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Dengler, Georg [Editor]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 1.1857

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12. Heft
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Kreuser: Briefe an eine edle Frau, [6]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18467#0214

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87

Schrift heißt es ja, daß (Lukas 1.48) derHerr
„ansah die Dcmuth (raMxü-mmi', nicht raerxt-
»ori/r«) seincr Magd", die erhöht ward, weil
sie sich selbst erniedrigte. Drittens sind hier die
deutsamen Stellen aus den Psalmcn anwend-
bar, z. B. Psalm DXII: iu uomms tuo lovado
muiius msas, d. i. »in detnemNamen will
ich meineHände erheben". Endlich denke
ich auch an die Allerseligste als Vermittlerin
und Fürsprecherin für uns Alle. Jndem sie
also für uns betet, gibt sie das schöne Gebet
des Propheten wieder: (pllrou.II.Id) leva aä
oum mauus pro animasbus) xarrulorum tuo-
rum, „erhebe zu ihm detne Hände für
unsere, deiner Kleinen, Seelen", damit
auch Jeder von uns einst sagen könne: (veu-
toron. XXXII 40.) levabo iu coolum mauum
meam et rlioam: s^o vivo iu aoteruum, d. i.
„erheben will ich meine Hände in den
Htmmelundsprechen:ichlebeinEwtg-
keit."

Der übrige Theil des Körpers ist in das
xallium talaro eingehüllt. Jn der christlichen
Kirche sind zwei Gewänder von großcr Bedeu-
tung, erstens der ungenähte Rock des Hei-
landes, der von jeher die Einheit der Kirchc
darstellte, »nd die Ktrche selbst wird durch Ma-
ria verstniibildet. Das Pallium ist ferner ein
biblisches Kleid, welches bei Joseph und Elias,
bei Rebekka vor Jsaak ihrem Bräutigam (und
Rebekka ist ebeufalls etn Vorbild der Kirche
und Gottesmiltter) vorkommt, ja der Heiland
selbst (Jsaias VIX. 17) trägt das Pallium.
Ein zweites Kleid, ebenfalls bis auf die Fuß-
sohle retchend (tnlus, Ferse, franz. tulon, da-
her Talar), glich dem alten priesterlichen Ge-
wande, jetzt Kasel genannt, und hatte auch ein
cuxitium (Kaputze), um den Kopfzu bedecken.
Die Römer trugcn ein solches Kleid auf Rei-
sen, und nannten es xaouula., die Grieche»
Phenole, und es k-ommt schon beim Apostel
Paulus vor, der es in seinem Briefe zurück-
verlangt. Jch habe nun beide Gcwänder, die
ohnchin Aehnlichkeit haben mußten, mitein-
ander verbunden, crstens wegen der schönen
Verhüllung, die neumodischcn Künstlcrn die

Liebhaberei zum Nackten wenigstens erschwert,
zweitens um den Schleicr nicht nöthig zu ha-
ben, dcn die Gottesbräute, also auch Maria,
tragen müfsen, besonders da jetzige und alt-
christliche Schleier kaum eine Aehnlichkeit ha-
ben, drittens wegen der Einheit des Klcides,
d. h. der Kirche, endlich weil die heil. Jung-
frau auf unftremBilde wirklich aufder Wan-
derschaft uud Reift ist, um, wenn dte Zeiten
sich erfüllen, das Erlösungswerk einzuleitcn.

Auch die kleinen untergeordncten Verzie-
rungen behandelten die alten Meister immcr
sinnig, und wußten auch in Kleinigkeiten und
Beiwerk eine höhere Bcdeutung hineinzulegen.
Folgen wir ihrem Beispiele! Also den Saum
des Gewandes in seinen Schwingungen, sowie
an Hals und Händen trägt das Andreaskreuz,
wie Sie vielleicht glauben; allein es ist der
griechische Buchstabe X, genannt Chi, und
wtrd häufig abgckürzt, sowie im Deutschcn
Ch. für Christus gebraucht. Nach meinem
Geschmacke macht sich dieses Xals Verzierung
und Einfassung sehr gut. Würde man am
Halse und an den Aermeln nnr dte Dreizahl
(XXX) anwenden, so ließe sich auch diefts auf
die heil. Dreieinigkeit dcuten. Der Gewand-
haken (Agraffe), welcher den Mantel zusam-
menhält, wäre nach meinem Dafürhalten die
Rose; denn die allcrseligste Jungsrau, wie
Sie aus der lauretanischen Litanei wissen, ist
selbst die „geheimnißreiche Rose", die auf die
jungfräultche Geburt des Erlösers gedeutet
wird, aber ebenso gut auf das Geheimniß der
makellosen Empfängniß gedeutet werden kaun.

So wären wir endlich zu den Füßen ge-
langt. Die alte reine christliche Kunst treibt
ihre Scheu vor dem Nackten so weit, daß sie
sogar dieftn Körpertheil nicht offen zeigt, und
iiamentlich bei heil. Juiigfrauen ihn unter der
bauschigen Gewandung verbirgt. Aber es
gibt auch in geistiger Bezichung schöne
Füße, von denen der Apostel Paulus (Röm.
X. 15) uud der Prophet (JsaiasvH. 15) spre-
chen, die Füße derer, die das Evangelium ver-
künden. Jch will dieft Stelle utcht auf dte hl.
Jungfrau beziehen, obgleich man es leicht
 
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