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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 1.1857

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2. Heft
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Lewald, August: Jerusalem, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18467#0038

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27

Golgatha. Zwt! dicke Pfeiler stiitzen das Ge-
wölbe und theilen dte Kapclle, indem sie zwei
Bogen bilden. Das Kreuz wurde in dem Bo-
gen zurLinken aufgerichtet. Man hielt es fur
schicklich, die Wand im Hintergrunde mit rei-
chen Ornamenten zu schmücken; Marmorta-
feln, Kandelaber, silberne Lampen. Eine
gleichfalls stlberne Plaltc bedeckt die Spalte
im Fclsen, die sich in dem Augenblick öffnete,
als der Menschensohn den letzten Seufzer aus-
hauchte.

Jm Hinabsteigen vom Kalvarienberge naherte
stch die Prozession den Steinen der Salbung,
wo der Leichnam Jesu, nachdem er vom Kreuze
abgenommen worden war, gesalbt und be-
graben wurde von Nicodemus und Joseph von
Arimathia. Es muß bemerkt werden, daß
man den eigentlichen Stein nicht steht, der
nichts anders als der nackte Fels war. Die
Ehrfurcht der Gläubtgen hat ihn mit einer
gelben Marmortafel bekleidet. Unter dieser
Tafel bestndet stch dcr Stein.

Die Prozesston verfolgt ihren Schmerzen-
weg fort und fort, und sie gelangt endlich zu
dem heiligen Grabe, wclches der ganzen Kirche
den Namen verletht. Auf dem Wege dahin
bemerkt man abermals eine Marmorplatte, um
die Stelle zu bezeichnen, wo die heil. Gottes-
mutter und die heil. Frauen sich befanden, als
die betden Jünger dem Todten die letzten Pflich-
ten erwiesen.

Das Grab befindet sich in der Mitte des
ganzen Tempels. Es war ursprünglich eine
einfache Höhle in dem lebendigen Gestein a»s-
gehauen. Nun tst ein Monument daraus ge-
worden, mit weißem Marmor beklcidet, mit
Gallerien und Gestmsen, Säulen und Skulp-
turen; die Länge der Höhle bcträgt dretzehn,
die Breite neun und die Höhe zwölf Fuß nach
genauer Mesfung. Vor dem Eingange stehen
vter prachtvolle Kandclaber und über demsel-
ben hängen vierzehn kleinstlberne Lampen von
feiner Ausführung. Jm Jnnern ist das Grab
in zwci Abthcilnngen geschiedcn; das erste
dient als Vorhalle und enthält einen etwa vter
Fuß hohen Marmorblock', auf der Stelle, wo

der Engel saß, welcher die heiligen Frauen am
Grabe erwartete und zu denselbe» die Worte
fprach: „Fürchtet euch nicht, ich weiß, daß ihr
Jesus sucht, dcr gekreuziget wurdc. Er ist
nicht hier, denn er ist auferstanden, wie er ge-
sagt hat" (Matth. 28, 5. 6).

Fünfzehn brennendeLampen hängen in dem
Gewölbe. Die innere Abtheilung der Grotte
ist ungefähr sieben Fuß lang. Rechts auf dem
breiten Felsenvorsprunge war der heil. Leich-
nam niedergelegt worden. Auch hier ist dte
Stelle mit weißem Marmor bekleidet. Fünf-
und vierzig Lampen von Gold und Silber
brennen hter immerwährend, mitten unter un-
zähligen Kerzen, in diesem größten Heilig-
thume der christlichen Welt. Ein mystischer
Duft durchzteht diesen Raum und führt der
Seele den Duft der Myrrhen und Aloe
zu, welche Joseph und Nicodemus hier ver-
brannten.

Zwischen diesen beiden Abtheilungen, die
durch eine einfache Thüre mit einander ver-
bunden sind, hatte man früher den großen
Stein hingewälzt, welcher mtt dem Siegel des
Fürsten der Priester bestegelt war. „Wer
wird uns wohl den Stein von der Thüre des
Grabes wegwälzen," sagten dte Frauen, als sie
sich dem Grabe naheten, und als sie hinblick-
ten, sahen ste, daß der Stein weggewälzt und
daß Jesus nicht mehr da war, und sie fanden
den weißgekleideten Engel, welcher ihnen die
Auferstehung verkündete.

Am äußersten Ende des heiligen Grabes,
an dic Wand desselben gelehnt, steht klein und
niedrig die Kapelle der Kophten und Abyssi-
nier. Dieser gegenüber ist das Heiligthum
der syrischen Christen, zwischen den zwei Pfei-
lern, welche die Kuppel tragen.

Endlich kehrt dte Prozession in dcn Chvr
zurück, durch die beiden Kapellen der Erschet-
nung des Engels.

Marta Magdalena hatte diese Erscheinung
nur wenige Schritte vom heil. Grabe; die
Heilige konnte kaum den Ort verlaffen haben,
wo die sterblichen Reste ihres Gottes ruheten,
dann war sie dahin zurückgekehrt, in Thränen
 
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