Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 38.1927
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Zwei Anschauungs-Weisen
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INNEN-DEKORATION
ausstellung gebr. schürmann-köln. »zimmer der berufstätigen dame.« entwurf: hildegard ruth geyer-raack
ZWEI ANSCHAUUNGS-WEISEN
Die technische Entwicklung unserer Zeit hat ihre Wun-
der noch nie in der Kunst entfaltet. Trotzdem hat
sie deren so viele aufzuweisen, daß die Wirklichkeit die
Phantasie übertrifft! . In der Maschine besitzen wir Mög-
lichkeiten zu einer Straffheit und Genauigkeit der Form,
wie sie bisher unerhört waren. In der Chemie besitzen
wir heute Mittel und Verfahren ungeahnter Art zum
Emaillieren und Glasieren; in der Eisenkonstruktion solche
zur Uberbrückung und zur Aufhebung der Schwere; in der
Glastechnik solche zum Biegen und zum Ausbreiten; im
Betonbau solche zur Nahtlosigkeit und zum Auskragen.
Dies sind von den schon vorhandenen nur einige, und sie alle
harren ihrer Verwendung, welche immer wieder an der
Sentimentalität einer mit sich selbst vollkommen zufriede-
nen, veralteten Kunst-Anschauung scheitert«, (j.j.P oud.)
»Trotz der enormen Wichtigkeit, die der technische
Apparat in unserem Hause erlangt hat, ist seine stilbildende
Wirkung verschwindend gering, aus dem einfach zu ver-
stehenden Grunde, daß man es vorzieht, die guten Haus-
geister »unsichtbar« wirken zu lassen. Wenn man manch-
mal die Behauptung aussprechen hört, daß die Ausstattung
einer Wohnung mit Telephon, Radio, elektrischem Strom,
Vakuumsauger und zentraler Beheizung die Physiognomie
des Hauses total verändern müßte, so 7eugt das eigent-
lich mehr von Veranlagung zur Rhetorik als von scharfer
Beobachtung«.......... (paul schultze-naumburg.)
Diese Gegenüberstellung (in der Münchener »Bau-
kunst«) zweier Stimmen aus zur Zeit getrennten Lagern
stimmt letztendlich sehr nachdenklich. Beide haben an
sich völlig recht. Beide Erscheinungsformen: der
»sichtbaren« und der »unsichtbaren« Technik im Wohn-
hause bestehen auch tatsächlich nebeneinander. Beide
als Wahrheiten des konkreten Augenblicks. . Wird eine
wohl die Vorherrschaft erringen — und welche? . . . l.
INNEN-DEKORATION
ausstellung gebr. schürmann-köln. »zimmer der berufstätigen dame.« entwurf: hildegard ruth geyer-raack
ZWEI ANSCHAUUNGS-WEISEN
Die technische Entwicklung unserer Zeit hat ihre Wun-
der noch nie in der Kunst entfaltet. Trotzdem hat
sie deren so viele aufzuweisen, daß die Wirklichkeit die
Phantasie übertrifft! . In der Maschine besitzen wir Mög-
lichkeiten zu einer Straffheit und Genauigkeit der Form,
wie sie bisher unerhört waren. In der Chemie besitzen
wir heute Mittel und Verfahren ungeahnter Art zum
Emaillieren und Glasieren; in der Eisenkonstruktion solche
zur Uberbrückung und zur Aufhebung der Schwere; in der
Glastechnik solche zum Biegen und zum Ausbreiten; im
Betonbau solche zur Nahtlosigkeit und zum Auskragen.
Dies sind von den schon vorhandenen nur einige, und sie alle
harren ihrer Verwendung, welche immer wieder an der
Sentimentalität einer mit sich selbst vollkommen zufriede-
nen, veralteten Kunst-Anschauung scheitert«, (j.j.P oud.)
»Trotz der enormen Wichtigkeit, die der technische
Apparat in unserem Hause erlangt hat, ist seine stilbildende
Wirkung verschwindend gering, aus dem einfach zu ver-
stehenden Grunde, daß man es vorzieht, die guten Haus-
geister »unsichtbar« wirken zu lassen. Wenn man manch-
mal die Behauptung aussprechen hört, daß die Ausstattung
einer Wohnung mit Telephon, Radio, elektrischem Strom,
Vakuumsauger und zentraler Beheizung die Physiognomie
des Hauses total verändern müßte, so 7eugt das eigent-
lich mehr von Veranlagung zur Rhetorik als von scharfer
Beobachtung«.......... (paul schultze-naumburg.)
Diese Gegenüberstellung (in der Münchener »Bau-
kunst«) zweier Stimmen aus zur Zeit getrennten Lagern
stimmt letztendlich sehr nachdenklich. Beide haben an
sich völlig recht. Beide Erscheinungsformen: der
»sichtbaren« und der »unsichtbaren« Technik im Wohn-
hause bestehen auch tatsächlich nebeneinander. Beide
als Wahrheiten des konkreten Augenblicks. . Wird eine
wohl die Vorherrschaft erringen — und welche? . . . l.