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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 1.1857

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4. Heft
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Laib, Friedrich: Praktische Fragen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18467#0065

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50

leltcn. Wir wollm aber hler elne tlcfere
nennen.

Es lst eln großer Unterschlcd, vb ma» die
Mterthünier als Denlmäler einer oergange-
nen uud crstorl'enen Zelt betrachtet oder als
Crzeiigiilsse eines Geistes, der noch lebt nnd
fortleben wlrd u»d jederzcit dieFählgkelt hat,
sich in Formen gleicher Schönheit zu crgießen.

Jm erstern Falle befindet sich ein großer
Theil der Alterthunwfrcunde.

Sie sind cmsig bestrebt, Alles, was die
nagende Zeit und die Geschmacksveränderung
der Menschen nvch vcrschout hat, vom Unter-
gang zu retten uud aufzubewahren. Sie find
gleich eiuzückt über den Fuiid eiues gothischen
Eiboriums, wie einer etrurischen Scherbe
oder eincs keltischen Todtenbaiims. Sie em-
pfiaden die nämliche Freude über die Erhal-
tung eines schönen Sakramcnthäuschens, wie
uber die Ausgrabung eines römischen Torso.
-llber sie haben dabei kein anderes Jntercsse
alS das rein archävlogische.

Wir siud weit entfernt, diesem seinen Werth
aiizustreiten. Niemand darf verkennen, wel-
chen Nuven die Wissenschaft, voruebmlich die
Geschichte, aus grüudlichen archäologischen
Sludieii schöpft. Auch gibt es Gegenständc.
welche ein anderes als archäologisches Jnler-
esse schwerlich darbieten.

So stehen in den Museen cinc Mengc von
alten Geräthen, an denen nur die Neugierde
oder dte Alterthumswissenschaft Jnteresse
nimint. Sind diese befriedigt, so bekümmert sich
Niemand mehr darum. Zur Aufhellung der
Vergangcnhcit mögen sie bcitragen, für die
Gegmwart habm sie keine Bedelitung, für die
Zukunfl noch wenigcr, die Bedürfnisse sind
andere geworden, die Technik kann an ihnen
nichts Neues lernen. Tie Zeit, wclche diese
Gegmstände gcformt hat, ist uns fremd, ver-
gangen, um nie wieder zu kommen. Wir be-
trachten alirömische Altäre und Opferschalcn
mit Befriedigung; wirdeiiken uns cinenAugen-
blick in jene Zeit hinein, wo diese Geräthe
dem hcidnischen Kult gedient; wir verstehen
jetzt besser die Ausdrücke, mit welchen die

klasstschen Schriftstellcr von solchm Dingen
niis Kunde geben. Aber wir brauchen sie
nicht mehr, und deßwegen nehmen wir unbe-
kümmcrt von ihnen Abschied.

So lobenswerth und nothwcndig die For-
schungen der Alterthumsfreunde sind, so haben
sie doch nicht den Zweck, alles Alte ncu einzu-
führen. Es gibt erstorbene Zeiten, die nicht
wieder aufleben; todte Sprachen, die von kei-
nem ganzen Volke mehr werden gesprochen
werden, überwuiidene Standpunkte, die man
vergeblich zurückzurufm sucht, Jdecn, die
lcbensuiifähig geworden stud und bleiben, For-
men, die untergegangcn siud für immer.

Das Heidmthum kann erneuert werdm,
aber in anderer Form; das neue wird sich der
Tempel, Aliäre und Geräthe des alten nicht
bedicnen.

Bedürfnisse des häuslichen und öfsentlichm
Lebens, des Verkehrs und Lurus wird man
immer haben; einzelne werden flch gleich blei-
ben, andere wechseln. Aber man wird nie die
Hausgeräthc der Römer, die Wagen der altm
Perser, die Kricgsmaschinm des Mittelalkcrs
u. s. w. nachbilden, weil ste bewunderuswür-
dig für ihre Zeit, für die »»serige unbequem
und überflüssig geworden siud.

illllein es verhält sich nicht so mit allen
Ueberbleibscln älkercr Zeiten, insbesoudere
nicht mit den christlichen Altci thümern, mit
denen wir es hier ausschließlich zu thun haben.
Für uns wäre es ein großer Fehler, sie blos
mit dem Jnteresse der Geschichtforschung oder
der Neugier aiizuschauen.

Wir wandeln unter dm ehrwürdigcn Dmk-
malen der alten Baukunst und Bildnerei;
blicken an jeder Kirche auf und nieder, um
die alten Bamheile auszukennm; besehcn die
Gemälde und Bilder, lassen die alten Gewän-
der uns zeigen. Aber wir fühlm uns uicht
auf fremdem Boden, sondern auf dem unserer
Väter, also auf ererbtem Eigenthum. Mit
ganz andern Augen und Empfiiidungen be-
schauen wir die Werke chriülicher Kunst, als
die der klassischen. Denn dicse letztern sind
heidnischen Ursprungs und sie werden uns, bei
 
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