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Dengler, Georg [Editor]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 1.1857

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5. Heft
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Historische Notizen über die Kasula
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https://doi.org/10.11588/diglit.18467#0089

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wie Regularklerus und die Laienmönche eine
Kasula als profanes Gewand trugen; ebenso
gewiß ist aber auch, daß sich diese — wir
wollen sie jetzt Cuculla nennen — vou der dem
heil. Ministerium angehörigen Kasula nicht
etwa nur durch cinfacheren Stoff, sondern auch
durch ihre Form unterschied. Der ebenge-
nannte Cassian beschreibt sie als eigentlichc
Kaputzen, die den Kopf bedeckten und über
den Nacken und die Schultern reichten. Der
heil. Penedikt, Abt des von ihm gegründeten
Klosters vom heil. Sequanus in Burgund,
erlaubte seinen Mönchen blos kurze Cucullen,
die für die Regel nicht über die Schultern,

! nie aber über das Knie reichen durften. Aus
! diesen wcnigen (bei Du Cange II, 686 ange-
führten) Beweisstellen ist ohne Weiteres klar,
daß diese profane Kasula nicht die Form der
Meßkasel hatte. Jn der lliseipliim Kuiclolli«
I'nrksllsis oap. 4 <ls vestimslltorum msnsuru
ist dieses Mönchsgewand als mit dem Colo-
bium gleichbedeutend aufgezählt: Colobium
(der alte Name für Cuculla) sey ein langes
Kleid ohne Aermel. Wir wiffen aber, daß
das ColoblUM oder Isbitou, levitouarium cin
der Dalmatika des Diakons ähnltches Ge-
wand gewesen ist und letzterem sogar den Na-
men Levitengewand gegeben hat. Das unter
dem heil. Bonifazius gehaltene oonoilium Ksr-
mauicum schreibt vor, daß die Priester und
Diakonen nicht der kurzen Röcke (suZ-is) nach
Art der Laien, sondern der Kasula sich bedie-
nen sollen, wie die Mönche sie zu tragen pfle-
gen. (Binterim Denkwürdgk. Bd.4, Thl. 1,
S. 209.) Hier ist also Kasula als Profan-
gewand der Priester und Diakonen dem unter
dem Namen ss-Aum bekannten kurzen Rocke,
der unter die Knte reichte, als längeres Ge-
wand entgegengesetzt. Auch diese Form hat
also mit unserem Meßgewand keine Aehnlich-
keit und wtr wiederholen, die sür das heil.
Ministerium bestimmte Kasula war von der
profanen sowohl der Form als dem Reich-
thum des Materials und der Ausstattung nach
verschieden. Diesc Zeugnisse unterstützen die
an sich schon so natürliche und von selbst sich

aufdrängende Anschauung, daß der neue Bund
dem alten in diesem Betracht nicht nachge-
standen, und daß somit in jenem die Gewän-
der des heil. Mtnisteriums nach einem anderen
Urbild als dem der profanen Gewändcr ge-
bildet wurden, sowie es auch im alten Bunde
der Fall war (2. Mos. 28). Jm Hinblick auf
alle die Andentungen, welche die Apokalypse
im 4. Kap. und da und dort zerstreut hinsicht-
ltch der Einrichtung des Kultus gtbt, wird
man unwtllkürlich an den Gcdanken des Kar-
dinals Wisemann erinnert, man wisse nicht,
seyen das apostolische Vorschristen für die
Einrichtung des neuen Bundes, oder seven es
Bruchstücke aus einer Bision, tn welcher dcr
Jünger die Hierarchie des heil. Jerusalems
schaute, um ste als Musterbild des irdischen
Gottesdienstes der apostolischen Ktrche zu geben.

Für die zum hetl.Dienste bestimmte Kasula
hatten die Griechen den auch im Latetnischen
gebranchten Ausdruck xlalleta, wie z. B. 3vo
von Chartres sagt (8sriu.III. 6s rskus sools-
siast.): „Ueber alle diese Gewänder wtrd die
Kasula gelegt, die auch mit einem andern Na-
men xlullsta. genannt wird." Die damit Be-
kleideten hetßen xlaustiiti, wie das tn Wilhelm
dem Bibliothekar, dem Fortsetzcr des Ana-
stasius zu lesen ist. Das mirtelalterliche La-
lein gebrauchte in derselben Bedeutung oassi-
bulu, oasubls. und oasubula, woher das frau-
zösische obasubls entstanden ist. Es ist klar,
daß der Ausdruck Kasula oder Hütte keine
tressende Bezeichnung für das jetzt gebräuch-
liche Meßgewand ist. Die Alten konnten dem-
selben nüt Recht diesen Namen beilegen, weil
es, wie sie ausdrücklich erklären, den ganzen
Leib wie eine Hütte deckte, wieRhabanus sagt
(bei Du Cange): „Die Planeta des Priesiers
wird gewöhnlich Kasula genannt, weil sie ihn
gleich einer kleinen Hütte ganz deckt." Sie
hing bis zu den Knöcheln herab und deckte
selbst die Arme, so lange, als der Priester
während der heil. Messe keine Handlung vor-
nahm. Während er aber opfcrte, wurden die
äußersten Enden znsammengefaltet auf die
Arme gelegt. Dieser Art war die Kasula des

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