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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 38.1927

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Sobotka, Walter: Familienwohnhaus-Mietwohnung
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https://doi.org/10.11588/diglit.10702#0025

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INNEN.DEKORATION

ARCHITEKT WALTHER SOBOTKA-W1EN »HAUS GRAN1CHSTADTEN«. NORDFFONT

FAMI LI EN WOHN HAUS - MIETWOHNUNG

VON ARCHITEKT WALTHER SOBOTKA-WIEN

Neben und trotz den großen Problemen, die von der
neuen Zeit den Architekten gestellt werden und deren
Aufgaben über das Fachliche hinaus bis zur Lösung großer
Wirtschaftsfragen wachsen lassen, bleibt der Bau eines
Familien-Wohnhauses eine der schönsten Aufgaben,
die dem Architekten überhaupt geboten werden kann:
eine kleine, in sich vollkommene Welt zu schaffen, in der
sich's schön und gut leben läßt — in materiell-praktischem
Sinne ebenso wie nach einer sehr ideellen Richtung hin,
die den höchsten Formen moderner Lebenskultur zustrebt.

Was mit sorgfältiger Ausführung und Ausstattung
mit allen heute zur Verfügung stehenden technischen
Mechanismen zu leisten ist, kann allein schon eine Behag-
lichkeit und Befreiung von allen kleinen Lebensnöten
bringen, ohne noch das zu bieten, was nur Kunst zu
geben vermag. . Immerhin wäre vielen Menschen auch
mit der Erfüllung dieser Forderung schon vollkommen
gedient, und wenn sie die Hauptrichtlinie für den Entwurf
eines Hauses bleiben würde, könnte auf diese Weise schon
wenigstens ein brauchbarer Haustypus entstehen. . .
Das »Wohnbedürfnis« eines höher kultivierten Men-
schen kann indessen durch vernünftige »Sachlichkeit«
allein ebenso wenig befriedigt werden, wie Speise, Trank,
Schlaf und Geschäfte allein sein Leben auszufüllen ver-

mögen. Es wäre eine arge Verkennung der modernen
Architektur, wenn ihr höhere Möglichkeiten nicht
zugetraut und mit dem Schlagwort vom »Zweckbau«
rein materialistische Tendenzen zugeschrieben würden.
Gerade darum verzichtet sie auf das, was der Laie unter
Architektur versteht, weil sich ihr Streben nach Belebung
des Hauses nicht mehr in eine konventionelle Formalistik
binden läßt. Statt eines inhaltsarmen »Nebeneinander«
von formal überladenen Räumen lebt jetzt die Struktur des
sinnvoll »gegliederten« Raumes. Alles im Hause ist
diesem lebendigen Inhalt untergeordnet; die Anlage von
Stufen, von Wandöffnungen, die Verwendung verschie-
dener Materialien, die Anordnung der Fenster und des
Licht-Einfalles sind alles vernünftige Mittel zu einem
höheren Zweck. Er ist dann erreicht, wenn die Beziehungen
der Raumteile zueinander und zur Umgebung, zum Garten
usw. so überzeugend wirken, daß sie allein genügen, um
den Zusammenhang zur Landschaft zu schaffen, und wenn
jeder Raum durch seine Proportion, Belichtung und sonstige
Ausbildung einen so bestimmten Charakter erhält, daß die
aufgestellten Möbel (deren Anordnung keinesfalls starr
sein soll) zurücktreten. Räume schaffen, die selbst durch
schlechte Möbel nicht verdorben werden können, das wäre
ein Erfolg, der jedem Architekten Ehre machen müßte.
 
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