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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 13.1915

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Heft 2
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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.4714#0109

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Erasmus, die Kreuzabnahme in der Art des Meisters von
Flemalle nebst den zwei Flügelbildern mit den Stiftern
(die von anderer Hand zu sein scheinen). Ferner drei
Bilder von J. von Rillaerz und mehrere spätere Gemälde
von geringer Bedeutung. Auch der eichene Kirchen-
schatz, enthaltend acht silberne Heiligenfiguren, zum
Teil aus dem ij. und 16. Jahrhundert, ein gotisches
Weihrauchfass, gotische Renaissancemonstranzen aus
Silber, kunstvolle Messkelche und Ziborien des 18. Jahr-
hunderts, dann Leuchter, Ampeln und anderes Kirchen-
gerät, ist vollständig im Rathaus untergebracht.

Von den alten Kunstwerken der Peterskirche ist
somit nur der Windfang zerstört; der eigentliche stei-
nerne Baukörper der Kirche selbst ist erhalten. Bis zum
Wiederaufbau des fehlenden Dachstuhls soll ein Not-
dach aus Teerpappe den Innenraum schützen. Mit
dieser Aufgabe ist ein Löwener Architekt vom Bürger-
meister beauftragt worden.

Das durch die Revolte der Bevölkerung hervorge-
rufene und dann durch den Sturmwind weitergetragene
Brandunglück hat vornehmlich die Häuserreihen am
Bahnhof in der Bahnhofstrasse und die Mitte der Stadt
betroffen. Die übrigen Kirchen Löwens liegen ausser-
halb des etwa ein Sechstel der Stadt ausmachenden
Brandbereichs; sie sind vom Feuer nicht berührt worden.
Daher sind ganz unbeschädigt geblieben die Michaels-
kirche, die Jakobskirche, die Gertrudenkirche mit allen
ihren zum Teil sehr ansehnlichen Kunstwerken, ebenso
das College du Saint Esprit mit seiner Bibliothek.

In der Nationalgalerie sind in den Böcklinsälen drei
neue Werke Böcklins als Leihgaben aufgehängt. Das
erste ist ein lebensgrosses, unvollendetes Bildnis der Tra-
gödin Fanny Janauschek und ist in Weimar um 1860—
1862 gemalt. Es hat etwas Altmeisterliches im Sinne
Lenbachs etwa: eine vornehme Gesamthaltung, aber in
allen Teilen auch konventionell. Das Modell interessiert
mehr als die Malerei. Das zweite Werk ist eine inter-
essante Skizze zur „Pietä" aus dem Jahre 1868. Sie ist
viel einheitlicher als das fertige Bild, das die National-
galerie ebenfalls besitzt. Die Skizze fällt nicht, wie das
Bild grossen Formats, in zwei Teilen auseinander; die
in Farben dunkler, blauer Dämmerung gekleidete
Darstellung des Schmerzes unten ist noch nicht hart ge-
trennt von der hellen, rosigen Darstellung des Trostes
oben. Die Skizze ist nicht tendenzvoll „stilisiert". Das
macht sie dem Kunstfreund in mancher Hinsicht wert-
voller als das anspruchsvolle Bild. Die eindrucksvollste
der drei Leihgaben ist das „altrömische Maifest". Im
Gewühl der Gestalten und blau-roten Gewänder, die
im Tanz eine Bildsäule umkreisen, ist malerisches Genie.
Auch die Konzeption der Landschaft, der Situation und
die Beherrschung der Gesamtstimmung zeugen von
der starken Originalität und dem reichen Naturgefühl
Böcklins. Leider wird das köstliche kleine Werk nahezu

verdorben durch das kreischende Rot des Gewandes
einer der Figuren auf dem Hügel. Dieser falsche, dem
Effekt zuliebe gewählte Farbton verdirbt die Raum-
illusion und lässt gut erkennen, wo für Böcklins Talent
die Gefahr lag. Auf dem Porträt der Fanny Janauschek
platzen einige rote Blüten ähnlich hart aus der grauen
Gesamtstimmung heraus.

*
Die Radierung von Hans Meid, die wir abbilden,
war im Graphischen Kabinett (Neumann) ausgestellt.
Es ist eine der letzten Arbeiten dieses kultivierten Gra-
phikers, der sich zurzeit im Felde befindet und der
den Geist dieser Kriegszeit in seinem schön bewegten
Blatt schon vorgeahnt zu haben scheint.

Paul Meyerheim hat sein Lehramt an der König-
lichen Hochschule für die bildenden Künste, das er zwei-
unddreissig Jahre als Lehrer der sogenannten Tierklasse
inne gehabt hat, niedergelegt.

K. Seh.

Mit Bezug auf den Aufsatz von Emil SchaefFer im
Oktoberheft dieser Zeitschrift hat der Generaldirektor
der Museen, Wilhelm Bode, im Lokal-Anzeiger einer
gegenteiligen Meinung Ausdruck gegeben. Die grund-
sätzlich wichtigen Sätze seiner Ausführungen lauten
folgendermassen:

„Der Unterzeichnete erklärt, dass er in Bezug auf
die Erhaltung der Kunstwerke in Feindesland entgegen-
gesetzter Ansicht ist. Meine Überzeugung ist vielmehr,
dass allen Kulturländern die Erzeugnisse ihrer Kunst
und ihr rechtmässiger Besitz an Kunstwerken erhalten
werden soll, und dass wir den Denkmälerschutz wie im
eigenen Lande so auch imFeindeslande auszuüben haben.
Schafft doch auch die massenhafte Anhäufung von Kunst-
werken, wie sie der Louvre und die Londoner Museen
zeigen, nur kolossale Kunstmagazine, die den Genuss
der Kunstwerke schwer beeinträchtigen.

Gerade um die Kunstwerke in Belgien für Belgien
zu retten, hat der Unterzeichnete die Entsendung eines
unserer Museumsbeamten nach Belgien beantragt. Ge-
heimrat von Falcke ist seither im Auftrage des belgischen
Gouvernements gemeinsam mit unseren Militärbehör-
den, die trotz der völkerrechtswidrigen Haltung der
Bevölkerung schon vorher mit eigener Gefahr für die
Erhaltung der Denkmäler in Belgien wie in Frankreich,
besonders in Reims, besorgt waren, eifrig bemüht, die
Kunstschätze in Belgien zu sichern. Das Bestreben der
Berliner Museums verwaltung wird darauf gerichtet sein,
dass Deutschland nach einer siegreichen Beendigung des
Krieges das Beispiel nicht nachahme, welches England
durch die Entführung der Parthenonskulpturen und das
Frankreich unter Napoleon I. durch die Plünderung der
Kunstschätze fast aller Länder Europas gegeben hat."

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