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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 29.1931

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Heft 12
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Tietze, Hans: Carl Schindler (1821-1842)
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https://doi.org/10.11588/diglit.7610#0497

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CARL SCHINDLER, DIE ASSENTIERUNG. AQUARELL

SAMMLUNG A. PATYKA-FRAUENFELD

CARL SCHINDLER

(1821—1842)

VON

HANS TIETZE

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Aus dem Hexenkessel ungeheurer weltgeschichtlicher Er-
eignisse, in denen an der Wende des achtzehnten Zum
neunzehnten Jahrhundert die alte europäische Kulturtradition
zusammenbricht, geht eine neue Art Mensch hervor. Von
diesem Schauspiel, wie aus den Trümmern einer zerfallen-
den großen Welt jene neue sich bildet, die unserem eige-
nen Dasein zur Bühne dient, greift ein neues Buch des
Direktors der Wiener Staatsgalerie F. M. Haberditzl und
seines Mitarbeiters Dr. Heinrich Schwarz ein winziges Bruch-
stück heraus und nimmt es unter das Mikroskop wissenschaft-
licher Sonderuntersuchung; am bescheidenen Lebenslauf des
Wiener Vormärzmalers Carl Schindler, den ein vorzeitiger
Jünglingstod verklärt, zeigen sie, wie aus dem Ringen der
Nationen an der Jahrhundertwende der uniformierte Mensch,
der Soldat im doppelten Tuch ins Farbeneinerlei der bürger-
lichen Gesellschaft tropft und wie, eine ins Medium des
Künstlerischen verzogene Analogie des gleichen Vorgangs,

der Schutt der barocken Überlieferung den Brodem unmittel-
barer Naturbeobachtung und -wiedergäbe hervorbringt. Die-
ser zweite Aspekt hat die Autoren als Kunsthistoriker am
stärksten angelockt; das Widerspiel zweier Kräfte, einer
nachlebenden Routine, die dem Knaben die Hand lockert
und ihm die kompliziertesten Motive und Verknüpfungen
selbstverständlich macht und eines neuen Triebes, der den
Künstler unbeschwert und ungefördert von allem Mitgebrach-
ten dem Einmaligen jeder Naturerscheinung nachzuspüren
heißt, ist die Grundnote ihrer Schilderung, die dem Barock-
enkel und dem Realisten, eines im anderen, gerecht zu
werden versucht.

Lebenslauf und Werdegang dieses Carl Schindler, dessen
Werk sich die Osterreichische Galerie im Elixier gesichert
hat, ist typisch und individuell zugleich; typisch, weil eine
ähnliche kleinbürgerliche Enge die meisten der guten Vor-
märzmaler umfangen hat und weil die besondere wienerische

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