankfurt (M.) — Mannheim — Heidelberg —
Karlsruhe — Stuttgart liegen. Im Bezirk der
Obersten Bauleitung Frankfurt (M.) werden im
nächsten Jahre 1936 die Strecken von Frankfurt
(M.) bis Bad Nauheim und südlich von Heidel-
berg bis Bruchsal dem Verkehr übergeben. Im
Jahre 1937 können die Strecken von Bad Nau-
heim bis Alsfeld und von Bruchsal dis Karls-
ruhe eröffnet werden.
23 Kilometer südlich der Anschlußstelle Darm-
stadt ist di« Zubringeranlage bei Lorsch zum Ab-
schluß von Bensheim und Heppenheim von Osten

9. Den Anweisungen des Bahnschutzes und des
mit grünen Armbinden gekennzeichneten
Straßenmeisterpersonals ist unbedingt Folge
zu leisten.
10. Nur bei Beachtung dieser Vorschriften und
bei gesteigerter gegenseitiger Rücksichtnahme
der Bahnbenutzer kann die Reichsautobahn
erhöhte Sicherheit und erleichtertes Fahren
bieten.

ihre Bedeutung
^ent auf die Reichsstratze und 45 Prozent auf die
Autobahn. Die Abwanderung auf die
Autobahn erfolgte im Wesentlichen durch den
Personenverkehr. Die Lastwagen konnten nicht
im gleichen Matze einen Zeitausgleich oder gar
eine Zeitersparnis wie bei -en Personenwagen
wegen der längeren Zufahrten erzielen. Die mit
-er Abwanderung -es Verkehrs verbundene Ent-
lastung der Reichsstraßen hat ein« Steigerung
der Sicherheit für deren Verkehr zur Folge.
Die Dauer d -er Autofahrt auf der
alten Reichsstratze Frankfurt (M.) — Mannheim
beträgt rund 2 Stunden für ein Fahrzeug, das
in -en Ortsdurchfahrten mit einer durchschnitt-
lichen Geschwindigkeit von 30 Kilometer und auf
den freien Strecken der Reichsstratze mit einer
Geschwindigkeit von V0 Klmtrstde. fährt. Bei

Weglänge innerhalb bewohnter Ortsstraßen mit
180 Kreuzungsstellen innerhalb 21 Ortschaften
zu durchfahren. Auf der freien Strecke -er
Reichsstratze kommen weitere 20 Hauptkreu-
zungsstellen hinzu, von denen allein 6 Eisen-
bahn- und Stratzenb-ahnkreuzungen sind. Für
schnellfahrende Wagen ergibt sich auf der Reichs-
stratze eine Fahrdauer von 1 Stunde 35 Minu-
ten, auf -er Autobahn dagegen nur eine
Fahrzeit von 59 Minuten!
Zur Herstellung der Fernstrecke Darmstadt-
Mannheim—Heidelberg waren folgende Leistun«
-gen erforderlich: Erbmassen 5 Mill, cbrn, Bau«
werksbeton 130 000 cdni, Betondecken 8-50 009
grn, Schwarzdecken 70 000 gin, Kies- und Sand-
verbrauch 600 000 Tonnen, Schotter- und Pack-
lagebedarf 220 000 To., Zementverbrauch 85 009
To., Stahl und Eisen 12 000 Tonnen.
5 Mill, cbm Boden ergeben einen Eisenbahn-
zug von -er Länge der deutschen Reichsgrenzen.
Im Ges-amtbaubereich der Obersten Bauleitung
Frankfurt (M.) mit weiteren 50 Kilometer auf
-der Nordstrecke bis Butzbach, 40 Kilometer auf
der Südstrecke bis Bruchsal und 16 Kilometer bei
Kaiserslautern wurden nahezu die doppelte«
Leistungen erzielt.
Daß derartig gewaltige Leistungen in so kurze«
Zeit bewältigt werden konnten, ist nur auf di«
selbstlose Einsatzbereitschaft aller beim Bau be-
teiligten Arbeitskameraden der Stirn und der
Hand zurückzuführen, die stolz darauf waren, an
-em großen Werk des Führers Mitarbeiten zu
dürfen.

her und von Worms von Westen her. Nach wei-
teren 15 Kilometern ist eine AnschluWelle bei
Viernheim für Weinheim im Osten und Mann-
heim-Käfer tal im Westen. Kurz vor Mann-
heim Anschluß des Flugplatzes von Norden und
von Neckarau von Süden her. An drei besonders
reizvollen Stellen, nämlich südlich von Pfung-
stadt bei einer alten Ulme, dann an -em male-
risch gelegenen Dörfchen Langwad-en und schließ-
lich im Lorscher Wald ist durch seitliche Ausfahr-
ten Gelegenheit zum Verlassen der Bahn un-
längerem Parken geschaffen.
Auf der insgesamt 85 Kilometer langen Auto-
bahn sind rund 73 Kilometer Beton- und rund
12 Kilometer Schwarzdecken »erlegt. Die Decken
haben sich auf der Vetriebsstrecke sehr gut be-
währt. Irgendwie nennenswerte Unfälle haben
sich auf der Betriebsstreck« nicht ereignet. Die
Gesamtanlage der Autobahn kann jedenfalls als
durchaus einwandfrei bezeichnet werden. Auch
durch die gewählte Markierung wird die Sicher-
heit des Fahrers auch bei größten Geschwindig-
keiten gewährleistet.
Verkehrssteigerung.
Der Verkehr auf der alten Reichsstratze Frank-
furt (M.) — Darmstadt und -er gleichlaufenden
Betriebsstrecke der Autobahn hat von 1934 auf
1935 eine Verkehrssteigerung von 34 Prozent
mit sich gebracht. Ursache ist die allgemein« Ver-
kehrsentwicklung und die Neuartigkeit der Bahn,
die manchen Fahrer auch unter Inkaufnahme
größerer Umwege z-um Besuch der Autobahn ver-
anlaßte. Von dem Gesamtverkehr zwischen
Frankfurt (M.) und Darmstadt entfallen 55 Pro-

München feiert zum 125. Male sein Oktobersest


Auf der THevesi-enwiese in München begann a m Samstag das -berühmte Oktoberfest, das in
diesem Jähre z-um 125. Male gefeiert wird. Zu einem fröhlichen Triu-mph-z-ug gestaltete sich
der Einzug der Brä-u-Rosel, die unser Bild zeigt. (Scherl-Bild-eNdi-enst-M.)


Lts k « m « n V«rL»vL«Lli«tt
korvanver trieb »re!

Z) (Nachdruck verboten.)
„Ach- Herr, -a ist nicht viel Lustiges zu sa-
gen. Bin -allweil ein treuer Waffengefährte
gewesen den Herren von Werenwag. Habe ihre
Knappen unterwiesen in allem ritterlichen
Spiel. Aber hört Ihr den Donner in der
Ferne verhallen? Das Gewitter ist nun wohl
vorüber. So traurig und voll Tränen ver-
klang es auch dazumal, als wir Frau Jutta
hmübertru-gen in die stille Kapelle unter den
Stein von Granit. Allwo sie ruhen sollte neben
Herrn Heinrich, ihren vi-ellieben Gemahl.
Nachdem sie eines toten Kindleins entbunden,
war, wie Ihr ja wißt, Herr."
,Habe ich dir nicht gesagt, daß du die trau-
rigen, alten Mären ruhen lassen sollst, Ge-
rold? Das ist nun über zwanzig Jahre her,
als solches geschehen."
„Und Ihr wäret dazumal jung und taten-
froh, Herr. Und wurdet unversehens Erbe der
Herrschaft Weremoag."
„Unversehens? Wie meinst du das, Alter?"
„Ich meine, weil Ihr ein Seiten-sproß wä-
ret und niemand an Euch als Erbe gedacht
hatte. War doch Herr Heinrich noch jung an
Zähren und Frau Jutta, sein Weib, war ge-
sund und guter Hoffnung."
, „Es kommt wohl oft anders im Leben, als
die Menschen denken und rechnen, Gerold.
Aber das Wetter hat sich verzogen und der
Regen läßt nach. Ich meine schier, im Osten
steht schon ein fahlex Morgen über dem Do-
nautal. Du bist schläfrig geworden, Alter. Ich
merke es an deiner Stimme. Aber ich muß
dir noch eins sagen, ehe du zur Ruhe gehst.
Ach habe dieser Tage, als ich siech lag, viel
«bWtert und geforscht in allen Schriften.
Es war Frau Jutta eine gelehrte Frau und

LZu,tI«n-V«rI»g. llSllts»brüeil-8v.
hat manches hinterlassen, dessen ich früher nie-
mals achtgehabt. So iand ich auch ein Schrei-
ben von ihr, das sie einst an ihren Gemahl
gesandt, als er im Feldzug war. Drin spricht
sie von dem Kinde, das sie unter dem Herzen
trägt, und hofft, daß es ein Sohn werde. Und
einst Erbe der Burg Werenwag."
Der Wunde hat sich wieder aufrecht hinge-
setzt in seinem alten Prunkbett. Durch die
schmalen Fenster kriecht das erste Morgen-
grauen, das von Osten her über die Berge
kommt. Es kleidet das ganze, runde Turmge-
mach in em mattes, gelbliches Licht, das die
hageren Gesichter der beiden Männer fahl und
geisterhaft erscheinen läßt. Wie ein steinernes
Bild sitzt der Alte steil am seinem Holzsche-
mel am Bett.
Die riesigen, braunen Hände liegen wie
Geierkrallen auf den Knien und krümmen sich
langtam, langsam und unmerklich, als taste-
ten sie nach einer Ben-te, sie abzuwürgen mit
einem einzigen Griff. Nichts lebt in dem reg-
losen. blutleeren Männergesicht als nur die
tiefen, abgründigen Augen unter den weit-
schattenden, düsteren Brauen. Und fahl in
diesem gelblichen Frühlich-t ist auch das Ant-
litz des Verwundeten, der es nicht wagt, wäh-
rend seines Sprechens dem Alten in die reg-
losen, gehämmerten Züge zu sehen, in denen
Runzeln und Narben wie Runenschrift einge-
graben stehen. Nur von Zeit zu Zeit wirft
der Wunde -einen schrägen Seitenblick her-
über, als wollte er sich vergewissern, daß der
Alte noch nicht eingeschlaken sei! Oder als
wollte er fragen: Was bergen deine verschüt-
teten Augen in ihrem tiefen Grund? Was
stehen hinter deiner narbengespalteten eckigen
Stirn fir wilde Gedanken? Sind es Gedan-

ken voll Haß und Blut und Tod? Oder Ge-
danken der Liebe und der Mannestreue? Im-
mer wieder rätseln die Blicke des Wunden
an diesem versteinerten Gesicht.
O daß man nicht lesen kann, was hinter den
Stirnen der Menschen steht! Daß man nicht
lesen kann, was in den Herzen wohnt, die un-
sichtbar schlagen ganz dicht neben dir. Daß
nie die Wahrheit geschrieben steht auf dem
Angesicht des Menschenbruders! Daß sie alle
Masken tragen, die mit uns gehen — glatte
Masken bis in den Tod
Und der wunde Ritter von Werenwag rveiß
es nicht, daß der greise Waffenmeister in die-
sem Augenblick dieselben Gedanken hegt wie
er selbst. Und Haufen doch schon zwanzig Jahre
beieinander.
Mr im Bett fährt jetzt halblaut und stok-
kend fort, da ihm von drüben keine Antwort
wird.
„Bon diesem Kinde spricht Frau Jutta in
ihrem Brief. Und von der großen Freund-
schaft, die sie mit dem Wildenstein verbindet.
Und daß es ihr heißer Wunsch sei, ein Wil-
densteiner Kind möchte einst einen Werenwa-
ger freien."
Wieder hält der Bettlägerige inne im
Sprechen, und seine Augen tasten zu dem
Alten hinüber. Der hat den hageren, grau-
haarigen Kopf gewandt und starrt aus dem
Fenster, wo draußen über dem regennassen
Lindenwipfel die Morgenlichter schwellen und
ein Strom von Gold über alle Lande flutet.
„Was soll dieser alte Bries von Frau Jutta
jetzt. Herr? Sie ist tot, und ihre süße Hoffnung
ist auch tot. Wer mag da noch an Freien
denken?"
Jetzt richtet sich der Sieche steiler aus im
Bett, und seine schlaffen Züge werden straff
„Ich selber denke daran, Gerold. Es ist
mir beim Lesen dieses Briefes jäh der Ge-
danke gekommen. Bin ich auch nicht Fra«
Juttas Kind, so bin ich doch der Erbe der
Werenwag. Und der Letzte dieses Geschlechtes.
Pflicht ist es, dafür zu sorgen, daß es nicht
aussterbe mit mir."

Jetzt lacht der Alte auf.
Das klingt hart und heiser wie eines Ra.
ben Gekrächz.
„Spät ist Euch das eingefallen, Herr — das
muß ich sagen. Denn Ihr habt über fünfzig
Jahre hinter Euch."
Der andere macht eine geringschätzige Bs-
wegnna mit der Hand.
„Was sind fünfzig Jahre für einen Mann?
Ich habe nicht Zeit gehabt, früher an solches
zu denken. Du weißt, wie die Fehden und der
Unfriede Jahr um Jahr wüteten im schwä-
bischen Land "
Der Alte sieht immer noch aus dem Fenster.
„Und Ihr habt mit losem Weibervolk viele
schöne Zeit verbracht. Herr. Und nun wollt
Ihr ein Wildensteiner Kind freien? So —
- so-"
Der Sieche achtet nicht auf des anderen
Rede, sondern fährt ein wenig hastig fort:
„Ich habe mir sagen lassen, daß der Wil-
denstciner drüben eine Tochter hat. Ich habe
sie nicht gesehen und weiß ihr Alter nicht.
Aber des Wildensteiner Ruf bürgt mir für
sein Kin-d "
Der Alte nickt.
„Es stammt das Mägdlein aus seiner er-
sten Ehe Es zählt erst achtzehn Lenze."
Der Sieche reibt sich di« Hände. Ein feines
Schmunzeln ist in seinem Gesicht.
„Und wie heißt sie?"
Der Waffenmeister steht auf. Und das Früh-
licht. das über die Berge und Wipfel glutet,
ist um seine sehnige Reckengestalt her wie ein
Glorienschein. In G-old gebadet stehen die
Lande, und aus allen Zweigen jubelt morgen-
trunken der Vöglein Lied.
Da sagt der Älte langsam und ernst:
„Sie heißt Benedikta."
Gewaltig hebt der Wildenstein seine Zin-
nen in den lachenden Junimorgen. Auf schrof-
fem Felsgrat ist er erbaut, steil und hoch über
dem Durchbruch der schäumenden Donau.
(Fortsetzung folgt.)
 
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