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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 7.1927

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Heft 2 (Februar 1927)
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Merwart, Fritz: Anregungen vom Tag für Denkmalpflege und Heimatschutz Breslau 1926 (20. bis 25. September)
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Müller, F.: Seid einig!
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https://doi.org/10.11588/diglit.23855#0052

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Lösuilgen, die imr um jeden Preis originell sein
mollen, nusgeschallet sind. Von der Grobstadt ging
der Berlust der Vaugesinnung aus, von der Grosz.
stadk mus; nuch der Wea zur Besserung ausgehen.

^lmSchlusse der eigentllchen Tagung wurdeWlirz-
burg als Ork fllr den nächsten Tag sür Denlunal-
pflege und Leiinakschuh im llahre 1928 gewählt.

Durch Führungen in Areslau, durch verschiedene
Skudienfahrken nach andern schlesischen Orten mll
alter Kullur, wie nach Neijze, sowie über Schweid-
nlh nach Klosker Grüssau und nach Hirschberg und
Görlih, wurde den auswärtigen Teilnehmern Ge-
legenheit gegeben, ihr vielleicht bisher wenig gün-
skiges, zum wenigsten einseitiges Urkeil über die
liünstlerische Kulkurvergnngenheik Schlcsiens zu be-
richtigen. Lin gnnz besonderes Erlebnis war in
Neisze die Aesichligung der sogeiiannken „Ostdeuk-
schen Merliskäklen", cincr von Prosessor Zukt ge-
leiketen Organisakion im Sinne des Werlibundes zur
Aersorgung des Aollies mit guk und edel geformten
Gebrauchsgegenskänden, insbejondere des liakholischen
Kultus, wie Heiligenfiguren, Weihwassergefähen,
Kruzifixen, aber auch Zausgeräken jeder Ark in
schlichker lillnstlerischer Form. Die Werlrstäkken stel-

len selbst guke Muster her, arbeiten aber auherdem
als Aerlag, üer den schaffenden Künstlern den Weg
zum Publikum bahnen soll, indem er ihre Entwürfe
oder Modelle ankauft, sie entweder in eigenen Werk-
stäkten, meist aber in grohen Belrieben, z. B. einer
Porzellanmanufakkur, herstellen lähk und sie dann
bei Gewinnbekeiligung des Urhebers verkreibt. 2ns-
besondere sollen auch die Handwerker an kleinen
und kleinsken Orken hierdurch angeregt und geschulk
werden, so dah wir wieder zu einer bodenskändigen
Aolkskunst kommen. Der Kampf gegen den Schund
wird so durch positive Arheit mik frischem Muke
und guk durchdachter Organisation geführt.

Anker anderem werden die Werkstäkten auch die
Leipziger Messe beschicken und sich so eln welkes
Absatzgebiet zu erobern suchen. Don berufenen
Fachleuten haben sich bereits Mukhesius und Prof.
2os. Aug. Lux sehr anerkennend über dies neue
kunsterzieherische Unkernehmen ausgesprochen. Aus-
führlichen Berichk über alle Verhandlungen und
Skudienfahrken flnden Freunde von tzeimatschutz
und Denkmalpflege in dem vom Aerlag tzackebeil-
Berlin zu beziehenden reich illustrierten tzeft: Tag
für Denkmalpflege und tzeimatschuh Breslau 1926.

Seid einig!

Aon F. Mü

Wer nichk so alt ist wie der edle Freiherr von
Akkiiighausen in Schisters „Test", der dies Work
seinen Landsleuken auf seinem Sterbsbekt zuruft,
wer nicht über die gereifre Lebenserfahrung dieses
wllrdigen Mannes verfügt, ja wer überhaupk nichk
auS seiner Aerson die Verechtigung zu dieser ernsten
Mahnung herzuleiten vermag, der muh sie schon
einem wlchtigen Sachverhalt enknehmen, dcr zwar
vft übersehen, nber doch überall und lmmer vorhan-
den ist. Der Mensch Ist auf seinesgleichen angewie-
sen, er liann nicht für siä) allein bestehen, sondern
ist In seinen Lebensbedingungen an zahllose Art-
genossen gebunden. 2n unbewuhker Arbclksteilung
mit Ihnen schaffk er sich Nahrung, Kleidung und
Wohnung, behauptet er seln Leben, bckämpft seine
Feinde. Ohne sie zu kennen, die Ihm Im Daseins-
kampf helfen, ohne bewuszke Aerpflichkung gegen
sle, ist er iiakuinolivendlg mik Ihnen verbunden. Eln
eisernes Geseh zivingk die Menschen aneinander zu
gegenseitiger Hilfe uud gemelnsamem Schuh. Nicht
die Menschen alleinl EIn Nudel Nehe, das om
Rande des Waldes auf dem Acker grast, hat einen
Wächkec auSgestellt. Ein leises Brechen in den
Ziveigen, ein vernehmlichcS Pfeifen des Wächkers,
und alle heben das tzaupk, augen und spielen mik
den Ohren. Noch ein Pfeifen oder ein Aufschlagen
mik dem Vorderlauf, und schon ist die Gesellschaft
verschwunden. Gemeinsamer Schuh auch in der
Tlerwelk, gemeliisames Handeln zur Lrhaltung des
Lebens: Einigkelt!

Dle Mahnung dazu ist nicht nur,ein wohlgemeinter
Nat einer gukherzigen älteren und lebensweisen Per-
sönlichkeik, sie erglbt sich schon aus jenem ehernen
Nalurgesetz, das ungestraft niemand brechen kan».
Wie das Nudel Nehe gemelnsam handelt, um einer
Gefahr zu enkgehen, so hat sicherlich auch der Ur-
mensch durch gemeinsames Aorgehen die viel stär-
keren Tiere erlegt und sich gegen die Rauheiten

ler - Kolberg.

der äutzeren Nakur behauptet. Der moderne Kul-
lnrmensch soll nicht denken, dah er gar so weit von
dieser Nakurverbundenheit enkfernk Ist. Der letzke
Krieg hak uns gezeigk, und an Schwachsinnigen,
strren und Aerbrechern sehen wtr es zuweilen mik
erschrecklicher Deutlichkeit, wie nahe menschliche
Kulkur unb tierische Natur im Menschen beieinan-
derwohnen. Sind doch die elemenkaren Triebe, wie
etwa der Ernährungs- und der Selbsterhalkungstrieb,
im „Herrn der Schöpfung" dleselben wie im Tler,
das sie auf seine Weise befrledigt. Lben die Form
der Befriedigung machk den Ilnterschied, nicht die
Tatsache des Aorhandenseins dieser Triebe. Sie
müfsen vorhanden sein, denn sie sind lebensnotwen-
dig und darum auch nicht verächklich. Alle höheren
Eigenschaften menschlichen Wesens sind lehken Endes
auf sie gegründet, aller Fortschritt menschlicher Kul-
tur ist aut ihren Ankrieb gestellt. Der Weg vom
Skeinbeil bis zur elekkrischen Maschine ist ein Fork-
schrikt auf dem Wege menschlicher Selbsterhalkung.
Nicht ein einzelner Mensch kann diesen Weg
gehen oder Ist ihn gegangen. Die gemeinsame Ar-
beit des ganzen Menschengeschlechts ist und war da-
zu erforderlich. Kulkurforkschrikt ist Gemeinsamkeiks-
leiskung der Menschheit. Wie der Mensch im Ur-
zustande sich nur durch gegenseikige Ailfe behaupken
konnte, so kann auch der hochentwickelte Kulkur-
mensch nur durch Anregung, UnterstWrng und För-
derung seiner Arkgenofsen höchste Werte schaffen.
Nicht kann ein Mensch alle Gedanken alleln den-
ken, alle Schärfe der Sinne allein besihen und alle
Geschicklichkeit der tzand allein entwickeln. Die
Nakur hat schon bei der Auskeilung ihrer Gaben
eine Arbeiksteilung vorgesehen, um höchste Leistun-
gen zu ermöglichen, sie hat die Menschheit als Gan-
zes gedachk, als KulturganzeS.. Darum, auch als
Kulturmenschen, seid einig!

Doch tst nicht daS Leben ein Kampf und ist Kampf
 
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