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Dengler, Georg [Editor]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 1.1857

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7. Heft
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Ein Besuch bei Sem, Cham und Japhet und die christliche Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.18467#0131

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Volkslebens, blühte dte Kunst wentger als
zur Zeit, da dic praktische Tüchtigkcit und die
Bürgertugenden schon in Derwesung über-
gingen." Wahr, wenn man es nnr nicht auf
die christliche Kunst tm gleichen Verhältniß
anwenden will.

Eine Kunst, die stch zur Aufgabe macht,
die Laster, Hochmuth, Haß, Mord, Unzucht
zu verherrlichen, wird die höchsten Blüthen
treiben zu einer Zeit, wo das Leben eines
Volkes in der Tiefe religiöser Blindheit oder
des Zndifferentismus uyd praktischer Lüder-
lichkeit schmachtet. Mit dem Zerfall prakti-
scher Tüchtigkeit und aufopfernder Bürger-
tugend wird sie steigen, wenn man nicht wei-
ter gehen und sagen will, daß sie selbst es auch
ist, die durch thr Steigen, das in Wirklichkeit
ein Verfall tst, jenen Verfall einleitet und be-
schleunigt. Das eben ist aber ein Beweis für
die Hebung und Wiedergeburt der christlichen
Kunst. Sie hat eine erbauende Thäligkeil.
Daher setzt ihre Blüthe eine Blüthe des christ-
lichen Lebens vorans, wie sie es hinwieder
befördert. Sie steigt und fällt in gleicher
Richtung mit dem Steigen und Fallen des
christlichen Lebens.

Wir hatten den Arm erhoben, um die
Streiche des Touristen von Sem, Cham und
Japhet zu pariren. Und stehe! tm Verlauf
der Abhandlung sind wir seine Dertheidiger
geworden, haben ihn verwahrt gegcn die ver-
werflichen Consequenzen, die aus seinen abge-
rissenen Sätzen und witzigen Andeutungen ge-
zogen werden könnten. Wollte er diese? Dann
mußte er geradezu aussprcchen, wir sollen
etnen blau und roth bemalten Schwarzwälder-
kasten stati des Altars in das herrliche Frei-
burgerMünsterstellen und „Holgen" mit Gold-
flitter, und keine gothischen Ktrchenmehr bauen,
und da die Kunst nur im Heidenthum eiuer
Vollendung fähig ist, uns um das Gebahrcn
derKünstler gar nichts mehr bekümmern. Das
liebe Volk, welches zu Hause mit dem schmuck-
losen Kasten stch begnügt, in demDotteshause
aber etwas Ungewöhnliches und Schönes sehen
will, hätte ihm dafür wenig Dank gewußt.

Desto mehr die Gebildeten der Klasse, dte ihre
Wohnungen mit allem Lurus ausstattet und
der Kirche die größtmögliche Aehnlichkeit mit
dem Stalle zu Betlehem von Herzen gönnt.
Wollte er das aber nicht, und wir glauben
dieß, so war es von einem gewandten Schrift-
steller zu erwarten, daß er zur Schonung
schwacher Gemüther seine Ansichten frei her-
aussage und die Klippen und Abwege, an
dencn cs unserem Kunstlebcn leider auch nicht
fehlt, auf eine Weise kennzeichne. daß nicht
denjenigen Feinden der christlichen Kunst > die
zugleich Feinde derKtrche stnd, ein scheinbarer
Triumph bereitet werde. Das erforderte die
Wichtigkeit der Sache, in der wir einen gründ-
lich gesunden Kcrn zu sehen, uns durchaus
nicht verwehren lassen; aber a»ch die Rückstcht
auf diejenigen Persönlichkciten, dte überall
den christlichen Kunstbestrebuiigen die Würde
ihres Nainens und Vorsitzes leihen. Mögen
es tmmerhin nur einige obscure ästhetische
Kirchenmänner scvn, die er zunächst im Auge
hatte, so blieb nicht zu überschen, daß
hinter thnen die Billigung und theilweise
Mitwirkung der Kirchcnfürsten steht. Wie
viele Namen könnten wir nennen! Wie viele
öffeiitliche Aussprüche erleuchteter Männer der
Kirche, wie viele bischöfliche Hirtenschreiben
und Verordnungen anführen, dte uns die
tröstliche Verstcherung geben, daß die Kirche
selbst aus dem Munde Derer, von denen ste
regiert ist, unsere Bemühungen nicht verwirft,
sondern freudig begrüßt und ihnen dte er-
wünschteLeitung angedeihen läßt. Ein Name
für vielc genügt, es ist der unseres heiligen
Vaters Pius. Man weiß, welche Ermunte-
rung Er der Kunst und dcn wahrhaft christ-
lichen Künstlern angedeihen laßt. Das Schrei-
ben, mit welchem er den Verein für Verbrei-
iung christlicher Bilder in Düsseldorf erfreut
hat, läßt keinen Zweifel zurück, vb die Ver-
edlung des Kunstsinnes im Volke von Jhm,
als ein gesunder, praktischer Gedanke oder als
erdachte Theorie angesehen werde. Was Er
da von der Verbreitung schöner Bilder sagt,
ist gewiß in »icht minderem Maße auch auf
 
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