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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 7.1927

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Heft 8 (August 1927)
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Hartlaub, Gustav Friedrich: Impressionismus, Expressionismus und neue Sachlichkeit
DOI Artikel:
Martell, P.: Zur Geschichte der Radierung
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https://doi.org/10.11588/diglit.23855#0218

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Vennöge» starker zu entwickeln. Wer so weit ge-
koimne» !st, Ler wird »icht iäirger eine» Standpunkt
kleinbürgrriicher Sentimentalitüt, eines aüoemsin be-
oiückeneen Aunstenchusiaemue einne'ymen, der wiiL
schiies)!ich nui bas rwch geiien lassen, wae neben
seinei nationllien heimaiiichen Bedeutung auch den
Wert objektiver „Weitgeltung" hat. Man kann
eine soiche lirteiisfähigkeit leichter lernen als be-
kannt ist, denn wie wäce es mögiiä), dah kaufmän-
nische Naturen wie manche Kunslhändier binnen
kurzem eine gute Erfahrung in diesen Dingen ge-
winnen (auf Grund ihrer finanzieilen Erlebnifse mei-
stens), trohdem sie keine großen Künstlerseelen
sind! —

Meine Damen und Zerren! Aus der Melgestai-
tigkeit dec GesichlSpunkte, die ich andeuken konnte
und denen man noch hätte viele hinzufügen können,
tritt wieder hervor, wie unabsehbar die Aufgaben
ües Zeicheniehrers sind oder sein müßlen. Es isk
betonk worden, rvie schwer es ist, diese Aufgaben

Zur Geschichte

Von Dr. Ma

DieRadierung, ucsprüngüch ein Vasali desKupfer-
stichs, aus seinem Äeich künstlerisch geboren und
hervorgegangen, entwickelte tich schneii nach Technik
und Wesen zur voiien künstierischen Seibständigkeit,
die frtih zu einer kiaren Trennung führte. Ais der
im 15. üahrhunderk aufkommende Kupferstich der
Kunst ein neues Neich crschioß, war damit auch der
Äadiecung dec Weg zur eigenen Schöpfung eröffnek.
Zu Anfang deS 18. üahrhunderts ringt sich die Ra-
dierung siegreich zur eigenen Selbständigkeik durch,
um fortan mit zunehmender technischer Entwicklung
baid hier baid dort künstlerische Triumphe zu feiern.

Soweit uns üie historische lieberiieferung Einblick
in üie Dinge gewährt, scheint die Aetzkunst der Ra-
dierung zunächst auf Eisen gepfiegt worden zu sein.
Der Gedanke dec Aetzkunst, der in der Aadierung
seinen voilendeten, künstierischen Ausdruck empfing,
war übrigens in seiner Genesis nicht unbedingt an
den Kupferstich gebunden, denn beröits vor diesem
hatten die Goldschmiede wie auch dieWaffenschmiede,
ietztere bei Pcunkrllstungen, die Technik des metal-
lischen Aehens mit Erfoig angewendet. Wohi die
ersten, weiche die Eisenradiecung pflegten und zur
Geitung brachten, waren Daniei Hopfer mit seinen
Söhnen Hieronymus und Lambert. Daniel Hopfer,
seit 14S3 in Augsburg wirkend, 1536 gestorben, ging
von der Waffenätzung aus und betrieb mit seinen
Söhnen eine förmliche Biiderfabrikation. Ohne
künstlerische, sondern nur von geschäftlichen Absichten
geleitet, nahmen die Hopfers ihre Borbiider, wo sie
solche fanden. So ahmten sie deutsche, wie ikaiienische
Meister nach, ieider manchmal in elner sudeihaften
Manier, so dnß ihre Nadierungen oft hart an der
Gcenze der Karikatur stehen. ^ Trotz aliem ist dem
Vater Daniel Hopfer künstierifches Talent nicht ab-
zusprechen, das sich besonders im Dekorativen zeigk.

Zur seiben Zeit bekätigke sich auf dem gleichen Ge-
biet der schweizerische Holzschnittzeichner Urs
Graf, zwischen 1485—1480 zu Soiothurn geboren,

zur Anerkennung zu bringen gegenllber Lehranstai-
ten mit einseilig humanistischem oder reaiistischem
Lehrpian, wie schwer es auch ist, sie zur Geitung zu
bringen xrgrnüdrr rinrm Eitrrnhaus, das in Ler
KunnrrzlLyung mrisi noch mit drm Admairn-Lassrn
gräßiichec Ansichtspostkarten vperiert. Was der
Zeichen- und Kunstiehrer geben joil, zieit zweiseilos
auch heute nicht so sehr auf die Ertüchtigung deä
Menschen für ein späteres Fach, sondern bieibt nach
wie vor auf eincn zeitiosen Wert gerichtet: auf die
Erziehung des Menschentums. Nicht Humanismus,
sondern HumanitaS ist das Ziel, an üem mehr ais
alie Wissenschaftsfächer derWildner der Sinnlichkeik,
der Geskaikungs- unö Äusdrucksfähigkeik, des an-
schauenden unö werkkäkigen Vermögens der Men-
schen beteiiigt isk. Heute vieileicht mehr als je ist
ein Teil der Menschheikswürde in tzhre Hand ge-
iegt. Daß Sie in der Lage sind, diese Würde auch
zu bewähren und zu betätigen, dazu mögen tzhnen
diejenigen Stelien behilflich sein, die hier Entschei-
üung, Macht und Verantwortung tragen.

der Nadierung

rtell--Berlin

152g geskorben. Dieser in dem damais künstlerisch
beseelten Basel tätige Künstier, siott in der Zeich-
nung, hat uns eine auf Eisen geätzke Aadierung hin-
terlassen, ein mit der Fußwaschung beschäftigtes
Mädchen darsteiiend. Das Blakt trägt die tzahres-
zahl 1513 und ist hiernach die früheste datierte Ra-
dierung: historisch aiso auch deSwegen beachtenswerk.
Diese in engen Strichiagen gehaltene frllhe Radie-
rung läßt eine technisch llberraschende Gewandtheik
erkennen. Auch Albrecht Dürer hat der Radier-
kunst Aufmerksamkeik geschenkt. Seine aus den
tzahren 1515 bis 1518 stammenden sechs Radierungen
iegen hiervon Zeugnis ab. Die Mokive sind ent-
sprechend der Tradition der damaiigen Zeit fast aile
reiigiöser Nakur. Bom künstierischen Standpunkt
iassen diese frühen Radierungen Dllrers die so wün-
schenswerte malecische Gestaikung vermissen. Die
grobe technische Vehandlung dieser auf den Eisen-
plakken erzeugken Radierungen srehk zu den volien-
deksten Kupferskichen des Meisters in einem unver-
kennbaren Äiderspruch. Nühmiich isk von historischer
Warke für die Nadierung der in Äegensburg täkig
gewesene Aibrecht Altdorfer svor 1480 geboren, 1538
gestorben) zu nennen, der, abgekehrk vom Monumen-
taten, Diener einer stimmungsvollen tzdyiie in seinen
Malereien isk. Die Radierungen Aikdorfers wtrken
sich künstlerisch in zart behandelten Landschatten
aus, die uns auch heuke noch etwas zu sagen haoen.
Altdorfer war dec erste, der die Landschaft ohne
figürliches Beiwerk in die Radierung einführke.
Seine Radierungen fallen zeitiich nur wenige tzahre
nach den Dürers; vermutiich haben sie Kupfer zur
Grundlage, jedenfalls lassen sich vollkoinmenere Actz-
miktel erkennen, ais sie anscheinend Dürer zur Bec-
fügung standen.

Um das 3ahr 1540 setzte der Ausschwung der
Kupferradierung ein, die forkan nicht nur dem Kupfer-
stich, sondern auch dem Hoizschnitt einen starken
Wetkbewerb bereitete. Gerade die Landschaftsradie-
 
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