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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 38.1927

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Michel, Wilhelm: Der Mensch im Gehäus: die Flucht aus der Beengung
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https://doi.org/10.11588/diglit.10702#0395

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INNEN-DEKORATION

375

I

architekt jakob kader-müncheh wochenend-haus. ausführung: f. hätz

DER MENSCH IM GEHÄUS

die flucht aus der beengung

n Frühzeiten kämpft der Mensch um seine Abgrenzung Erkenntnis, daß Leben eine Schattenblume ist, die an all-

und um seine Verteidigung gegen die Natur. »Das zuviel Licht stirbt? . Wir legen weniger Wert darauf,

wilde Feld entzaubernd« kämpfen Herakles, Theseus und uns beizeiten zu sichern, als darauf, etwas zu erfahren:

die anderen Halbgötter gegen Riesen und Ungetüme. Erlebnisse, Schicksale, Begegnungen zu haben..

Grenzsetzung und Behausung werden zu Wohltaten der ★

ersten Götter. Bis hart an unsere Zeiten heran ist das Darum ist auch die Grenze, die unsere Behausung

Haus Urbild aller »Abgrenzung« gegen das Wilde nunmehr um uns zieht, »leicht« geworden, »durchsich-

und Bedrohliche, Urbild alles Gebietes, das der Mensch lig« — gleichsam wie ein Zaun, durch den wir immer

für sich erstritten, besiedelt und eingezäunt hat, im zum Leben hindurchblicken können; keine dichte, objek-

äußeren wie im inneren Leben. Daher hat die alte Be- tive Welt mehr, die uns massiv einschließt, sondern eher

hausung ihren festen, objektiven Charakter. Sie nimmt ein leichtes Gewand, das seinen Dienst tut, ohne zu

den Menschen in ihren Schutz, sie tritt ihm als eine fest- beengen. In ihr lebt eine Menschen-Art, die die Natur

gebaute »Burg« gegenüber, die wehrhaft ist und eben da- und das Natürliche nicht flieht, sondern aufsucht, weil

durch ihn gegen das Wilde und Uferlose schirmen kann. . sie in ihr eine Quelle jener Kräfte ahnt, die ihr eines Tages,

★ — wenn Vernunft und Wille die Welt zur Hölle gemacht

Heute ist die Natur auf weite Strecken um den Men- haben werden, — zuhilfe kommen müssen. . . w. michel.

sehen herum gebändigt. Sie feindet ihn nicht mehr an, ★

sie unterwirft sich ihm. Muß dies das Verhältnis des T^XlE EINFÜHLUNG erscheint beim produktiven

Menschen zu seiner Behausung nicht grundlegend ändern? 1 J Menschen mit seinem Lebensprinzip, seinem »Bios«

Wo die Vorfahren nach »Sicherheit« suchen, suchen verbunden: und ihr Mehr oder Minder kann als Maß

wir eher nach »Gefahr«. War es die Aufgabe der Alten, der »Elastizität« seiner geistigen Spannung gelten,

das Gesetz aufzustellen, die dunkle Welt zu durchleuchten Der formende Mensch ist die am wenigsten starre

mit dem Licht der ordnenden Vernunft, so geht heute Form des Geistes. Da ist auch sein Leiden. Je größer

eine Sehnsucht aus dem grellen Tag zu den unteren, die Begabung, desto labiler seine seelischen Organe. .

grundenden Mächten. . Ist es Neugier? Langeweile?. Die Einfühlung fällt in ihrem höchsten Grade mit dem

Flucht aus drückender rationaler Beengung? Ist es die Allgefühl zusammen...... Adalbert forstreuter.
 
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