DOI Heft:
Heft 9 (September 1927)
DOI Artikel:Kolb, Gustav: Einige Worten zu den Vorträgen, [1]
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.23855#0229
Zeitschrift des Reichsverbandes akad.geb.Zeichenlehrer und Zeichenlehrerinnen
Veraitttvortlich für die Schriftleitung: Profesior Gustav Kolb, Göppingen
Druck und Vertag: Eugen tzardt G. m. b. H. Stuttgart, Langestraße 18
Fiir BcsprechnngDercinplare, Niederschriften oder andere Sinsendungen irgendwelcher Art
wird ei»c Berantworlltchkeit nnr dann übernommen, wenn ste erbeten worden sind
Einige Worte zu deu Vorträgeu: „Vom Bilduugsganzen und der Kunsterziehung" von Universitätsprofesior
Dr. Litt und „Impressionismus, Expressionismus und neue Sachlichkeit" von Museumsdirektor Dr. Hartlaub
(siehe Kuust uud Ingeud, Heft 6). Vou G. Kolb. — Werbemöglichkeit für unser Fach. Von Karl Grönig,
Osterode a. tzarz. — Bildhaftes Gestalten als Aufgabe der Volkserziehung. Von Prof. G. Kolb — Nach-
klänge der Pfingsttagnng. — Ausstellung der Schülerarbetten anläßlich der Pfingsttagung 1927 in Karls--
ruhe. - Ilmschau. — Buchbesprechungen. — Geschäftliches. — Inserate.
7. Iahrgang Septeinber 1927 tzest 9
Einige Worte zu den Vorträgen: ^
„Vom Bildungsganzen und der Kunsterziehung" von Universitätsprofessor
Dr. Litt und „Impressionismus, Expressionismus und neue Sachlichkeit" von
Museumsdirektor Dr. tzartlaub (siehe Kunst und Iugend, tzest,8) ^ 7
Von G. Kolb
Der Fachmcinu, und zwär anch der lebendlge,
der inik wachen Angen und nichk mik „Scheuklappen"
dnrchs Leben geht, isk immer in Gefahr, einseilig zu
werden, sich mik seiner Arbeit in erskarrken Vahnen
zu bewegen. Man linnn dann einem unbekeiligken
und unbefangeiien Zuschauer den halb kraurigen, yalb
belustigenden Anblicli eines fleißigen Arbeikspferdes
gewähren, LaS immer !m Kreise um den Göpel
herumläusk: inimer rund herum! rund herum! —
aber nie vorwärks.
Deshalb ist es nokwendlg, sich von Zeit zu Zeit
„auszuspannen", sich von seiner Wirkungsskälke weg
auf einen erhöhken Plah zu begeben, von dem aus
man sein Arbcitsgebiek von neuen Gesichkspunkten
überschnul, sich unker andere Menschen zu mischen
iind zu HLren, was sie wissen, was sie denken, durch
frcinde Augen hindnrch das eigene Selbsk, seine
Arbeik und Leiskung krikisch zu bekrachten.
Fiir wen wäre daS wichliger als für den Lehrer
dcs Zeichen- und Kunskunlerrlchls an höheren Schu-
lcn, der, melst der Einzige seincs Faches an seiner
.Schule oder gar In der Skadk seines Wirkens, den
Gcfahren der Vereinzelung, der Vereinsamung, der
Lrskarrung, der Ilnkerschähung oder auch der Üeber-
schähnng des eigenen stchs mehr ausgesehk ist als
andere Lehrer?!
Von dlesem Gesichtspunkt aus gewinnen unsere
Tagungen erhöhke Bedeukung. Besonders anregend
kann es dann sein, wenn bel solchen Gelegenheiken
geistig hochstehende Persönlichkeiken zu Work kom-
men, die auherhalb unseres Berufskreises slehen,
sich aber doch in enger Fühlung mlt den geistigen
Fragen befinden, die uns bewegen und somit
die Gewähr bieien, eine tiefere Einsicht und ein
überschauendes, unbefangsnes Ilrkeil über den Sinn
und Werk und Zweck unserer Berufsarbeit zu be-
sihen.
Das haben wlr bei der Pflngstkagung in Karls-
ruhe in besonders erfreulichem Mahe erleben dürfen.
Die Vorkräge von Universikäksprofessor Dr. Litt
und Museumsdirekkor Dr. Harklaub waren
Zöhepunkte, -le kein Teilnehmer so leicht vergesien
wird.
Doch, es wäre eln Ilnrechk und ein Versäumnis,
die empfangenen Anregungen verrauschen zu lassen,
wie Wasser, die einmal an uns vorüberzogen und
währenddem ein schönes Schauspiel gewäyrken, son-
dern wir müsien sie zu halken suchen, nachprüfen,
ob dsese Wasser nicht dem Triebwerk unserer Arbeit
irgendwie dienstbar werden können, wobei wir nichk
übersehen wollen, datz Anregungen oft dann am
stärksken wlrken, wenn sie zunächst zum Wlderspruch
herausfordern. Anker diesem Gesichkspunkt bekrachte
man üie nachfolgenden Äusführungen.
*
Befasien wir uns zuerst mik dem Vortrag des
Herrn Prof. Dr. Litk: Er wendek sich zunächst gegen
gewisse Erscheinungen unserer heutigen ErziehungS-
Veraitttvortlich für die Schriftleitung: Profesior Gustav Kolb, Göppingen
Druck und Vertag: Eugen tzardt G. m. b. H. Stuttgart, Langestraße 18
Fiir BcsprechnngDercinplare, Niederschriften oder andere Sinsendungen irgendwelcher Art
wird ei»c Berantworlltchkeit nnr dann übernommen, wenn ste erbeten worden sind
Einige Worte zu deu Vorträgeu: „Vom Bilduugsganzen und der Kunsterziehung" von Universitätsprofesior
Dr. Litt und „Impressionismus, Expressionismus und neue Sachlichkeit" von Museumsdirektor Dr. Hartlaub
(siehe Kuust uud Ingeud, Heft 6). Vou G. Kolb. — Werbemöglichkeit für unser Fach. Von Karl Grönig,
Osterode a. tzarz. — Bildhaftes Gestalten als Aufgabe der Volkserziehung. Von Prof. G. Kolb — Nach-
klänge der Pfingsttagnng. — Ausstellung der Schülerarbetten anläßlich der Pfingsttagung 1927 in Karls--
ruhe. - Ilmschau. — Buchbesprechungen. — Geschäftliches. — Inserate.
7. Iahrgang Septeinber 1927 tzest 9
Einige Worte zu den Vorträgen: ^
„Vom Bildungsganzen und der Kunsterziehung" von Universitätsprofessor
Dr. Litt und „Impressionismus, Expressionismus und neue Sachlichkeit" von
Museumsdirektor Dr. tzartlaub (siehe Kunst und Iugend, tzest,8) ^ 7
Von G. Kolb
Der Fachmcinu, und zwär anch der lebendlge,
der inik wachen Angen und nichk mik „Scheuklappen"
dnrchs Leben geht, isk immer in Gefahr, einseilig zu
werden, sich mik seiner Arbeit in erskarrken Vahnen
zu bewegen. Man linnn dann einem unbekeiligken
und unbefangeiien Zuschauer den halb kraurigen, yalb
belustigenden Anblicli eines fleißigen Arbeikspferdes
gewähren, LaS immer !m Kreise um den Göpel
herumläusk: inimer rund herum! rund herum! —
aber nie vorwärks.
Deshalb ist es nokwendlg, sich von Zeit zu Zeit
„auszuspannen", sich von seiner Wirkungsskälke weg
auf einen erhöhken Plah zu begeben, von dem aus
man sein Arbcitsgebiek von neuen Gesichkspunkten
überschnul, sich unker andere Menschen zu mischen
iind zu HLren, was sie wissen, was sie denken, durch
frcinde Augen hindnrch das eigene Selbsk, seine
Arbeik und Leiskung krikisch zu bekrachten.
Fiir wen wäre daS wichliger als für den Lehrer
dcs Zeichen- und Kunskunlerrlchls an höheren Schu-
lcn, der, melst der Einzige seincs Faches an seiner
.Schule oder gar In der Skadk seines Wirkens, den
Gcfahren der Vereinzelung, der Vereinsamung, der
Lrskarrung, der Ilnkerschähung oder auch der Üeber-
schähnng des eigenen stchs mehr ausgesehk ist als
andere Lehrer?!
Von dlesem Gesichtspunkt aus gewinnen unsere
Tagungen erhöhke Bedeukung. Besonders anregend
kann es dann sein, wenn bel solchen Gelegenheiken
geistig hochstehende Persönlichkeiken zu Work kom-
men, die auherhalb unseres Berufskreises slehen,
sich aber doch in enger Fühlung mlt den geistigen
Fragen befinden, die uns bewegen und somit
die Gewähr bieien, eine tiefere Einsicht und ein
überschauendes, unbefangsnes Ilrkeil über den Sinn
und Werk und Zweck unserer Berufsarbeit zu be-
sihen.
Das haben wlr bei der Pflngstkagung in Karls-
ruhe in besonders erfreulichem Mahe erleben dürfen.
Die Vorkräge von Universikäksprofessor Dr. Litt
und Museumsdirekkor Dr. Harklaub waren
Zöhepunkte, -le kein Teilnehmer so leicht vergesien
wird.
Doch, es wäre eln Ilnrechk und ein Versäumnis,
die empfangenen Anregungen verrauschen zu lassen,
wie Wasser, die einmal an uns vorüberzogen und
währenddem ein schönes Schauspiel gewäyrken, son-
dern wir müsien sie zu halken suchen, nachprüfen,
ob dsese Wasser nicht dem Triebwerk unserer Arbeit
irgendwie dienstbar werden können, wobei wir nichk
übersehen wollen, datz Anregungen oft dann am
stärksken wlrken, wenn sie zunächst zum Wlderspruch
herausfordern. Anker diesem Gesichkspunkt bekrachte
man üie nachfolgenden Äusführungen.
*
Befasien wir uns zuerst mik dem Vortrag des
Herrn Prof. Dr. Litk: Er wendek sich zunächst gegen
gewisse Erscheinungen unserer heutigen ErziehungS-