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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 1.1857

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4. Heft
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Miszellen / Korrespondenzen
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https://doi.org/10.11588/diglit.18467#0076

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sticht sie gegeii d>is dunkle Noth zu schr ab, theils
vermag sich die Gvldstickcrei auf dem weißeu Grunde
nicht genug zu hebcn. Ganz besondcrö abcr ist es
zu bedauern, daß man dabci zn der Manier des
Stickcns seine Znflucht genommcn hat, welche schvn
an sich theure Seidcnsti'ffe in einer trotz alles Geld-
anfwandes nncrgiebigen, knnstlcrisch nicdrig stehen-
den, dabci aber dvch sehr kostspieligen Weise mit
verhältnißmäßig spärlich angebrachten, aber grob
und massig gehaltcncn Gvldsträngen auf Kartcn-
papier und ähnlichcn Stoffcn zu vcrzicren die Ab-
sicht hat, und ihrc Motive je nach dem Geschmacke
dcr Bcstellcr der Renaiffance oder romanisircndem
und gvthisirendcm Pstnnzenoriiament, vorhcrrschend
sogar dcm architektonischen Maßwerk entlehnt. Wir
wisscn wvhl/diese Manier, so jung sie ist, hat sich
doch den Weg in die meisten Kirchen fast in ganz
Teutschland gebahnt nnd sich auf dem erobertcn
Felde bisher niit Glück behanptet; aber damit ist
die llnsitte doch nicht gerechtfertigt. Dic Sache
von der ästhetischen nnd technischen Scite ange-
sehen, so ist es doch gcwiß sehr tadelnswerth, cinem
steinernen Maßwcrk vder dem Drnameiit, das nur
in Hvlz schön ist, ein Motiv sür Ornamentation
eines Gewandcs zu entlehnen. Diese nnverstandciie
Nachbildnng der mittelaltcrlichen Kunst ist das
sicherste Mittel, sie zu ruinircn und in allgemeinen
Mißkredit zu bringen. Was in dieser Nichtung
nnd durch unverstandene Nachäffung von Formen
Entartetes geleistet werden kann, das beweist das
eben erschienene, vvn der Redaktrice dcr Stuttgar-
ter „Allgemcinen Mnsterzeitung" herauSgegebene
„Kirchcn-Album" (bei Wagner in Freibnrg); wir
wollen beispielsweise blvs anf Blatt II verweiscn.
Man wird vorauSsichtlich vvn viclen Seiten mit
bciden Händen nach dieser nnglücklichen Erschei-
nung grcifcn, und die gcrügtc Richtung hat einen
neuen Halt gewonncn. Ilm so mehr erheischt es
das Zntereffe der Sache, der ja anch die besproche-
nen Prachtgewändcr dicnen wollen, vor dicser Ge-
schmacksrichtiingmitallerEntschiedenheitzuwarnen.

Was sodann die Dechnik des Stickens bei den
beregten Paramcntcn betrifft, so bestcht dieselbe in
der einzigen Knnst, modellirtes Kartcnpapicr oder
Pappendcckel mit Stechgold zn überkleiden. Das
ist einförmig und nberdieß decken die Stickereien
den Grundstoff nur spärlich. Es kann aber auch
nicht anders seyn: denn wie, wenn das Gewand
init dcm mannigfaltigcn Tcssin bestickt wäre, das
auf einem Goldbrokat möglich ist? Ein solches

wärewegen des überallaufgeheftctenKartenpapiers
völlig unbrauchbar. Wir begreifen auch vollkom-
mcn, wic sehr die Beschaffenheit des Stoffes die
Form der Paramcnte beeinflnßt. Ein solchcs Ge-
wand darf kcinem Faltenwurf nnd keiner Brcchung
durch Kiiiebeugung oder dnrch Bewegung der Arme
unterworfen werden, der rechte Gcbrauch bei rechtcr
Form würde seine Eristenz ganz bedrohen, wie sie
auch ohnedieß von keiner Dauer ist. Ilnd wenn
iiun die ganzc Schönheit in dem glitzernden Gvlde
liegt, wie daiin, wcnn es erbleicht? Wo ist dann
noch ein Ersatz für die immerhin bedeutendeu Aus-
lagen? Viclleicht sprcche ich eindringlicher, wenn
ich beifüge, daß im genannten Falle auf die Elle
Stoff K4fl. Zl kr. Ausgaben kommen! llm dieß
läßt sich zweimal der schönste Gvldbrokat echter
Qualität beschaffen, und es bleiben noch Mittel
übrig, auf eine schöne Stickerei von künstlerischem
unv somit blcibendem Werthe Bedacht zu nehinen-
— Mögen sich also alle guteu Kräfte vereinigen,
um dem gerügten llebelstande abzuhelfen, damit l
diese, dcn Mpstericn der Spekulation so günstige
Stickmanier ihr wohlverdientes Ende alsbald und
für iminer finde.

Aus der Diözese Rottenburg. (Korresp.)

Jn Jhrem „Kirchenschmuck" bemerke ich, daß Sie
von da und dortNachrichtenüber Anfertigung neuer
Paramente geben. Das ist für mich eine Auffor-
derung, die Fcder gleichfalls zur Hand zu nehmen.
Zwar habe ich weder vvn brillantcn Goldstickereien,
noch vvn kostbaren Gvldbrvkaten viel zu berichten,
aber ich glanbe, das einfache Gewand für den heil.
Dienst verdient ebensoviel, in unsern arnien Zeiten
vielleicht noch mehr Anfmerksamkeit als diejenigen,
wclche ihrer Kostbarkeit wegen doch nur in verhält-
nißmäßig wenigeKirchcn ihren Weg finden. Und dcr
„Kirchenschmuck" hat es doch anf arme, wie reiche
Kirchen abgcsehen? Für meine Dorf-Pfarrkirche
also wollte ich einmal eine wciße Kasnla für die
höchstcn Feste, und hatte doch kaum mehr als 100 fl.
zur Verfügung. Darum wandtc ich mich an eiucn
guten Freund — gvttlvb, daß unser Kunsiverein
auch in diesem Stücke uns gnten Rath geben und
ilin ausführen helfen kann — damit ich durch seine
Vermittlung mit gcringen Kosten etwas Schönes
erhalten möchte. Zu meiner Freude wurde mir da
die Nachricht gegebeu, daß ich uin diescn Preis cine
Kasula von dem schönsten nnd stärkstcn Scidcn-
brokat weißcr Farbe habcn könue, und zwar ans
der Fabrik des F. I. Casaratto in Crefeld, deffen
 
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