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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 1.1857

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10. Heft
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Kreuser: Briefe an eine edle Frau, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18467#0173

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50

ihren Farben; denn wie bts ins Kleinste im
gewöhnlichen Lebe», so war die Kirche auch
in der Kunst dic Farbenlehrerin, urd zwar seit
ihren ersten Tagen, wie die Gemälde in den
Katakomben beweisen. Sie, Verehrteste! ha-
ben es aber vorziigltch mit der Malerei der
Nadel auf kirchlichen Gewändern zu thun,
es gilt also hier über diesen Gegenstand ins
Klare zu kommen; denn Sie häben es gewtß
bemcrkt, wie die Kirche bei verschiedencn Zeiten
und Anlästen sich verschiedener Farben be-
dient. Da nichts, auch das Unbedeutendste
nicht, in der Kirche bedeutungs-, sinn-und
zwecklos ist, so wird es sich mit den Farben
wohl eben so verhalten.

Welche also sind die Kirchenfarben für prie-
sterliche Gewänder, und was sprechen sie aus?
Wie in allen Dingen gibt es anch hier ge-
lehrte Zänkereien über Kleinigkeiten, und wir
lassen sie bei Seite, da sie für unsere Zwecke
ganz unfruchtbar sind. Sicher ist, daß die
ersten Jahrhunderre schon vier Kirchenfar-
ben hatten, deren Zahl durch Stellvertreter
in etwa gemehrt wird. Diese vier Farben sind
Weiß, Roth, Grün, Violet. Gehen wir sie
einzeln kurz durch!

Weiß ist in Gebrauch, seit man den Täuf-
lingcn am Osterabeud das weiße Kleid anzog,
das bis zu dem Sonntage getragen ward, der
noch wegen dieser Uebung der weiße Honn-
tag heißt. Gerade im Urchrtstenthum taufte
man blos am Osterabende; also versteht sich
von selbst, wie alt das Weiß in der Kirche
ist. Was bedeutet nun das Weiß? Etnfach
die Mackellosigkeit, unbefleckre Reinigkett,
Jungsräulichkeit. Der Heiland selbst crscheint
bet der Verklärung nach dem Berichte des
Matthäus (XVII, 2) , Markus (IX, 3) und
Lukas (I7L, 29) im blendend lichten Gewande,
weiß wie Schnee. Der Engel bei der Aufer-
stehung (Matth. XXVIII, 3) trug auch ein
Gewanb weiß wie Schnee (vgl. Mark. XVI,
5). Bet der Himmelfahrt (Apostelgesch. I,
10) treten ebenfalls die Engel in weißen Ge-
wändern auf. Zuweilen erscheinen auch die
Engel tn einem blitzend leuchtenden Gewande

(Luk. XXIV, 4), vder gleich dem Weibe in
der Offenbarung (XII, 1) umkleidet mtt der
Soune, also gelblich-weiß. Die Kirche ver-
gaß keine dieser und anderen Schriftstellen,
erforschte sie vielmehr bis in ihre Tiefen, und
wandte sie an. Weiß also gilt für alle Fälle,
wo der Begriff der Reinigkeit vorzüglich vor-
waltet, also an allen Festen des Herrn, der
allerseligsten Jungfrau, der seligen Engel, der
heiligen Beichtiger und Jungfrauen überhaupt.
Jm Leben trägt darum auch der heilige Vater
ein weißes Gewand, um ihn zu erinnern an
die Reinigkeit dessen, der ihn als Stellvertre-
ter setzte, und im weißen Gewande auf dem
Berge der Verklärung und der Himmelfahrt
stand. Daß das Gold und das Gelb die
wetße Farbe vertreten kann, wurde schon an-
gedeutet; das Gvld nämlich wird durch das
Feuer geprüst und geläutert, und ist gemäß
vielen Stellen der Schrist ein Stnnbild aus-
erwählter Reinigkeit. Die Schrist wendct
auch nicht selten dieselben Begriffe auf das
weiße Silber an, das also ebenfalls das Weiß
vertreten kann. Wundern Ste sich nichr, daß
die Metalle auch in den Kreis der Farben hin-
etngezogen werden, die alte fromme Christen-
welt zog schon, und zwar lange vor dem Mit-
telalter*, sogar die Edelsteine in diesen
Bereich, und verzierte damit Geräthe und Ge-
wänder; denn für die Kirche als Gottes Braut
war nichts kostbar genug, geschweige zu
kostbar.

Die zweite Kirchenfarbe ist Roth. Jhre
Bcdeutung erklärt sich leicht durch ihren Ge-
brauch. Erstens wird Feuerroth gebraucht
an den Pfingsttagen; denn nach der Apostel-
geschichte (II, 3) kam der heilige Geist über
die Versammelten in Gestalt flammender Zun-
gen. Auch über den Stellvertreter Christi
wird der hetlige Geist herabgebetet, daher
auch die heilige Messe bci der Papstwahl in
Roth gelesen wird. Ferner trägt die Kirche
rothe Gewänder bei den Festen aller heiligen

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