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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 7.1927

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Heft 8 (August 1927)
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Wiener, Oskar: Bronzeguß
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Kunze, Paul: Neue Sachlichkeit: Probleme der letzten Kunstrichtung$nElektronische Ressource
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https://doi.org/10.11588/diglit.23855#0222

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slch ducch die Einwirkung der athmosphärischen Luft
jener störende Glanz, und das Werk überzieht sich
inik einer bräunlichen oder grllnlichen Schicht, dem
edlen Aost, der Daklna genannt wlrd, und der das
Lntzllcken dec Alieckumsfreunde bildet. Die modernen
Bronzen werden kllnstlich patinlert durch verschiedene
Säuren und durch chemische Prozesse, die das Ge-
heimnis der Fabrikanken sind; doch soll auch in ver-
gangener Zeik mancher Erzgiejzer ähnliche Rezepte
gekannk haben und manche antike Bronze, deren tief-
grtiner „Äost" den Einflüssen von llahrhunderten zu-
geschrieben wird, mag glelch bei ihrer Geburt mit
dem schönen GewanS von Patina geschmückt worden
sein.

Die hervorragendste Sammlung ankiker Erzgüsse
kann man zu Neapel bewundern. Ungeheuer m die
Menge der ägypkischen und altgriechischen Klein-
bronzen, welche die schühende Erde vor dem Unter-
gang bewahrt hat. Dle Bronze blieb auch während
des Mittelalters im Dienste der bildenden und deko-
rakiven Kunst, allein jene Arbeiten haben die Schärfe
»nd Noblesse, die den ankiken Gußwerken eigen war,
längst verloren und nur der Glockenguh erhielt die

Kenntnisse der Technik lebendig. 2n Deukschland zähll
zu den ältesten Guhskücken das Domkor zu Augsvurg
und Bischof Bernward von Hildesheim hat manches
Erzwerlr selbst gefügk, denn er war GolieSiiiann und
„Notgiejzer" in einer Person. Der berllhinlelle aller
deutschen Vronzemeister ist aber Peker Bischer. Er
und seine fünf Söhne tcieben zu Nürnberg ihr edles
Handwerk und manch herrliches Denkmal ist aus
dieser Werkstalt hervorgegangen. Der Tempel um
den silbernen Sarkophag des heiligen Sebaldus in
einer Nllrnberger Kirche hak allein den Meister (von
1507 ab) zwölf Hahre befchäftigt und das Grabmal
Kaiser Maximilians zu unnsbrllck steht an Pracht
und Schönheit jenem andern irichk nach. Noch gran-
dioker war vielleicht das von der Familie Fugger
besrellte Gitker, das Bischer nicht mehr vollenden
konnte, und das später im Nathaus zu Nürnberg
Aufskeilung fand. 1806 verkauften die klugen Stadt-
väter dies Wunderwerk deutscher Erzgiejzerei an
irgend einen Händler — als wertloses altes Mekall
— zum Einschmelzen . . . Sünder solcher Art sollen
übrigens auch jetzk noch vorkommen in der Äats-
skube manch biederer Gemeinde. Sero sapiunt!

Neue Sachlichkeit. Probleme der letzten Kunstrichtung

Bon Paul Kunze, Skade

Das Schlagwork „neue Sachlichkeit" ist schon wie-
der etwas abgestanden, ohne das; indessen die Werte,
um die es sich dabei handelk, bereits völlig geklärt
wären, geht es hier doch um Fragen allergröjzten
Ausmatzes, Fraßen, die ekwa folgendermahen zu
formulieren wären: tzst die Malerei der „Neuen
Sachlichkeit" oder des „magischen Nealismus" der
Borboke einer neuen Nenaissance? Oder ist sie ein
Berfallssymptom, das eine mit dem Expressionis-
mus beginnende Zersetzung der Kunst in enkgegen-
gesetzter Nichkung vollendet? Oder endlich: ist die
Neue Sachlichkeit nur eine temporäre Reakklon auf
gewisse Auswüchse des Expressionismus und ohne
enkscheidenden Einflutz auf die Entwicklung der
Kunst?

5e nachdem man die einzelnen Künstler der neuen
Richkung bekrachtek, wird man versucht sein, von
Fall zu Fall bald die eine bald die andere der oben
gestellten Fragen zu bejahen.

Bersuchen wir zunächst einmal über die neuen
Zielsetzungen Klarheik zu gewinnen:

Das Schlagwort „Neue Sachlichkeit" ist zweifellos
ungeschickk gewählt. Der Ausdruck „magischer
Nealismus" trlfft die Sache schon viel besser.'Denn
was bedeutet der Begriff „Sachlichkeit für die
Kunst? Als „sachlich" mutz man in erster Linie solche
Kunst bezeichnen, die unbeirrt durch geistige 5nhalke
nur mik den gegebenen Mitkeln bilülicher Darstel-
lnng ästhetische Werke schafft, die also aus Farbe
und Form Bildharmonien geskaltek. Das heitzt im
künstlerischen Sinne „sachlich". Man würde hier also
ekwa an Liebermann oder- Hodler oder van Gogh
denken können und überhaupt Made an die 2deen
der Kunskrlchkung von gestern. Wenn man hingegen
unker Sachlichkeit die exakte Dacskellung von Sachen
verstehen will, so hat man damit den Werkkomplex
Kunst bereits verlassen. Die Kunst hat für diese Ark

Malerei den tarininus töoknikus „Gegenständlich-
keit" gwählt, um damit zu bezeichnen, datz es sich um
ekwas prinzipiell Ilnkünstlerisches und für den Kllnst-
ler also auch Ilnsachliches handelt. Sachlichkeit be-
deuket steks ekwas Positives, Gegenständlichkeit ist
rein negativ.

Wenn nun also gewisse Künstler der genannten
Nichtung geradezu etwas darin suchen, ohne Nück-
sicht auf Bildkomposition und Farbenharmonie
icgend ein Stllck Autzenwelt mit nicht nur fotogra-
fischer sondern beinah mikroskopischer Treue abzu-
bilden, so verdienen diese Leuke wohl kaum das
Lob der Sachlichkeit. Statt „sachlich" sollte manl
hier „sächlich" oder aber wie bisher „gegenständlich*
sagen. Man konnte Bilder dieser Art in grotzer
Menge auf allen Ausstellungen des vergangenen
Iahres finden, ich erinnere nur an den Hummer
auf der Zwiebelmusterschüssel und die Landschaft mik
den Fabrikschuppen und dem üas Bild sinnlos durch-
schneidenden Bahndamm, ferner an gewisse Por-
kräks, auf denen man die Härchen der Augenbraue
mühelos zählen konnte. Hier handelt es sich wirklich
nur um Niederschläge einer für moderne Vegriffe
beispiellosen Geould, während von dem Geist echter
Leibl'scher oder Dürer'scher Kunst nichts zu spü-
ren ist.

Diese rein gegenständliche Gruppe unter den mo-
dernen Malern verdient nun freilich auch nicht,
durch den Begriff „magischer Nealismus" geehrk
zu werden, denn von einer magischen Wirkung kann
hier weitz Golt nicht gesprochen werüen.

Wenden wir uns nun aber von diesen unerfreu-
lichen Leuten den wirklichen Meistern der neuen
Kunst zu, so finden wir bei diesen, ich nenne vot
ullem Kanoldt, Carlo Mense und Otto>
Dix, wirklich ekwas, das man mit dem wider-
 
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