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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 38.1927

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Keyserling, Hermann: Der Sinn der Persönlichkeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.10702#0103

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INNEN-DEKORATION 83

»Subjekt«. Je höher es auf der Rangleiter des Lebens Der persönliche Stil ist erwiesenermaßen überall
steht, desto einziger und persönlicher erscheint es, desto das entscheidend Wichtige vom Standpunkt alles Werts,
weniger kann man folglich von Persönlichem absehen. . Deshalb ist Jeder genau nur insoweit für andere be-
Das Abstrakte bedeutet immer nur das, was dem kon- deutsam, als er den Mut zu sich selbst hat. . . .
kreten Geist entspricht, der es vertritt. Was nicht leben- ★

dig aufgenommen und assimiliert ward, blieb und bleibt Dieser persönliche Stil ist denn die letzte Instanz

unwirksam; wie denn auch heute das Wissen von Millionen des manifestierten Geistes. Daher die vollkommene
Menschen, welche glänzend gelernt haben, ohne jede Unablösbarkeit jedes Gedankens als Lebenskraft von
lebendige Bedeutung ist; sie sind wesentlich so, als hätten seinem bestimmten Ausdruck. Nie kann man ihn, so
sie nichts gelernt. Worauf allein es ankommt, ist nicht das man ihn nicht töten will, »auch anders« fassen. Hier
Gewußte, sondern das Verstandene. Mit bloßem liegen die Dinge genau so wie beim konkreten Menschen.
»Wissen« ist auf keinem Gebiet das Mindeste erreicht. Bei der Kunst ist dies allgemein anerkannt. Aber tech-
Überall zählt einzig lebendige Befruchtung und Ge- nisch betrachtet gibt es lebendiges Geistesleben nur in
burt. Uberall ist es das geistige Leben allein, welches Form von Kunst. Was Unpersönliche in unpersönlicher
geistig zählt. Geist ist eben wesentlich lebendigste Form an Geist vertreten, entspricht dem, was das Geld
Wirklichkeit. Und faktisch offen-
bart der Menschengeist das, was er ^^^yu^^^^^M^^g^^^^^^^^pj^^^^i
wesentlich ist, von dem Augenblicke
an, wo sich das Lebensprinzip, das

Subjekt in ihm zentriert......

Es ist Zeit, endlich zu verstehen,
daß der Mensch als Geist ein Wirk-
liches ist, daß er gerade als Geist
lebt. Und im gleichen Sinn ist es
endlich Zeit, den wahren Sinn der
Lehre vom unendlichen W e r t d e r *
Menschen-Seele einzusehen. Ihr
Bedeutungs-Akzent liegt darauf, daß
die lebendige Seele das einzig sinn-
gemäße Bezugszentrum darstellt für
alles nur mögliche Denken und Tun.
Es ist schlechterdings unsinnig, in
irgend einer »sachlich« zu denkenden
Wesenheit, und sei sie das höchst
denkbare Ideal, — ein letztes Ziel zu
gehen. Das persönliche Leben ist
überall die erste und letzte Instanz. .

Jeder Zeitgeist fand seine entspre- .
chende Verkörperung in bestimmten
einzigen Menschen. . . Wir müssen
uns irgendwie persönlich zu den
»Großen« bekennen, wenn wir an
ihrem Geiste teilhaben wollen. Wer
immer dies nicht tut, verleugnet sein
Menschheits-Erbe und beginnt geistig
erneut — als nackter erster Mensch..

Ein »Jenseits« des Persönlichen
gibt es nur in der Region des Uber-,
nicht des Unpersönlichen. Dieses
Uberpersönliche ist die Mensch-
heit, die jeder in sich trägt. Des- ^ä/Kk
halb kommt jedem ursprünglich eine

bestimmte Rolle im Menschheits- HHl^tt
Organismus zu. Im Höchstfall heißt
man diese Sendung, im Mittelfall
Berufung, im niedersten: Geeignet-
heit für ein bestimmtes Amt. Wesent-
lich handelt es sich aber überall um

Gleiches, — und zwar in dem Sinn, I__ JB

daß der persönliche Mensch als
solcher das eigentliche Amt ist.
Kein Unpersönlicher hat je dem Le-
ben lebendigelmpulse mitgeteilt. PROF. PAUL GRIESSER-BIELEFELD. LIKÖR- UND ZIOARRENSCHRANK IM HERRENZIMMER

1927. II. 5.
 
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