Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 38.1927
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https://doi.org/10.11588/diglit.10702#0189
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Mathéy, Georg Alexander: Liebe zur Wandmalerei
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INNEN-DEKORATION
169
PROFESSOR GEORG ALEXANDER MATHEY-LEIPZIG WANDMALEREI IM SPEISEZIMMER Dr. M. K.-LE1PZIG
mit dem geistlosen Kopieren alter Vorbilder wäre nichts ein modernes Rokoko heiterster Prägung. Oder an die
getan, der Schaden bei weitem größer als der Nutzen. vornehme Gehaltenheit Wals er'scher Fresken im Hause
Ich bin überzeugt und möchte es wünschen, daß eine Paul von Mendelssohn, darin der ganze Reichtum einer
großzügige Tapetenfabrik diesen Plan sehr bald aufgreift. sehr kultivierten Palette. Von alten Bauten aber an die
EinBedarf ist bestimmt vorhanden, Räume für Mal er ei luftigen Zaubereien aus Papier und Leimfarbe in diesem
oder Bilder-Tapete sind genug da, und bei Neubauten Kleinod an der Havel, das wir so heben: dem Schlößchen
sollte viel mehr mit der Möglichkeit ihrer Anbringung Paretz. Räume, die immer wieder neu und beglückend sind,
gerechnet werden. Ländliche Räume, die sich mit Türen Genug endlich mit dem Verzicht auf Farbe, den man
ins Grüne öffnen, Musikzimmer, Speisezimmer, Winter- uns so lange vorgepredigt hat — es kommt nur darauf
gärten sind wie geschaffen dazu. Freilich sollte solche an, die richtige Farbe an die richtige Stelle zu setzen.
Malerei immer etwas Blühendes haben —: lichte, Vielleicht werden eines Tages wieder die Maler mehr
heitere Farben müssen die Materie von der Schwere Räume, und weniger Ölbilder malen. Dies aber wäre
befreien. Ich denke gerade an eine entzückende Arbeit das Zeichen, daß die Malerei nicht mehr länger heimatlos
von S1 e v o g t im Hause Hugo Simon in Berlin: ein Winter- ist, sondern wieder eingeordnet in denlebendigen Kreis des
garten, die Malerei Ol auf Goldmosaik, sehr frech, im Lebens. Die gepriesene Freiheit der Kunst ist oft nur
ersten Moment frappierend — und in der Wirkung be- Formlosigkeit — wir jedoch, wir glauben an ihre ewige
zaubernd. Aus dem schimmernden Grunde heben sich Bindung. »Um zu leben, braucht sie den Zwang — aber
braune Akte, glitzernde Vögel und leuchtende Blumen: sie stirbt an der Freiheit« (Andre Gide)......G. A.M.
1927. IV. 4.
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PROFESSOR GEORG ALEXANDER MATHEY-LEIPZIG WANDMALEREI IM SPEISEZIMMER Dr. M. K.-LE1PZIG
mit dem geistlosen Kopieren alter Vorbilder wäre nichts ein modernes Rokoko heiterster Prägung. Oder an die
getan, der Schaden bei weitem größer als der Nutzen. vornehme Gehaltenheit Wals er'scher Fresken im Hause
Ich bin überzeugt und möchte es wünschen, daß eine Paul von Mendelssohn, darin der ganze Reichtum einer
großzügige Tapetenfabrik diesen Plan sehr bald aufgreift. sehr kultivierten Palette. Von alten Bauten aber an die
EinBedarf ist bestimmt vorhanden, Räume für Mal er ei luftigen Zaubereien aus Papier und Leimfarbe in diesem
oder Bilder-Tapete sind genug da, und bei Neubauten Kleinod an der Havel, das wir so heben: dem Schlößchen
sollte viel mehr mit der Möglichkeit ihrer Anbringung Paretz. Räume, die immer wieder neu und beglückend sind,
gerechnet werden. Ländliche Räume, die sich mit Türen Genug endlich mit dem Verzicht auf Farbe, den man
ins Grüne öffnen, Musikzimmer, Speisezimmer, Winter- uns so lange vorgepredigt hat — es kommt nur darauf
gärten sind wie geschaffen dazu. Freilich sollte solche an, die richtige Farbe an die richtige Stelle zu setzen.
Malerei immer etwas Blühendes haben —: lichte, Vielleicht werden eines Tages wieder die Maler mehr
heitere Farben müssen die Materie von der Schwere Räume, und weniger Ölbilder malen. Dies aber wäre
befreien. Ich denke gerade an eine entzückende Arbeit das Zeichen, daß die Malerei nicht mehr länger heimatlos
von S1 e v o g t im Hause Hugo Simon in Berlin: ein Winter- ist, sondern wieder eingeordnet in denlebendigen Kreis des
garten, die Malerei Ol auf Goldmosaik, sehr frech, im Lebens. Die gepriesene Freiheit der Kunst ist oft nur
ersten Moment frappierend — und in der Wirkung be- Formlosigkeit — wir jedoch, wir glauben an ihre ewige
zaubernd. Aus dem schimmernden Grunde heben sich Bindung. »Um zu leben, braucht sie den Zwang — aber
braune Akte, glitzernde Vögel und leuchtende Blumen: sie stirbt an der Freiheit« (Andre Gide)......G. A.M.
1927. IV. 4.