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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 1.1857

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6. Heft
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Kreuser: Briefe an eine edle Frau, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18467#0102

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83

die fröhllche Nachricht mittheilen, dciß bei
einigen Hochwürdigsten Herrn (die Namen
thun cinstweilen nichts zur Sache) mein Bilder-
' vorschlag Genehmigung fand und in dcr Be-
gründung auf die heil. Bücher nichts Schrift-
i widriges bemerkt worden. Mit einigem Ver-
trauen habe ich nun beschlofsen, mich auch nach
andern Seiten zu wenden, um die Bestatigung
der ersten llrtheile zu erhalten, denn zu großc
Vorstcht schadet gerade bei dicsem Gegenstande
wenig, namentlich in unserer Zeit, die eben zu
sehr eilt. Also mit dcr Marienkasel noch einige
Geduld, bis zur geeigneten Zeit werden Sie
und Jhr liebes Blatt zuerst Zeichnung und
Vegründung erhalten und veröffentlichen,
hoffentlich zu Jhrer und vieler Guten Freude.

Aber womit nun den übrigen Raum des
Briefes ausfüllen? Jch dcnke, der Name Ma-
ria hat solchen Reichthum in sich, daß man
! damit eine Welt von Herzen und Büchern,
geschweige eiuen kleinen Brief leicht ausfüllt.
Zudem habe ich noch zwei Dinge anf dem
Herzen, die gcrade sür christliche Stickcrinncn
ebenso wichtig sind, als für christliche Maler
und Bildhauer, nämlich die Fragen: 1) wie
wurde die heil. Jungfrau sett der ersten
Christenheit bis in's Mittelalter gewöhn-
lich von der Kunst dargestcllt, und 2) da die
Kunst bei ihren Btldwerken immer die Far-
ben liebte, welche Farbcn sind anzuwenden,
oder vielmehr, welches ist dte Bedeutung der
Farben im Geiste der Kirche, also auch kirch-
licher Stickerinncn?

Zch sehe Sie über die Worte: „sett der er-
sten Christenheit" dcn Kopf schütteln, denn
unser gemeinschaftlicher, leider nicht katholi-
scher Freund, hat sich und Jhnen weiß ge-
macht, als sey die Verehrung der heil. Jung-
frau etne Erfindung späterer Jahrhunderte,
oder wie man in allen solchen Dingen zu sagen
beliebt, des Mittelaltcrs. Jch kann meinen
alten Wunsch nur wiederholen, daß die Ge-
lehrsamkeit mancher Leute auch cinmal dem
Tagcshelden Fortschritt huldige, um aus
dem hartnäckigen Knabenalter auch einmal
in's Mittelalter zu kommen. Nichts ist fal-

scher als die Behauptung: die Maricnver-
ehrung sey jüngern Datums. Die erstcn
Christen waren gewöhnt, jede Bibelstelle gleich
in Thaten, nicht tn Zänkereien um Worte,
zu übersetzen, und das Wort des Evangelistcn
Lucas (I, 48): „Siehe, von nun an werden
mich glückselig preisen alle Geschlechter"
gingcn gleich in die Wirklichkeit über, denn
. natürlich kann ketne Seele bci allen Ge-
schlechtern und fünf gesunden Sinnen cine
Ausnahme zu machen sich sür befugt halten.
Wir legen kein Gewicht darauf, daß in der
ersten christlichen Gemeiude jApostelgesch. I,
14) Maria neben den Aposteln mitgenannt
wtrd, daß es nach gewöhnlicher Menschenart
für die ersten Christen neben dem Heilande
kein ehrwürdigeres Wesen, keine reinereQuelle
vieler geschichtlicher Ereignisse geben konnte,
als eben die Mutter des Herrn, sondern wir
sagen ganz einsach: cs gibt neben den Schrif-
ten des neuen Bundes keine ältern christlichen
Denkmäler als die römischen Katakomben,
und unter den Katakombenbtldern findet sich
ebcnfalls zu wiederholten Malen Maria. Jch
mache in dieser Hinsicht auf ein jüngst erschie-
neneS Werkchen von I. Spencer Northcote
aufmerksam, das zu Köln bei Bachem erschic-
nen und mit Abbildnngen versehen, gerade
für die Wclt der Nichtgelehrten äußerst be-
lehrend ist. Jch möchtc sogar sagen: die erst
neulich zum Glaubenssatze erhobene Lehre von
der makcllosen Empfängniß der heil. Jung-
frau sey uralt, wenigstens viel älter als die
Gründung des weiland hetligen deutsch-römi-
schen Reiches. Ich werde mtch hüten, Frauen
durch gelehrte Beweise zu langwcilen; indessen
ist es doch gar zu artig, wenn Nichtchristen
mehr posttives Christenthum bewahrt haben,
als manche Herrn, die sich für die alleinigen
Christuspächter, für dte berechtigten Neubau-
meister der Stadt und des Staates Gottes
und für die unfehlbaren Reintger der Heils-
lehre ausgebcn. Die Sache steht nämlich so.
Nach dem 4. Jahrhundert traten in Asten eine
Menge Spaltungen ein, auch über Maria als
Gottes- unb Christus-Mutter wurde gestrit-
 
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