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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 7.1927

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Heft 1 (Januar 1927)
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Englaender, Gottfried: Beitrag zu einer Denkschrift betr. die Beförderung der akad. Zeichenlehrer in Preußen
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Kolb, Hans: Erziehung zu künstlerischem Leben und Schönschreibunterricht
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https://doi.org/10.11588/diglit.23855#0025

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bis jetzi Veförderten in Betracht kommen. DaS ist
bei der geringen Anzahl der Zeichenlehrer ebenso
möglich, wie eS bei andern Verufsarten der Fall
war. Die Lnkwicklung des ZeichenlehrerbciufeS bis
zur erfolgken Einflihrung der neuen Priifung fllr
daS hünsklerische Lehramk von 1022 rechkfertigk eine
solche lieberfllhrung gegenüber den nichkakademischen
Lehrern an höheren Schulen durchaus. Den Philo-
logen gegeniiber bleibk immer noch der wesenkllche
Unkerschied beskeheü, datz dicse weikergehende Auf-
rlickungs- und Vesörderungsmöglichkeiten haben.

Zur Beseikigung allcr Mitzskände Ist folgende Neu-
regelung erforderlich:

l.Allen akadcmisch gebildeken Zeichenlehrer(innen),
die nach Z 2ll der neuen Prüfungsordnung fllr
daS klinsklerische Lehramt zur Bewerbung um

die Befähigung zum SLudienrat (Oberzeichen-
lehrer) berechkigt waren, wird vom 1. Okkober
1028 ab rückwirkend die Befähigung zur An-
stellung als Skudienrat (Oberzeichenlehrer) zu-
erkannk.

2. Die In Bekrachk kommenden Zeichenlehrerskellen
sind vom gleichen Datum ab in Studienrak-
(Oberzeichenlehrer-)stellen umzuwandeln.

3. Alle diejenigen akademisch gebildeten Zeichen-

lehrer(lnnen), die infolgs ihres Priifungsdatums
nicht das Anrecht auf die Vorkeile des 8 20
hakken, sind nach Skufe 0 als Lingangsstufe zu
besolden und erhalken die Amksbezeichnung Ober-
zeichenlehrer. Nach 15 Dienskjahren erfolgk ihre
Ileberslihrung in die Gruppe der Studienräte
(Oberzelchenlehrer). G. E.

ErZiehung zu künstlerischem Leben und Schönschreibunterricht

Von Skudlenassessor üa

Als Lehrer an einer Auslandschule hatte ich Ge-
legenheik, neben den Zeichenstunden noch einige
Wochenskunden im Schönschreiben zu geben. 5ch
libecnahm sie mik einem Widerwillen. Was hat
Schönschreiben mik unserem Gebiet zu kun! Und
vollends das Schönschreiben, das nach den Vor-
schrifken deS Lehrplans verlangt wlrd! An den
Äänden der Klassenzimmer hingen ja die Alphabeke
in der bekannken Ausflihrung.

Glücklicherweise habe ich einen Direkkor, der, ob-
wohl lange Oahre der deukschen Heimak und ihren
neueii Skrömungen ferne, doch einen Sinn für das
freie Schaffen seiner Lehrer tich bewahrt hat. Er
lietz mir manche Freiheik. Llnfangs schrieben wir
noch Alphabeker aber bald wurde eine Neuerung
eingeführk: die Schrift sollte nichk mehr schrägliegend,
sondern senkrechk geschrieben werden. Das hatke ich
von dem tllchkigen Lebrecht und seiner Schule.
Manche Schliler nahmen eS mit überraschender
Sicherheit auf. 3ch versuchke, durch Schreiben von
Senkrechten, von Wagrechten, durch Neihungen ein-
sacher Formen die Zandsicherheit der Schüler zu
enkwickeln. Diese VerzierungSbänder, wie wir sie
nannten, wurden derart beliebt, datz jcder beganu,
solche Dinge zu Hause selbst zu erfinden. Linige
Male zeichneke ich ihnen mik roter Tinke vor. Da
kam ein findiger Üeri darauf: wir könnten doch' auch
mik rokcr Tinke zeichnen, und im Verlaus weniger
Skunden waren roke, blaue, gelbe, grüne, violekke
Tinten da, ohne datz ich es verlangk häkke. lind mik
der Begeisterung für dns schöne Geskalten einer
Schrifkseike wuchs bei manchen auch die Fähigkeik,
latsächlich s ch öner zu schreiben. Da an Auslands-
schulen die orthographlsche Sicherheik sehr gering ist,
lietz ich viele Linzelwörker.schiMen, um anderen
Fächern dienstbar zu sein. Manchinal gab es auch
ekwas Besonderes: einen Oskcrgrutz für die Elkern
mik schöner Verzierung und schöner Schrifk (Gedichi
oder Aehnliches), einen Brief, einen Einkrag ins
Album usf.

Aber leider fand Ich besonders be! den Kollegen
vom Nechnen und Französisch wenig Aufmunkerung.

s Kolb in Barcelona.

Dork eriaubke sich einmal ein Schüler, an den Anfang
elnes französischen Diktöes ein Verzierungsband zu
zeichnen, andere verzierken ihren Hefkschild mit
einigen Formen oder machken eine Zeichnung als
Abschlutz einer deutlchen Erzählung, die das ganze
Aeft „verschandelke. Der Lehrer für Französisch
«utzerte sich: „Wissen Sie, wenn die Schüler mit
solchen Dingen im Leben vorankämen, dann wäre
es ekwas anderes." So mutzke ich wieder ekwas zu-
rückziehen, das Zeichnen und besonders die Farben
verbieten, zu meiner eigenen Bekrllbnis und zu der
unendlich viel grötzeren der Schlller.

Aus solchen Erfahrungen ist zu entnehmen: Wir
stehen ersk vor dem grotzen Kampf um die schöpfe-
rische Kraft des Kindes. Die Nützlichkeitsmenschen
haben so vorkrefflich vernünftige Gegengrllnde. Aber
ie vergessen doch eines darüber: den Menschen
elbst. Datz das Gestalten im jungen Menschen ur-
prunghafk liegt, bestreiket heute niemand mehr, der
ich auskennk. Aber diese Kräfte müssen entwickelt
werden, und das mützte zum Unterrichts-
grundsahe für alle Fächer werden.

Es mützke dle eigeuschöpferische Arbeik überall in
der Schule höher gewertet werden als die korrekte,
aber lahmgetrekene Schülerarbeik.

Auch mützke dem Zeichnen eine ganz andere Be-
deukung gegeben werden, es mlltzte in allen Fächern,
wo das irgendwie möglich ist, als Zilfsmiktel zur
Klärung und Darstellung der Vorstellungen verwen-
dek werden, in Erdkunde, Nakurkunde, Geschichke,
Deuksch usw.

Das Aeilpiel des Schönschreibens soli nur zeigen,
wie es selvsk in Fächern, die früher zu den rein
„mechanischen" aehörten, möglich isk, öen Schüler
'ieben sauberer Arbeik zu inuerlich angereg-
i e r Täklgkeit zu erziehen.

3ch bin überzeugt, datz wir hier den rechten Weg
gehen, die leuchtenden Kinderaugen beweisen es
mir und die Hefte. Die Skunde Schönschreiben ist
eine weihevolle Skunde sür uns geworden, auf die
sich die Schüler freue».
 
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