mtsche Blätter für Zeichen-Kunst- und Werkunterricht
Zeitschrift des Reichsverbandes akad.geb.Zeichenlehrer und Zeichenlehrerinnen
Verantwortltch für die Schrtftleitung; Professor Gustav Kolb, Göppingen
Drnck und Verlag; Lugen tzardt G. m. b. tz. Stuttgart, Langestraße 18
Für VclvrecbuiigSeremplare, Nlederschriften oder aiidere Elnseiidungeii irgendwelcher «rt
wirb eiire Beraiitwortlichkeit nnr dann übernvinmen, wenn sie erbeten worden sind
Aber Kunstbetrachtung. Ans einem anf der tzerbstversammlung des Provinzial-Verbandes tzessen-Naflau
gehaltenen Vortrag. Von E. Vetzler-Frankfurt a. M. — Flächenaufteilung in Schwarz-Weiß. Von H. Nach-
tigahl-Flensburg. — Die Fachberatung. Von F. Müller-Kolberg. — Die Glasmalerei. Aus der „Geschichte
der deutschen Kunst". Von Georg Dehio. L.Leil. (Verlag Walter de Gruyter u. Co., Berlin und Leipzig.) —
Gesichtssinn und Gestaltungskraft. Von August Völker. — Ilmschau. — Buchbesprechung. — Inserate.
7. Iahrgang März 1927
Heft 3
Äber Kunstbetrachtung
AuS einem auf der Herbstversammlung des Provinzial-Berbandes Hessen-NMau gehaltenen Bortrag.
Von E. B e h l e r - Frankfurt a. M.
Es ist sicher nicht unrichtig, zu sagen, dah das Er-
ziohungSivesen in Deutschland auf beachkenswerter
Höhe stehk. Das Volk der faustischen Seele, das
Volk des rasklosen Forschens und Grlibelns flihlke
stets sich stark gekrieben, den nachmachseiiden Ge-
schlechtern soviel als möglich von seinem Bildungs-
gut zu vermikteln. Es strebte seit je mit jugendlicher
ftraft und vielgerlihmker Energie über die Niede-
rungen des nur Zweckverbundenen hinaus auf dic
freien und befreienden Höhen der Erkenntnis. Aus
einem kief eiiigeborenen Drange, die gehelmnisvollen
Sphären der Seele erklingen zu machen, pflegte es
die Klinste mik skrengerer Leidenschafk als andere
Völker. Aber in den Schulen dieses deutschen Vol-
kes hak bis auf die jüngste Zeit eine das Wesen
erfassende Darskellung der künsklerischen Angelegen-
heiken und Taten beschämend wenig Veachkung und
Förderung erfahren. Mllhk man sich um die'Ur-
sachen, so mag man am ehesten die bis meit über
die geglaubken Grenzen des Möglichen erfolgt?
Mechanisierung unseres gesamten Lebens anklagen.
Der daraus sich ergebende Zwang, alle verfllgbaren
Kräfke aufzubieken und in ihren Dienst zu skellen,
nicht nur, um auf wettbewerbsfähiger Höhe zu
1 bleiben, sondern auch, um immer neue Schaffens-
; gebieke und damik Arbeit' und Wrot flir Hundert-
kausendc zu erlangen, hat selbst dieses von den
Mächken des örrakionalen so sehr gebannke Volk
für eine Weile vergessen lassen, dasz Kunst und
die Vildung durch Kunst doch zu den unenk-
bchrlichen LebenSnokwendigkeiken gehört.
Nun aber scheint in diesem auf die Dauer unhalt-
baren Zustand sich eine Aenderung und ein Aus-
gleich allmählich einstellen zu wollen. EIn Ausgleich,
ermöglicht üurch die geduldige und aufopfernde Ar-
beit etlicher Pioniere aus den Reihen der Kunst-
erzieher und Kunstfreunde und durch die nicht hoch
genug zu veranschlagende Einsicht der obersken Schul-
behörden. Ein Äusgleich, nakurgemäjz vorerst noch
chöner und ermutigender
orm will nicht nur eine
lege der bildgeskaltenden
von nun ab auch Be-
unzulänglich, aber doch ein
Anfang. Die neue Schulre
gründliche und ernsthafte P
Kräfte der öugend, sie will
krachtung der Kunst im Unkerricht bekrieben
wissen. Wir sind uns klar darüber, dah diese Kunst-
belrachtung auf die Dauer nichk nur ein Anhängsel
des Zeichenunkerrichks sein kann und darf. Ein
Unterrichk, der, wie nur je ein anderer, sich damit
zu befassen hat, einen bedeutenden Ausschnlkk aus
unserer Kultur dem Fllhlen und Verskehen des
jungen Menschen nahe zu bringen, braucht im Skun-
denplan der Schule seine volle Zeik, soll er nicht
schliehlich doch auf halbem Wege stecken bleiben.
öch erlaube mir zu bemerken, daß diese Kunst-
bekrachkung beachtenSwerke Forderungen an die
damik Beaufkragken stellt. Sie seht nicht nur
voraus ein echtes und lebendiges Gefühl und Emp-
finden für die Dinge der Kunsk, sondern auch ein
rechk erhebliches Verständnis und Wiflen um ihr
Werden und Wachsen, wie eS sich im Laufe ihrer
Geschichke unker oft recht komplizierten Einflüflen
und Bedingtheiten vollzogen hak. Und es sollke von
den Behörden nur derjenige Lehrer mit ihrer Dar-
biekung beauftragk werden, der in den meisten Fällen
schon aus der Veranlagung seiner Person und der
Art seiner Ausbildung damit beauftragt erscheint:
der Zeichenlehrer. Wir Zeichenlehrer können dteser
Erweikerung unserer unkerrichklichen Täkigkeit keinen
Zeitschrift des Reichsverbandes akad.geb.Zeichenlehrer und Zeichenlehrerinnen
Verantwortltch für die Schrtftleitung; Professor Gustav Kolb, Göppingen
Drnck und Verlag; Lugen tzardt G. m. b. tz. Stuttgart, Langestraße 18
Für VclvrecbuiigSeremplare, Nlederschriften oder aiidere Elnseiidungeii irgendwelcher «rt
wirb eiire Beraiitwortlichkeit nnr dann übernvinmen, wenn sie erbeten worden sind
Aber Kunstbetrachtung. Ans einem anf der tzerbstversammlung des Provinzial-Verbandes tzessen-Naflau
gehaltenen Vortrag. Von E. Vetzler-Frankfurt a. M. — Flächenaufteilung in Schwarz-Weiß. Von H. Nach-
tigahl-Flensburg. — Die Fachberatung. Von F. Müller-Kolberg. — Die Glasmalerei. Aus der „Geschichte
der deutschen Kunst". Von Georg Dehio. L.Leil. (Verlag Walter de Gruyter u. Co., Berlin und Leipzig.) —
Gesichtssinn und Gestaltungskraft. Von August Völker. — Ilmschau. — Buchbesprechung. — Inserate.
7. Iahrgang März 1927
Heft 3
Äber Kunstbetrachtung
AuS einem auf der Herbstversammlung des Provinzial-Berbandes Hessen-NMau gehaltenen Bortrag.
Von E. B e h l e r - Frankfurt a. M.
Es ist sicher nicht unrichtig, zu sagen, dah das Er-
ziohungSivesen in Deutschland auf beachkenswerter
Höhe stehk. Das Volk der faustischen Seele, das
Volk des rasklosen Forschens und Grlibelns flihlke
stets sich stark gekrieben, den nachmachseiiden Ge-
schlechtern soviel als möglich von seinem Bildungs-
gut zu vermikteln. Es strebte seit je mit jugendlicher
ftraft und vielgerlihmker Energie über die Niede-
rungen des nur Zweckverbundenen hinaus auf dic
freien und befreienden Höhen der Erkenntnis. Aus
einem kief eiiigeborenen Drange, die gehelmnisvollen
Sphären der Seele erklingen zu machen, pflegte es
die Klinste mik skrengerer Leidenschafk als andere
Völker. Aber in den Schulen dieses deutschen Vol-
kes hak bis auf die jüngste Zeit eine das Wesen
erfassende Darskellung der künsklerischen Angelegen-
heiken und Taten beschämend wenig Veachkung und
Förderung erfahren. Mllhk man sich um die'Ur-
sachen, so mag man am ehesten die bis meit über
die geglaubken Grenzen des Möglichen erfolgt?
Mechanisierung unseres gesamten Lebens anklagen.
Der daraus sich ergebende Zwang, alle verfllgbaren
Kräfke aufzubieken und in ihren Dienst zu skellen,
nicht nur, um auf wettbewerbsfähiger Höhe zu
1 bleiben, sondern auch, um immer neue Schaffens-
; gebieke und damik Arbeit' und Wrot flir Hundert-
kausendc zu erlangen, hat selbst dieses von den
Mächken des örrakionalen so sehr gebannke Volk
für eine Weile vergessen lassen, dasz Kunst und
die Vildung durch Kunst doch zu den unenk-
bchrlichen LebenSnokwendigkeiken gehört.
Nun aber scheint in diesem auf die Dauer unhalt-
baren Zustand sich eine Aenderung und ein Aus-
gleich allmählich einstellen zu wollen. EIn Ausgleich,
ermöglicht üurch die geduldige und aufopfernde Ar-
beit etlicher Pioniere aus den Reihen der Kunst-
erzieher und Kunstfreunde und durch die nicht hoch
genug zu veranschlagende Einsicht der obersken Schul-
behörden. Ein Äusgleich, nakurgemäjz vorerst noch
chöner und ermutigender
orm will nicht nur eine
lege der bildgeskaltenden
von nun ab auch Be-
unzulänglich, aber doch ein
Anfang. Die neue Schulre
gründliche und ernsthafte P
Kräfte der öugend, sie will
krachtung der Kunst im Unkerricht bekrieben
wissen. Wir sind uns klar darüber, dah diese Kunst-
belrachtung auf die Dauer nichk nur ein Anhängsel
des Zeichenunkerrichks sein kann und darf. Ein
Unterrichk, der, wie nur je ein anderer, sich damit
zu befassen hat, einen bedeutenden Ausschnlkk aus
unserer Kultur dem Fllhlen und Verskehen des
jungen Menschen nahe zu bringen, braucht im Skun-
denplan der Schule seine volle Zeik, soll er nicht
schliehlich doch auf halbem Wege stecken bleiben.
öch erlaube mir zu bemerken, daß diese Kunst-
bekrachkung beachtenSwerke Forderungen an die
damik Beaufkragken stellt. Sie seht nicht nur
voraus ein echtes und lebendiges Gefühl und Emp-
finden für die Dinge der Kunsk, sondern auch ein
rechk erhebliches Verständnis und Wiflen um ihr
Werden und Wachsen, wie eS sich im Laufe ihrer
Geschichke unker oft recht komplizierten Einflüflen
und Bedingtheiten vollzogen hak. Und es sollke von
den Behörden nur derjenige Lehrer mit ihrer Dar-
biekung beauftragk werden, der in den meisten Fällen
schon aus der Veranlagung seiner Person und der
Art seiner Ausbildung damit beauftragt erscheint:
der Zeichenlehrer. Wir Zeichenlehrer können dteser
Erweikerung unserer unkerrichklichen Täkigkeit keinen