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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 7.1927

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Heft 12 (Dezember 1927)
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Zondler, Otto: Gustaf Britsch: Theorie der bildenden Kunst
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Kolb, Gustav: Zur Werkbudsiedelung und -ausstellung: ''Die Wohnung'' Stuttgart
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https://doi.org/10.11588/diglit.23855#0305

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266

Aüskzeug zu cirbeiken, er siehk dte Well mik andern
Augen an, eS gelingk ihin eine neue Beurkeilung von
Erlebnissen deS Gesichtssinnes, neue „Denkmögliü)-
keilen" kiber die Welk des Gesichkssinns swie Ariksch
sich auSdrüÄrt) sind eröffnet.

Als Aorbilder und zum Skudium dienen die voll-
kommensten Werlre jeweils der „Denlrstufe", die der
Slufe des S6)affenden entspricht. Als vollkommene
Werlre gelten die, welche die einheiilichsken sind,
den Aoraussehungen der betreffenden Skufe ent-
sprechend. Sie sind^ gesammelt in einer „Arbeits-

sammlung", nicht nach historischen Gesichkspunkken,
sondern nach der Zugehöriglreit zu den verschiedenen
Skufen.

Dieser Kunstunkerrichk führt nicht nur zu einer
Grunülage für eine allgemeine lrünstlerilche Kultur
(Zugendkunst — Aolkskunst) und dadurch zu einem
allgemeinen inneren Aerhälknis zur bildenden Kunst,
sondern schafft auch die wertvolle und unentbehrliche
Grundvoraussetzung für das begrifflich-gegenständ-
liche Denken und gewinnt damik höchste Bedeutung
für die menschliche Bildung überhaupt.

ur Werkbundstedelung und -ausstellung
„Die Wohnung" Stuttgart

August—Okkober 1627.

üledermann weitz: der Mohnungsbau ist — und
zwar nicht nur in Deutschland — weaen der Woh-
nungSnot ein Kernproblem unserer Zeik, das mlk
üen wichkigsten Arbeiks- und Lebensfragen irgend-
wie verslochken ist. Es isk nicht nur ein wirtschaft-
liches, kechnis6)es und kllnstlerisches, sondern na-
mentlich auch ein soziales Problem von ernskesker
Bedeutung. DarauS schon erlrlärt sich die lebhafke
Ankeilnahme, dle die Siedelung des Werkbundes
fand, dle auf einem der schönsten Baugelände Skutt-
garks erstellt, von der Skadtgemeinde Skuktgark mit
einem Äufwand von rund l^ Millionen Marlr
flnnnziert wurde.

Wie man aus den Zeikungsberichten erfahren
konnke, erfuhr die Aeranstalkung ebenso heftige Ab-
lehnung (unü zwar nicht nur seikens der Dachziegel-,
Möbel- und Tapetenfabrikanken, sondern auch von
der Mehrheik der einheimischen Vürger) wie warme
Anerkennung, ja Bewunderung seikens vieler Bau-
fachleute und eines Inkernationalen Publikums.

Man hak sich darüber geskriklen, ob man sie als
gelungen m i jz lungen bezeichnen soll oder als mijz-
iungen g e lungen. Der Aerfasser der nachfolgenden
Ausfllhrungen neigk offenbar zu üer ersken Beur-
keilung: ich belrenne mich zu der zweiken, sofern man
den Äachdruck auf das gelungen legt.

Wohl sind Fehler aller Ark in Menge vorgekom-
men — wie könnke dies übrigens auch anders sein
bei dem kühnen Aersuch, auf den verschiedensken
Gebleken neue Mege zu beschreiten! — und die- Ab-
flchk des Merkbundes ist vielleichk in lreinem ein-
zigen Haus resklos verwirklichk worden. Trotzdem

möchke ich die Aus
einen vollen morali

kellung im großen ganzen als
'chen und mehr oder weniger
auch als einen tatsächlichen Erfolg bezeichnen. Datz
man es wagke, die neuen fldeen und Aorschläge in
zum Teil ausgestatteten und ohne weikeres bewohn-
baren Häusern zu verwirklichsn, sich also nicht mik
paplerenen Plänen und Kostenberechnungen und
allenfalls mit Modellen begnügke, das mutz vornweg
anerlrannk werden.

Der ernste Besucher war auch dankbar dafür,
dafl die Ausskellung skreng sachlich insofern durch-
geführt war, nls man auf die sonsk übliche Ver-
quickung des eigenklichen Zweckes mit den bekann-

ken Aergnügungsangelegenheiken, auf die Bier-,
Wein- und Sekkbuden, auf die Tingelkangelmusilr
u. a. mehr verzichkete. Die Ausstellungsleitung war
sich wohl bewutzt, dasz sie mit dem Aerzicht auf
diese Dinge, die auf die Menge immer eine starlre
Anziehungskraft ausüben, die Besucherzahl wesent-
lich einschränkke. Trotzdem stieg, wle man lesen und
selbst wahrnehmen lronnte, der Vesuch aus aller
Zerren Länder von Woche zu Woche. Er !oll nach
Zeitungsberlchken im Okkober ^ Million überschrit-
ten haben; und öie seit flahrzehnten gehegte Hoff-
nung unserer Hokelbesitzer ging in Erfüllung: unsere
schöne Skadk Stutkgark wurde in diesem Sommer
und Herbst erstmalS eine Fremdenstadk.

Soviel isk nun vornweg lrlar: man wird dem Sinn
des Ilnternehmens nicht gerecht, wenn man es mik
dem Matzskab der uns überkommenen und verkrau-
ten Vegriffe vom Bauen, Mohnen und Leben mitzk.
Aielmehr mutz man sjch einmal die Frage vorlegen,
ob die heutigen Zeit- und Lebensverhältnisse des
Groszstadkmenschen und auch unser heukiges Lebens-
gefühl nichk dazu drängen, im Vauen andere Wege
als bisher zu beschreiken.

Melches sind nun die wichtigsten Gesichkspunlrte,
nach denen die Siedelung zu beurkeilen ist? Wir
stellen das Suchen nach Beschleunigung unü
Aerbilligung des Bauens an die Spitze.

Wenn Sachverständige erlrlären, das Problem des
Wohnungsbaues sei mit den bisher üblichen Bau-
stoffen in absehbarer Zeik nlcht lösbar, so mutz man
zugeben: wäre auch durch den Bersuch — etwa 16 Häu-
ser wurden mit neuen Werkskoffen gebaut — auch
nur ein wirklich brauchbarer neuer Bauskoff
gefunden worden, der eln erheblich rascheres und
billigeres Bauen ermöglicht, so hätte sich die Aus-
skelluna schon gelohnk. Diese Frage läht sich aller-
dings yeute noch nichk endgülklg beantworken. Die
Halkbarkeit z. Ä. der Trockenplakken, mit denen
sich Häuser in lrurzer Zeit zusammensetzen lassen,
lrann ersk nach längerem Bewohnen erwiesen werden.

Das Suchen nach Aerbilligung des Bauens greift
wesentlich in die G r u n d r i jz gestaltung ein. Dar-
aus zunächst erklärk sich vor allem der Einraum,
an dem der Verfasser der nachfolgenden Ausfüh-
rungen Anskotz nimmk, ferner die Beschränkung der
Verkehrsflächen zugunsren der Wohnflächen. Diese
an sich gute Absicht wurde In der Siedelung aller-
 
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