Das erste photographische Portrait.
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Kunstwerke nach Art des Genrebildes mit Benutzung lebender
Modelle, welche geschickt zu posiren sind, zu componiren.
Ist dies dann gut gelungen, so haben wir durch diese Arbeit
beinahe ebenso viel geleistet, als der Künstler, der das Original
schuf. Die meisten in der letzten Zeit ausgestellten Photo-
graphien sind ja doch nur mehr oder weniger gelungene
.Copien nach Gemälden tüchtiger Maler.
Hat man ein interessantes Bild vor sich, welches man als
photographische Studie zu wiederholen wünscht, so sucht man
vor allem Anderen eine ähnliche Landschaft oder Scenerie;
die Personen, welche als Modell dienen sollen, sind schon
leichter aufzubringen, die Placirung derselben und ihre Stellung
ist aber sicher das Schwierigste, besonders wenn man es mit
complicirteren Bildern zu thun hat.
Glücklicherweise ist die Geschmacksrichtung der Amateur-
Photographen auch eine sehr verschiedene. Ein Kunst-Enthu-
siast, dem die sogenannte wohlthuende Unschärfe einer Photo-
graphie imponirt, verwirft deshalb eine in allen Theilen scharf
durchgearbeitete Aufnahme, welche ebenso gut wie jene ein
künstlerisches Motiv zum Vorwurf hatte.
Dass wir den Herren Amateuren diese neue Geschmacks-
richtung in der Photographie zum Theil verdanken,, ist kein
Zweifel; dieselben sind oft in der Lage, Opfer zu bringen
und beginnen Alles — natürlich ist auch ein Gelingen nicht
ausgeschlossen — dadurch wurden auch die Fachmänner auf
neue Bahnen gedrängt.
[Die Eeproduction eines der sehr hübschen photographi-
schen Genrebilder Herrn von Staudenheim’s, welche derselbe
mit viel Geschick und Kunstsinn gelegentlich der Militär -
Manöver in Steiermark herstellte, ist den Illustrationstafeln
dieses „Jahrbuchs“ beigegeben. E.j
-—♦-
Das erste photographische Portrait.
Von Julius J. Sachse, Ehren-Mitglied der Historischen
Gesellschaft Pennsylvania.
Die Frage „wem gebühret die Auszeichnung der An-
fertigung des ersten menschlichen Portraits durch die Ein-
wirkung des Lichtes?“ ist von grosser Wichtigkeit für die
Geschichte zur Photographie. Dieser Gegenstand hat in der
letzten Zeit erneuertes Interesse in den wissenschaftlichen
Kreisen der beiden Welttheile erregt. Allerdings ist kürzlich
diese Frage durch Artikel in den Tages-Journalen in Europa
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Kunstwerke nach Art des Genrebildes mit Benutzung lebender
Modelle, welche geschickt zu posiren sind, zu componiren.
Ist dies dann gut gelungen, so haben wir durch diese Arbeit
beinahe ebenso viel geleistet, als der Künstler, der das Original
schuf. Die meisten in der letzten Zeit ausgestellten Photo-
graphien sind ja doch nur mehr oder weniger gelungene
.Copien nach Gemälden tüchtiger Maler.
Hat man ein interessantes Bild vor sich, welches man als
photographische Studie zu wiederholen wünscht, so sucht man
vor allem Anderen eine ähnliche Landschaft oder Scenerie;
die Personen, welche als Modell dienen sollen, sind schon
leichter aufzubringen, die Placirung derselben und ihre Stellung
ist aber sicher das Schwierigste, besonders wenn man es mit
complicirteren Bildern zu thun hat.
Glücklicherweise ist die Geschmacksrichtung der Amateur-
Photographen auch eine sehr verschiedene. Ein Kunst-Enthu-
siast, dem die sogenannte wohlthuende Unschärfe einer Photo-
graphie imponirt, verwirft deshalb eine in allen Theilen scharf
durchgearbeitete Aufnahme, welche ebenso gut wie jene ein
künstlerisches Motiv zum Vorwurf hatte.
Dass wir den Herren Amateuren diese neue Geschmacks-
richtung in der Photographie zum Theil verdanken,, ist kein
Zweifel; dieselben sind oft in der Lage, Opfer zu bringen
und beginnen Alles — natürlich ist auch ein Gelingen nicht
ausgeschlossen — dadurch wurden auch die Fachmänner auf
neue Bahnen gedrängt.
[Die Eeproduction eines der sehr hübschen photographi-
schen Genrebilder Herrn von Staudenheim’s, welche derselbe
mit viel Geschick und Kunstsinn gelegentlich der Militär -
Manöver in Steiermark herstellte, ist den Illustrationstafeln
dieses „Jahrbuchs“ beigegeben. E.j
-—♦-
Das erste photographische Portrait.
Von Julius J. Sachse, Ehren-Mitglied der Historischen
Gesellschaft Pennsylvania.
Die Frage „wem gebühret die Auszeichnung der An-
fertigung des ersten menschlichen Portraits durch die Ein-
wirkung des Lichtes?“ ist von grosser Wichtigkeit für die
Geschichte zur Photographie. Dieser Gegenstand hat in der
letzten Zeit erneuertes Interesse in den wissenschaftlichen
Kreisen der beiden Welttheile erregt. Allerdings ist kürzlich
diese Frage durch Artikel in den Tages-Journalen in Europa
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