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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 38.1927

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Gröbe, Kurt: Haus Stross in Reichenberg, [1]: eine Arbeit von Architekt Thilo Schoder, Weimar-Gera
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https://doi.org/10.11588/diglit.10702#0237

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XXXVIll. JAHRG.

DARMSTADT.

JUNI 1927.

HAUS STROSS IN REICHENBERG

EINE ARBEIT VON ARCHITEKT THILO SCHODER—WEIMAR-GERA

Die »schöne« Fassade als letztes Ziel des Archi-
tekten ist eine, wenigstens theoretisch längst
überwundene Forderung. In allen Künsten — nicht
nur in der Architektur — hat sich die Erkenntnis
durchgesetzt, daß »Form von innen heraus« und
nicht Außenform das Gebot der Stunde ist. Die
Form eines Werkes ist nicht mehr das primär Ge-
gebene, in das eine Aufgabe hineingezwängt wird,
sondern sie erwächst aus dem Inhalt der Aufgabe
um so besser, je weniger sie in die gestalterische
Lösung bewußt hineinspielt. Unter einer Voraus-
setzung freilich: daß nämlich der Architekt nicht
nur Konstrukteur, nicht nur Zweckbildner ist, son-
dern darüber hinaus intuitiv-schöpferischer Künst-
ler. Einheit und Gliederung sind die Pole alles
künstlerischen Schaffens. In der schwebenden
Balanze zwischen den beiden liegt ihr letzt erreich-
bares und so selten erreichtes Ziel: Harmonie.
Zwischen Landschaft und Haus müssen Korrela-
tionen bestehen, die zwar die gegenseitigen Span-
nungen nicht verwischen, das Haus aber immerhin
nicht als Fremdkörper in der Landschaft wirken
lassen. Thilo Schoder's »Haus Stroß in Rei-
chenberg i. B.«hält die Mitte zwischen den beiden
Möglichkeiten: in der Landschaft unterzutauchen

oder rücksichtslos in ihr zu dominieren. Es ist da,
ohne sich mehr zu betonen, als es zur Sicherung
seines Daseins nötig ist. Auf stark abfallendem
Gelände ist es in die Landschaft hineingeschoben,
mit vier Stockwerken auf der Rückfront und drei
an der Vorderfront. In seinen Umfassungsmauern
aus Beton und Backstein — dem ortsüblichen Bau-
material — wiederholen sich in thematischer Verar-
beitung die Rhythmen der umgrenzenden Straßen.
Das Dach, das erst nach langen Kämpfen als glück-
licher Kompromiß durchgesetzt wurde, ist aus Rück-
sicht auf Witterungs- Besonderheiten ganz aus
Kupfer und gibt dem Ganzen in seiner soliden
Schwere das Gepräge der Ruhe und beharrlichen
Beständigkeit. Die Haupt-Eingangstür aus Eisen
und Messing wird von schwarzem, poliertem Granit
umrahmt; das Material des Hauptsockels — blauer
und weißer Granit — ist geschliffen; weiter von
den Eingängen entfernt, ist es scharriert und gestockt
schließlich als Bossenmauer ausgeführt. Der Bau
ist geputzt mit gestoßenem Porphyr, die Betonge-
simse sind teils scharriert, teils mit gestoßenem
Granit verarbeitet; durch die satte Farbengebung
dieser Materialien wird eine Belebung des Ganzen
erzielt, ohne die Wucht des in sich geschlossenen

1927. VI. 1.
 
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