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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 1.1857

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9. Heft
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Die zweite Generalversammlung des christlichen Kunstvereins für Deutschland am 15., 16. und 17. September 1857 in Regensburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.18467#0156

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35

zklnden Ungeschmacks, nnd bleiben unbeachtet.
Die Gcneralversammlung konnte daher in
i dieser Angelegcnheit kcinen bessern Schritt
thun, als daß sie die Nothwendigkeit einläß-
licher Studien über den Altar anerkannte,
und ihren Mitgliedern als Grundlage dazu
dte demnächst erscheinende Arbeit des Rotten-
burgcrVeretns empsahl. DieAnregung dazu
war von dem Ausschusse fürBildnerei, und be-
sonders von Professor Kreuser ausgegangen.

Da übrigens im Schooße der Kommission
selbst kein Mangel an leitenden Grundsätzen
in Betreff des Altarbaues bcstand, so war sie,
trotz den für Vertagung einer Beschlußnahme
sprechenden Gründen, doch in der Lage, schon
vorläustg auf einige Punkte aufmerksam zu
machen, und zwar besonders

1) Wte der Nnterschied zwischen Sakra-
mentsaltären, und solchen, welche nicht zu Be-
wahrung der heil. Eucharistie dienen, fest ins
Auge zu fassen sei.

2) Daß die Rückkehr zu den Bauten der
ersten 15 Jahrhunderte durch Nichts gehindert
sey. Namentlich werden als maßgebende For-
men bezeichnet

u) der Ciborienaltar mit Vorhängen,

b) der Altar mit Reliquienaufsätzcn, und,
in Ermanglung des Cibortums, mit
Vorhangsäulen,

v) der Flügelaltar.

3) Daß bei allen Allarbauten Rücksicht
darauf genommen werden solle, wesenrliche
architektvnische Theile der Kirche, besondei's
die Ostfenster nicht durch hohe Aufthürmungen
zu beeinträchtigen.

4) Daß die hinter dem Altartisch ange-
brachten Aufsätze nicht den Tisch selbst be-
lasten, sondern auf einem eigenen und isolirten
Unterbau ruhen sollten.

5) Daß die bei Sakranientsaltären be-
liebtcn Drehwalzeu und Hebemaschinen als
nnwürdig zu mißbilligen seien.

Z. Kunstfabrik.

Ein anderer Antrag desselben Ausschufses
ging in folgender Fassung durch i

„Die Generalversammlung, anknüpftnd
an cinen ähnlichen Beschluß dcr ersten
Generalversammlung, beaustragt die ein-
zelnen Diözesan-Kunstvereine, der An-
schaffnng der aus Gyps gegossenen,
ausPapier oder ähnltchen Stoffen
gepreßten und auf dem Wege
fabrikmäßigcr Vervielfältigung
verbreiteten Statuen und Bilderwerke,
bezichungsweise der Ausstellung der-
selben in der Kirche mit allen dem christ-
lichen Kunstvereine zu Gebvte stehenden
Mitteln dcr Ueberzeugung und Abmah-
nung, sei es durch den persönlichen Ein-
fluß der Mitglteder oder auf dem Wege
der Oeffentlichkeit, entgegen zu wirken."
Wir glauben keine unnöthige Abschweifung
zu machen, wenn wir, die letzte Aufforderung
befolgcnd, über die Gründe dieses Schrittes
uns näher auslasscn. Es läßt sich nicht ver-
hehlen, daß diese unumwundene Verwcrfung
der Surrogatbäckerei einer starken Oppositiou
begegnen muß. Die tief bcleidigte Jndustrie
einerseits, und andererseits unverstandene
Formenliebhaberei und sälschlich vorge-
spiegelte Wohlseilheit werden so lange
als möglich der bessern Einsicht Widerstand
leistcn. Abcr der Kunstvcrein, wenu er auf
dtesen Namen ntcht verzichten will, darf vor
diesem Kampfe nicht zurückscheuen. Er kanu
weder befehlen noch verbieten, aber Nichts
soll ihn abhalten setne belehrende und war-
nende Stimme zu erheben. Die Benützung
unwürdigcr Surrogate in den Kirchen ist eine
Beeinträchtigung der Kunst, ein Angriff auf
die Würde des Gottesdienstes und ein empfind-
licher Eingriff in den von Säkularisationen
aller Art schon geschwächten Kirchenbeutel.
Die Kunst ist freie That; cin Kunstwerk das
Werk der sreien Hand. Nur insoweit es
dteses ist, darf cs auf den Namen eines Kunst-
werks Anspruch niachen. Auch das Produkt
des Erzgießers, das Gypsmodell eines Bild-
hauers ist ein Kunstwerk, obgleich mechantsch
in die Form gegossen. Denn diese Form selbst
ist vom Künstler ersonnen und zubereitet wor-
 
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