Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 7.1927

DOI issue:
Heft 5 (Mai 1927)
DOI article:
Hauptversammlung der Reichsverbände akad. geb. Zeichenlehrer und Zeichenlehrerinnen in Karlsruhe, Pfingsten 1927
DOI article:
Nicklaß, Elsa: Das Maifest am Elisabeth-Lyzeum in Lichterfelde
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.23855#0122

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
104 —... ..m .>„>'.

Sonntag, den 12. Iuni 1927

Besuch von kseidelberg.'

sSchloh, - gemeinsames Mittagemahl - Nückfahrt in die Heimat).

Vuartier; Frülizeitige Nnmeldnng nnbedingt erforderlich, da gleichzeitig eine andere große Tagung hier statt-
findet. Knmeldung bis spätestens 1. Iuni an Seichenlehrer Lerger, Aarlsruhe, verholzstr. 41.

Nnsstelluug in K«rrlsr»he; 2m Knschluß der Nusstellung einer Nuswahl süddeutscher und österreichi-
scher Schnlen wird eine Nusstelluug geplant, in der neuartige problemstellungen und ihre
Lösungsversuche aus dem Gebiete des Zeichen- und werkunterrichtes gezeigt werden sollen.
lllle Damsn und kserren, die Material für eine derartige klusstellung zur verfügung ftellen
'liönnen, werden gebeten, dieses bis spätestenr 20. Mai an üeicheizlehrer Rebel, Aarlsruhe,
Zranz-Kbtstraße 20 einzusenden.

Das Maifest am Elisabeth-Lyzeum in Lichterselde

Von Elsa Nicklasz,

Ein fileiner Zauch von Poesie liegt immer über
dem Skllcfi Kiesernwald, in dein unsere Schule stehl

— im Winker, wenn Schnee die hohen Kronen der
Aäume tragen und wenn die schwarzen Naben da»
über hinfliegen — im Frllhling, wenn die wenigen
verstreuteu Ahorne, Eichen und Buchen sich jung
belauben und unser groszer Kirschbaum ganz in
weijzen Alüten flammk — und auch im Sommer,
wenn heißer Kiefernnadeldufk die Luft durchschwän-
gert und die glühende Sonne den inärfiischen Sand-
boden durchsengt und vertrocknet, daß er den spiel-
frohen Kindern wie Pulver um die Nasen fliegt —

— immer liegt über unserm Schulgrundskück ein
Hauch von Welkabgerücktheik und ein kleiner Mär-
chenschimmer.

Der Sohn von Wilhelm Grimm und die Tochker
Aettina von Arnims — die haben auf diesem Grund
und Aoden gebauk, damalS, — im llahre 1868. Und
das Nachbargrundskück erwarb 2osef lloachim, Ber-
lins berühmtester Geiger — aber gebaut hat sr nie-
mals darauf. Auf diesen beiden Grundstücken — da
erblühke im elahre 1006 unsere Schule. Damals war
sie noch eiue „Waldschule". lleht ill sie ein Lyzeum.

lind das soll wohl ein Märchenbooen sein, der so
eingeweiht wurde durch edle und schöne Seelen!
Und es mag sein, dasz etwas von der Poesie der
alten Griinm- oder Ärentanofamilie hängeu blieb
an der guken alken Scholle — denn uns, die wir
jehk darauf sihen, Lehrende und Lernende — ver-
laimt es immer danach.

Hoch und heilig hielt die Gründerin der Wald-
schule, Eleonore Lemp, den Zauber diefes Bodens.
Sie wuszke schon, was man den Geifterii der frllheren
Vesiher schuldete! 2n ihr selber eint sich ein prak-
tisch-resoluker Sinn mit elnem schöpferllch-phantasie-
vollen. Und dieser phankasiereiche Geisr in ihr ver-
langke, dajz sie Iinmer wieder in schlichken Kulten der
Schvnheik dienen muszke, und daß auch die anderen,
beide, Lehrende uud Schülerinnen, dieser milden
Herrscherln sich neigten.

Und so umzog skets Freude und Schönheit ernste
gemeinsame Arbeik wie eine duftende Blumenranke;
überall filang Poesie in den Alltag, wo man nur
irgend ihr Lied hineinkönen lassen konnte. Skim-
mungsvolle Waldandachten, in denen Klndergesang
und frohes Aogellied sich einten — Adventsandach-
ken mit Kerzenfiranz und schimmernden Transparen-

Oberzeichenlehrerin.

ken im fileinen, hohen Treppenhaus sind an uns vor-
übergezogen. Unvergeßlich werden sie den Kindern
bleiben, und die lichtbeschienenen Kindergesichker der
Adventsschulkage, wie sie so liederfroh hinter den
Transparenten aufleuchteten, an die schönheiksstrah-
lenden, singenden Engel van Eycks erinnernd, wer-
den sie durchs Leben begleiten. Wie viele Feste
sind gefeiert worden auf dem guken Vrund und
Boden!

Nun ist Eleonore Lemp seit vielen llahren schon
nicht mehr die Leikerin der Schule. Sie suchte neue
Ziele, verliesi uns und grllndete die Frauenschule
am Äeinharoswald bei Kassel.

Aber immer weiker sind wir bemllht, in ihrem
Sinne dem Geiste der Schönheit zu dienen — iu
unserer an Poesie allerärmsten Zeit ein Zipfelchen
Märchenglück unsern Kindern zu erhalten. Die ver-
schiedensten llahreszeiten geben Anlaß genug, zu
Spiel und Sang und Kinderfreude zu schreiten.

Mit dem Maifest eröffnen wir den Reigen der
Feste im Schuljahre. An diekem Tage begrlißen wir
mit den Kindern das Erwachen der blühenden, sin-
genden, duftenden Natur in unserm Walde.

Aor sünf llahren fiel mir ein Buch in die Hände,
das von aiken Maibräuchen erzählte, wie sie wohl
noch in einsamen ländlichen Gegenden ganz verein-
zelt gepflegk werden. llch kann den Namen und Her-
ausgeber oes Buches nlcht mehr angeben — eS kut
nichks zur Sache. Aber diesem Buche ist eine Fülle
von Kinderglück fllr unsere Schule enkskiegen, und
noch bin ich dem Zufall dankbar, der mir's damals
in die Hand gespielt.

Am ersten schönen Maikag des llahres errichten
wir den Maibaum auf dem freien Spielplaß mikken
zwischen den Kiefern — ein großer, grüner Kranz
wird hinaufgewunden, von dem viele bunte Bänder
und Geschenke in farbigen Papiergewändern herab-
leuchken. Sie warken darauf, erfiletkert zu werden.

Um vler Uhr versammelk fich die Festschar. Am
Maibaum harren erwartungsvoll die Lehrer und die
kleinsten Schulklassen. Kein Kind ist ohne Kranz im
tzaar. Den Lehrerinnen und Lehrern wird verschämt
von Kinderhand ein Sträußchen oder auch ein Kranz
gereicht, niemand soll heute ungeschmückt seln.

Da kommt es singend durch den Wald' gezogen:
Die „Burschen" zieheu auf den Festplah — grohe
schlanfie Mädels in schwarzen Knlehosen, weljzen
 
Annotationen